Ein Rabe namens Snape

 

 

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Kapitel 6

 


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Kurz vor Ende der Ferien besuchte Harry mit seinen Freunden die Winkelgasse, um Schuleinkäufe zu erledigen. Er brauchte neue Kleidung und einen ganzen Stapel Bücher für seine neuen Kurse. Ron, Ginny und er trafen sich mit Hermine in Fortesques Eiscafé. "Warum hast du den Raben denn nicht zu Hause gelassen, Harry?"

Ron grinste: "Snape liebt Harry einfach. Er lässt ihn nicht aus den Augen."

"Quatsch, ich denke, er ist einfach verwöhnt. Wenn sein Flügel wieder in Ordnung ist, muss er sowieso wieder selbst fliegen", entgegnete Harry.

"Wohin geht ihr als nächstes?", fragte Ginny.

"Ich brauche neue Schulklamotten und neue Schuhe." Harry schaute auf die abgelatschten Sohlen und die Zehen, die aus den Löchern in seinen Schuhen herausschauten. "Ich bin diesen Sommer ziemlich gewachsen, fürchte ich."

Hermine folgte seinem Blick: "Du meine Güte, Harry. Warum kaufst du dir nicht ein paar Zaubererstiefel. Sie sind so gehext, dass man nicht daraus herauswächst."

"Ja, aber ich mag diese Turnschuhe einfach." Harry zog eine Werbeanzeige aus einer Muggel-Zeitschrift hervor. "Ich werde etwas Geld wechseln, damit ich in einem Muggel-Kaufhaus einkaufen kann. Lust mitzukommen?"

"Aber werden deine Verwandten nicht misstrauisch, wenn sie dich mit den neuesten Turnschuhen erwischen?"

"Ist mir egal. Nächstes Jahr ist sowieso der letzte Sommer, den ich bei ihnen zubringen muss. Bis dahin sind sie nicht mehr die modernsten, und außerdem sind sie dann bestimmt auch verdreckt und abgetragen."

"Wenn du es dir leisten kannst, solltest du wirklich Zaubererstiefel kaufen. Es ist das letzte paar Stiefel, das du dir je kaufen musst. Das macht sie wirklich wertvoll."

'Hör nur auf die Alleswisserin, Potter. Sie hat tatsächlich Recht', krächzte Snape.

"Danke für den Rat, Hermine, aber ich will wirklich diese Turnschuhe."

Harry musste den Raben draußen lassen, als sein Maß für neue Schulkleidung genommen wurde. Gelangweilt entschied sich Snape, einen kleinen Spaziergang zu machen, und landete schließlich in der Knockturn Gasse. Auf einer Markise fand er einen netten Sitzplatz und beobachtete alle, die um die Ecke kamen.

Nachdem sie fertig mit der Anprobe waren, kamen Harry und Ron gelaufen: "Snape! Snape?" Da kam Draco Malfoy aus der Knockturn Gasse, dicht gefolgt von Crabbe und Goyle.

"Was ist denn mit dir los, Potter? Die Sommerferien sind noch nicht um. Vermisst du etwa deinen Zaubertränke Professor schon?"

"Geht dich gar nichts an, Malfoy, wir jedenfalls kümmern uns nur um unsere eigenen Angelegenheiten", sagte Ron herausfordernd. "Was machst du überhaupt in der Knockturn Gasse? Die ist für Hogwartsschüler verboten."

"Nicht, dass das wirklich deine Angelegenheit wäre, Wiesel, aber ich muss mich um die Geschäfte meines Vaters kümmern."

Harry stieß Ron in die Rippen: "Er verkauft die Sammlung dunkler Magiegegenstände seines Vaters, um das Ministerium zu bestechen."

Malfoy zückte seinen Zauberstab: "Nimm das zurück, Potter!" Snape entschied, dass es Zeit war einzugreifen, flatterte krächzend in die Gasse und landete genau zwischen Harry und Draco. 'Tu deinen Zauberstab weg, Draco!' schimpfte der Rabe. Draco sah Harry auf den Vogel zulaufen, und beeilte sich, zuerst dort zu sein. Er packte Snape bei den Beinen und ließ ihn kopfüber in der Luft baumeln. "Ist es das, nach dem du suchst, Potty?"

