Der Fluch des Irregulators

 

 

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Autorin: Smilla

 

Der Fluch des Irregulators



Albus Dumbledore langweilte sich in seinem Büro und fummelte an seinen Spielzeugen herum. Zuerst spielte er am Denkarium herum und schaute sich die ferne Vergangenheit an: seine Jugend, seine erste Liebe... hach! Damals noch ganz ohne Bart und so. Von Nostalgie gepackt, drehte er als nächstes wahllos am Stundenglas herum, was ihn jedoch bei weitem nicht bis in seine Jugend zurückbeförderte, sondern nur eine Stunde weit. Die Wiederholung der letzten Stunde war auch nicht aufregender als die erste Version. Was für ein öder Tag, fast wünschte er sich, Voldemort würde auftauchen und den Laden ein bisschen aufmischen. Das nächste Spielzeug, das er sich griff, war der Irregulator. Bei näherem Hinsehen hätte er den liegen lassen, aber er hatte wahllos hingelangt, und bis ihm die Erkenntnis dämmerte, war es schon passiert: Die ganze Welt von Hogwarts war für 24 Stunden völlig auf den Kopf gestellt.

Betroffen war Albus Dumbledore selber, der plötzlich mit Widerwillen auf seine Süßigkeiten blickte und Heißhunger auf chinesische Suppe "sauerscharf" verspürte. Betroffen war Minerva McGonagall, die nichtsahnend in ihrem Zimmer über einem Stapel Hausaufgaben gesessen hatte und urplötzlich den Drang verspürte, ausgelassen zu lachen und vielleicht mit irgendwem eine wilde Party zu feiern. Betroffen war Professor Flitwick, den auf einmal ein schlechtes Gewissen beschlich, weil er gegenüber Dumbledore nie seine Abstammung als Halbriese zugegeben hatte. Betroffen war Professor Sprout, die mit irrem, sadistischem Kichern anfing, ihren Pflanzen die Blätter einzeln auszureißen. Betroffen war Rubeus Hagrid, der von einer Sekunde auf die andere an einer ausgeprägten Tierhaarallergie litt und dessen dröhnendes Niesen ganz Hogwarts erschütterte. Betroffen war Madam Hooch, die in einem Anfall plötzlicher Flugangst vom Besen fiel und im Krankenflügel nicht viel Hilfe erhielt, weil Madam Pomfrey damit beschäftigt war, alle Medikamente aus den kleinen Fläschchen in einem großen Bottich zusammenzukippen. Betroffen war Gilderoy Lockhart, der in einem Anfall von verzweifeltem Selbsthass seinen Spiegel zerschlug. Betroffen war Argus Filch, der mit einem kindischen Grinsen im Gesicht seine Freude am Matsche-Spielen entdeckt hatte und mit Schlamm aus dem Garten schöne Muster auf den Boden der Eingangshalle malte.

Betroffen waren auch sämtliche Schüler: zum Beispiel Harry Potter, der eine Eule mit einer Einladung zum Schulball an Lord Voldemort schickte, Ron Weasley, der eine fette Spinne aus ihrem Netz an der Wand nahm und streichelte, Hermine Granger, die in einem Anfall von Übermut all ihre Schulbücher ins Kaminfeuer warf, Neville Longbottom, der sich auf dem Plan für das nächste Schuljahr für "Leistungskurs Zaubertränke" eintrug, oder Draco Malfoy, der durch die Schule streifte und jedem Schüler eine (unvergiftete!) Praline auf´s Kopfkissen legte. Was nur möglich war, weil die Porträts an den Wänden heute jeden ohne Passwort durchließen und weil die Geister draußen am See ein Sonnenbad nahmen.

