Die schwarze Hexe - Kapitel 1: Stürmischer Beginn

 

 

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Kapitel 1: Stürmischer Beginn


Die gesamte Schüler- und Lehrerschaft von Hogwarts war schon versammelt und hatte nach der Auswahlzeremonie zu essen begonnen, als sich mit einem gruseligen Knirschen ein Besen den Weg durch eines der großen Fenster brach. Es klirrte und wie in Zeitlupe flogen die Splitter zur Seite. Entsetztes Kreischen einiger Mädchen füllte den Raum, die Lehrer waren von ihren Plätzen aufgesprungen. Der Besen, ein echt rustikales Modell mit unendlichen Astlöchern - hinten gebundene Weiden- und Haselnußzweige - zog eine flotte Runde durch den Saal und stoppte abrupt vor dem Lehrertisch. Ein grauenvolles Kichern erfüllte den Raum bis eine donnernde Stimme "reparo!" rief und sich das Fenster schloss, als hätte man einen Film rückwärts laufen lassen. Es war totenstill im Saal. Nicht allein dieser spektakuläre Auftritt, nein auch das Erscheinungsbild der angekommenen Person beschäftigte die Anwesenden.

"Grüß Gott miteinand!", tönte eine tiefe sonore Stimme, "Duad ma leid, i bin a bisserl spät dran, aber nachdem i den damischen Zug nicht gfundn hab, bin i halt selber gflogn... Essts nur weiter...!"

Immer noch keine Reaktion. 

Dumbledore trat auf die Person zu und reichte ihr die Hand. Er führte sie an den Platz neben Severus Snape, der noch leer geblieben war und erhob die Stimme.

"Hogwarts gibt sich die Ehre die neue Lehrerin für Verteidigung gegen die dunklen Künste zu begrüßen, das ist Rautgundis Haberfeldt, sie kommt aus der Nähe von München in Bayern, Deutschland..."

"Habe die Ehre", polterte die Lehrerin und deutete eine Verbeugung an. Dann betrachtete sie ihren Sitznachbarn. Der gesamte Saal schien die Luft anzuhalten. Die Frau sah aus wie ein Abziehbild von Severus Snape. Lang und dünn, Hakennase, fettiges schulterlanges Haar und ein fahles Gesicht, sogar das gleiche Gewand. 

Sie reichte ihm die Hand. "E-ha, endlich mal jemand mit Geschmack", trompetete sie und klopfte dem verblüfften Snape auf die Schulter, "ich bin die Gundi!" Dann setzte sie sich und begann augenblicklich einen Teller voll Leberkäs mit dem guten Händlmeier Senf in sich hineinzuschaufeln.

Gemurmel setzte ein, man hörte Kichern und Lachen.

"Jetzt haben wir zwei Snapes," lachte Ron, "habt ihr sein Gesicht gesehen, als sie ihm auf die Schultern geklopft hat?" Er bog sich vor Lachen. "Das wird sicher ein Mordsspaß".

Harry nickte. "Zumindest war das eine spektakuläre Kostprobe der Künste unserer Lehrerin - mitten durchs Fenster, whow..."

"Das ist eine ziemlich grobe Person, habt ihr gehört wie die lacht und spricht, da bekommt man gleich eine Gänsehaut. Ich hoffe im Unterricht ist sie etwas ruhiger", entgegnete Hermione.

Severus Snape wusste nicht so genau, wie er mit seiner Nachbarin umgehen sollte und beschäftigte sich eingehend mit seinem Essen.

"So wie Sie ausschaun, sind Sie der Professor Snape, ich kenn Sie von dem neuen Hochglanzprospekt von Hogwarts, der Meister der Zaubertränke... nix für ungut, wenn ich mich an Ihr modisches Vorbild gehalten habe, ich wollte mit meinem Gwand nicht auffallen, ich hoff, ich hab Sie nicht verärgert. Sie schaun a weng wie ein begossner Pudel drein..." Sie erhob ihr Glas mit Starkbier. "Auf eine gute Zusammenarbeit". und prostete der Lehrerschaft zu. 

Snape hatte sein Glas Wein erhoben wie auch die anderen und dann schnell weggeschaut. Was für eine peinliche Person! 

‚Da hast du dir einen Feind gemacht', dachte sich Rautgundis Haberfeldt und betrachtete ihn eingehend. Was für ein markantes Profil, wie schön er sein Gesicht verziehen konnte, er war echt schnuckelig, nur ein wenig bleich... Sie grinste in sich hinein. Das wird eine Riesengaudi. Noch ein bisschen Spaß neben dem Unterricht, dann würde es ihr in der Fremde schon gefallen.

Nach dem Essen zogen sich die Lehrer zur Besprechung der ersten Tage ins Lehrerzimmer zurück. Rechts und links am Tisch zwei Gestalten in Schwarz, die extrem still und steif dasaßen. Dumbledore lächelte in sich hinein. Das würde frischen Wind nach Hogwarts bringen. Er wusste, dass diese Hexe gerne spielte und sich als sehr wandlungsfähig erwies, doch die ersten Gespräche hatten ihm auch gezeigt, dass er es mit einer hochqualifizierten Lehrkraft zu tun hatte, die nicht nur in ihrem Fach profundes Wissen und ausgearbeitete Technik mitbrachte, sondern darüber hinaus auch Kräfte besaß, von denen er hoffte, sie würde nicht allzu viel Gebrauch davon machen. Ihr Äußeres hatte sie Snape angeglichen, warum auch immer, sie würde sich in Sachen dunkler Vergangenheit leicht mit ihm messen können. Wenn man die Kraft der beiden bündeln könnte, wäre das sicher ein großer Gewinn für Hogwarts... doch beides waren störrische Naturen, die es liebten nach eigenen Regeln zu spielen. Der Auftritt durch das Fenster war nun wirklich 
eine dramatische Kostprobe...

