Fern der Heimat

 

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Kapitel 11: Wie der Vater, so der Sohn


Ron, Neville, Dean und Seamus fuhren mitten in der Nacht plötzlich aus dem Schlaf.
Irgendwer hatte geschrieen.
Ron, der als erster auf den Beinen war, blickte sich verschlafen um. Wer oder was konnte das gewesen sein?
"Was war das, Harry?", fragte er seinen besten Freund.
Aus Harrys Bett war statt einer Antwort nur ein leises Stöhnen zu hören.
"Harry?", fragte Ron unsicher.
Harry stöhnte erneut.
Ron eilte zu Harrys Bett und riss den Vorhang zur Seite.
Harry lag zusammengekrümmt auf seinem zerwühlten Laken und hielt sich mit beiden Händen die Stirn.
"Harry, was ist los?", fragte Ron erschrocken.
Mittlerweile waren auch Neville, Dean und Seamus herangekommen und starrten Harry sprachlos an.
"Was hat er?", fragte Dean, der als erster die Sprache wiederfand.
Ron antwortete nicht, sondern beugte sich zu Harry hinunter.
"Deine Narbe?", fragte er leise.
"Ja", stöhnte Harry fast unhörbar.
"Was ist passiert?", fragte Ron weiter.
"Ich .... ich weiß es nicht", antwortete Harry mit gebrochener Stimme.
"Wahrscheinlich hat Voldemort .... wieder jemanden .... getötet", fügte er schwach hinzu.
Die drei Jungen starrten Harry fassungslos an.
"Helft mir, er muss auf die Krankenstation", sagte Ron schließlich entschlossen zu Neville, Dean und Seamus und richtete sich auf.
"NEIN", protestierte Harry schwach.
Die Jungen ignorierten Harrys Protest und hievten ihn gemeinsam aus dem Bett.
Seamus und Ron legten Harrys Arme um ihre Schultern und schleppten ihn gemeinsam die Treppe zum Gemeinschaftsraum hinunter.
Sie verließen den Gryffindor-Turm und gingen gemeinsam durch die dunklen Gänge direkt zum Krankenflügel.

"Madam Pomfrey", rief Ron, als sie den Krankenflügel erreicht hatten.
"MADAM POMFREY!"
"Himmel, ich komme ja schon", antwortete schließlich eine verschlafene Stimme.
Kurz darauf kam Madam Pomfrey, nur bekleidet in einem Nachthemd und einem rosa Morgenmantel, aus ihren Privatgemächern geeilt.
"Was ist denn geschehen?", fragte sie sofort, als sie die drei Jungen erblickte.
Sie ging zu Seamus und nahm ihm Harrys Arm ab. Gemeinsam mit Ron brachte sie den immer noch vor Schmerz stöhnenden Harry zu einem freien Bett und legte ihn behutsam hin.
"Was ist geschehen?", fragte sie erneut und blickte Ron erwartungsvoll an.
"Er hat ganz plötzlich geschrieen", erklärte Ron. "Ich glaube es ist seine Narbe."
Madam Pomfrey nickte.
"Geht ihr zwei jetzt ins Bett, ich werde mich um ihn kümmern", sagte sie, während sie zu ihrem Medikamentenschrank ging und eine Flasche herausholte.
Dann ging sie wieder zu Harry.
Ron und Seamus standen noch immer an seinem Bett und rührten sich nicht.
"Jetzt geht schon", sagte die Krankenschwester ungeduldig.
"Hier könnt ihr nichts mehr für ihn tun."
Zögernd wandten Ron und Seamus sich ab und verließen den Krankenflügel.
"Komm her, mein Junge", sagte Madam Pomfrey freundlich, hob vorsichtig Harrys Kopf an und flößte ihm einen Zaubertrank ein.
Nur wenige Augenblicke später entspannte sich Harrys Körper und er seufzte leise.
"In ein paar Minuten wird es dir besser gehen", erklärte die Krankenschwester fürsorglich.
"Fluchnarben sind eine schlimme Sache. Man kann nichts gegen sie machen, man kann lediglich die auftretenden Symptome ein wenig lindern."
Madam Pomfrey ging zurück zu ihrem Schrank und begann einen weiteren Trank zusammen zu mixen.
In diesem Moment wurde die Tür zum Krankenflügel aufgerissen. Es war Remus Lupin. Er trug einen alten, zerschlissenen Pyjama und sah sehr zerzaust aus.
Madam Pomfrey drehte sich abrupt um und starrte den Neuankömmling entrüstet an.
"Professor Lupin", sagte sie überrascht.
"Was in Merlins Namen machen Sie um diese Zeit hier? Sind Sie krank?"
"Ich habe gehört was geschehen ist und wollte sehen, wie es Harry geht", antwortete er.
Madam Pomfrey blickte ihn skeptisch an.
"So?", fragte sie schnippisch.
"Das hat sich aber schnell herumgesprochen."
Remus lächelte und zuckte entschuldigend mit den Schultern.