Betroffen waren sogar Lord Voldemort und Lucius Malfoy, die just an diesem Tag durch den Verbotenen Wald spaziert waren, um eine Schwachstelle in den Hogwarts umgebenden Schutzzaubern zu suchen (die nun plötzlich auch für 24 Stunden deaktiviert waren und sie durchließen). Voldemort, der gerade seinen Zauberstab auf Lucius gerichtet und "Crucio" gerufen hatte, weil der Trampel von einem Todesser ihm auf den Fuß getreten war, ließ den Zauberstab fallen, kniete sich hastig neben Lucius und erkundigte sich besorgt nach dessen Wohlbefinden. Woraufhin Lucius ihm um den Hals fiel und sich bei ihm ausweinte über das Leid der armen Muggel auf der ganzen Welt.

Betroffen war der Ministeriumszauberer Barty Crouch senior, der Voldemorts Fährte bis hierher verfolgt hatte und sich nun plötzlich auf einen Baumstumpf setzte und ein Flugblatt gegen die Misshandlung Gefangener zu schreiben begann. Ebenso wie der Dementor, den er aus Askaban zu seiner Unterstützung mitgebracht hatte und der jetzt seinen Arm um Crouchs Schulter legte, den Text mitlas (und das ohne Augen!) und von Zeit zu Zeit zustimmend nickte.

Alle, alle, alle waren sie betroffen. Alle bis auf einen...

Severus Snape war drei Tage in geheimer Mission unterwegs gewesen, außerhalb von Hogwarts und dem Wirkungsbereich des Irregulators. Als er zurückkehrte und die unsichtbare Schwelle zur Welt des Irrsinns überschritt, war der Irregulator bereits nicht mehr aktiv. Seine Wirkung auf die Befallenen hielt aber noch für 20 Stunden an.

Nichtsahnend schritt Snape auf das Schloss zu und war lediglich etwas verwundert, als er Mrs Norris schnurrend auf dem Schoß eines Erstklässlers sitzen sah. Sobald aber eine Gruppe von Schülern, die draußen auf der Wiese gesessen hatten, ihn erblickten, ging es los. "Da ist Professor Snape!" rief einer freudestrahlend aus, und hastig sprangen alle auf und - statt die Flucht zu ergreifen, wie er es erwartet hatte, stürmten sie auf ihn zu und hingen alle auf einmal an seinem schwarzen Umhang. Panik stieg in ihm hoch. Es waren zwar nur Kinder, aber in dieser Überzahl konnten sie ihm durchaus gefährlich werden. Hatten sie sich nun endlich entschlossen, einen Mordanschlag auf ihren verhassten Lehrer zu verüben? Snape schloss die Augen und erwartete jeden Moment seinen Tod oder mindestens eine heftige Tracht Prügel, doch nichts dergleichen geschah. Vorsichtig öffnete er die Augen wieder und sah die Schüler immer noch an seinem Umhang hängen. Ein kleines Mädchen war inzwischen an dem Gewand hochgeklettert und drückte ihm ein Küsschen auf die Nasenspitze. Weiter unten umarmten und knuddelten ihn ein paar Jungen und Mädchen und jubelten: "Oh, Professor Snape, wie schön, dass Sie wieder da sind!" Spätestens jetzt wusste Snape, dass hier etwas gründlich verkehrt war.