Draco hielt die Spitze seines Zauberstabs gegen die Brust des Raben, während dieser krächzte und mit den Flügeln schlug. "Willst du mal sehen, wie gut ich den Avada Kedavra inzwischen kann?" Draco und seine Kumpane lachten über die entsetzten Gesichter der beiden Gryffindors.

"Das würdest du nicht tun", keuchte Harry.

Draco grinste hinterhältig: "Bist du sicher? Versuch's nur, Potter. Los, fordere mich heraus."

"Harry! Ron! Hier seid ihr also", rief plötzlich eine tiefe Stimme aus der Winkelgasse. Der Stimme folgte ein haariges Gesicht, das weit über die Menschenmenge hinausragte, als Hagrid auf die Hogwartsschülern zuschritt. "Hallo Draco, Greg'ry, Vincent. Ihr macht jetzt besser keinen Ärger, Jungs, wisst ihr."

"Klaro", sagten die drei Slytherins wie aus einem Munde. Aus Schulterhöhe ließ Draco den Raben fallen und marschierten mit seinen Bodyguards Richtung Gringotts, wobei sie immer wieder düstere Blicke über die Schulter auf Harry und den Halbriesen warfen. Snape schaffte es, sicher auf den Boden zu flattern.

"Großartiges Timing, Hagrid!" Harry lächelte zu seinem Lehrer für Pflege Magischer Geschöpfe hoch.

"Ja, genial", pflichtete ihm Ron bei.

Remus Lupin gesellte sich zu den dreien hinzu: "Hier seid ihr. Wir haben euch schon gesucht."

"Wir?" Harry schaute sich erstaunt um.

Hagrid lachte: "Glaubt ihr etwa, wir lassen euch unbeobachtet hier 'rumlaufen?"

'Natürlich nicht', dachte Snape als Harry ihn hoch nahm. 'Dumbledores Goldjunge muss ja wegen dieser Prophezeiung behütet werden wie ein rohes Ei.'

Remus fragte den brillentragenden Teenager: "Hast du alles für die Schule zusammen, Harry?"

"Alles außer meinen Turnschuhen", antwortete er. "Die schenke ich mir selbst zum Geburtstag."

"Dann geht's jetzt zurück zum Fuchsbau. Turnschuhe musst du ein andermal einkaufen", bestimmte Remus und legte dem enttäuschten Sechzehnjährigen seine Hand auf die Schulter.

"Hagrid, war nett, dich wieder zu sehen." Harry zwang sich zu einem Lächeln, schaute dann aber traurig auf seine Füße.

"Gut, dich zu sehen, Harry", grinste der große Zauberer durch seinen buschigen Bart.

"Sag, könntest du nicht Snape mit nach Hogwarts nehmen?" Harry hielt ihm den schwarzen Vogel entgegen, der in seinen Armen schnaufte.

"Kein Problem, ich pass' gern für dich auf ihn auf." Der Hüne drückte den Raben sachte an sich. "Hallo, du, Professor Snape. Harry hat mir von dir geschrieben. Die Vogelfuttermischun' wirkt Wunder, was, Harry?"

Harry streichelte dem schwarzen Vogel über den Rücken. "Sicher tut sie das. Sei jetzt nett zu Hagrid, du. Er wird sich gut um dich kümmern, und ich sehe dich in ein paar Tagen wieder, okay?" Der Vogel hielt tatsächlich still, als Hagrid ihn in eine seiner unergründlichen Taschen steckte.

"Genau, und, Hagrid, sag ja Professor Dumbledore nicht, dass er ihn zurück verwandeln soll. Ich mag ihn genau so, wie er gerade ist", schnaubte Ron.

Snape streckte seinen Kopf aus Hagrids Tasche hervor und krächzte: 'Du wirst noch dein blaues Wunder erleben, Weasley! Warte nur, bis ich dich in die Finger bekomme."