"Professor, es tut mir leid", erklärte die Krankenschwester entschieden, "aber ich muss darauf bestehen, dass Sie gehen. Potter muss sich ausruhen."
"Remus?", hörten sie in diesem Moment Harrys schwache Stimme aus dem Hintergrund.
"Ja", antwortete Remus sofort, und ging entschlossen an der verdutzten Krankenschwester vorbei.
"Professor", protestierte sie erneut, aber Remus war schon bei Harry angekommen und hatte sich an sein Bett gekniet.
"Na schön, aber nur fünf Minuten", seufzte sie und ging in ihr angrenzendes Büro.
"Was ist passiert?", fragte Remus leise und strich Harry über die schweißnasse Stirn.
"Ich weiß nicht genau", antwortete Harry ebenso leise.
Er war noch immer sehr schwach, aber seine Schmerzen ließen ganz langsam nach.
"Ich denke Voldemort war wieder ziemlich sauer", fügte er nach einer kurzen Pause hinzu.
Remus nickte nachdenklich.
"War es schlimmer als in den Ferien?", fragte er.
"Ja", antwortete Harry ohne Zögern.
"Woher hast du gewusst, dass ich hier bin?", fragte Harry seinen Freund.
"Ron war bei mir", erklärte Remus. "Er hat mir gesagt, dass er und Seamus dich in den Krankenflügel gebracht haben. Seamus hatte er schon wieder in den Gryffindor-Turm geschickt, er selbst hat noch einen kurzen Abstecher zu mir gemacht."
"Es hat mich einiges an Überredungskunst gekostet, damit auch Ron wieder in den Schlafsaal geht", fügte er grinsend hinzu.
"Das reicht jetzt", wurden sie von der resoluten Stimme von Madam Pomfrey unterbrochen.
Sie war aus ihrem Büro zurückgekehrt und stand nun mit einem dampfenden Becher hinter Remus. "Er braucht jetzt Ruhe", erklärte sie etwas freundlicher.
"Ich komme morgen früh wieder", sagte Remus mit einem aufmunternden Lächeln zu Harry, dann wandte er sich ab und verließ den Krankenflügel.

Am nächsten Morgen kam Remus noch vor dem Frühstück zurück.
Harry hatte die restliche Nacht kein Auge mehr zugemacht. Er hatte die ganze Zeit darüber nachgedacht, was Voldemort wohl wieder getan hatte, ob er wohl dieses Mal gar jemanden umgebracht hatte?
"Harry, du siehst nicht gut aus", stellte Remus fest, als er Harry erblickte.
"Ich fühle mich auch nicht besonders gut", gab Harry müde zu.
"Ich war heute morgen schon bei Albus und habe ihm berichtet, was geschehen ist", erzählte Remus und ließ sich auf Harrys Bettkante nieder.
"Und?", fragte Harry. "Was hat er gesagt?"
"Nicht viel", antwortete Remus niedergeschlagen.
"Es wird erst aufhören, wenn Voldemort tot ist", sagte Harry matt.
"Wahrscheinlich", antwortete Remus leise. "Ich werde nachher noch mal zu dir kommen", sagte er nach einer kurzen Pause. "Ich werde erst mal frühstücken gehen."
"Ist okay, bis später", antwortete Harry.
Remus erhob sich und ging zur Tür.
"Remus", rief Harry ihm plötzlich aufgeregt nach.
Remus drehte sich abrupt um. "Was gibt es, Harry? Brauchst du was?", fragte er überrascht.
"Äh, kannst du mir sagen wie viel Uhr es ist? Ich hab meine oben im Schlafsaal gelassen", antwortete Harry.
Remus blickte auf seine Uhr, dann antwortete er: "Es ist zwanzig vor neun."
"Zwanzig vor neun?", rief Harry entgeistert und war mit einem Satz aus dem Bett.
Remus starrte ihn überrascht an.
Madam Pomfrey, die die Szene aus ihrem Büro beobachtet hatte, kam wie von einer Tarantel gestochen herbeigestürzt. "Mr. Potter, was denken Sie sich eigentlich?", sagte sie entrüstet. "Machen Sie, dass Sie wieder ins Bett kommen. Sie sind noch viel zu schwach zum Aufstehen."
"Da muss ich Madam Pomfrey allerdings recht geben", pflichtete Remus ihr bei.
"Nein, ich muss los", antwortete Harry atemlos.
Er hatte die Tür zum Krankenflügel bereits erreicht. Als er den Raum verlassen wollte hielt Remus ihn am Ärmel seines Pyjamas fest.
"Wie meinst du das?", fragte er verständnislos.
Harry erklärte in knappen Worten, dass er um neun Uhr bei Professor Snape sein musste, ansonsten hatte Snape ihm sehr unangenehme Folgen angedroht.
"Wenn du willst spreche ich mit Severus", bot Remus ihm an, "du bist noch viel zu schwach."
