Der Anti-Werwolfs-Trank

 

 

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Teil 2

 

Snape schäumte. Dass der Werwolf doch tatsächlich die Dreistigkeit besaß, die nackte Frechheit!, hierher zu kommen, abzustreiten jemals etwas von Moony, Wurmschwanz, Tatze und Krone gehört zu haben, sich die Karte zurück zunehmen und zur Krönung auch noch den Potter-Jungen seiner gerechten Strafe zu entziehen. Aber er hatte zu wenige Beweise um Lupin nachzuweisen, dass er der Moony von der Karte war. Genauso wenige, wie um Dumbledore zu beweisen, dass Potter sich in die Stadt geschlichen hatte. Er wusste, dass er Recht hatte, aber er wusste mit noch viel größerer Sicherheit, wenn er keine völlig sicheren Beweise bringen konnte, würde er nur Zeit verschwenden und unnötige Aufregung stiften.
Es war einfach absurd, dachte er wieder, dass Dumbledore ein Monster in der Schule arbeiten ließ. Es war eine Gefahr für alle. Etwas musste getan werden.
Snape kräuselte die Lippen über sein Spiegelbild in der dreckigen Fensterscheibe. Er wusste sicher, dass viele Leute dachten, dass „etwas getan werden musste“, doch die wenigsten handelten tatsächlich. Was konnte getan werden? Er hatte sein Bestes versucht, Dumbledore zu überzeugen, dass das was er tat einfach dumm war und er wusste, dass es absolut sinnlos wäre, es noch einmal zu versuchen. Wenn er also etwas erreichen wollte, musste er es auf eine andere Art machen.
Der eindeutigste Weg bestand darin, offenzulegen was Lupin war. Aber wie konnte man das anstellen ohne Dumbledore öffentlich herauszufordern? Keiner seiner bisherigen Versuche war erfolgreich gewesen: Die Schüler waren zu dumm um den Werwolf zu erkennen. Trotz seiner sorgsam ausgelegten Köder. Nicht einmal die Slytherins hatten zwei und zwei zusammen zählen können.
Er wälzte diese Überlegungen eine lange Zeit in seinem Kopf hin und her ohne zu einem Schluss zu kommen. Schließlich verbannte er sie in einen hinteren Teil seines Kopfes; darüber könnte er sich später noch Gedanken machen. Ein Blick auf seinen Kalender verriet ihm, dass es wieder Zeit war den Anti-Werwolfs-Trank zu brauen.
Als er die Zutaten heraussuchte, fiel sein Blick auf Affodillwurzel und Nachtschatten, die zuoberst im Regal lagen. Es gab noch einen anderen Weg um seine Revanche zu bekommen...
Nein. Niemand würde ihm das vorwerfen. Kein gescheiter Mensch würde das Beseitigen eines Werwolfs als Mord zählen, aber Dumbledore war lächerlich weichherzig und moralisch und obwohl Unterrichten eine lachhafte Art war seinen Lebensunterhalt zu verdienen, wollte Snape seine Arbeit nicht verlieren.
Er setzte die Zutaten vorsichtig auf dem Tisch ab und betrachtete sie für einen Moment, wieder an die Wirkung des Trankes denkend. Er verstand nun langsam, verstand wie alles zusammenhing. Es war wirklich schlau, es schien keinen Weg daran vorbei zu geben.
Und dann überkam es ihn. Seine Lippen kräuselten sich zu etwas, das einem Lächeln sehr nahe kam. Es gab einen perfekten Weg es zu tun, einen perfekten Weg den Werwolf zu beseitigen. Mit einem Ausdruck tiefster Konzentration auf seinem Gesicht zog er das Rezept zu sich und begann überall darauf Notizen zu machen. Wenn das möglich war, wenn es funktionierte, würde er den Werwolf haben.
Es vergingen drei Stunden bis Snape mit seinen Berechnungen zufrieden war. Der Anti-Werwolfs-Trank war eine unglaubliche Erfindung; mit ihm zu experimentieren erforderte größte Vorsicht. Doch wenn es funktionierte, wenn die Veränderung erfolgreich sein würde, würde der Werwolf aus dem Weg geräumt sein. Und dann, wenn jeder wusste, dass ein Monster in Hogwarts unterrichtet, würde er gefeuert werden so wie es von Anfang an hätte sein müssen.
Er verließ den Tisch und machte sich an die Arbeit. Die Wände des Kerkers schienen Kälte abzustrahlen, obwohl es Juni war, aber Snape spürte es nicht, als er bedächtig getrockneten Eisenhut in den Mörser gab. Vorsichtig wog er sieben Unzen weniger ab, als es im Rezept angegeben war und begann sie geübt zu pulverisieren. Schließlich versicherte er sich, dass sich auch das letzte Stückchen in feines grau-grünes Pulver verwandelte. Es sah so absolut harmlos aus, dachte Snape, und das war das wundervolle daran.
Er ließ den Eisenhut auf dem Tisch stehen und ging zu seinem Schrank. Aus der Sammlung an Kesseln wählte er einen kleinen silbernen. Ein scharfes Wort und ein kleines Feuer entzündete sich neben seinem Tisch. Er befestigte den Kessel über den grünen Flammen, fügte vorsichtig die anderen Zutaten hinzu und änderte bei einigen wichtigen die Gewichtsangaben.
Er wusste, was er tat war sehr riskant. Nicht nur, dass der Trank direkt mit ihm in die Luft fliegen konnte, er konnte auch nicht sicher sein, dass er den gewünschten Effekt hervorbrachte. Wenn es allerdings funktionierte, würde es die Verwandlungen so verändern, dass sie immer bei Mondlicht ausgelöst wurde, zu jeder Zeit zwischen Voll- und Dreiviertelmond. In einer dieser Nächte würde Lupin nicht so vorsichtig sein, er würde am Abend ins Mondlicht treten und sein Geheimnis wäre gelüftet.
Und es wäre besser, überlegte Snape, wenn es auf diese Weise passieren würde. Er würde jede Nacht wachliegen und sobald der Werwolf rausgehen würde, würde er Alarm schlagen. Wer konnte ihn letztendlich dafür bestrafen die Schule vor einer gefährlichen Kreatur des Bösen zu retten? Und wenn die Wahrheit ans Licht gekommen war würde die Schule nicht nur vor dem Monster selbst, sondern auch vor seinen Beziehungen zu Sirius Black geschützt sein.