***



Als Hagrid nach der Konfrontation zwischen Harry und Draco in der Winkelgasse nach Hogwarts zurückkehrte, ging er schnurstracks zu seiner Hütte und leerte dort die Inhalte seiner Taschen mitsamt Raben auf den großen Tisch. Er entfernte die Schiene vom Flügel des Vogels und streckte ihn aus, um ihn zu inspizieren. "Harry hat das richtig gut hingekriegt, was?" Hagrid war erstaunlich vorsichtig als er den Raben ein paar Mal streichelte, bevor er sich ans Kochen machte.

Der Halbriese rührte gerade seinen Eintopf über dem Feuer, als jemand an der Tür klopfte. Fang stand auf und bellte die Tür an, aber sein Schwanz wedelte dabei so wild hin und her, dass Snape noch auf dem Tisch den Luftzug spüren konnte. 'Heh, Hund, pass auf deinen Schwanz auf!', krächzte er ärgerlich. Hagrid brachte sie beide zum Schweigen.

"Perfesser Dumbledore, kommen Se nur rein." Hagrid stellte einen Stuhl für den Direktor zurecht. "Wie wär's mit Aben'essen, Sir?" Dumbledore nahm Platz, Harrys Eule Hedwig auf seiner Schulter.

"Danke, nein, Hagrid, ich kam nur wegen Severus." Snape rannte mit ausgebreiteten Flügeln im Kreis um den Tisch. 'Er weiß es! Hedwig, er weiß es. Es ist vorbei, ich habe diesen Sommer überlebt!', krächzte er aufgeregt.

'Herzlichen Glückwunsch', schuhuhte Hedwig zurück. 'Ich soll schön von Harry grüßen, er vermisst dich.'

'Danke, Hedwig. Für all deine Hilfe', krächzte der schwarze Vogel.

"Woher wussten Sie denn, dass er hier is'? Wart mal, sagten Sie Severus? Das is' Professor Snape?" Ein Zwinkern von Dumbledore war alles, was Hagrid als Antwort brauchte. Der fröhliche Riese biss sich auf die Lippen, um nicht laut loszulachen, wenigstens nicht bevor die beiden gegangen waren.

"Remus hat Harrys Eule mit einer Notiz geschickt, dass du den Raben nach Hogwarts gebracht hast. Danke, Hagrid. Bis zum Frühstück?"

"Richtig. Bis zum Frühstück." Hagrid winkte dem Direktor, der Snape auf seiner Hand sitzend zu seinem Büro brachte, vom Eingang aus hinterher.

McGonagall wartete schon in dem runden Raum, als sich die Tür am Ende der sich drehenden Wendeltreppe öffnete. Um die Neuankömmlinge zu begrüßen, stand sie auf. Sie nahm Snape von Dumbledores Hand, streichelte die glänzend schwarzen Federn und flüsterte ihr ganz persönliches Willkommen. 'Danke, Minerva. Und jetzt beenden Sie endlich diesen verflixten Fluch!' dachte Snape.

Als Snape anfing zu zappeln, um sich aus ihrem Griff zu befreien, hielt ihn McGonagall mit beiden Händen fest und drückte seine Flügel an seinen Körper. "Beruhigen Sie sich, Severus. Sie lassen nie jemanden dicht genug an sich heran für eine Berührung. Dies hier ist wahrscheinlich meine einzige Chance, Sie mal richtig drücken zu können." Sie küsste ihn schnell auf den Kopf. Snape schloss die Augen und dachte: 'Genug der Gefühlsduselei, machen Sie lieber, dass ich aus diesen Federn herauskomme!'

In dem Bestreben, seine Belustigung hinter Taten zu verstecken, hatte der Direktor in der Zwischenzeit die schwarzen Kleidungsstücke aus der Schreibtischschublade geholt und sie dem Raben übergehängt. "Zusammen, Minerva, sollen wir?"

"Warte, Albus, da wäre noch eine Kleinigkeit. Ein gewisser Harry Potter möchte gerne Zaubertränke für Fortgeschrittene belegen."

McGonagall beugte sich über den Vogel, um seinen Kopf zu tätscheln. Snape war einsichtig genug, so kurz vor seiner Rückverwandlung in seine menschliche Form nicht nach ihrem Finger zu schnappen

'Erpressung!', krächzte der Rabe. 'Albus, das können Sie nicht machen! Das ist Erpressung!'

