Alte Wunden

 

 

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Autorin: Envinyatar

Disclaimer:
Natürlich gehören die Charaktere von Harry Potter nicht mir, sondern JKR.

Danksagung:
Mein herzlichster Dank geht an meine liebe Freundin Kaesespaetzle, die durch mich zu Fanfiction gekommen ist und die dieses Fic gebetat hat. Thanks luv! *hug*




Wenn Du gehst



von

Envinyatar

A/N: Dies ist es also, meine erstes Fic auf deutsch. Ich weiß nicht warum, aber ich habe noch nie den Drang verspürt, in meiner Muttersprache zu schreiben... Aber bei diesem unglaublich depressiven Song konnte ich einfach nicht widerstehen. Der Song ist "Wenn du gehst" von Zeraphine vom Album Traumaworld (2003). Es ist ein one-shot, besteht also nur aus diesem einzelnen Kapitel.


*~*~*


Deine Blicke wandern ziellos
Im Raum umher
Du liegst schon lange hier
Und atmen fällt so schwer
Für einen Augenblick
Fällt Licht auf dein Gesicht
Doch die Wolken sind
Zu schnell für dich


Benommen glitt Severus' Blick über das Schlachtfeld. Er war erschöpft, Kälte drang in seinen Körper; jedoch nicht nur die Kälte der hereinbrechenden Nacht. Auch innerlich fühlte er sich kalt, leer, nach all dem, was er gerade durchlebt hatte. Das Einzige, was er wollte, war, sich hinzulegen und zu vergessen, was in dieser Nacht bereits geschehen war. Doch zuvor hatte er noch eine letzte Sache zu erledigen, die er sich selbst nicht erlaubte, aufzuschieben.

Das Leben ist grausam, dachte er, während all der Tod und die Schreie der Verletzten schlussendlich zu seinem umnebelten Gehirn durchdrangen. Langsam, auf unsicheren Beinen, die drohten, jede Sekunde unter ihm nachzugeben, machte er sich auf seinen Weg durch Verwüstung und Dunkelheit.

Und dann sah er sie.

*~*~*


Er kniete neben ihr, sein Atem stockte. Es war ihm nicht möglich zu glauben, was seine Augen ihm sagten. Wie könnte er auch? Sie war das, was ihn aus der Dunkelheit seines Lebens gerettet hatte, was ihm einen Sinn gegeben hatte. Sie war alles, was er hatte.

Schließlich nahm Severus seinen Mut zusammen, alle Aufmerksamkeit nur auf die Figur, die vor ihm auf dem Boden lag, richtend. Hoffnung schimmerte in seinen schwarzen Augen. Nichts um ihn herum zählte mehr, nur sie. Vorsichtig, ganz vorsichtig berührte er sie, als ob sie aus Glas bestünde. Keine Reaktion. Langsam nahm er sie bei der Schulter, drehte ihr Gesicht vom Boden dem Himmel zu. Genau in diesem Moment brach das Mondlicht durch die Wolkendecke, erhellte ihr blasses Gesicht in einem nahezu unirdischen Glanz.

Und er realisierte die Wahrheit.

Oh Hermine.

*~*~*


Wenn du gehst
Kehrst du nie zurück
Aus deiner Welt
Unfassbar schön


Einen Augenblick lang starrte er auf ihr unbewegtes Gesicht, die geschlossenen Augen, das friedliche Lächeln, welches ihre Lippen umspielte. Nein! wollte ein verzweifelter Schrei aus seinen Lungen dringen, doch kein Wort kam über seine Lippen. Sie bewegten sich; doch es fühlte sich für ihn an, als ob kein Sauerstoff für Worte mehr da war. In diesem Moment legte sich ein Ring aus eisiger Kälte um sein Herz; schlussendlich war er doch noch für seine Taten bestraft worden.

Mit dem Leben einer Unschuldigen.

Doch Severus erlaubte sich nicht, die Zeit zu nehmen, um zu trauern; dazu war die unkontrollierbare Wut in seinem Innern zu stark. Er schwor sich, bei allem, was ihm heilig war, Rache zu nehmen - Bei Hermines Leben. Und Tod.

*~*~*


An diesem Tag auf dem Schlachtfeld ließ Severus keinen einzigen der überlebenden, doch verletzten Todesser am Leben. Es war ihre Schuld; wegen ihnen, und weil sie Harry hatte beschützen wollen, war Hermine hinausgezogen, wie ein Engel im Krieg, im weißen Gewand.