Mit sanfter Gewalt versuchte er die Kinder abzuschütteln, doch sie blieben beharrlich an ihm hängen, so dass er sie beim Weitergehen mitschleifen musste. "Wisst ihr, wo sich der Schulleiter aufhält?", fragte Snape.
"Er ist in der Großen Halle", antwortete ein Junge, "bei der Party."
Party? Heute war weder Halloween noch Weihnachten noch Jahresabschlussball. Hm. Der Sache musste er auf den Grund gehen. So schnell es, mit einer Traube Kinder behängt, eben ging, lenkte Snape seine Schritte zum Schloss. In der Eingangshalle rutschte er auf Filchs Matsch-Malereien aus, wobei zwar sein schöner schwarzer Umhang sehr litt, aber wenigstens die Kinder davon abfielen wie vollgesaugte Zecken. Bevor sie sich wieder aufrappeln konnten, rannte Snape in die Große Halle. Hier war tatsächlich eine Party im Gange, genaugenommen die lauteste und wildeste Party, die er je erlebt hatte. Verschreckt zog Snape den Kopf ein und versuchte, sich möglichst unauffällig bis zum Lehrertisch durchzuschlängeln. Doch wenn er gedacht hatte, man würde ihn nicht bemerken (oder, wie üblich, wenigstens so tun), hatte er sich getäuscht. Plötzlich brandete ein tosender Applaus durch die Halle und während er noch überlegte, wem der galt, hörte er einzelne Rufe heraus: "Professor Snape ist wieder zuhause!", "Hoch lebe Professor Snape!" Nun hatte er sich zwar heimlich immer gewünscht, doch beim Betreten der Halle einmal wahrgenommen zu werden (und zwar nicht in Form von hämischen Witzen) oder einmal in seinem Leben für irgendetwas Anerkennung zu bekommen. Aber das hier war dann doch eine ziemliche Überforderung für ihn. Er zog den Kopf noch tiefer zwischen die Schultern und stürmte ab durch die Mitte bis zum Lehrertisch.

Seine Hoffnung, Dumbledore dort zu finden, wurde enttäuscht. Stattdessen warf sich ihm eine kichernde McGonagall in Minirock und bauchfreiem Top an den Hals und hauchte ihm irgendwas von "Save the next dance for me!" ins Ohr. Entsetzt stieß er sie im ersten Affekt von sich und flüchtete mitten auf die Tanzfläche, wo er irgendwo im Gewühl Albus Dumbledore ausgemacht hatte. Der Schulleiter tanzte engumschlungen mit irgendeiner Person in einem schwarzen Kostüm. Snape beschloss, taktvoll zu warten, bis dieser Tanz beendet war, um seinen einzigen Freund nicht zu stören.
Von hinten tippte ihm jemand auf die Schulter: "Severus, darf ich bitten?"
Er drehte sich um und erstarrte: "Lucius! Was willst du denn hier?"
"Oh, ich bin hier, um dem Quidditch-Team von Gryffindor einen Scheck auszuhändigen, damit sie sich anständige Besen kaufen können. Aber das hat Zeit, lass uns erst einmal feiern!" Mit diesen Worten schnappte Malfoy sich Snape und wirbelte ihn auf der Tanzfläche herum. Gott, war das peinlich! Ärgerlich versetzte Snape ihm einen Tritt gegen´s Schienbein und flüchtete außer Reichweite des angeheiterten Todessers.

Doch er kam vom Regen in die Traufe. Die nächsten zwei Personen, die auf ihn zusteuerten, ließen ihm das Blut in den Adern gefrieren. "M...Mr Crouch...", stammelte er, "was wollen Sie von mir? Lassen Sie mich bitte erklären, ich bin nicht wirklich ein Todess... oh, nein, NEIN! BITTE!" Seine angstgeweiteten Augen starrten auf das Wesen neben Crouch, das langsam auf ihn zukam und die Hände nach ihm ausstreckte. "Crouch", flehte Snape mit fast versagender Stimme, "bitte nehmen Sie den Dementor da weg!" Doch dieser kam unerbittlich näher. Jetzt hatten seine schrecklichen, verwesten Hände Snapes Schultern ergriffen, und der arme Zaubertränkemeister war halb ohnmächtig und unfähig sich zu wehren.
"Darf ich vorstellen?", fragte Crouch. "Das ist Knutschi, der Dementor. Knutschi, das ist mein alter Freund, Severus Snape."
"Knutschi!", hauchte Snape verzweifelt, "also gleich der Kuss der Dementoren! Oh nein, bitte, bitte nicht!" Der Dementor kam noch näher heran, und allein sein Mundgeruch konnte einem die letzte Hoffnung rauben. Schon nahm er die Kapuze ab, zeigte sein abscheuliches "Gesicht" und spitzte die Lippen... doch dann schien er es sich anders zu überlegen. Er krempelte Snapes Ärmel hoch und entblößte das Dunkle Mal.
"Ja", wimmerte Snape, "ich weiß, wonach das aussieht, aber Sie müssen mir glauben..." Weiter kam er nicht, denn der Dementor setzte zum Kuss an - und küsste ihn auf das Zeichen an seinem Unterarm! Fassungslos starrte Snape das Monster an. Dieses kam nun mit seiner augenlosen Visage hoch bis vor Snapes Gesicht, berührte aber nicht seine Lippen, sondern öffnete weit den Mund. Snape begann zu hoffen, dass der Dementor ihm nicht die Seele rauben, sondern "nur" all seine guten Gedanken einatmen würde. Doch statt mit dem typischen Röcheln die Luft einzuziehen, atmete Knutschi aus und überflutete Snape mit einer Welle nicht nur aus Mundgeruch, sondern auch aus wundervollen Gedanken und Glücksgefühlen! Snape fühlte sich zwar äußerst fremdartig, aber derart gestärkt und ermutigt, dass er es schaffte, sich mit einem Ruck aus der Umklammerung des Dementors zu lösen und sich im Gewühle in Sicherheit zu bringen.