"Nun, was sagst du, mein schwarz gefiederter Freund?", fragte Albus, während der Vogel mit in Protest aufgesperrtem Schnabel auf dem Boden saß.

'Wenn es unbedingt sein muss', grummelte Snape schließlich und nickte mit dem Kopf. Dabei dachte er: 'Potter hat tatsächlich in den Ferien gezeigt, dass er gar nicht so schlecht in Zaubertränke ist. Aber ich werde eine Gegenleistung dafür verlangen, keine Frage.' Fawkes und Hedwig, die nebeneinander auf einer Sitzstange hockten, schüttelten ihre Flügel in Applaus. Dumbledore deutete dies als Einverständnis.

Der Direktor zählte: "Eins, zwei, drei!" Als ihre Zauber sich verbanden und gemeinsam den Raben trafen, wurde Snape größer und größer. Seine Flügel füllten die Ärmel seiner Kleider, wurden zu Armen, bis er schließlich Auge in Auge mit dem Direktor stand.

"Danke." Snape beugte seine Arme und Finger und drehte seinen Kopf hin und her. Er nahm seinen Zauberstab vom Schreibtisch und schwang ihn kurz durch die Luft, wobei von dessen Spitze grüne und silberne Funken sprühten. Er schloss die Augen und seufzte vor Erleichterung auf. "Als Gegenleistung dafür, dass ich Harry Potter zum Unterricht für Fortgeschrittene zulasse, habe ich einen Wunsch einen gewissen Ronald Weasley betreffend." Er schaute Minerva an.

***



Als sie mit dem Hogwarts Express in Bahnhof von Hogsmeade ankamen, sprang Harry sogleich aus der Tür, sobald diese sich geöffnet hatte. Er rannte geradewegs zu Hagrid, der die Erstklässler für ihre Fahrt über den See zusammenrief. "Hi, Hagrid, wie geht es Snape?"

"Hallo, Harry. Snape ist wieder ganz der Alte. Dank dir."

"Oh, ist er weg? Schon weggeflogen?"

Hagrid lachte dröhnend: "Geh schon weiter, Harry. Er wartet auf dich. Komm mich so bald wie möglich besuchen."

"Okay, danke, Hagrid." Harry winkte und rannte zu der Kutsche, bei der Ron und Hermine mit Hedwig in ihrem Käfig auf ihn warteten.

Als das Trio in die Große Halle marschieren wollte, stolperte Harry plötzlich und fiel gegen niemand anderen als den platinblonden Slytherin Draco Malfoy. Ärgerlich schubste Malfoy Harry, und eine Rauferei begann. Die Jungen beschimpften und schubsten sich noch, als sich Dumbledores und McGonagalls Hände auf ihre Schultern legten: "Mr. Malfoy, Mr. Potter, Mr. Weasley, geht in meinem Büro und wartet auf mich. Ich werde in Kürze dort sein. Das Passwort ist 'Fruchtgummis'."

Nach einer Weile öffnete sich die Tür des runden Büros, und die Professoren McGonagall, Trelawney und Snape traten hinter Dumbledore ins Zimmer. Rons sperrte seinen Mund sperrangelweit auf, als er Snape erblickte, der genau so aussah wie auf seiner Zeichnung, komplett mit Kratzer im Gesicht und weißer Armschlinge. Außerdem grinste Snape spöttisch. Harrys Augen wurden groß wie Teller, als er die Ähnlichkeit mit dem Bild erkannte.

"Mr. Malfoy, Montag Nacht Nachsitzen wegen Tätlichkeiten im Gang."

Draco protestierte: "Potter hat mich zuerst geschubst!"

Harry verteidigte sich: "Ich bin gestolpert und gegen ihn gefallen."

"Ohne Zweifel aufgrund dieser armseligen Fußbekleidung", sagte Snape gedehnt. Draco grinste hämisch über diese Bemerkung, und Ron murmelte: "Undankbarer Idiot." Harry seufzte leise: "Meine Füße tun weh."

"Malfoy, raus mit dir. Du bist entlassen", zischte Snape.