"Nein, danke", lehnte Harry ab, "Ich glaube nicht, dass Snape das beeindrucken würde. Bitte Remus, lass mich gehen."
Remus seufzte, dann nickte er. "Ich befürchte du hast Recht, also, mach, dass du wegkommst."
Harry bedankte sich schnell bei Remus, dann spurtete er los in Richtung Gryffindor-Turm, um seinen Umhang zu holen, er konnte ja schlecht im Schlafanzug bei Snape auftauchen.
Später erfuhr er, dass Madam Pomfrey Remus noch gehörig den Marsch dafür geblasen hatte, dass er Harry hatte gehen lassen.
Glücklicherweise waren all seine Freunde beim Frühstück, als er den Schlafsaal erreichte, so musste er wenigstens keine Fragen beantworten, die ihm noch mehr Zeit rauben würden.
In Windeseile zog er sich um, wusch sich, und verließ den Turm wieder so schnell er konnte in Richtung Kerker. Obwohl er noch immer recht schwach war erreichte er das Zaubertrank-Klassenzimmer zu seiner großen Erleichterung exakt um eine Minute vor neun.
Wenigstens konnte Snape heute nicht behaupten, dass er zu spät war.
Alles in seinem Kopf drehte sich und seine Hände zitterten.
‚Vielleicht hätte ich doch etwas frühstücken sollen', dachte Harry, aber nun war es zu spät.
Mit leicht zitternder Hand drückte er die Klinke nach unten und öffnete die Tür.
Wie am Tag zuvor saß Snape an seinem Schreibtisch, als Harry den Raum betrat. Er blickte nicht auf als die Tür sich öffnete, sondern war in einen Aufsatz vertieft.
Harry blieb einen Moment unschlüssig stehen, dann ging er zu seinem Platz und setzte sich.
Snape beachtete ihn noch immer nicht.
Harry überlegte gerade, ob er etwas sagen sollte, doch in diesem Moment hob Snape den Kopf und starrte Harry finster an.
"Sind Sie des Lesens mächtig, Potter?", fragte er gefährlich freundlich ohne eine Begrüßung.
Harry starrte ihn verwirrt an. Worauf wollte Snape hinaus?
Da er sich nicht sicher war schwieg er lieber.
"Ich fragte, ob Sie jemals gelernt haben zu lesen", wiederholte Snape, nun deutlich weniger freundlich, sondern in einem Ton, der eindeutig eine Antwort verlangte.
"Wie meinen Sie das?", fragte Harry vorsichtig und verzog leicht das Gesicht. Seine Narbe ziepte noch immer.
Snape antwortete nicht, stattdessen erhob er sich von seinem Platz und ging zu Harry hinüber.
Als er ihn erreicht hatte knallte er ihm ohne Vorwarnung den Aufsatz, den er noch immer in der Hand hielt, geräuschvoll auf den Tisch und funkelte ihn böse an.
Harry zuckte vor Schreck zusammen. Er erkannte sofort seine eigene Handschrift. Es handelte sich unzweifelhaft um den Aufsatz, den er am Dienstag geschrieben hatte. Quer über seiner Schrift prangte nun jedoch ein riesiges, rotes ‚S'.
"Was ....", wollte Harry fragen, aber Snape schnitt ihm barsch das Wort ab.
"Wenn Sie in der Lage wären zu lesen, Mr. Potter, wäre Ihnen vielleicht aufgefallen, dass ich in der letzten Zaubertrankstunde einen Aufsatz über die ‚Iris draconis' verlangt habe."
"Aber darüber habe ich doch .....", wollte Harry sich aufgebracht verteidigen, doch Snape fiel ihm abermals ins Wort.
"Sie haben über die ‚Iris draconia' geschrieben, und äußerst unbefriedigend und lückenhaft noch dazu", zischte Snape bösartig. "Es handelt sich hierbei um zwei völlig verschiedene Pflanzen. Die ‚Iris draconia' wird hauptsächlich für Schlaf- und Beruhigungstränke verwendet, während die ‚Iris draconis' vor allem Verwendung in Heiltränken findet."
Harry starrte den Lehrer einen Moment sprachlos an, dann kam ihm eine böse Vorahnung.
"Das haben Sie doch absichtlich gemacht", sagte er ärgerlich.
Auf Snapes Gesicht machte sich ein kaltes Lächeln breit. "Wälzen Sie nicht Ihr Unvermögen auf andere ab, Potter, das ist eine Eigenschaft, mit der Sie es im Leben nicht weit bringen werden. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, an wen mich diese impertinente Selbstüberschätzung einmal mehr erinnert."
Harry knirschte ärgerlich mit den Zähnen, konnte sich aber gerade noch ein Kommentar verkneifen. Er würde ohnehin den kürzeren ziehen, wenn er sich mit dem Lehrer anlegte. Außerdem war er überhaupt nicht in der Verfassung, eine Auseinandersetzung zu führen.