***


Snape ging zu einem überdeckten Kessel in der Ecke seines privaten Büros und sprach einen Entsicherungsspruch, um den Kessel öffnen zu können. Für einen Moment starrte er in die trübe Flüssigkeit und seine Lippen kräuselten sich in einem schmale Lächeln. Er langte nach einem kleinen Kelch – keinen silbernen, obwohl er gerne einen genommen hätte, aber das Risiko, dass es mit dem Trank reagierte war zu hoch – und füllte ich mit dem Trank. Er dachte kurz über sein Unterfangen nach. Das war die letzte Dosis. Sein Herz schlug unter seinem schwarzen Umhang - etwas schneller als sonst, und er griff nach dem Anti-Werwolfs-Trank in dem kleinen Kelch und trug ihn nach oben.
Niemand begegnete ihm, als er durch die Korridore glitt und die vielen Treppen zu Lupins Büro hochstieg, indem dieser für gewöhnlich immer arbeitete. Er klopfte heftig gegen die Tür, aber niemand antwortete. Die Tür war nicht richtig verschlossen und Snape spähte durch das Schlüsselloch, konnte aber nichts erkennen. Er trat gegen die Tür, die sofort aufflog und trat ein.
Der Werwolf war nicht da.
Tausend Gedanken rasten durch Snapes Kopf. Was tat der Werwolf nun wieder? Wollte er, dass man ihn erwischte, vielleicht sogar festnahm? Snape stellte den Kelch auf dem Tisch ab und sah sich suchend im Raum um, als ob er seinen Feind versteckt unter dem Bett finden wollte.
Was würde passieren, fragte sich Snape, wenn Lupin heute seinen Trank nicht nehmen würde? Wie würde die Verwandlung ablaufen? Sie sollte sich immer noch verzögern, genug verzögern, als dass er sich Sorgen machen musste. Aber ohne die neue Dosis von dem Trank würde er sich in ein komplettes Monster verwandeln, nicht in die ungefährliche Kreatur, die Snape schaffen wollte.
Wieso war Lupin verschwunden? Hatte der Trank vielleicht doch schon irgendwie gewirkt, hatte er ihn gezwungen sich zu verwandeln früher statt später? Snape warf einen nervösen Blick über seine Schulter, als würde er erwarten einen riesigen Wolf zu sehen, der kurz davor war sich auf ihn zu stürzen. Er griff unter seinen Umhang und umfasste den Griff des silbernen Dolch den er darunter trug mit den Fingern. Als alles still blieb sah er sich im Raum nach Anhaltspunkten um.
Er erkannte das Stück Pergament wieder, dass neben einer Feder auf dem Schreibtisch lag. 'So Lupin – Moony', dachte er höhnisch, 'hatte also dieses gefährliche Stück Pergament nicht vernichtet. Vielleicht hatte es den Werwolf auch beleidigt.' Snape beugte sich über das Pergament um nachzusehen, ob es sich über Lupins graue Haare und seine abgetragenen Umhänge lustig gemacht hatte, sah aber stattdessen ein Netz aus feinen Linien und sich bewegenden Punkten die mit Miniaturschrift beschriftet waren. Er brauchte einen Moment bis er erkannte was er da vor sich hatte.
Dann riss er es an sich und überflog die Karte, ohne zu blinzeln. Der Anti-Werwolfs-Trank kühlte langsam in seinem Kelch ab, aber er nahm nichts mehr wahr. Er fand seinen eigenen Namen, er sah Professor Dumbledore im Lehrerzimmer und Trelawney in Professor McGonagalls Büro. Aber es gab keinen Punkt, der mit dem Namen „Remus Lupin“ bezeichnet war. Doch dann nahm er eine kleine Bewegung am anderen Ende der Karte war. Diesen Ort kannte er sehr gut. Der Werwolf war durch den Gang unter der Peitschenden Weide entwischt, der zur Heulenden Hütte führte. Snapes Augen folgten dem Tunnel und sahen eine Zahl weiterer Namen die über die Ecke der Karte verschwanden. Zwei von ihnen hüpften in einem seltsamen Muster aus dem Sichtfeld der Karte, als ob der eine den anderen ziehen würde. Auf halber Strecke des Tunnels las Snape den Namen „Harry Potter“ und in der letzten Ecke der Karte war gerade noch der Name „Sirius Black“ zu sehen. Für einen Moment beobachtete Snape ungläubig wie der kleine Punkt, der Sirius Black war, von der Karte verschwand.
Nach der ganzen Arbeit, die er geleistet hatte! Nach allem was Dumbledore getan hatte, nach allem was alle getan hatten um den Potter-Idioten zu beschützen, hatte Black ihn doch erwischt. Und jetzt würde der Werwolf seinen alten Freund wiedersehen und mit ihm eine kleine Willkommensparty veranstalten. Es war so klar, alles so klar! Dumbledore hatte wieder einmal daneben gelegen und er, Snape, hatte Recht behalten.
Snape brauchte nur eine Sekunde um zu entscheiden was zu tun war. Es blieb keine Zeit Dumbledore zu benachrichtigen, keine Zeit für irgendetwas, außer dem Werwolf sofort zu folgen. Er würde ihn festnehmen, so dass nicht einmal Dumbledore würde behaupten können, dass er schuldlos war. Und noch etwas war da, etwas viel süßeres als die Vorstellung von Lupin. Er würde Rache üben an Sirius Black.
Der Anti-Werwolfs-Trank stand vergessen auf dem Tisch, als Snape aus dem Büro eilte, in Gedanken bei seinem baldigen, größten Triumph. Als er die Treppen hinunter stürmte und hinaus zur Peitschenden Weide, stellte er sich die Szene seines Sieges vor. Black, der hilflos am Boden lag und zurück nach Askaban geschickt wurde, oder noch besser, Black wie er von Dementoren umringt um Gnade winselte. Er selbst, wie er von allen Gratulationen bekam und gepriesen wurde, wie der Potter-Junge ihm auf Knien dankte, dass er schon wieder sein Leben gerettet hatte. Dumbledore, wie er zugab, dass er sich geirrt hatte... aber dieser Gedanke war seltsamerweise nicht so befriedigend wie die anderen.
Die Peitschende Weide schlug bereits wieder um sich, also musste Lupin einen guten Vorsprung haben. Snape entdeckte den langen Stock, den der Werwolf benutzt haben musste, und als er sich bückte um ihn aufzuheben, fiel sein Blick auf noch etwas anderes auf dem Boden. Er brauchte nicht einmal eine Sekunde um es zu erkennen. Der Unsichtbarkeitsumhang. Gerade als er gedacht hatte, die Dinge könnten schon gar nicht mehr besser laufen, wurde ihm dieses neue Geschenk gemacht. Er hob es auf und schwang den federleichten Umhang um seine Schultern. Dann berührte er mit dem Stock den Knoten am unteren Ende des Stammes und sprang in den Tunnel, darauf bedacht, dass der Umhang nicht an einer Wurzel hängen blieb.
