Und es ward Schatten - Kapitel 7

 

 

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Kapitel 7

Erzählt von Harry Potter:

"Harry!"

Rons aufgeregte Rufe rissen mich aus dem Schlaf.
"Was ist denn?", fragte ich verschlafen.

"Wir kommen zu spät zum Frühstück! Komm schon, Harry! Steh endlich auf du Schlafmütze!"

Schlagartig war ich wach. Zu spät kommen, war etwas, das nicht gerne gesehen wurde und manchmal sogar zu Punktabzug führte. Das mußte ich heute morgen nicht unbedingt haben. Schnell schwang ich meine Beine aus dem Bett und stand auf. Die meisten der anderen Betten waren bereits leer. Warum hatte mich nicht jemand schon eher geweckt? Das waren ja nette Freunde!

Nachdem ich mich eilig angezogen hatte stürmte ich in das Bad. Für mehr als eine flüchtige Katzenwäsche reichte die Zeit allerdings nicht. Als ich endlich soweit fertig war, daß ich mich zum Frühstück trauen konnte, verließen Ron und ich den Schlafraum.

Draußen vor dem Eingang des Gemeinschaftsraum wartete Hermine auf uns. "Kommt ihr auch mal? Ich warte schon ewig hier auf euch! Wir kommen noch zu spät!", rief sie uns statt einer Begrüßung wütend entgegen.

"Jaja, dir auch einen guten Morgen", brummte ich, dann rannten wir durch die menschenleeren Gänge zur Großen Halle und schafften es gerade noch rechtzeitig, bevor Dumbledore erschien, am Tisch der Gryffindors Platz zu nehmen.

Sogleich füllten sich die Teller mit Brot und Aufschnitt und wir begannen zu essen.

Nach einer Weile hörte ich, wie Hermine, die direkt neben mir saß, sagte: "Seht mal, Professor Lupin und Snape sind nicht da! Merkwürdig, oder?"

Ich blickte zum Lehrertisch. Tatsächlich: Die Plätze der beiden Professoren waren leer.

"Lupin ist gestern weggefahren! Er hat uns doch erzählt, er wolle einen Freund besuchen. Ich glaube er kommt erst heute vormittag wieder. Aber was ist mit Snape?", fragte ich.

"Vielleicht ist er krank", bemerkte Ron und sah dabei nicht so aus, als würde ihn das besonders stören.

Damit war das Thema für uns beendet und wir aßen still weiter. 
Nachdem wir alle drei genug gegessen hatten, wollten wir uns auf den Weg zu unserem Unterricht machen, da ertönte plötzlich Professor Dumbledores leise aber durchdringende Stimme.

"Bitte bleibt noch einen Moment sitzen!"

Der Direktor wartete einen Moment, bis sich alle Schüler wieder gesetzt hatten.

"Wie ihr vielleicht bereits bemerkt habt, ist Professor Snape heute nicht erschienen.
Der Grund hierfür ist ein Trauerfall in seiner Familie."

Aufgeregtes Reden erfüllte die Halle, verstummte allerdings, als Dumbledore fortfuhr.

"Um falschen Gerüchten vorzubeugen und weil einige von euch die Familie des Professors kennen, werde ich euch über die näheren Umstände aufklären."

Ich merkte, wie schwer es dem Direktor fiel, weiter zu sprechen.

"Gestern Abend wurde Professor Snapes Familie von den Anhängern Voldemorts überfallen. Seine Frau Soleya und seine Tochter Judy wurden dabei getötet."

Ein erschrecktes Gemurmel setzte ein.

"Der Professor selbst wurde nicht verletzt, da er zum Zeitpunkt des Überfalls nicht zu Hause war. Er wird jedoch die nächsten Tage nicht unterrichten können. Sein Unterricht fällt aus", fuhr Dumbledore fort und setzte sich dann wieder.

Snapes Frau und Tochter wurden umgebracht? Ich konnte es nicht fassen. Warum hatte Voldemort das getan?