"Wie auch immer", fuhr Snape kalt fort, "da Ihr Aufsatz, wenn ich dieses literarische Verbrechen einmal so nennen darf, völlig am verlangten Thema vorbei geht, erhalten Sie darauf ein ‚S'. Seien Sie versichert, dass ich diese Zensur am Ende des Schuljahres bei Ihrer Endnote voll berücksichtigen werde."
Harry starrte Snape an, ohne eine Miene zu verziehen. Unter dem Tisch jedoch ballte er seine Hände zu Fäusten, bis sie schmerzten.
Er würde den Rest dieses Schuljahres in diesem Klassenraum nachsitzen müssen, wenn er Snape ins Gesicht sagen würde, was er dachte.
Snape starrte Harry einen Moment finster an, doch als dieser keine Anstalten machte etwas zu sagen entspannten sich seine Gesichtszüge leicht.
"Nun lassen Sie uns also zu unserem heutigen Vorhaben kommen", sagte er.
Harry befürchtete das Schlimmste. Was hatte Snape sich wohl für heute ausgedacht? Konnte es noch schlimmer sein, als die Harpyien-Augen von gestern?
"Ich habe Professor Dumbledore von Ihren kläglichen Versuchen des mentalen Zauberns berichtet, und der Direktor ist, im Gegensatz zu mir, der Meinung, dass wir diese zugegebenermaßen seltene Fähigkeit weiter ausbauen sollten."
Harry starrte den Lehrer ungläubig an. Hatte Snape nicht noch vor wenigen Tagen behauptet, dass das Zaubern ohne Zauberstab nutzlose Spielereien waren?
‚Vielleicht', dachte Harry, ‚ist Snape ja nur eifersüchtig auf meine außergewöhnliche Fähigkeit.'
In diesem Fall war Snape mit Sicherheit der Letzte, der dazu geeignet wäre, Harry darin zu unterrichten.
"Was können Sie, außer einen lächerlich einfachen Levitationszauber?", riss Snape ihn in diesem Moment aus seinen Gedanken.
Harry überlegte einen Augenblick. Er musste zugeben, dass es nicht wirklich viel war.
"Das dachte ich mir", fuhr Snape lächelnd fort, noch bevor Harry antworten konnte.
Er blickte sich kurz in dem düsteren Klassenraum um, dann deutete er auf eine dicke Spinne, die auf einem Tisch, zwei Reihen hinter Harry, krabbelte.
Harry folgte Snapes Fingerzeig und sah die Spinne verständnislos an.
In diesem Moment sprach Snape einen kurzen Zauberspruch und die Spinne verwandelte sich augenblicklich in einen großen, schwarzen, kunstvoll verzierten Kessel.
Harry starrte den Kessel mit offenem Mund an. "Wow", flüsterte er staunend.
Fast im selben Augenblick ärgerte er sich, dass er Snape so offen gezeigt hatte, wie beeindruckt er von dieser Demonstration gewesen war. Aber dies war einer der kompliziertesten Verwandlungszauber, den er je gesehen hatte (abgesehen von einem Animagi-Zauber). Wahrscheinlich hätte sogar Professor McGonagall, seine Lehrerin für Verwandlung, es nicht besser machen können, und sie benutzte in der Regel einen Zauberstab dafür.
"Wie ich schon einmal sagte, unnütze Spielerei", sagte Snape abfällig, wobei er Harry, der noch immer den Kessel anstarrte, genau beobachtete.
"Der Kessel wird nicht weglaufen, Mr. Potter, Sie brauchen ihn nicht die ganze Zeit anzustarren", fügte er nach einer kurzen Pause scharf hinzu.
Harry löste unwillig seinen Blick von dem Kessel und wandte sich wieder zu Snape.
"Nun lassen Sie uns erst einmal die theoretischen Grundlagen zusammenfassen", fuhr der Lehrer fort.
Harry seufzte leise und holte etwas zum Schreiben aus seiner Tasche. Er hatte die Befürchtung, dass dies einmal wieder ein ziemlich anstrengender Tag werden würde. Aber immerhin musste er nicht wieder mit irgendwelchen ekelhaften Zaubertrankzutaten herumhantieren. Das war schon mal ein Lichtblick.
"Es gibt vier Stufen der Zauberei", begann Snape, wobei er mit hinter dem Rücken verschränkten Armen vor Harrys Tisch auf und ab ging.
"Die erste Stufe ist das Zaubern mit dem Zauberstab. Dies zu erlernen ist auch für jemanden mit geringer magischer Begabung kein großes Problem. Selbst Longbottom schafft mittlerweile einfache Zauber, ohne dass jedes Mal eine Katastrophe passiert."
Harry blickte von seinem Blatt auf und warf Snape einen ärgerlichen Blick zu. Natürlich war Neville nicht gerade einer der begabtesten Zauberer, das musste selbst er zugeben, aber immerhin bemühte er sich redlich, damit er besser wurde.
Snape schien Harrys Blick nicht bemerkt zu haben, denn er fuhr ungerührt fort.