Weitere Bilder seines Triumphes flogen ihm durch den Kopf und er hatte die schwindelerregenden Hochgefühle, die man bekommt wenn man eine Menge roten Weins trinkt. Trunken vom Versprechen dieser Macht und der Kraft spürte er keinerlei Angst mehr und nahm selbst die Furchen und Hubbel im Tunnel nicht mehr wahr. Das letzte Mal war er hier gewesen, weil Black und Lupin sich geschworen hatten ihn umzubringen und Potter hatte ihn in schreckliche Verlegenheit gebracht, als er ihn warnte, so dass Snape sich überlegt hatte, ob der Tod nicht doch angenehmer gewesen wäre. Jetzt würde er ihnen ihre eigene Medizin zu kosten geben. Die Sauberkeit dieses Plans gefiel ihm; Black und Lupin würden etwas Schlimmeres als den Tod erleiden, unter den schleimigen Mündern der Dementoren, und der Potter-Junge würde die Qual dieser Schmach ertragen müssen.
Er verlangsamte seine Schritte als er sich dem Eingang der Heulenden Hütte näherte und ordnete die Falten seines Unsichtbarkeitsumhangs, um sicher zu sein, dass dieser jeden Teil seines Körpers verhüllte. Er würde kein solches Risiko eingehen und so würde er sie alle zusammen erwischen.
Leise schlüpfte er durch die Falltür, sein Herz hämmerte. Er konnte Stimmen über ihm hören und er stieg die Treppe hoch. Dabei fiel ihm auf, dass die dicke Staubdecke die alles überzog, von vielen Fußspuren verwischt worden war. Die Stimmen kamen von einem Raum am Ende der Hütte und Snape erreichte die Tür.
Für ein paar Sekunden blieb er draußen stehen. Als er die Stimmen hörte flammte seine Wut auf; er erkannte die hochnäsige Stimme Hermine Grangers. Also war sie auch da! Noch jemand, der ihm zu Dank verpflichtet sein würde. Vorsichtig öffnete er die Tür. Sie quietschte lärmend und gab ihm den Blick in den Raum frei.
Er war voller Menschen. Da waren Lupin, Black und Potter, Ronald Weasley lag auf einem heruntergekommenen Bett und Hermine Granger stand neben dem Potter-Jungen. Sie alle fuhren herum und starrten zur Tür und Snape erinnerte sich, dass er unsichtbar war. Auf leisen Sohlen schlüpfte er in den Raum. Keinen Moment zu früh, denn Lupin eilte bereits zur Tür um nachzusehen und schloss sie wieder.
Snape konnte seine Augen nicht mehr von Sirius Black nehmen. Der Mann sah aus als hätte er schwer gelitten in Askaban und Snape lächelte leicht. Lupin redete, er erzählte den Schülern eine rührselige Geschichte um sie auf seine Seite zu ziehen. Er war überrascht zu hören, dass Lupin ihnen erzählt hatte, was er war. Als er Lupin zuhörte, der erzählte wie hart sein Leben war, verzog Snape leicht seinen Mund. Der Werwolf hatte es leicht gehabt. Dumbledore glaubte aus tiefster Seele daran, dass er harmlos war, er hatte nie die Konsequenzen für sein Tun tragen müssen, er war geschützt worden von Potter und Black und Dumbledore - alles war leicht gewesen für ihn. Snape fühlte kein Mitleid als Lupin seine Verwandlungen in dieser Hütte beschrieb.
Plötzlich erinnerte er sich an den Anti-Werwolfs-Trank, der noch auf Lupins Schreibtisch stand und die Veränderung die er damit durchgeführt hatte und er hielt den Atem an. Aber der Mond war bereits aufgegangen, als er zur Peitschenden Weide gegangen war. Das bedeutete, wie Snape begriff, dass der Trank gewirkt hatte. Bevor er sich nicht in direktes Mondlicht begeben würde, würde der Werwolf sich nicht verwandeln. Er suchte alarmiert den Raum ab, doch die Fenster waren alle mit Brettern vernagelt. Kein Lichtstrahl des Vollmonds würde den Werwolf hier erreichen. Trotzdem berührte Snape den silbernen Dolch, als ob er sich versichern wollte, dass er immer noch da war.
“Sie wurden Animagi”, sagte Lupin gerade. Snape schreckte auf. Sie waren Animagi geworden? Abschätzend betrachtete er Black und fragte sich, was für ein Tier er wohl wurde. Eine Kakerlake dachte Snape hoffnungsvoll, oder eine Küchenschabe. Er hörte aufmerksam zu, aber der Werwolf beschrieb die Tiere nicht weiter. Aber was er sagte bestätigte Snapes Verdacht.
“Sirius ist Tatze. Peter ist Wurmschwanz. James war Krone.“
Snape erinnerte sich an die Karte. Er hatte gewusst, als er die Beleidigungen darauf gelesen hatte, dass es keine anderen Macher der Karte geben konnte, als diese vier, doch er hatte keinen Beweis gehabt. Aber jetzt, jetzt wusste er alles.
Der Klang seines eigenen Namens riss ihn aus seinen Triumphträumen.
“Er ist hier, Sirius”, sagte Lupin und Snape dachte sicher, dass sie irgendwie durch seinen Umhang gesehen hatten. Er zog seinen Zauberstab. Doch der Werwolf meinte nur, dass er in Hogwarts unterrichtete, begriff Snape erleichtert.
Lupin begann zu erzählen, wie er beinahe Snape umgebracht hätte. Sein roher Ton ließ Snape gereizt die Zähne zusammenbeißen. Als ob der Werwolf behaupten könnte, es wäre nicht sein Fehler gewesen! Er blickte zu dem Potter-Jungen und zu den anderen Schülern und fragte sich, warum sie nicht vor dem Monster vor ihnen zurückwichen, aber sie schienen in die Geschichte vertieft zu sein. Blacks Gesicht war verzerrt vor Wut und Snape umfasste fest seinen Zauberstab, bereit, falls Black sich auf den Potter-Jungen stürzen würde.
“Es schien ihm Spaß zu machen herum zu schleichen und zu versuchen herauszufinden was wir machten… er hoffte, dass sie uns rauswerfen würden“, sagte Black. Jedes Wort von ihm brachte Snapes Blut zum Kochen, seine Stimme reichte aus um eine wahnsinnige Wut auszulösen. Jedes selbstgefälliges Wort – wie konnte er nur so selbstgefällig sein, nach so vielen Jahren in Askaban? – erinnerte Snape an die vielen Beleidigungen und Flüche, die sie sich an den Kopf geschmissen hatten, als sie beide jünger gewesen waren.
Snape entschied, dass etwas getan werden musste. Er konnte hier nicht für immer stehen und abwarten. Er würde Lupin und Black den Dementoren ausliefern und die Schüler Dumbledore übergeben. Seltsamerweise spürte er keinerlei Angst bei dem Gedanken die beiden gleichzeitig zu überwältigen; er wusste, dass Lupin wegen dem Vollmond geschwächt war und zwölf Jahre Askaban konnten Balck auch nicht unberührt gelassen haben. Es würde leicht sein sie zu überwältigen.
Lupin kam zum Ende der Geschichte und versuchte die Schüler zu übereugen, dass er niemals vorhatte Snape etwas anzutun. Als ob seine Vorsätze irgendetwas damit zu tun hatten! Was er getan hatte war genug Beweis für seine „guten“ Vorsätze für Snape.
“Deswegen kann Snape Sie nicht leiden”, sagte der Potter Junge und seine Stimme war der seines Vaters so ähnlich, dass Snape innerlich kochte, „weil er dachte sie wüssten ebenfalls von dieser Idee?“
Snape merkte, dass dies sein Moment war. Mit einer Hand an seinem Zauberstab, langte er nach dem Unsichtbarkeitsumhang und zog ihn von seinem Gesicht.
“So ist es”, sagte er kalt und zielte mit seinem Zauberstab direkt auf die schmale Brust des Werwolfs.

