In seiner Schuld

 

 

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Autorin: Sympathex

 

In seiner Schuld

Wie konnte es nur so weit kommen? Ich bin gefallen, immer tiefer und tiefer in einen bodenlosen Abgrund und habe es nicht einmal bemerkt. Ohne auch nur den geringsten Gedanken daran zu verschwenden, WAS ich da eigentlich tat, warf ich mein Leben einfach weg. Nun ist es unwiederbringlich verloren - genauso wie ich selbst. Das hier, diese Misere hätte ein erfülltes Leben sein können, wenn ich meine Augen nicht immerzu vor dem verschlossen hätte, was wirklich um mich herum vorging.

Ich kannte die Wahrheit, habe sie von Anfang an gekannt, doch es dauerte Jahre, bis ich mir endlich eingestand, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Doch zu diesem Zeitpunkt war es bereits zu spät gewesen - viel zu spät. Ich war zu weit gegangen, zu tief hineingerutscht in ein Spiel, dessen Verlauf ich selbst nicht mehr in der Hand hatte.

Und doch war ich so naiv gewesen zu glauben, dass ich noch eine Chance hatte, auszusteigen. Indem ich zu dem einzigen Menschen ging, dem ich jemals vertraut hatte und ihn bat, mich zu töten. Oh hätte er es nur getan! Der Tod hätte Freiheit bedeutet, damals wie heute. Wie ich mir wünsche, endlich frei zu sein!
Doch ich kann es nicht, darf es nicht. Es würde ihm das Herz brechen. Das hat er zu mir gesagt. Weil er mich liebt, wie seinen eigenen Sohn. Ich habe geweint, damals. Ahnt er auch nur im Geringsten, was er da gesagt hat?

Er, Albus Dumbledore, der gütig und weise ist, dessen Hände kein Blut besudelt. Wie kann er jemanden wie mich auch nur in seiner Nähe dulden? Mich, der ich einen Pakt mit dem Teufel geschlossen habe, meine Seele verkauft und die Leben zahlloser Unschuldiger auf dem Gewissen habe. Er schenkte mir nicht nur das Leben, nein, er gab mir ein Zuhause, eine zweite Chance. Ohne ihn säße ich jetzt in Askaban - oder ich wäre bereits tot. Kein großer Verlust für diese Welt. Wohl eher ein Gewinn. Ich weiß, dass sie alle so denken: Meine Kollegen, meine Schüler... sogar jene wenigen, die sich als meine Freunde zu bezeichnen belieben.

Nur er nicht. Weil er nicht verstehen kann, was für einem Wesen er da Obdach gewährt. Die Dämonen meiner Vergangenheit verfolgen mich auf Schritt und Tritt. Sie sind Geschöpfe der Dunkelheit, genau wie ich, und ich weiß, dass sie mich niemals gehen lassen werden. Hier nicht und auch nirgendwo anders. Auch er kann sie nicht vertreiben, so sehr er sich auch wünscht er könnte es. Für mich gibt es keine Rettung mehr, ich bin verloren, eine verlorene Seele auf der Suche nach Erlösung.
Erlösung, sage ich, nicht Vergebung. Denn selbst wenn mir die ganze Welt vergeben würde - ich selbst könnte mir niemals vergeben.

Deshalb habe ich auch den Auftrag angenommen. Ich werde zurückgehen, zurück in die Hölle, um dem Teufel noch einmal meine Aufwartung zu machen. Doch er ist nicht dumm. Ich habe ihn einmal verraten - ich bin sicher, er wird mir keine Gelegenheit geben, es ein zweites Mal zu tun. Er wird nicht zögern, wenn es darum geht, mich zu töten. Es ist einer der letzten glücklichen Umstände in meinem Leben, dass er nicht weiß, welchen Gefallen er mir damit tut. Andernfalls würde er mich mit ziemlicher Sicherheit verschonen. Um mein Leiden zu verlängern.

Aber was denke ich? Ich habe nicht das Recht, zu sterben. Weil ich nicht das Recht habe, ihm weh zu tun. Die Schuld, in der ich ihm gegenüber stehe, kann niemals zurückgezahlt werden, ganz gleich welche Heldentaten ich auch vollbringen würde. Mein Leben liegt in seinen Händen und es steht mir nicht zu, es wegzuwerfen.

Ich werde trotzdem gehen, doch ich werde mein Schicksal nicht einfach so hinnehmen. Ich werde kämpfen, kämpfen bis zum bitteren Ende. Denn ich habe Mut und Kraft, ich bin gerissen und ich bin ein Meister der Lüge. Zumindest bin all das einmal gewesen. Und ich werde es wieder sein, und wenn es nur für ihn ist.
Ich werde alles tun, was getan werden muss. Selbst wenn ich gegen den Teufel persönlich antreten muss, werde ich es tun. Nur eines werde ich nicht: Sterben.

Das ist das Mindeste, was ich für ihn tun kann.

 

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