Sobald sich die Tür hinter Draco geschlossen hatte, meldete sich Dumbledore von hinter seinem Schreibtisch zu Wort: "Ronald Weasley, es ist mir zu Ohren gekommen, dass du der Urheber dieser Zeichnung bist. Verleugnest du die Signatur am unteren Rand des Bildes?" Er rollte das Pergament auf und hielt es so hin, dass alle im Raum es sehen konnten.

"N-n-nein, Sir", stotterte Ron mit schuldbewusstem Blick. Besorgt schaute er Harry an.

"Ich dachte, ich hätte es im Fuchsbau verloren. Wie kommt das Bild hierher?", fragte Harry.

Mit blitzenden Augen antwortete Dumbledore: "Ein kleiner Vogel hat es mir gebracht." Vor seinem Schreibtisch auf- und abgehend fuhr er fort: "Ich werde in diesem Fall keine Bestrafung empfehlen, da dies in den Sommerferien passiert ist, jedoch, ich beabsichtige, solchen Unfug im Keim zu ersticken, bevor es zu wirklichen Problemen kommen kann." Dumbledore lehnte sich an seinen Schreibtisch und kreuzte die Arme vor der Brust. "Meine Herren, so lange ihr Schüler in Hogwarts seid, erwarte ich von euch, dass ihr euren Lehrern mit Respekt begegnen. Respektloses Verhalten werde ich nicht ungestraft lassen. Ist das klar?"

"Ja, Sir", piepsten Ron und Harry. Der Direktor reichte das Pergament der Lehrerin für Wahrsagen weiter, damit sie es Severus geben konnte.

Sybill Trewlaney schlug die Hände über ihr Gesicht und hauchte: "Ronald Weasley, du hast die Gabe des Inneren Auges. Ich weiß genau, dass du Professor Snape nicht gesehen hast, seit er aus seinen Ferien zurückgekommen ist." Ihre Stimme war ätherisch und dünn vor Erstaunen. Sie sah von der Zeichnung zu Snape. "Du musst unbedingt an meinem Kurs Wahrsagen für Fortgeschrittene teilnehmen, und ich akzeptiere auf keinen Fall ein Nein als Antwort."

Rons Unterlippe zitterte, und sein Kopf wollte nicht aufhören sich von links nach rechts und wieder nach links hin und her zu bewegen. Auch McGonagall schüttelte den Kopf: "Ich kann es in der Tat kaum glauben, Mr. Weasley, es ist so phänomenal erstaunlich. Ich werde umgehend deinen Stundenplan ändern." Ron schüttelte weiterhin langsam den Kopf, brachte aber keinen Ton heraus. Sein Mund formte immer wieder das Wort 'Nein', aber nichts war zu hören ...

Schließlich sagte Dumbledore: "Ronald, du kannst jetzt in die Große Halle gehen. Wir haben noch etwas mit Harry zu besprechen."

McGonagall und Trelawney begleiteten ihn aus dem Büro hinaus.

Harry starrte den schwarz gekleideten, grün beklecksten Zauberer an. "Waren Sie wirklich der Rabe, Professor Snape?" Eine ganze Parade von Erinnerungen an seine Erlebnisse mit dem verletzten Vogel zog an seinem geistigen Auge vorüber. Vom Fliegen mit ihm auf dem Besen bis zu all den Dingen, die er ihm von sich erzählt hatte. Er hatte erwähnt, dass Peter Petigrew ein illegaler Ratten-Animagus ist. Harry hätte sich dafür in den Hintern treten können, dass er jemandem so viel anvertraut hatte, von dem er erwarten konnte, dass er diese Informationen benutzen würde, um ihn zu erniedrigen.

"Harry, wenn du mich bitte entschuldigen würdest, ich muss das Willkommensfest eröffnen. Professor Snape hat dir noch ein paar Dinge zu sagen. Komm dann nach, sobald du kannst." Auf dem Weg zur Tür ging Dumbledore an ihm vorbei und klopfte ihm auf die Schulter.

Sobald die Tür geschlossen war, nahm Snape die Schlinge ab, wischte die aufgeklebte Narbe vom Gesicht und warf sie in den Papierkorb. "Tut mir leid, das mit Draco. Ich habe dich mit einem Stolperfluch belegt."