***


Snape kam langsam aus seiner Ohnmacht wieder zu sich. Ihm war unglaublich kalt, so kalt, dass er weder seine Finger noch seine Füße spüren konnte und er hatte das seltsame Gefühl, dass er falsch herum war. Benommen öffnete er die Augen. Er brauchte einige Zeit um zu verstehen, dass er nicht wirklich falsch herum lag, sondern in der Luft schwebte. Vorsichtig sah er nach unten und bemerkte, dass er nur einige Zentimeter über dem Boden schwebte.
“Finite incantatem!”, murmelte er und schwankte ein bisschen, als sein Körper schwer auf dem Boden aufkam. Für einen Augenblick lag er flach da und versuchte sich zu erinnern was geschehen war.
Die Erinnerung kam mit einem Schlag zurück. Der gepanschte Anti-Werwolfs-Trank, Black und Lupin, kurz davor Harry zu töten, er hatte sie beide erwischt, erinnerte er sich, aber was war danach passiert? Seine letzte Erinnerung war sein Aufschlagen auf dem Boden. Es war der Potter-Junge mit seinen Freunden, die ihn angegriffen hatten. Snape sah sich um. Im Mondlicht erkannte er, dass er nahe am See war und er fragte sich kurz wie er hier her gekommen war. Das Mondlicht, dachte er plötzlich, in einem Blitz unwillkommener Offenbarung. Was war mit dem Werwolf geschehen?
Irgendetwas stach in seinem Gesicht. Er tastete zögernd danach und spürte etwas Feuchtes in seinem Haar und auf seiner Stirn. Er roch daran und erkannte den metallischen Geruch. Er verstand, dass es sein eigenes Blut war.
Aber es gab wichtigere Dinge, die es zu beachten gab, es tat nicht wirklich weh. Wo war Black und was hatte er getan? Und noch Besorgniserregender: wo war der Werwolf jetzt? Er suchte sorgfältig den Boden ab.
Das Mondlicht beleuchtete ein paar Umrisse am See. Er begann darauf zuzugehen und stolperte dabei über etwas anderes am Boden. Im ersten Moment sprang er zurück, doch dann erkannte er die Figur vor ihm an ihrem roten Haar. Es war Ron Weasley. Ein Idiot wie alle Weasleys, dachte Snape, wenn er irgendwie intelligent sein würde, würde er nicht Potter hinterherlaufen. Aber er war ein Schüler und es war Snapes Pflicht ihn vor Attacken von Lupin oder Black zu schützen. Eine schnelle Bestandsaufnahme vom Körper des Jungen sagte ihm, dass eins seiner Beine gebrochen war und er von einem Zauberspruch außer Gefecht gesetzt worden war. Tief Atem holend stellte er seinen Geist auf den folgenden Spruch ein, und beschwor eine Krankentrage. Er richtete seinen Zauberstab auf den Weasley-Jungen, brachte ihn zum Schweben und ließ ihn auf die Trage fallen mit dem Befehl hinter ihm zu schweben.
Jetzt galt es herauszufinden was am See war. Snape spürte plötzlich den Drang den silbernen Dolch an seiner Seite zu greifen. Wenn dort ein Werwolf frei herum lief, wollte er nicht unbewaffnet sein. Zum Glück war der Dolch immer noch da.
Der Grund nahe am See war aufgeweicht und glitschig und Snape suchte sich seinen Weg mit Vorsicht. Als er näher kam konnte er drei Körper erkennen, die am Boden lagen. Zwei kleinere, zweifellos Granger und Potter, und eine größere, doch er verlor keine Zeit damit, zu raten wer es sein könnte.
Er erreichte den großen Körper zuerst. Er lag mit dem Gesicht im Gras und er konnte ihn im ersten Moment nicht erkennen. Er bückte sich und gab dem Körper einen Stoß an die Schulter, um ihn umzudrehen. Sofort erkannte er das hohle Gesicht von Sirius Black und er fühlte den Triumph in sich aufsteigen. Jetzt würde es kein Entkommen mehr geben, kein Wunder würde geschehen, keine Schüler die eingreifen, und das Monster seiner gerechten Strafe entziehen würden. Und der Ruhm würde ihm gehören.
Aber es würde nicht so gut aussehen, wenn herauskäme, dass Blacks letzte Tat, der Mord an dem Potter-Jungen wäre. Er ließ Black an Ort und Stelle zurück, wo er noch eine Weile im Schlamm liegen konnte und untersuchte schnell die anderen Beiden. Beide waren eiskalt, aber eindeutig lebendig. Besorgt um ihr Wohlergehen ließ er zwei weitere Tragen erscheinen und legte die Schüler darauf ab. Zuletzt wandte er sich an Black. Als Schutzmaßnahme fesselte er ihn mit einem Schlenker seines Zauberstabes. Als Blacks sich bewusstlos in die Luft erhob, trat Snape ihm unbarmherzig in den Hintern, so dass der schlaffe Körper heftig zuckte, bevor auf der Trage aufkam.
Mit den vier Tragen, die um ihn herum schwebten, lief Snape auf das Schloss zu. Mit argwöhnischen Blicken suchte er die Umgebung nach dem Werwolf ab, doch es schien sicher zu sein, kein Schatten bewegte sich in der Dunkelheit. Er konnte den Gesichtsausdruck eines Siegers nicht ablegen und er sah auf die Trage, die links neben ihm schwebte. Der Mann darauf war vollkommen still, sein Gesicht hatte dieselbe Farbe wie der Mond und sein verfilztes Haar hing in Büscheln über seine Schultern. Snapes Lächeln wurde breiter, so dass man seine Zähne sehen konnte. Nichts könnte diesen Moment übertreffen. Es war eine Schande, dass er den Werwolf nicht auch hatte, aber er ignorierte den Gedanken erfolgreich. Er hatte den größten Preis von allen gewonnen.
Natürlich, dachte er, war es nicht überraschend, dass die Idioten im Ministerium nie so nah an Black herangekommen waren. Snape belog sich nicht selbst; Black war nicht blöd, aber er war nicht besser geworden, als der Slytherin-Junge, den er so oft geärgert hatte.
Er sah zu dem Mann auf der Trage und grinste. “Ich habe gewonnen”, zischte er, “du bist nichts mehr.“
Sirius Black bewegte sich nicht. Snape warf einen raschen Blick zu den anderen Bahren, doch sie flogen dicht hinter ihm. Die Entfernung zur Schule schien sehr kurz zu sein, doch Snape genoss jeden Schritt seines Triumphzuges.
Er stieß die große Tür am Eingang der Schule mit einem beiläufigen Tritt auf, der die Wasserspeier lautstark protestieren ließ. Ein Geist glitt vorbei; Snape stoppte ihn gebieterisch.
“Schickt nach Dumbledore”, sagte er. „Ich habe Sirius Black als Gefangenen.“
Der Kopf des Geistes fiel von seiner Schulter und baumelte verkehrt herum am Hals seines Besitzers. Snape erkannte den Fast Kopflosen Nick und zog ein mürrisches Gesicht. Aber selbst der Gryffindor-Geist würde seine Nachricht überbringen.
“Holt ihn sofort!”, wiederholte er und der Geist schwebte mit einem letzten verwirrten Blick auf die Tragen durch die Decke, zu Dumbledores Büro.
Ein paar Minuten später eilte Dumbledore die Treppe herunter. Wesentlich schneller als Snape gedacht hatte. Dumbledores Gesichtsausdruck war nicht so gefasst wie gewöhnlich.
“Was ist passiert, Severus?”, fragte er.
“Ich habe Sirius Black”, sagte Snape mit einem triumphierenden Klang in der Stimme. „Er verhexte diese törichten Schüler, vermutlich ein Verwirr–Zauber, zusammen mit seinem Komplizen, dem Werwolf, und er hätte sie mit Sicherheit umgebracht, wenn ich nicht dagewesen wäre.“
Dumbledore schwieg für einen Moment, aber er sah hinunter auf Ron, Harry und Hermine und zuletzt auf Sirius Black. Sein Blick wurde noch besorgter.
“Madam Pomfrey sollte einen Blick auf diese drei hier werfen“, sagte er und beugte sich wieder über Ron Weasley.