"Ein Zauberstab verstärkt und bündelt einen ausgesprochenen Zauber, so dass auch eine schlampig ausgesprochene Formel meistens noch das gewünschte Ergebnis liefert. Wie Sie sicher wissen gibt es verschiedene Arten von Zauberstäben. Die meisten haben bestimmte magische Tendenzen, das heißt, sie unterstützen vor allem bestimmte Arten von Zaubern, wie zum Beispiel Verwandlungen besonders gut.
Die zweite Stufe ist das Zaubern ohne Zauberstab unter Verwendung der althergebrachten Zauberformeln. Dies bedeutet, dass der Zauberer zwar keinen Zauberstab benötigt, aber trotz allem noch die Formel aussprechen muss. Außerdem muss er wie beim Zaubern mit dem Zauberstab noch die Bewegung mit der Hand vollführen, die er normalerweise mit dem Zauberstab gemacht hätte. Man nennt sie auch ‚Wort-Zauberer'. Die meisten, die sich ohne Zauberstab versuchen, kommen über dieses Stadium nie hinaus."
Bei diesen Worten bedachte er Harry mit einem abfälligen Blick, der eindeutig erkenne ließ, dass er fest davon ausging, dass auch Harry diese Grenze nie überschreiten würde.
Harry biss sich auf die Lippen, um sich einen bissiges Kommentar zu verkneifen.
"Die dritte Stufe sind die sogenannten ‚Hand-Zauberer'. Sie benötigen für die Ausführung ihrer Magie keine Zauberformeln mehr, sie benutzen lediglich Gesten.
Die vierte, und vollendetste Stufe der Magie ist das Zaubern mit reiner Geisteskraft. Nur mit der Kraft der Gedanken ist es diesen ‚Gedanken-Zauberern' möglich auch die kompliziertesten Zauber auszuführen."
"Also sind Sie ein Wortzauberer?", fragte Harry, ohne dass er es eigentlich wollte, aber dieses Thema war einfach zu faszinierend.
"Manchmal", sagte Snape mit einem kalten Lächeln.
Er wandte seinen Blick wieder zu dem großen, schwarzen Kessel. Harry folgte seinen Blick.
Dann schnippte Snape wortlos einmal kurz mit den Fingern, und der Kessel verwandelte sich zurück in eine hässliche, dicke Spinne.
Harry starrte zuerst die Spinne, dann Snape fassungslos an.
"Aber", begann er stotternd, "mit dieser Fähigkeit hätten Sie Voldemort ja mit Leichtigkeit erledigen können. Weiß er davon?"
Snape starrte Harry einen Moment wortlos, mit zusammengekniffenen Augen an. Zweifellos überlegte er, ob er überhaupt auf die Frage des Jungen antworten sollte.
Fast im selben Moment bereute Harry seine Frage. Sicherlich würde Snape gerade mit ihm nicht über dieses Thema sprechen.
Zu seiner Verblüffung antwortete Snape jedoch überraschend ruhig.
"In der Regel ist es ratsam, wenn Sie Ihren Feind nicht wissen lassen, über welche Fähigkeiten Sie tatsächlich verfügen. Dies kann Ihnen einen entscheidenden Vorteil verschaffen."
Harry nickte nachdenklich. Er dachte jedoch nicht über die Antwort des Lehrers nach, sondern viel mehr über die Tatsache, dass er ihm so bereitwillig Antwort gegeben hatte, und noch dazu ohne versteckte Anspielungen oder abschätzige Blicke.
Von der Redseligkeit Snapes ermutigt sagte Harry langsam: "Ich habe noch nie gesehen, dass Sie auf diese Weise zaubern. Ist es ...."
"Ich habe es seit über 20 Jahren nicht mehr getan", unterbrach Snape ihn, nun wieder in seinem gewohnt abweisenden Ton.
Harry blickte Snape neugierig an, wagte es jedoch nach dieser Abfuhr nicht, weiter zu fragen. Stattdessen wartete er, bis der Lehrer weitersprach.
Doch Snape sprach nicht weiter. Er schien Harrys Anwesenheit vollkommen vergessen zu haben und starrte in die Ferne auf einen Punkt, der weit jenseits der Mauern dieses Kerkers zu liegen schien.

Severus Snape stand bereits seit vielen Stunden neben seinem Vater in dessen Arbeitszimmer.
Mr. Snape hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt, tippte provozierend mit dem Fuß auf den Boden und starrte seinen vierzehnjährigen Sohn ungeduldig an.
Severus versuchte die Ungeduld seines Vaters so gut es ging zu ignorieren und fixierte weiterhin eine schwere Eichenkommode, die neben der Zimmertür stand.
"Bist du zu dumm einen einfachen Reduktor-Fluch auszuführen, oder willst du etwa meine Geduld auf die Probe stellen?", zischte Mr. Snape ärgerlich.
Severus löste seinen Blick widerwillig von der Kommode und blickte seinen Vater entschuldigend an.