"Warum?"

"Wegen der Nummer, die er in der Winkelgasse abgezogen hat. Ja, ich war der Rabe, und Malfoy hat es doch tatsächlich gewagt, seinen Zauberstab auf mich zu richten und mit einem Unverzeihlichen Fluch zu drohen. Ich werde ihm was erzählen, während er auf seinen Knien den Vogeldreck vom Boden der Eulerei kratzt." Er griff nach unten und hob eine Schachtel und einen Besen vom Fußboden hinter dem Schreibtisch auf, ging um diesen herum und setzte sich in den Lehnstuhl gegenüber von Harry. "Mach es schon auf."

"Sie haben meinen Besen poliert? Uhm, danke." Harry war misstrauisch. Vielleicht hatte Snape den Besen verhext, damit Slytherin dieses Jahr den Quidditch Pokal gewinnt. Er notierte sich gedanklich, dass er Professor McGonagall bitten würde, den Feuerblitz gründlich durchzuchecken.

Beim Öffnen des Kartons rief er aus: "Turnschuhe! Genau die, die ich haben wollte. Vielen Dank, Sir." Er grinste über das ganze Gesicht, und seine grünen Augen leuchteten vor Erleichterung und Glück. "Woher wussten Sie meine Größe?", fragte der Teenager, während er seine alten, verschlissenen Schuhe von den Füßen riss.

"Ich habe während des Sommers so einiges über dich erfahren."

"Was war eigentlich passiert? Ich meine, wenn ich fragen darf."

"Ich war unvorsichtig. Das ist alles, was ich gewillt bin zu sagen. Der Direktor hat mir mitgeteilt, dass Hedwig und Fawkes es nach Wochen schließlich geschafft haben, ihm mit Hilfe von Mr. Weasleys rudimentären Zeichenkünsten klarzumachen, wer der Rabe wirklich ist. Ich denke, der Direktor hat zu viele Dinge gleichzeitig im Kopf, um die er sich kümmern muss, um einfache logische Schlüsse ziehen zu könnte. Und Ronald Weasley macht viel zu viel Blödsinn, um wirklich ernst genommen zu werden."

Während Harry, immer noch breit grinsend, die neuen Schuhe an seinen Füßen bewunderte, redete Snape weiter: "Deine Prüfungsresultate vom letzten Sommer sind nicht gut genug, um dich zu meinem Kurs für Fortgeschrittene zuzulassen, nichts desto trotz werde ich dich probehalber aufnehmen. Ich gebe dir bis Halloween, um mir zu zeigen, dass du mit dem Stoff zurechtkommst. Dieses Angebot würde ich nicht machen, wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass du es schaffen kannst."

"Nun, um ehrlich zu sein, ich habe diesen Sommer herausgefunden, wie sehr ich Zaubertränke mag, und ich würde gerne weitermachen, aber ich kann mich in Ihrer Klasse nicht konzentrieren."

"Potter, erwarte nicht, dass ich mein öffentliches Auftreten verändern werde. Wie du weißt, bin ich ein Spion. Daher bin ich gezwungen, vor meinen Slytherin-Schülern ein angemessenes Verhalten an den Tag zu legen, da sie ohne Zweifel ihre Slytherin-Eltern über alles, was in der Schule vor sich geht, informieren werden. Ich kann es mir nicht leisten, meine Position zu gefährden. Wenn jemand anfinge, Fragen zu stellen, könnte jemand verletzt werden, oder schlimmer."

'Todesser-Eltern, meinen Sie', dachte Harry. "Wo Sie gerade von schlimmerem reden, ich bin nie dazu gekommen, mich dafür zu entschuldigen, dass ich in Ihr Denkarium geschaut habe. Es tut mir leid, in Ihre Privatsphäre eingedrungen zu sein."

"Entschuldigung akzeptiert. Ich wäre bereit, den Okklumantikunterricht wieder aufzunehmen, aber es sollte weiterhin so aussehen, als ob du an deinen unzureichenden Fähigkeiten in Zaubertränke arbeiten würdest."