Snape funkelte ihn eisig an. Wieso galt sein erster Gedanke der Weasley-Brut, anstatt dem Mörder, den Snape gefangen hatte? Er schubste die Trage mit Black ein Stück nach vorne, so dass Dumbledore Notiz davon nehmen musste.
Ein Auge immer noch auf Ron gerichtet, nickte Dumbledore Snape zu. „Das ist sehr bemerkenswert“, sagte er leise. „Sie haben genau so gehandelt, wie ich es von Ihnen erwartet habe.“ Er lehnte sich über Sirius Black und die Augenlieder des Mannes flatterten.
“Enervate”, sagte Dumbledore ruhig.
“Was!” Snape sprang nach vorne und postierte sich neben dem älteren Zauberer, eine Hand an seinem Zauberstab. “Dumbledore, dieser Mann ist ein verfluchter Mörder! Sie sollten etwas vorsichtiger sein!“
“Ich bin sicher”, sagte Dumbledore und fixierte scharf den Mann auf der Trage. „Es sieht aus als hätten Sie gründliche Arbeit geleistet. Severus, vielleicht könnten Sie die Drei hier in den Krankenflügel bringen. Und – und ich denke, man sollte Fudge eine Eule schicken, also kümmern Sie sich doch auch darum. Ich werde Sirius an einen sicheren Ort bringen.“
Als er sprach, öffneten sich Blacks Augen und sahen sich benommen um. Snape richtete seinen Zauberstab direkt zwischen die Augen des Gefangenen.
“Keine Bewegung!”, zischte er. Er warf Dumbledore einen kalten Blick zu. „Soll ich auch die Dementoren holen?“, fragte er, nicht gerade begeistert bei dieser Vorstellung, aber er wollte sicher gehen, dass sein Opfer erledigt würde.
“Warten wir auf Fudge, bevor wir irgendetwas Unüberlegtes tun“, antwortete Dumbledore. Er hatte ebenfalls seinen Zauberstab gezogen, aber die Hand, in der er ihn hielt, hing locker an seiner Seite. Auf der Liege begann Black sich zu bewegen, hustete und spuckte unter Schmerzen und beide drehten sich zu ihm.
“Professor Dumbledore”, keuchte er, “Sie müssen mir zuhören –“
“Halt die Klappe!”, drohte Snape, sein Zauberstab bebte in seiner Hand.
“Severus, bitte bringen Sie die Drei in den Krankenflügel”, sagte Dumbledore sanft und betrachtete den Gefangenen auf der Trage. „Sie können mir die ganze Geschichte erzählen, aber vorher sollte Madam Pomfrey sich die Drei ansehen. Ich werde in – hmm – in Flitwicks Büro sein, ich denke, dass ist recht sicher.“
“Sehr gut.” Snape bewegte die Tragen mit seinem Zauberstab vorwärts. Bei einem Spiegel blieb er stehen. Es wäre die schnellste Möglichkeit, so nach Fudge zu schicken. Rasch sprach er einen Zauberspruch über das Glas, sah wie es sich bewölkte und sich dann auf dem Gesicht einer Sekretärin wieder scharf stellte.
“Ich muss dringend mit Cornelius Fudge sprechen”, forderte Snape von dem ausdruckslosen Gesicht der Frau.
“Wer sind Sie und was wollen Sie, bitte?”, fragte sie mechanisch.
“Severus Snape, Meister der Zaubertränke in Hogwarts. Ich wünsche mit ihm über Sirius Black zu sprechen.“ Die Frau erstarrte bei diesen Worten und trat dann von dem Spiegel zurück.
“Ja Sir, einen Moment Sir”, sagte sie verwirrt und der Spiegel vernebelte sich wieder. Als er klar wurde, konnte er das leicht plumpe Gesicht des Zaubereiministers dort sehen.
“Severus Snape, Sie sind’s nicht wahr?“, sagte er freundlich. „Was kann ich für Sie tun?“
“Ich habe Sirius Snape überwältigt,” verkündete Snape laut. „Kommen Sie sofort nach Hogwarts.“
Fudge öffnete den Mund um etwas zu sagen, hustete, stotterte und starrte entgeistert zu Snape. “Sind Sie bei Sinnen?”, fragte er.
“Mit Sicherheit”, antwortete Snape „Kommen Sie sofort. Dumbledore bewacht ihn gerade.“ Er sprach gebieterisch, wissend, dass er in diesem Augenblick seines Sieges sogar den Zaubereiminister herumkommandieren konnte.
“Was – wie – wie konnte er gefangen werden?”
“Ich habe ihn selbst gestellt”, sagte Snape und sah auf Fudge herab, der ihm lediglich bis zur Nase reichte.
“Sie – Sie…”, stotterte Fudge, immer noch völlig verblüfft von der Neuigkeit.
“Ja. Sie müssen dringend kommen, sofort.”
“Ja, ja, natürlich. Ich werde nach Hogsmeade apparieren... ja... ich werde sofort da sein.“ Unentschlossen stand er im Spiegel.
“Gehen Sie schnell!”, sagte Snape und unterbrach die Verbindung bevor Fudge noch etwas sagen konnte. Er brachte die drei Tragen wieder mit seinem Zauberstab in Bewegung und sie begannen, durch die Gänge entlang zur Krankenstation zu gondeln.
Snape ließ unachtsam die Tür zum Krankenflügel aufschlagen und trat schwungvoll in den Raum. Madam Pomfrey, die an einem Tisch gesessen hatte, sprang auf die Füße.
“Severus – was hat das zu bedeuten?”, fragte sie. Ihre Augen huschten von ihm – sein Gesicht war immer noch mit Blut verschmiert – zu den drei bewegungslosen Gestalten auf den Tragen. Plötzlich hastete sie durch den Raum. Als sie die Gesichter der Schüler erkannte seufzte sie. „Was haben sie denn nun schon wieder getan
“Sirius Black hat einen Zauber über sie gesprochen“, sagte er unverblümt. „Es war ein Verwirrungszauber und er hätte sie beinahe umgebracht.“
“Guter Gott!” Madam Pomfrey, die sich konzentriert über Potter gebeugt hatte, sah mit geschocktem Blick auf. „Sind Sie sicher?“
“Ganz sicher.” Voller Stolz konnte Snape es nicht lassen ihr alles zu erzählen. „Ich habe ihn selbst überwältigt. Er wird in Kürze den Kuss der Dementoren erleiden.“
Madam Pomfrey blieb erstaunlicherweise sehr ruhig. „Dementoren, tatsächlich. Es war unmöglich diese Monster in die Schule zulassen.“ Sie stoppte über Hermine. „Diese beiden hatten es auch gerade mit Dementoren zu tun.“ Sie schubste die Tragen mit ernstem Gesicht auf drei Betten zu. „Nun, ihre Schnittwunde, ist sie in Ordnung?“
“Mir geht es gut”, sagte Snape. Er zog es vor, dass die Wunde, die er durch seinen Bemühungen abbekommen hatte, deutlich zu sehen blieb, ein Zeichen seines Heldentums und auch ein Zeichen, wie dumm doch die Schüler gewesen waren. „Wenn das alles ist, lasse ich sie in Ihrer Obhut.“
“Ja gut”, sagte sie und beugte sich über den rothaarigen Weasley-Jungen. Als sie begann leise vor sich hinzumurmeln, drehte Snape sich um und verließ den Krankenflügel.
Er machte sich auf in Richtung Flitwicks Büro, aber als er an einem Fenster vorbeikam, sah er die Kutsche des Ministers, die auf das Eingangsportal der Schule zurauschte. Snape richtete sich zu seiner vollen Größe auf und ging mit großen Schritten nach unten, um den Zaubereiminister zu begrüßen.
Fudge stand im Eingang, als Snape ihn erreichte.
“Wurde irgendjemand verletzt?”, war seine erste Frage. „Geht es Harry gut?“
Snape verzog das Gesicht. Harry Potter, Harry Potter, es schien als ob die ganze Zaubererwelt immer nur an das eine dachte.
“Er ist im Krankenflügel, aber Pomfrey sagte ihm geht es gut.”
“Seien Sie dankbar dafür”, sagte Fudge. „Ich schlage vor, Sie bringen mich zu ihm, und erzählen mir währenddessen, wie Sie Black überwältigen konnten.“ Fudge sah Snape ungläubig an. „Es ist wirklich, wirklich erstaunlich. Ich werde sehen was ich tun kann, damit Sie den Orden des Merlin dafür bekommen.“
Mit einem stolzen Grinsen, hob Snape sein Kinn. Alles kam so wie es kommen sollte, nach so vielen Jahren der Ablehnung und Enttäuschung. Und letztendlich hatte er jetzt alles wofür er gekämpft hatte. Er begann Fudge die ganze Geschichte zu erzählen.

