Ein fehlgeschlagener Streich

 

 

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Kapitel 1: Zwischenfall beim See

 

*Oh ihr Götter*

* Ausgeliefert –*

Er war ihnen ausgeliefert!

Bloss einige Momente zuvor hatte James Potter—der grosse und gloriose St. James in Person – seinen Mitschüler Severus Snape umgekehrt in der Luft hängen lassen, vor einer Gruppe von Hogwartsschülern, die sich beim See für ein wenig Nach-Prüfungs-Entspannung versammelt hatten.

Dem Slytherin war an diesem schönen Nachmittag in einem überraschenden Angriff aufgelauert worden, nach seiner ‚Verteidigung gegen dunkle Künste’-Prüfung. Er war mit verschiedenen Flüchen belegt worden - unter anderem demjenigen, welcher verhinderte, dass er sich bewegten konnte und weg kam und welcher ihm jedes Mal eine Höllenangst einjagte. Tatsächlich hatten die “Herumtreiber” – Sirius Black (Tatze für seine Freunde), James Potter (Krone), Remus Lupin (Moony), und die kleine Kröte Peter Pettigrew (Wurmschwanz) – einen guten Teil ihrer Freizeit dazu aufgebracht, sich Wege auszudenken, wie man Severus Snape quälen konnte.

Hier hing Severus nun, seine langen, dünnen Beine und angegrauten Unterhosen in voller Sicht für die Menge. Dieser Rotschopf Lily Evans, die versucht hatte die Herumtreiber davon abzubringen Snape zu quälen, hatte von James verlangt, den Slytherin in Ruhe zu lassen. Potter war sofort darauf eingegangen, was den Idioten “Schniefelus” direkt auf seinem Kopf landen liess.

Severus — beschämt, dass Lily ihn so gesehen hatte, teilweise weil er sich ein wenig in sie verguckt hatte — hatte aus einem Haufen schlechter Gefühle heraus reagiert und sie Schlammblut genannt. Sie hatte auch geradeaus zurückbeleidigt. Es war dieser Wortwechsel, zusammen mit dem mittels Zauberstab zugefügten Schnitt auf James’ Gesicht, welcher Potter dazu gebracht hatte, ihn wieder in der Luft hängen lassen.

Es war für Severus merkwürdig, dass seine Welt plötzlich umgedreht war, seine Klassenkameraden lachend und ihn anstarrend, ihre Köpfe nach unten, einem schönen, blauen Himmel zugeneigt. Er wünschte, dass ihn die Schwerkraft aus ihrem Griff entlassen würde, so dass er hinunter in den Himmel fallen würde. Dass sein Körper, sich immer wieder überstürzend, durch die dünnen Wetterwolken – Meilen hoch unter ihm – fallen würde. Tiefer in die Atmosphäre, bis der Sauerstoff versiegte und ihn, zusammen mit seiner krankmachenden Scham, ersticken würde, als klares Blau in einen schwarzen, sternbesetzten Teppich überging. Bei seinem Glück würde Severus Snape wohl für immer fallen.

Und dann hatte Potter — selber durch Lilys offene Zurückweisung vor all den Leuten erniedrigt — gerufen: “Wer will sehen wie ich Schniefelus die Unterhose ausziehe?”

'Nein, oh nein. Bitte NEIN!'

Ohne auf eine Antwort zu warten, wedelte James Potter einmal mit seinem Zauberstab, und es war passiert. Da war ein scharfes Einatmen in der Menge, gefolgt von verschiedenem Keuchen, alle in die Höhe getrieben, durch einen langen, schrecklich schrillen Schrei des Jungen selbst.

Der unmenschliche Schrei war so voll von Wut, Scham und Hoffnungslosigkeit, dass sich viele abgewendet hatten und von dem grasbewachsenen Seeufer wegeilten. Selbst die, die aus irgendwelchen, vollkommen berechtigten Gründen „Schniefelus“ nicht mochten, wollten ihn nicht so entwürdigt und gedemütigt sehen.

Aufgeregt und vollkommen mit sich selber zufrieden klatschte Peter Pettigrew in heller Freude. Lily hatte sich dezent umgedreht und eilte nun mit langen und wütenden Schritten zurück zum Schloss. Sirius Black heulte vor Lachen. Dies war der beste, der absolut BESTE Streich, den sie dem alten Schniefelus je gespielt hatten!

“Götter, Krone! Stop das!” keuchte Remus Lupin.

“Wenn du darauf bestehst”, sagte James gedehnt. Er zuckte noch einmal mit seinem Zauberstab und Snape fiel zu Boden. Dann zuckte er mit den Schultern und begann, der Menge im Generellen und Lily speziell zurück zum Schloss zu folgen. Er hatte sich noch nicht einmal umgedreht, um zu sehen, ob Severus in Ordnung war. Der kleine Idiot verdiente nichts besseres!

Severus war alles andere als in Ordnung. Tatsächlich war er Lichtjahre von ‚In Ordnung’ entfernt. Er war für den grössten Teil seines jungen Lebens nicht ‚In Ordnung’ gewesen, aber das ist eine Geschichte für einen anderen Tag.

Sein Gesicht war glühend rot, von beidem; der folternden und monumentalen Scham und dem Blut, das ihm in den Kopf geflossen war. Benommen und schwindlig lag er auf dem Boden und bedeckte sich dann hektisch, hyperventilierend und tief in seiner Kehle stöhnend. Es war zu früh für Tränen; es war zu früh um zu reflektieren; es war zu früh für Gegenbeschuldigungen oder Vergeltung. Severus Snape kam auf seine Füsse und rannte davon.

Nach einem Moment las Remus Lupin die Büchertasche des Jungen und die paar Bücher auf, die daraus gerutscht waren, als er zu Boden fiel.

***


Wenn er schon nicht durch den Himmel fallen konnte, dann konnte er mindestens von der Kante der Welt stürzen.

Severus rannte so schnell er konnte. Die heruntergelaufenen Sohlen seiner alten, schwarzen Schuhe rissen Stücke Erde auf, als er rannte, seine langen, fettigen Haare im Wind und seine Roben hinter ihm auffliegend. Jeder klare Gedanke war noch immer verdeckt; Panik und Scham überflutete sein Gehirn und heisse Tränen liefen über sein Gesicht sobald sie aus seinen Augen traten. Niemand sah, wie er in den Verbotenen Wald rannte.

Überhaupt niemand.

 

Kapitel 2

 

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