"Hexenmeisterin Haberfeldt - einen Professorentitel gibt es in ihrer Gemeinschaft nicht - hat mir ihren Stundenplan schon vorgelegt und ich bin der Ansicht, dass das sehr interessant für unsere Schüler werden müsste. Den Dingen nach, die geplant sind, habe ich für sie ein Klassenzimmer in den Kerkern ausgesucht, das große Steinverlies, das bis jetzt als Folterkammer eingerichtet war, haben wir umgeräumt und mit beweglichen Pultstühlen bestückt. Ein Pult, eine Feuerstelle, ein paar Sicherheitswände, Bücher und Ingredentien nach Wunsch in einer feuerfesten Truhe..."

"Dank schön", murmelte Rautgundis, "des tät ich mir jetzt schon gern anschaun, auf dass ich dann morgen gleich in medias res gehen kann..."

"Gut", antwortete Dumbledore, "wir sind auch soweit fertig. Severus, wären Sie so nett und führten Hexe Haberfeldt herum, ihre Zimmer liegen direkt neben den Ihrigen?" 

Snape schluckte. Dann erhob er sich langsam und fügte sich seinem Schicksal. Er brachte Rautgundis hinaus. 

"Da gehen sie hin, unsere Kellerzwillinge", murmelte McGonagall in die Stille und die Kollegen brachen in schallendes Gelächter aus.

"Mei scheee", rief Rautgundis, als sie ihr Klassenzimmer betrat. Aus einer überdimensionalen Tasche zog sie eine Kollektion Totenschädel, die sie auf den Regalen verteilte, einige Gläser mit eingelegten Innereien, einen Spiegel mit fettem Goldrand, eine Stehlampe mit Schwarzlicht, einige Tücher, die sie kreuz und quer drapierte, einen Kessel aus Bronze, dazu Utensilien, und eine Kollektion von ausgestopften magischen Tieren, die sie mit Wolpertinger betitelte... ihre Sammlung an Dingen schien kein Ende zu nehmen. "Mary-Poppins-Tasche - geil ey!", rief sie Snape zu, der etwas abseits mit Kopfschütteln die ganze Szene betrachtete. "Den Rest pack ich nachher aus, sonst halt ich Sie so lang auf, Entschuldigung..", murmelte sie, "wenn Sie noch so lieb wären und zeigten mir mein Schlafzimmer und Büro, dann wäre ich Ihnen sehr verbunden."

Snape ging ihr voraus in zwei kleine höhlenartige Räume, die äußerst spartanisch eingerichtet waren. "Mei nett", sagte sie und strahlte über das ganze Gesicht. 

Snape blickte sie erstaunt an, da war also noch jemand, der sich für diese Lebensart erwärmen konnte, die Begeisterung war durchaus echt. Er nahm ihr Strahlen in sich auf und seufzte leise. Seine Laune hob sich und er begann diese Hexe ein kleines bisschen sympathischer zu finden, nur ein klitzekleines bisschen...

"Hebn ma noch einen?", fragte Rautgundis in die Stille hinein, "zum Einstand?" Sie goss in kleine Gläschen einen klaren Schnaps und bot Snape ein Glas an. "Des is ein Willi, woast, ein Williamsbirnenschnaps, der putzt durch!" 

‚Das braucht man wohl bei so einer Person', dachte sich Snape und ergriff das Glas. Wie die Lehrerin goss er es in einem Zug hinunter. Er begann einen Hustenanfall so brannte das Zeug in seiner Kehle. 

Rautgundis klopfte ihm fest auf dem Rücken. "Ah geh, werst so a Warmduscher sein...", grinste sie und schenkte wieder ein, "oaner geht no...", rief sie aufmunternd zu und stieß mit ihm an. "Na schau her, geht doch", lachte sie. 

"Sie sollten sich nicht über mich lustig machen", entgegnete Snape spitz. 

"Ah geh, da muass ma doch net gleich eingeschnappt sein", sagte sie und berührte ihn leicht an der Schulter. "Ich wollt doch nix Böses net. Samma wieder Freund", rief sie und reichte ihm die Hand. 

"Kollegen langt für den Anfang", murmelte Snape und ignorierte ihre Hand.

"Schon gut, da muass ma ja nix übers Knie brechen," antwortete Rautgundis, "dann sag ich gute Nacht, und in Zukunft, wenn Sie denken, dass ich mich daneben benehme, dann sagen Sies mir ruhig. Ich bin nicht zimperlich, an so einer feinen Schule hab ich nur noch nicht gearbeitet, ich bitte um Ihre Nachsicht." Sie nickte freundlich als Snape den Raum verließ. ‚Den kriegn ma scho noch hin', dachte sie sich und warf sich auf ihren Strohsack, den sie mit einem Haufen wollener Decken und Leinentüchern bedeckt hatte, ‚jetzt schlaf ma ein bisserl...'

Severus Snape ging etwas verwirrt in sein Zimmer. Das konnte ja heiter werden. Zumindest schien diese Hexe ein sonniges Gemüt zu besitzen, auch wenn sie ein Trampel war. Wenn ihr Unterricht so war wie die Person selbst, fragte er sich allerdings wie Dumbledore so jemanden einstellen konnte... Er ging sein Unterrichtsprogramm für den nächsten Tag akribisch durch und legte sich Stunden später nach ein paar Glas Rotwein zu Bett.


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