***


Snape folgte MacNair mit den Dementoren die Treppen hinauf zu Flitwicks Büro. Er nahm nicht den Schatten der dunklen Gefühle wahr, den die schwarzen Gestalten ausstrahlten, so groß war seine Freude, sich an Blacks Verhängnis zu weiden. Er hatte die Bilder bereits vor Augen: Black stotternd und um Gnade winselnd, und seine Schreie, die langsam verstummten unter der Stille und Leere, die nach dem Kuss der Dementoren folgte. Der Kuss, der die letzten Fetzen seiner übriggebliebenen Menschlichkeit verzehren würde. Es blieb nur noch die Bestrafung für den Werwolf und sein Sieg wäre komplett.
Sie ereichten die Tür zu Flitwicks Büro. Fudge, der vorangegangen war, fummelte eine lange Weile mit den Schlüsseln herum und Snape klopfte ungeduldig mit dem Fuß. Nur ein paar Momente und er würde die Revanche haben, auf die er so lange gewartet hatte.
Schließlich schaffte es Fudge, die Tür zu öffnen. Snape zog seinen Zauberstab, genau wie MacNair. Die Dementoren glitten in den Raum und die drei Männer folgten ihnen.
Sirius Black war nicht da. Für einen Augenblick standen alle drei staunend im Raum herum. Snape sah sich um, als würde Black in einer Ecke versteckt sein. Aber es gab keinen Zweifel. Black war verschwunden.
“Er ist geflohen!” schrie Snape, der als Erster seine Fassung wiedererlangte. Er rannte zum Fenster. „Er war bis vor ein paar Minuten noch hier drin, er kann nicht weit sein...“ Aber als er in die Nacht hinaus starrte, konnte er nichts erkennen, außer dem Strahlen des Vollmonds, in dessen Licht die Sterne verblassten.
“Er ist wirklich entwischt", verkündete MacNair mit demselben Ärger. „Weiß nicht was Sie alle den ganzen Tag machen, aber man kann hier nichts auch nur für zwei Sekunden aus den Augen lassen, erst der Hippogreif und jetzt das...“
Snape hörte nicht zu. Schäumend wandte er sich an Fudge.
“Das glaube ich einfach nicht”, sagte Fudge. „Wir hatten ihn fast. Wir hatten ihn beinahe. Das ist grauenvoll! Wir müssen sofort zu Dumbledore gehen...“ Er drehte sich, die Dementoren ignorierend um, und stürmte die Treppen hinunter, während er die Katastrophe lautstark beklagte. Snape folgte ihm auf den Fersen, er war sich sicher, dass er wusste, wie das passieren konnte. Es gab nur eine Person, die ihm immer seinen Ruhm stahl, die immer alles zerstörte was er getan hatte.