Einige verliebte Schülerinnen abschüttelnd, kämpfte er sich nun wild entschlossen zu Dumbledore vor. Taktgefühl hin oder her, er musste dringend mit ihm reden. Sofort! "Sie entschuldigen!", sagte er, mehr im Befehls- als im Entschuldigungstonfall, und riss die schwarzgewandete Gestalt etwas unsanft aus Dumbledores inniger Umarmung. Doch schon traf ihn der nächste Schock, und er wünschte sich fast in die Klauen des Dementors zurück. Die schwarze Gestalt war keine Frau, und ihre Augen waren von diesem einmaligen, unverkennbaren Rot... "Lord Voldemort!", ächzte Snape, "wie haben Sie es geschafft, hier einzudringen? Ich flehe Sie an, nehmen Sie mein Leben, aber verschonen Sie Albus Dumbledore!" Er versuchte mit aller Kraft, Voldemorts erneuten Griff nach Dumbledore abzuwehren, doch der Dunkle Lord schnappte sich den Weißen Magier wieder und drückte ihn an sich. "Och, Sevvi", quengelte er mit Schmollmund, "warum störst du uns? Immer wenn´s am schönsten ist!" Und Albus Dumbledore, der einzige Mensch auf der Welt, der freundlich zu Snape zu sein pflegte, zischte ihn giftig an: "Hau ab, Severus, lass uns in Ruhe!" Das war nun endgültig zuviel für Snape, er wollte nur noch raus hier. Runter in seinen Kerker, wo hoffentlich noch Ruhe herrschte! Die Tür verrammeln und hoffen, dass der Spuk bald vorbeiging. In Ruhe nachdenken und vielleicht ein Gegenmittel finden.

Dank seiner grimmigen Entschlossenheit schaffte er es, zum Ausgang der Halle zu gelangen. Draußen im Gang lehnte er sich erschöpft an die Wand und atmete ein paar Mal tief durch. Dann rannte er Richtung Kerker. Unterwegs traf er nur noch auf einen einzigen Menschen. Es war der völlig aufgelöste Gilderoy Lockhart, der gerade versuchte, sich vom oberen Treppenabsatz hinunter in den Keller zu stürzen. Snape konnte ihn gerade noch packen. "Was machen Sie denn da?", fragte er mit einem inzwischen sehr gereizten Unterton in der Stimme. "Wollen Sie sich umbringen?"
"Ja, genau das!", jammerte Lockhart, "ich kann das Leben nicht mehr ertragen! Ich kann mich selbst nicht mehr ertragen!"
"Unsinn", murmelte Snape, "warten Sie bitte bis morgen, dann sieht die Welt schon wieder ganz anders aus!" ("Hoffentlich"!" fügte er in Gedanken hinzu.)
"Ja ja", schluchzte Lockhart, "Sie haben leicht reden, Professor Snape! Wenn ich so beliebt wäre wie Sie, würde ich auch nicht erwägen, mich umzubringen! Ach, wenn Sie wüssten, wie weh es tut, sich selbst zu hassen!" Snape schnaubte bitter. Dann zückte er den Zauberstab und belegte Lockhart mit einer Ganzkörperklammer. Nur zur Sicherheit, damit er sich nichts antat, bis "das hier" vorbei war. Zwar wäre es verlockend gewesen, Lockharts DADA-Posten zu "erben", doch Snape war von einem verhängnisvollen Drang beseelt, Leben zu retten. Wobei er sich selbst meist nur in Schwierigkeiten brachte, jedenfalls nie irgendwelchen Dank erntete.