Ich sah mich in der Halle um und bemerkte, daß alle Schüler, egal wie sehr sie Snape auch haßten, betroffen aussahen.
Einige weinten sogar.
Auch Ron, der immer so sehr auf unseren Lehrer schimpfte, wirkte erschüttert. 
Erst jetzt merkte ich, daß Hermine nicht mehr neben mir saß. Sie hatte die Halle verlassen.
Auch Ron hatte ihr Weggehen nicht bemerkt.
Schnell standen wir auf und liefen zum Turm der Gryffindors.

Wir fanden Hermine in ihrem Schlafsaal. Sie lag weinend in ihrem Bett.
Vorsichtig setzten Ron und ich uns auf ihre Bettkante und ich begann, ihr beruhigend über den Rücken zu streicheln.

Nach einer Weile drehte sie sich um. Ihre Augen waren rot und sie wurde geschüttelt von Weinkrämpfen. Dann fing sie schluchzend an zu reden: "Warum Judy? Sie war doch noch so klein!" Einen Moment versagte ihr die Stimme, dann fuhr sie fort: "Sie war doch nur ein Kind! Und Soleya! Was hat sie ihnen getan? Warum haben die das gemacht? Diese Monster! Ich hasse sie!"

Wie sollten wir sie trösten? Wahrscheinlich war das unmöglich. Sie hatte die beiden Getöteten zu gern gehabt, um nun einfach zur Tagesordnung überzugehen.

Darum setzten Ron und ich uns nur neben sie und nahmen sie in den Arm. So saßen wir dort und trauerten gemeinsam um die jüngsten zwei unschuldigen Opfer Voldemorts.



Erzählt von Albus Dumbledore:


Erschöpft ließ ich mich zurück in meinen Stuhl fallen.
Die letzte Nacht hatte mich viel Kraft gekostet und ich konnte immer noch nicht glauben, was passiert war. Voldemort hatte Snapes Familie ausgelöscht. Einfach so.
Mit vielem hatten wir gerechnet, aber nicht damit, daß der Dunkle Lord unschuldige Menschen umbringen würde, um Snape zu strafen. Und ich war zum großen Teil Schuld daran, schließlich arbeitete Snape in meinem Auftrag als Spion.

Nachdenklich beobachtete ich die Reaktionen der Schüler auf meine, so ungewöhnlich offene, Rede.
Alle schienen geschockt, einige weinten.

Den Lehrern hatte ich bereits am frühen Morgen berichtet, was geschehen war. Ihre Reaktionen waren ähnlich gewesen, wie die der Schüler jetzt.

Langsam erhob ich mich und verließ die Große Halle. Als ich durch die Flure ging, bemerkte ich, daß sich die Personen in den Bildern aufgeregt zu unterhalten schienen. Also hatten auch sie bereits davon gehört.

Nach kurzer Zeit erreichte ich die Krankenstation, wo mich Madam Pomfrey bereits erwartete.

"Wann waren Sie zuletzt bei ihm?", fragte ich sie.

"Vor einigen Minuten. Der Schlaftrank, den ich ihm gegeben habe, als er bewußtlos war, wird noch bis etwa Mittag wirken. Ich dachte, es wäre ganz sinnvoll, wenn er etwas länger schläft, nach den Strapazen von gestern", antwortete sie.

"Ich habe den Hauselfen gesagt, sie sollen Ihnen Bescheid geben, wenn er aufwacht. Dann können Sie mit ihm reden."

"Danke Poppy", sagte ich und machte mich auf den Weg in mein Büro. Dort angekommen setzte ich mich an meinen Schreibtisch und starrte aus dem Fenster. Es war ein sonniger Tag. Das Leben auf der Welt ging weiter, als wäre nichts geschehen.

Ich fühlte, wie sich mein Phönix auf meinem Schoß niederließ.

"Na, Fawkes. Du trauerst auch, nicht wahr? Wir müssen jetzt ganz besonders auf unseren Freund aufpassen und uns um ihn kümmern. Die nächste Zeit wird sehr schwer für ihn werden. Wir können nur hoffen, daß er den Schmerz bewältigt und nicht daran zerbricht. Du kennst ihn ja. Du weißt, daß er nicht so stark ist, wie er es die anderen immer gerne glauben läßt."