***


Snape wirbelte aus der Krankenstation. Potter hatte es getan, irgendwie hatte er es geschafft, Black verschwinden zu lassen, und Dumbledore hielt auch noch zu ihm, es war verrückt! Die ganze Welt war durchgedreht, und jetzt, wegen Fudges Unfähigkeit und Dumbledores Verzögerung, war Black wieder frei. Sein Ruhm, sein Triumph, sein Erfolg, alles wurde ihm weggeschnappt von diesem Potter-Bengel und den unfähigen Idioten aus dem Ministerium.
Er hatte geglaubt zu wissen was Hass ist, doch diese Wut peitschte immer noch durch ihn, durchdrang jede Faser seines Körpers. Die Wunde an seinem Kopf pochte immer noch, doch jetzt war er voller Flammen und seine Knochen schmerzten. Er marschierte geradewegs durch das Schloss in sein Büro, nur ein Gedanke hämmerte in seinem Kopf, der die Flammen anfachte. Sirius Black war ihm entkommen.
Gut, da war immer noch eine Person, die nicht so leicht entwischen konnte. Er fragte sich ob der gepanschte Anti-Werwolfs-Trank Lupins Geist, oder nur den Zeitpunkt seiner Verwandlung verändert hatte. Letztendlich war das immerhin eine Sache die funktioniert hatte, etwas jenseits seiner Erwartungen. Der Werwolf war im Gelände der Schule verschwunden, mit seiner Fähigkeit grenzenloses Unheil hervorzurufen. Vielleicht würde ihn ein Jäger vor dem Morgengrauen töten. Oder auch nach dem Morgengrauen, Snape war nicht wählerisch.
Er schritt in seinem Raum auf und ab, der Slytherin-Teil der Schule blieb der Nacht als Rückzugsort. Als der Morgen strahlend anbrach und das Sonnenlicht sogar in die Kerker drang, fragte sich Snape ob die morgendliche Rückverwandlung sich ebenfalls verschieben würde. Nun, er würde es früh genug erfahren.