"Es, tut mir leid, Sir, ich versuche es wirklich", versuchte er seinem Vater zu erklären. "Aber der Reduktor-Fluch ist so schwierig, in Hogwarts lernen wir ihn frühestens in der 5. Klasse, und da dürfen wir einen Zauberstab benutzen."
"Womit habe ich nur solch einen Dummkopf als Sohn verdient?", murmelte Mr. Snape mehr zu sich selbst als zu seinem Sohn.
Severus starrte seinen Vater kleinlaut an. Seine fettigen, schulterlangen Haare klebten auf seinem schweißnassen Gesicht und seine Hände zitterten von der Anstrengung der letzten Stunden.
Er gab sich wirklich die größte Mühe, den hohen Erwartungen seines Vaters gerecht zu werden, aber was auch immer er tat, was auch immer er vollbrachte, sein Vater schien niemals zufrieden zu sein.
Seit die Ferien vor sieben Wochen begonnen hatten, hatte sein Vater ihn in der schwierigen Kunst des Zauberns ohne Zauberstab unterwiesen, und Severus hatte es tatsächlich innerhalb von nur wenigen Tagen geschafft nicht nur kleine Zaubertricks, sondern sogar einfache Verwandlungen zu bewerkstelligen. Doch Mr. Snape hatte sich nicht damit zufrieden gegeben und verlangte immer kompliziertere Zauber von seinem Sohn.
"Und wie viele Stunden gedenkst du es noch zu
versuchen?", fragte Mr. Snape weiter, ohne auf Severus' Erklärung zu achten.
"Ich tue wirklich mein Bestes, Sir", erklärte Severus zähneknirschend.
Mr. Snape atmete geräuschvoll aus, als müsse er all seine Konzentration aufwenden, um nicht die Beherrschung zu verlieren.
"Dein
Bestes!", wiederholte er abfällig und starrte seinen Sohn an als wäre er ein ekelhaftes Insekt.
Er öffnete erneut den Mund um noch etwas zu sagen, als sich plötzlich die Tür des Arbeitszimmers einen Spalt öffnete und eine junge Frau mit langen blonden Locken und einem puppenhaften Mädchengesicht den Kopf hinein steckte.
"Seid ihr immer noch nicht fertig?", fragte sie überrascht.
"Leider hat unser nutzloser Spross beschlossen meine Geduld auf eine harte Probe zu stellen", antwortete Mr. Snape bissig und bedachte seinen Sohn mit einem geringschätzigen Blick.
Severus schrumpfte unter dem Blick seines Vaters noch weiter in sich zusammen, wenn dies überhaupt möglich war.
Mrs. Snape öffnete die Tür ganz, trat in den Raum und ging zu ihrem Sohn. Sie legte ihm einen Arm um die Schulter und streichelte liebevoll sein fettiges, zerzaustes Haar.
Severus' angespannter Körper entspannte sich bei der sanften Berührung seiner Mutter augenblicklich.
"Dann macht doch für heute Schluss", sagte sie freundlich, wobei sie ihren Mann direkt anblickte. "Ich wollte mit Sevy noch in die Winkelgasse, seine neuen Schulsachen kaufen. Außerdem habe ich ihm versprochen, dass er einen neuen Besen bekommt."
Mr. Snape starrte seine Frau verständnislos an.
"Es tut mir leid, Ondine, aber Severus hat die ihm gestellte Aufgabe noch nicht zu meiner Zufriedenheit erledigt. Er wird nie Disziplin lernen, wenn wir jetzt abbrechen."
"Ach komm schon, Zoran", sagte Mrs. Snape, wobei sie ihren Sohn liebevoll an sich drückte.
Severus, dem diese all zu offene Zärtlichkeit seiner Mutter in Anwesenheit seines Vaters etwas peinlich war, versuchte sich aus ihrer Umarmung zu befreien. Er liebte seine Mutter, natürlich, aber er wollte nicht, dass sein Vater glaubte, er müsse von ihr beschützt werden.
Mrs. Snape entließ ihren Sohn widerwillig aus der Umarmung, streichelte ihm jedoch weiter über den Kopf.
"Ich sagte
nein, Ondine", antwortete Mr. Snape ungehalten.
"Glaubst du denn, dass Severus besser wird, wenn du ihn Stunde um Stunde üben lässt?", fragte Mrs. Snape nun vorwurfsvoll. "Er sieht nicht so aus, als hätte er noch die Kraft sich zu konzentrieren."
Mr. Snapes Blick wanderte wieder zu seinem Sohn, der sich mittlerweile erfolgreich von seiner Mutter gelöst hatte.
"Nun Severus, hat deine Mutter recht? Bist du zu
schwach?", fragte er seinen Sohn von oben herab.
"Nein, Sir", antwortete Severus kaum hörbar.
Er hätte es nie im Leben gewagt zuzugeben, dass er tatsächlich fast am Ende seiner Kräfte war. Was würde sein Vater von ihm denken? Er musste einfach durchhalten und seinem Vater beweisen, dass er es würdig war sein Sohn zu sein.