Doch immer blieb Hermine, selbst Jahre nach ihrem Tod, präsent in seiner Erinnerung; die Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, war die schönste seines Lebens gewesen. Er hütete sie wie einen unersetzlichen Schatz. Nie konnte er sich dazu durchringen, eine neue Beziehung anzufangen; Frauen hatten nur noch einen Sinn für ihn: seine Bedürfnisse zu befriedigen.

*~*~*


Wenn du gehst
Bleibt ein Teil zurück
Und nie erlischt
Dein Stern für mich


Exakt ein Jahr nach ihrem Tod, an einem stürmischen Märzabend, war Severus allein in ihrem - meinem - Schlafzimmer und holte verschiedenste Sachen aus einer Schublade des Schreibtisches. Langsam, bedächtig, packte er die ihn ein schwarzes Seidentuch eingepackten Dinge aus.

Das Fotoalbum.

Die Kette, die sie immer versteckt getragen hatte. Mit dem Snape-Siegel darauf.

Der Ring, den wir zusammen ausgesucht hatten, als Besiegelung unseres Bundes.

Der Bericht, den ein Muggelarzt für uns beide geschrieben hatte. Zusammen mit einigen Ultraschallaufnahmen.


Plötzlich überkam ihn Wut, wie ein weißer Blitz schlug sie auf ihn ein. Warum hatte sie ihn verlassen? Sie hatte kein Recht dazu! Ihn so allein zu lassen, die Hoffnung, die sie ihm gegeben hatte, wieder an sich zu nehmen wie ein Geschenk, welches wieder zurückgenommen wurde.

Doch Severus, war es ihre Schuld? Kannst du das wirklich behaupten?, meldete sich sein Gewissen da, sein guter Teil, der Teil, den er einmal geglaubt hatte verloren zu haben, nur damit er dann wieder zum Leben erweckt werden konnte.

Ja! Hätte sie nicht die Dummheit begangen, zu glauben, sie könne Harry Potter - selbst bei dem Gedanken an ihn flutete der Hass Severus' schwarze Augen - beschützen... wäre alles anders gekommen. Sie hätte mir gehorchen sollen.

Gehorchen, Severus? GEHORCHEN??? Sie war eine erwachsene Frau... Warum, denkst du, hatte sie sich sonst entschieden, bei dir zu bleiben? Warum sonst, glaubst du, ging sie an diesem Tag, trotz der Gefahren, die lauerten, hinaus? Hast DU sie etwa dazu gezwungen? Nein, mein lieber Severus... Nicht du warst es. Eure Liebe war es.


Sein Gewissen wusste immer seine Schwachstellen. Tage, Monate, hatte er sich die Frage gestellt, ob nicht er selbst für ihren Tod verantwortlich war. Denn schließlich war auch er es, den sie hatte beschützen wollen... Auch ihn wollte sie sicher sehen, was auch immer es kosten möge. Wie sie ihm einst gesagt hatte, an ihrem letzten gemeinsamen Abend, am Tag vor der großen Schlacht.

Was auch immer es kosten möge.

Tatsächlich.


Und bei diesem Gedanken wollte er nicht mehr, konnte er nicht mehr, hatte nur noch die Kraft, sich zu seinem Bett zu schleppen, um dort zusammenzubrechen und um sein verlorenes Leben zu trauern.

Und das so vieler mehr.

Und die Erinnerung an
Längst vergangene Zeit
Zerklüftet unser Hirn
Und unsere Ewigkeit
Der Kampf ist lange schon verloren,
Die Zeit steht still
Von Dunkelheit bist du erfüllt


Jahre vergingen. Severus verlor sich zunehmend in der wiederkommenden Dunkelheit seines Lebens. Er wusste, er konnte nicht mehr lange so weiter machen... Er fühlte sich schuldig, zu schuldig, um dort weiterzumachen, wo Hermine ihn hingebracht hatte.

Ins Licht.

Er glaubte schon lange nicht mehr an das Gute, oder an die Liebe; das einzige, was ihn noch tröstete, war der Gedanke an das, was er durchlebte; er bezahlte für all das Schlechte, das er ihr angetan hatte. Nie kam es ihm in den Sinn, dass nicht ER sie dazu gebracht hatte, ihn zu lieben, sondern sie selbst sich dazu entschieden hatte. Ja, er wusste, er war nicht in dem Sinne der Schuldige, als dass er ihr gesagt hätte, sie müsse kämpfen; aber ihre tiefe Verbundenheit zueinander, Hermines Beschützerinstinkt, hatten sie dazu gezwungen.