***


Beim Frühstück, registrierte er sofort, dass der Werwolf nicht da war. Er stand am Kopfende des Slytherin-Tisches und hatte eine gute Sicht auf die Lehrer, die alle tuschelnd mit gesenkten Stimmen in leise Gespräche vertieft waren. Ab und zu warfen sie ihm einen Blick zu. Ja, wollte Snape rufen, ich bin es der ihn gefangen hat. Und ihr seit die Idioten, die ihn haben entwischen lassen. Ein Name fiel am Tisch und er sah hin.
“Hey, glaubst du der verrückte Lupin wurde schließlich rausgeschmissen, weil er so hässliche alte Umhänge trägt?“, fragte Draco Malfoy einen der anderen Slytherin-Jungen. Ein Chor von gackernd lachenden Schülern antworteten ihm.
“Vielleicht ist er mit Sirius Black zusammen geflüchtet”, vermutete jemand anderes, wieder folgte Gelächter.
“Oder vielleicht rennt er immer noch mit haariger Schnauze im Verbotenen Wald herum“, schlug Snape vor, seine Lippen kräuselten sich rachsüchtig. Alle seine Schüler sahen ihn plötzlich völlig verblüfft an.
“Oh natürlich, ich vergaß, es sollte ein Geheimnis bleiben”, sagte Snape und entschloss sich, ihnen noch in dieser Sekunde alles zu erzählen, egal was passieren würde. „Aber ich denke, es ist Zeit dass ihr es erfahren solltet. Professor Lupin ist ein Werwolf.“
Die Schüler schnappten alle fast gleichzeitig nach Luft und eins der Mädchen stieß einen spitzen Schrei aus.
“Wirklich?”, fragte Draco Malfoy und seine Augen glänzten. „Ich glaube nicht, dass mein Vater sehr erfreut wäre, das zu hören.“
Snape stand schweigend da und sah zu wie seine Worte am Slytherin-Tisch kursierten und sich von da an die anderen Häuser verbreiteten. Jetzt würde es keinen Professor Remus Lupin mehr hier geben, dachte er. Es brauchte nicht viel um seinen Ärger zu besänftigen. Er bezweifelte zwar, dass dem Monster das Herz herauszureißen und seinen Körper in Stücke zu schneiden, ihm diese Befriedigung geben würde. Aber als seine Worte durch die Große Halle gingen und Köpfe sich zu ihm umdrehen um ihn anzustarren hielt er sich hartnäckig.
Er wartete nicht darauf, dass Dumbledore zu ihm kommen, und ihm sagen würde, dass das was er getan hatte falsch war. Stattdessen drehte er sich sobald die ersten Slytherins fertig waren um und verließ unbemerkt die Halle.
Als er an diesem Morgen seine Klassen unterrichteten, wagte es nicht ein einzelner Schüler auch nur laut zu atmen, denn sein Grimm wirkte prompt und zerstörerisch. Aber als sie in den Korridoren entlang gingen, hörte er, wie sie über Professor Lupin redeten und er wusste, dass der Werwolf ausgeschieden war. Aber es machte ihn wütend, dass sie anscheinend enttäuscht waren.
Als die Mittagspause kam zog er sich in sein Büro zurück. Er hatte keine Lust auf Essen. Stattdessen sah aus seinem Fenster und beobachtete eine Kutsche, die schnell von der Schule davon fuhr. Durch das schmale Fenster der Kutsche erkannte er das Gesicht von Remus Lupin. Der Werwolf war gegangen, zurück, um in einsamen Wäldern und Bergen zu jagen, weit weg von zivilisierten Menschen. Aber es war ein trügerischer Sieg.
Er ging in die Ecke seines Büros, in der der kleine Kessel stand, immer noch halb voll mit dem gepanschten Anti-Werwolfs-Trank. Sein Plan hatte funktioniert und er hätte eigentlich erfreut darüber sein, aber nach seinem Sieg und Fall letzte Nacht, schien es ein kleiner erbärmlicher Triumph. Was hilft es, fragte er sich wütend, wenn ich den Kampf gewonnen, aber den Krieg verloren habe? Er hob den Kessel hoch und nahm den Deckel ab. Der beißende, bittere Geruch des Trankes stieg ihm in die Nase, genauso stark und unverwechselbar wie der Duft des Werwolfes.
Eine kleine Tür führte direkt von seinem Büro nach draußen und Snape ging nun mit dem Kessel darauf zu. Er sprach den Spruch um die Tür zu öffnen und stand für einen Moment blinzelnd im Sonnenlicht. Die Kutsche war mittlerweile außer Sichtweite.
Die heiße, stehende Luft ließ ihn wieder den Geruch des Trankes wahrnehmen. Was für eine Zeitverschwendung es doch gewesen war. All diese Arbeit, die ganze Planung, und was ihn schließlich gewinnen ließ, war nicht etwa die verspätete Verwandlung und seine nachträglichen Folgen, wie Snape angenommen hatte, sondern seine eigene Offenbarung über die Natur des Monsters beim Frühstück. Es war lächerlich.
Snape nahm den Kessel und kippte ihn langsam, so dass der dickflüssige Trank über den Rand quoll und auf den Boden tropfte. Er beobachtete, wie er im trockenen Boden versickerte. Das Produkt seiner Arbeit im Labor, und als er es nun vergoss, vergoss er mit ihm die letzten Tropfen seiner Hoffnung auf Ruhm.
Das Geräusch von jemandem der sich räusperte, ließ Snape herumfahren. Professor Dumbledore stand im Türrahmen.
“Was wollen Sie?”, fragte Snape.
“Mit Ihnen sprechen”, Dumbledores Erwiderung war sanft, wie immer. „Ich vermute, die Schüler haben von Ihnen die Wahrheit über Remus erfahren?“
Snape hatte gewusst, dass dies kommen würde. Trotzig sagte er: „Ja, ich war es. Selbst wenn Sie nicht glauben wollen, dass er Black geholfen hat – und ich habe sie gesehen, mit meinen eigenen Augen, wie sie sich prächtig verstanden – ist er noch allein und gefährlich hier gewesen letzte Nacht. Wenn Sie die Schüler nicht vor ihm schützen wollen, ich will es.“
“Ich bin völlig zufrieden mit Remus' Erklärung, weshalb er mit Black zusammen war letzte Nacht. Seine Motive dorthin zu gehen waren dieselben wie Ihre. Und dass er frei herumlief – nun, es ist seltsam, dass er sich erst so spät verwandelt hat. Seltsam, aber sehr gut, denn wenn die Verwandlung etwas früher eingetreten wäre, wäre er in der Heulenden Hütte eingeschlossen gewesen, mit Ihnen, den Schülern und Sirius.“ Dumbledore sah zu dem Kessel herunter, den Snape immer noch festhielt. Die letzten Reste des Trankes bedeckten den Boden. „Wahrhaftig, ein großer Zufall.“
Konnte er denn keine Geheimnisse vor Dumbledore haben, fragte sich Snape aufgebracht. Es war klar, dass der Schulleiter alles wusste, sogar dass der Anti-Werwolfs-Trank nicht so war, wie er hätte sein sollen. Scharf drehte er den Kessel um, so dass auch der letzte Rest des Trankes auf den Boden fiel und das Gras auflöste, das dort wuchs.
Aber Dumbledore fragte nicht offen nach dem Trank, sondern schenkte Snape seinen enttäuschtesten Blick.
“Als es passierte, erzählte Remus mir er würde aufgeben nach dem Vorfall, vor Furcht noch einmal einen anderen Schüler zu gefährden. Ich bin trotzdem nicht sehr erbaut darüber, dass Sie mein Vertrauen gebrochen haben. Egal was Ihr Grund dazu war.“
Snape starrte auf den Anti-Werwolfs-Trank, der langsam in der Erde versickerte und schwieg. Er hatte getan was er tun musste, und wenn Dumbledore damit nicht zurechtkam, war es eben so.
Dumbledore sah ihn nun freundlich an. Snape wusste, dass er etwas über den Orden des Merlin sagen würde, etwas über die Flucht von Black und er wollte es nicht hören. Doch Dumbledore sagte etwas vollkommen anderes.
“Ich muss Sie etwas fragen, Severus, über Sirius Black. Als Sie bei den alten Kämpfern waren, haben Sie jemals etwas davon gehört, dass er etwas für Voldemort getan hat?“
Snape sah Dumbledore für einen Moment perplex an, betroffen von seiner Frage. Er wollte nicht an diese Erinnerungen zurückdenken, aber er tat es.
“Nein”, sagte er deutlich. „Black war zu schlau für so was. Ich denke, er hat direkt mit dem Dunklen Lord zusammen gearbeitet.“ Er sah Dumbledore düster an. „Glauben Sie wirklich diese Lügen, die Harry und seine Freunde erzählt haben, glauben Sie das, all diesen Unsinn über Peter Pettigrew?“
“Haben Sie jemals etwas von Peter gehört?“, beharrte Dumbledore.
“Nein, natürlich nicht. Und es ist absolut lachhaft, anzunehmen, dass er sich als Ron Weasleys Ratte versteckt gehalten hat.“ Snape drehte sich um, so dass er Dumbledore ins Gesicht sehen konnte, eine unglaubliche Idee erschien in seinem Kopf. „Sie waren es, stimmt's, nicht der Potter-Junge. Sie haben ihm geglaubt und haben Black fliehen lassen.“
“Das ist eine schwere Beschuldigung, Severus“, sagte Dumbledore ruhig. „Ich habe Sirius nicht freigelassen.“
“Wirklich”, sagte Snape in sarkastischem Ton. „Ich finde das ist schwer zu glauben.“ Aber irgendwie fühlte er sich ein bisschen besser. Besser er wurde vom größten Zauberer dieser Zeit überlistet und geschlagen, als von einem unbedeutenden. Lieber sollte Dumbledore ihn freigelassen haben als Harry Potter.
“Ich glaube, was Sirius mir gesagt hat”, fuhr Dumbledore fort. „Ich möchte Sie bitten, alles zu überdenken, was Sie über Voldemort und seine Helfer wissen, kommen Sie zu mir, wenn Sie einen Nachweis für Peter Pettigrews Beschäftigung bei ihm haben, oder Sirius'. Und in der Zwischenzeit halten Sie Ihre Zunge etwas im Zaum.“
“Ja, Professor”, sagte Snape dumpf. Es gab keinen Grund, einen Streit vom Zaun zu brechen. Vermutungen hatten Dumbledore noch nie überzeugt, er hatte es bereits zu oft vergessen, als dass er den selben Fehler wieder tun könnte.
“Gut, Severus.” Dumbledore hielt inne und musterte Snape für einen Moment von oben bis unten. Dann drehte er sich um, ging wieder hinein und ließ Snape allein im heißen Sonnenlicht zurück. Allein, zu seinen Füßen die Trümmer seiner Pläne und Hoffnungen. Er trat den Kessel fort. Was auch immer passieren würde, er war entschlossen dafür zu sorgen, dass Dumbledore die Wahrheit erkennen und Sirius Black seiner gerechten Strafe ins Auge blicken würde.
ENDE


A/N: Die Fortsetzung zu dieser Geschichte ist “The League Against Voldemort” in welcher Snape der Wahrheit ins Auge blicken muss. Wenn ihr irgendwelche Kommentare, besonders Kritik an Sprache, Stil oder Struktur habt, bitte schreibt sie mir. Oder schreibt einfach irgendwas, ich mag Reviews!
 Blaise
10th November 2000


 
 

Teil 1

 

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