"Also möchtest du, dass wir weitermachen?", fragte Mr. Snape weiter.
"Ja, Sir", antwortete Severus sofort, wobei er seine Mutter aus dem Augenwinkel genau beobachtete.
Mrs. Snape hatte missbilligend das Gesicht verzogen.
"Du musst nicht, wenn du nicht möchtest Sevy-Schatz, das weißt du", sagte Mrs. Snape und blickte ihren Sohn mitfühlend an.
"Nein, Mum, es ist OK, wirklich", beteuerte Severus hastig. "Ich möchte weitermachen. Bitte."
Mrs. Snape nickte langsam. Sie wusste, dass ihr Sohn nie etwas tun würde, was gegen den Willen seines Vaters war. Dazu hatte er viel zu viel Angst vor ihm, und sie war in all den Jahren nicht im Stande gewesen dies zu kompensieren.
"Na also", sagte Mr. Snape triumphierend und ein kaltes Lächeln umspielte seinen Mund.
Oh, wie Severus dieses Lächeln hasste. In diesem Moment schwor er sich, wie schon viele Male zuvor, dass er niemals so werden wollte wie sein Vater.
"Na schön", seufzte Mrs. Snape resignierend, drehte sich um und ging zur Tür.
Severus blickte ihr sehnsuchtsvoll nach. Wie gerne wäre er mit ihr gegangen.
Bevor Mrs. Snape die Tür hinter sich schloss drehte sie sich noch einmal um und sagte: "Ich sage euch Bescheid, wenn das Abendessen fertig ist."
Mr. Snape nickte knapp.
Dann schloss sich die Tür und Severus war wieder mit seinem Vater alleine.
"So, einen neuen Besen hat sie dir also versprochen", wandte Mr. Snape sich nun wieder an seinen Sohn.
Severus ahnte schon, was nun kommen würde. Wut stieg in ihm auf.
"Ja, Sir", antwortete er. "Sie meinte, dass ...", versuchte er zu erklären, doch sein Vater unterbrach ihn barsch.
"Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, womit du einen neuen Besen verdient haben solltest", stellte er fest.
Severus ballte die Fäuste.
"Für Versagen? Für Unfähigkeit? Oder etwa für das
zweitbeste Zeugnis hinter dem Potter-Balg?"
Severus starrte seinen Vater ärgerlich an.
Natürlich hatte er Recht: Auch in diesem Schuljahr hatte er es nicht geschafft, als Bester seines Jahrgangs abzuschneiden. Auch dieses Mal war wieder ein Gryffindor besser gewesen als er. Aber er hatte trotzdem ein Zeugnis voller Einser und Zweier mit nach Hause gebracht, eine Leistung, für die er sich ganz bestimmt nicht schämen musste.
"Du weißt Severus", sprach Mr. Snape weiter, "der zweite Platz ist genauso viel wert wie der Letzte. NICHTS."
Severus antwortete nicht gleich sondern verdrehte leicht die Augen. Er kannte diesen Vortrag seines Vaters zur Genüge.
Mr. Snape hob eine Augenbraue.
"Ja ich weiß", antwortete Severus schließlich zähneknirschend, bemüht, seinem Vater den Ärger, der in seinem Inneren immer weiter anschwoll nicht zu zeigen.
Mr. Snapes Gesicht verfinsterte sich.
"
Sir", fügte Severus knurrend hinzu.
"Was weißt du?", fragte Mr. Snape provozierend, wobei er seinen Sohn nicht aus den Augen ließ.
"Der zweite in einem Duell ist meistens ziemlich tot", leierte Severus wie auswendig gelernt herunter.
Fast im selben Moment, als er die Worte ausgesprochen hatte, wusste er, dass er den Bogen überspannt hatte. Er hatte sich eindeutig im Ton vergriffen.
Noch bevor Severus sich jedoch entschuldigen konnte hatte sein Vater in die Tasche seines Umhangs gegriffen und seinen Zauberstab auf seinen Sohn gerichtet.
"Vater, es tut .....", versuchte Severus sich noch zu entschuldigen, aber es war zu spät.
Mr. Snape blaffte "Crucio", und Severus wurde von einer unbeschreiblichen Schmerzwelle überrollt.
Stöhnend brach er zusammen. Er hatte das Gefühl, als würde sein gesamter Körper auseinander gerissen.
Einen Augenblick später nahm Mr. Snape den Fluch wieder von seinem Sohn.
Severus seufzte, als der Schmerz so schnell nachließ, wie er gekommen war.
Mr. Snape hatte sich drohend über seinem Sohn aufgebaut.
"Wage es nie wieder in diesem Ton mit mir zu sprechen", donnerte er.
Er bückte sich, packte seinen Sohn am Kragen und zog ihn unsanft auf die Füße.
"Und jetzt reiß dich zusammen und hör auf, weiter meine Zeit zu vergeuden."
Als Severus endlich wieder stand schwankte er einen Moment, schaffte es aber auf den Beinen zu bleiben. Unbändiger Hass loderte in ihm. Er starrte seinen Vater an ohne ein Wort zu sagen.