"Unzurei-?!" Harry bremste sich und schaute nachdenklich auf seine neuen Schuhe. Er seufzte: "Danke, Sir, aber könnten Sie im Unterricht nicht wenigstens etwas weniger persönlich werden?"

Snape grinste: "Wenn du vorbereitet in die Klasse kommen würdest, wärest du nicht so ein leichtes Ziel für mich."

Harry verzog schmollend das Gesicht, aber dann schaute er mit zusammengekniffenen Augen den Zaubertränke-Lehrer an: "Sir, es wundert mich, dass Sie die Farbe noch nicht aus Ihrem Haar entfernt haben."

Die linke Seite von Snapes Gesicht zuckte: "Der Direktor hat mir einen Zaubertrank gegeben, von dem er sagte, er sei sicherer als ein Reinigungszauber. Ich glaube, er nannte das Zeug 'Head on Shoulders'? Interessante blaue Farbe." Harry explodierte fast vor Lachen, aber schnell hielt er sich die Hand vor den Mund und kniff seine Augen zusammen. Fast hyperventilierend sank er in den Stuhl und atmete tief ein.

Glücklicherweise hatte Snape seine Reaktion nicht mitbekommen, da seine langen Beine ihn schon zur Bürotür gebracht hatten. Er drehte sich herum, als Harry gerade seine Augen am Ärmel abwischte. "Noch eine Sache. Ich habe ein Geschenk für deinen Cousin. Kann ich die Adresse haben, damit ich weiß, wo ich es abliefern kann?"

"Sie wollen ihm doch nichts antun, oder?"

"Zaubererehrenwort. Ich werde ihm nichts antun. Ich verspreche sogar, dass er sein Vergnügen damit haben wird."

***



Petunia Dursley bereitete gerade in der Küche das Abendessen vor, als es laut an der Haustür klopfte. "Dudley, Liebling, gehst du bitte öffnen?"

Der große, dunkelhaarige Lieferant trommelte mit den Fingern auf sein Klemmbrett: "Ich habe hier eine Lieferung für Mr. Dudley Dursley."

"Ja? Das bin ich. Was ist es?"

"Mit Einsendung Ihrer Produktregistration für Ihr Paintballgewehr haben Sie automatisch an einer Verlosung teilgenommen. Sie, Sir, haben einen großzügigen Vorrat an Farbpatronen und eine Zielgalerie gewonnen. Ich bin hier, um sie aufzustellen."

Dudley ließ ihn vor der Tür stehen und rannte in die Küche: "Mama! Mama! Ich habe Farbpatronen und eine Zielgalerie gewonnen!"

Während die Dursleys Abendbrot aßen, baute Snape im kleinsten Schlafzimmer, dem Zimmer, in dem Harry während der Sommerferien schlief, die Zielgalerie auf. Vernon führte seine Familie in den Raum und rieb seine fetten Hände: "Fertig, äh, Stevens, oder wie war noch Ihr Name?"

"Mr. Dursley. Ich habe den Vorrat an Farbpatronen hier gegen die Wand aufgestapelt und die Wände und den Fußboden mit Folie verkleidet, damit Ihr wunderschönes Heim keine Flecken abbekommt." Snape zog eine Ratte, die eine silberne Vorderpfote zu haben schien, aus einem Plastikkäfig für Hamster und setzte sie in die horizontale Laufbahn. Petunia verzog säuerlich das Gesicht, als sie die Ratte sah. "Keine Sorge, Mrs. Dursley, die Ratte kann nicht aus der Laufbahn heraus. Alles, was Sie tun müssen, ist ab und zu etwas Trockenfutter in diese Röhre zu füllen und etwas Wasser in die andere. Die Einstreu sollte einmal pro Woche gewechselt werden. Futter und Einstreu sind in diesem Karton." Er zeigte auf die weiße Box oben auf dem Stapel mit den Farbpatronen. "Die Ratte heißt Peter. Viel Vergnügen."

Snape grinste zufrieden, als er das Haus Nummer 4 im Ligusterweg verließ, in dem Dudley jedes Mal laut johlte, wenn er seine neue Zielratte mit einem Farbball traf.



ENDE



 

Kapitel 5

 

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