Endlich daheim! Snape versiegelte seine Tür mit einem ganzen Bündel von Zaubern und atmete erleichtert die feuchte, kühle Kerkerluft ein. Doch er gönnte sich keine lange Pause und griff sich ein dickes Buch aus dem Regal: "Katastrophikon. Lexikon der Zauberunfälle und Gegentränke". Hastig schlug er das Stichwort "Welt, verkehrte" auf und überflog es. Die meisten aufgezählten Ursachen schieden aus, doch dann blieb sein Blick an dem Wort "Irregulator" hängen. Dumbledore hatte so ein Ding! Keiner kannte es so gut wie Severus Snape, der als Kind einmal beim Warten auf Dumbledore in dessen Büro daran herumgespielt hatte... So ungern er sich an die Folgen erinnerte, aber es waren dieselben Symptome wie hier und heute. Alles passte. Snape übersprang die folgenden Passagen und las unten bei den "Gegentränken" weiter. Zum Glück gab es tatsächlich ein Gegenmittel! Die Zubereitung war kein Problem, er hatte alle nötigen Ingredienzien in seinen Vorräten. Die Schwierigkeit war eher die, dass der fertige Trank über dem verseuchten Gebiet zur Explosion gebracht werden musste. Und zwar zu einer gewaltigen Explosion, um ihn weit genug zu verbreiten. Doch auch das war für einen erfahrenen Zaubermeister wie Snape kein unüberwindliches Problem. Mit schnellen, geschickten Handgriffen begann er den Trank zu mischen. Dann steckte er ein kleines Fläschchen mit der letzten Zutat in seine Tasche, entzauberte und öffnete seine Tür, konzentrierte sich mit aller Macht und ließ den riesigen, schweren Kessel mittels eines starken "Wingardium Leviosa"-Zaubers die Kellertreppe hinauf, durch die Eingangshalle ins Freie und bis über das Dach des Schlosses schweben. Er selbst flog auf einem Besen hinterher. Als der Kessel die richtige Position erreicht hatte, zog Snape das Fläschchen aus der Tasche und schüttete die letzte Zutat in den Trank: "Angstschweiß von Neville Longbottom", mühelos in größeren Mengen im Zaubertrankunterricht gesammelt. Die Neville-Tropfen hatten die erwünschte Wirkung: Sie brachten den Kessel augenblicklich zu einer gewaltigen Explosion. Snape konnte gerade noch rechtzeitig mit dem Besen einen eleganten Schlenker nach oben machen, während sich die Flüssigkeit nach unten verteilte und ringsum auf das Gelände von Hogwarts niederging. Zufrieden sah er, wie die reaktivierten Schutzschilde Lord Voldemort, Lucius Malfoy und Knutschi, den Dementor, in hohem Bogen hinausschleuderten bis hinter die Grenzen von Hogwarts. Und da Knutschi gerade eng umschlungen mit Mr Crouch getanzt hatte, flog der gleich mit.