Eine Weile verbrachte ich damit, starr aus dem Fenster zu sehen und den Phönix zu streicheln, dann riß ich mich zusammen und begann, Briefe zu beantworten um mich abzulenken.

Nach einiger Zeit, in der der Raum, bis auf meine Schreibgeräusche, völlig ruhig war, klopfte es plötzlich an meiner Tür. Erstaunt rief ich: "Herein!", und Professor Lupin betrat mein Büro.

"Hallo, Albus", sagte er und ich erwiderte seinen Gruß. Er setzte sich in einen Stuhl mir gegenüber und erklärte mir den Grund seines Kommens.

"Wie du weißt, konnte ich heute morgen leider nicht zu der Besprechung und auch nicht zum Frühstück kommen."

Ich nickte.

"Nun ja, ich hab natürlich gehört, was passiert ist. Aber eher im Vorübergehen. Ich dachte, bevor ich mir die Geschichten der Schüler anhöre, frage ich lieber dich, was genau geschehen ist. Ist es wirklich wahr, daß Soleya und Judy von Todessern ermordet wurden?", fragte er ungläubig.

"Ja, es ist leider wahr. Sie sind beide tot."

Einen Moment lang schwiegen wir beide.

"Wie geht es Severus?"

"Nun, ich denke, er hat es noch nicht wirklich realisiert. Er ist auf Madam Pomfrey losgegangen, als sie ihm sagte, sie könne nichts mehr tun. Er ist völlig ausgerastet. Schließlich mußte ich in betäuben. Er schläft noch", antwortete ich leise.

Eine Zeit lang saßen wir einfach nur da und hingen unseren Gedanken nach, dann räusperte sich Lupin und sagte: "Ich danke dir. Ich muß jetzt gehen. Hab gleich Unterricht."

Ich nickte und er ließ mich allein. Kurz darauf betrat eine Hauselfe das Zimmer und flüsterte: "Sir? Professor Snape ist soeben aufgewacht."

"Danke, Winky", antwortete ich und erhob mich, um hinunter in die Kerker zu gehen.



Erzählt von Severus Snape:

Ich schlug die Augen auf und erblickte eine graue, steinerne Decke. Wieso war sie grau? Unsere Schlafzimmerdecke war doch weiß.

Ich sah mich um und bemerkte, daß ich mich nicht in unserem Haus, sondern in meinem Zimmer im Kerker befand. Wieso war ich hier? Ich war doch gestern abend nach Hause gegangen.

Plötzlich fielen mir die gestrigen Ereignisse ein. Judy! Soleya!
Wo waren sie? ‚Auf der Krankenstation', schoß es mir durch den Kopf.

Sofort stand ich auf und zog mich eilig an. Ich mußte nach ihnen sehen. Sehen, ob es ihnen gut ging.

Wie war ich hierher gekommen? Ich konnte mich nicht erinnern. Diese Frage konnte ich später noch klären. Zuerst mußte ich zu meiner Familie.

Schnell durchschritt ich den Raum und öffnete die Tür. Vor mir stand Albus Dumbledore und sah mich erstaunt, aber auch besorgt an.

Wieso machte er sich Sorgen um mich? Mir ging es gut. Aber was war mit meiner Frau und mit meiner Tochter? Das war doch jetzt viel wichtiger.

"Guten Morgen Albus. Ich wollte gerade auf die Krankenstation. Wenn du mit mir reden möchtest, mußt du mich begleiten."

"Hallo Severus. Warum willst du zu Madam Pomfrey?", fragte Dumbledore mich vorsichtig.

Was war das für eine Frage?

"Soleya und Judy besuchen. Wie geht es ihnen?"

Der Direktor betrat nun mein Büro und schloß die Tür.

"Setzt dich Severus. Ich muß mit dir reden."

"Das können wir machen, nachdem ich auf der Krankenstation war", sagte ich und wollte an ihm vorbei, doch er schüttelte nur den Kopf und wies auf die Stühle.

Ergeben setzte ich mich. Je schneller ich es hinter mich brachte, desto eher konnte ich hier weg.


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