An bestimmten Tagen - ihrem Geburtstag, ihrem Todestag, dem Tag, an dem er erfahren hatte, dass sie schwanger war, dem Tag, an dem sie ihrer starke Anziehung zueinander das erste Mal erlaubt hatten die Kontrolle zu übernehmen - erlaubte er sich selbst, sich zu erinnern. Oft würde er an die Tage, zugebracht mit Konversation - am liebsten im Bett - denken, oder an die Tage, an denen sie zusammen, in perfekter Synchronie, an einigen Zaubertränken gearbeitet hatten.

Severus lebte in der Vergangenheit, er traute sich nicht, den Weg zurück zum Licht allein zu bestreiten, aus Angst, sie zu enttäuschen; aus Angst, sie zu betrügen.

Und so blieb er stehen, eingehüllt in den Dunst der Zeit.

Wenn du gehst
Kehrst du nie zurück
Aus deiner Welt
Unfassbar schön


Eines Tages, zwölf Jahre waren inzwischen vergangen und Severus war nur noch ein Bruchteil seines früheren Ichs, besuchte er ihr Grab. Er war nicht zu Hermines Beerdigung gegangen; er konnte den Gedanken daran einfach nicht ertragen, denn es hätte bedeutet, die Kälte in seinem Herz zu schmelzen. Eine Kälte, die auch jetzt noch sein Innerstes beherrschte.

Doch heute konnte er sich das erste Mal in diesen zwölf Jahren dazu durchringen, zumindest ihr Grab zu besuchen.

Ihr Grab - und das unserer Tochter.

Und schlussendlich erlaubte er sich doch wieder, etwas zu fühlen. Es war spät... aber nicht zu spät. Severus verbrachte den gesamten Nachmittag auf dem Friedhof, ihr und seiner Tochter, die niemals das Licht der Welt hatte erblicken dürfen, all das sagend, was er schon hätte vor Jahren sagen sollen.

Und schließlich fühlte er wie Vergebung, dieses helle pulsierende Licht, die unerträgliche Dunkelheit seines Lebens hinfortschwemmte, sie mitnahm, unwiederbringlich. Und er fühlte sich benommen, unendlich traurig, aber erleichtert. Er hatte mit diesem Teil seines Lebens Frieden geschlossen.

Wenn du gehst
Bleibt ein Teil zurück
Und nie erlischt
Dein Stern für mich


Trotz des relativen Friedens, den Severus von da an empfand, erlangte er nie das Vertrauen zurück, konnte es niemandem mehr geben. Wie sollte er auch? Alle, denen er getraut und vertraut hatte, waren von ihm gegangen, ihn seinem Schicksal überlassend, kämpfend, ertrinkend, bis er die Kraft fand, sich der Gefahr gegenüberzustellen. Um sie zu besiegen.

Ja, er wusste, dass dies nicht gerecht war, aber es war nun einmal Realität; er hatte jeden Sinn für menschliche Gesellschaft verloren. Und wollte ihn auch nicht zurück. Ab und zu besuchten ihn Remus und Sirius, um ihn nicht ganz der Einsamkeit seines Daseins zu überlassen; aber ansonsten ließ er niemanden an sich heran. Minerva und Albus, die einzigen anderen, abgesehen von Hermine, und später Sirius und Remus, waren die einzigen, die sich jemals zu seiner wahren Identität durchgekämpft hatten, trotz seiner Warnungen, dass sie nicht mögen würden, was sie dort sahen.

Und nun lebten nur noch sie drei von den wirklichen Kämpfern im Hintergrund, die, die ihr gesamtes Leben dem Kampf gegen das Übel gewidmet hatten: Remus, Sirius und Severus.

Sie starben in der Gewissheit, dass sie der Welt unglaublich viel gegeben hatten (trotz der schlechten Dinge, die sie ebenfalls getan hatten) - sie aber in diesem Kampf alles verloren hatten.

Sterne, die nie erlischen, obwohl niemand ihre Namen kennt.

Wenn du gehst
Kehrst du nie zurück
Aus deiner Welt
Unfassbar schön

Wenn du gehst
Bleibt ein Teil zurück
Und nie erlischt
Dein Stern für mich


*~*~*


A/N2: Okay, wie man gesehen hat, erscheinen Remus Lupin und Sirius Black hier... Ich habe sehr viel übrig für die beiden (und meiner Meinung nach ist Sirius auch im fünften Band nicht wirklich gestorben) und MUSSTE sie einfach mit hineinnehmen. Wen dies stört... denkt euch einfach, alles ab dem Ende des fünften Bandes wäre nie passiert und dass Sirius noch lebt!

Bitte schreibt Feedback!

- Ende -




 

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