Snape landete auf der Eingangstreppe, betrat das Schloss und ging als erstes zur Kellertreppe, um Lockhart von der Ganzkörperklammer zu befreien. Der Gerettete stürmte sofort zum nächsten Wandspiegel und sah sich selbstverliebt an. Der Fluch schien also aufgehoben zu sein. Erleichtert eilte Snape zur Großen Halle. Dort war es auf einmal sehr still, überall standen Schüler und Lehrer recht bedröppelt herum und schienen sich jeder für irgendetwas zu schämen. Als Snape hereinkam, schenkten ihm die wenigsten Beachtung, und die, die es taten, warfen ihm unfreundliche Blicke zu, die er erwiderte. Jetzt war er wirklich überzeugt, dass alles wieder war wie immer. Der einzige, der (jetzt wieder!) nett zu ihm war, war Albus Dumbledore. Der entdeckte ihn gleich und kam lächelnd auf ihn zu. "Lieber Severus!", sagte er, "ich möchte wetten, dass Sie es waren, der uns von der Wirkung meines Irregulators befreit hat."
Snape nickte nur. Dumbledore erhob nun seine Stimme und verkündete im ganzen Saal: "Hier ist Severus Snape, der unsere Welt wieder in Ordnung gebracht hat! Wir hätten sonst noch etliche Stunden in diesem Zustand bleiben müssen, und wer weiß, was uns hätte passieren können." Müder Applaus von ein paar Slytherins, und das war´s. Was hatte er auch erwartet? Einen Merlin-Orden? Snape warf der Versammlung einen extra giftigen Blick zu und rauschte hinaus.

Erschöpft hing Severus Snape in seinem Sessel im "Kerker". Er hatte nicht einmal mehr die nötige Energie, sich umzuziehen und wollte nur hier und jetzt einschlafen. Doch ein Klopfen riss ihn wieder hoch. "Herein", murmelte er genervt, als ihm bewusst wurde, dass er vor Müdigkeit sogar vergessen hatte, seine Tür zu versiegeln. Leise, leichte Schritte näherten sich zaghaft von hinten. Es mussten die eines Kindes sein. Snape hatte weder Kraft noch Lust, sich umzudrehen, und wartete, bis sein Gast vor ihm stand. Dann hob er seine Augenlider, die sich anfühlten wie Blei, und erblickte - Hermine Granger! Nun malte sich doch gehöriges Erstaunen in seinem vorher erschlafften Gesicht, aber zu einem wütenden Ausdruck war er nicht mehr in der Lage. Wortlos starrte er sie an.
"Entschuldigen Sie bitte die Störung", druckste Hermine verlegen herum, "aber ich bin wirklich froh, dass dieser Spuk vorbei ist. Er hat mich dazu getrieben, meine geliebten Bücher zu verbrennen, und wer weiß, was bei längerer Einwirkungszeit noch passiert wäre. Vielleicht hätte ich die Bibliothek in Brand gesteckt. Nicht auszudenken!" Sie schwieg kurz, dann lächelte sie und sagte: "Ich möchte Ihnen danken, Professor Snape."
Snape sprang jäh aus seinem Sessel auf; mit einem Schlag war alle Müdigkeit verflogen. "Miss Granger!" rief er entsetzt aus, "offensichtlich hat der Gegentrank Sie nicht erreicht! Sie befinden sich immer noch in der verkehrten Welt! Die Tatsache, dass Sie mich freiwillig aufsuchen, freundliche Worte an mich richten und sich auch noch bei mir bedanken, ist ein deutliches Symptom."
Hermine schüttelte den Kopf. "Aber nicht doch! Keine Angst, ich bin vollkommen von dem Fluch geheilt, genau wie alle anderen. Ich meinte das eben so, wie ich es gesagt habe: Ich bin Ihnen wirklich dankbar. Das ist alles."
Nun musste Snape sich dringend wieder setzen. "Ja dann...", murmelte er irritiert, "dann wünsche ich Ihnen eine angenehme Nachtruhe, Miss Granger."
Sie sah ihm deutlich an, wie müde er war, und wandte sich zum Gehen. "Gute Nacht, Professor Snape", sagte sie mit einem kleinen Lachen, "und ich fürchte fast, Sie haben den Irregulator-Fluch jetzt auf sich!"
"Was? Wieso...?"
"Sie haben eben gelächelt, Herr Professor!"

 

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