"Mach schon", zischte Mr. Snape.
Severus wusste, was sein Vater von ihm erwartete. Er wandte sich wieder der Kommode zu, mit der sie den ganzen Tag geübt hatten, und streckte langsam seine Hand aus. Er konzentrierte seinen gesamten Hass, seine Wut und seine Hilflosigkeit auf das leblose Objekt.
Dann geschahen plötzlich mehrere Dinge auf einmal.
Die Tür öffnete sich erneut und Ondine Snape stand in der Tür. Im selben Augenblick explodierte die hölzerne Kommode mit einem ohrenbetäubenden KNALL, statt, wie es sich für einen ordentlichen Reduktor-Fluch gehörte einfach zu Staub zu zerfallen.
Mrs. Snape wurde von der Wucht der Explosion von den Füßen gerissen und mehrere Meter durch die Luft geschleudert, bis sie mit dem Kopf gegen die nächste Wand krachte.
Dort blieb sie bewegungslos liegen.
Holzsplitter und Teile des Deckenputzes prasselten auf sie nieder. Der ganze Raum war mit Rauch und Gestank gefüllt.
"Ondine", rief Mr. Snape entsetzt.
Mit einem Satz war er bei seiner Frau, bückte sich und nahm ihren reglosen Körper in den Arm.
Severus, fassungslos von dem, was er getan hatte, stand wie versteinert zwischen den Trümmern und beobachtete die Szene.
Es schien ein Jahrhundert vergangen zu sein, bis Mr. Snape sich aufrichtete und seinen Sohn anfunkelte.
"Du hast sie umgebracht", zischte er.
"WAS?", rief Severus entsetzt. "NEIN !!"
"Du hast sie getötet", wiederholte Mr. Snape und richtete sich drohend auf.
Severus starrte ihn angsterfüllt an.
Das konnte unmöglich sein, schoss es ihm durch den Kopf, seine Mutter konnte unmöglich tot sein.
"Vater, bitte", flehte Severus hilflos, "es war ein Unfall."
"Nenn mich nie wieder Vater, und geh mir aus den Augen", brüllte Mr. Snape. "Verschwinde aus meinem Haus und lass dich nie wieder hier blicken."
Severus rührte sich nicht. Er stand unter Schock.
Mr. Snape fingerte mit zitternden Händen nach seinem Zauberstab und richtete ihn auf seinen Sohn.
"VERSCHWINDE!", brüllte er erneut.
Severus stolperte erschrocken rückwärts, dann drehte er sich um und rannte aus dem Raum.
So schnell er konnte lief er die Treppe nach oben in sein Zimmer, warf hastig ein paar Habseligkeiten in seinen Hogwarts-Koffer, nahm seinen Zauberstab vom Schreibtisch und disapparierte.


Dies war das letzte Mal gewesen, dass er ohne Zauberstab gezaubert hatte, schoss es Severus Snape durch den Kopf.
Er hatte an diesem Tag das Haus seiner Eltern verlassen und nie wieder betreten. Bis zu seinem Schulabschluss hatte er all seine Ferien alleine und verlassen in Hogwarts verbracht.
"Professor?", riss ihn plötzlich eine nur all zu bekannte Stimme aus seiner Erinnerung.
Er wandte sich zu Harry um und starrte den Jungen ärgerlich an.
"Raus hier, Potter", zischte er.
"Was?", fragte Harry verwirrt.
"Ich sagte RAUS", wiederholte Snape hasserfüllt. Seine Augen schienen Funken zu sprühen.
Harry nahm erschrocken seine Schultasche und verließ so schnell er konnte den Raum.
Sobald die Tür hinter Harry ins Schloss gefallen war atmete Severus auf.
Seine Gedanken schienen Purzelbäume zu schlagen, alles in seinem Kopf drehte sich, da hatte er nicht auch noch die Kraft, sich mit diesem aufsässigen Jungen herum zu schlagen.
Mehr als zwei Jahrzehnte hatte er diese Erinnerung in seinem tiefsten Inneren vergraben, warum um alles in der Welt war sie nun wieder hochgekommen?
War das vielleicht eine Nachwirkung der Dementoren?
Nachdem er sich wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte ging er zurück zu seinem Schreibtisch und setzte sich.
Er atmete tief durch, dann schloss er die Augen und ließ diese verhasste Erinnerung noch einmal Revue passieren.
Als er die Augen wieder öffnete lachte er bitter.
‚Nein', dachte er grimmig, ‚ich wollte nie so werden wie du, Vater. Ich wollte immer so sein wie sie.'
Aber was war aus ihm geworden? War er seinem Vater nicht doch verdammt ähnlich?
Einen Moment blieb Severus unschlüssig sitzen, dann erhob er sich und ging entschlossen zur Tür.
Vielleicht, so dachte er, wusste er ja eine Person, die ihn aus seinem Gefängnis der Bitterkeit befreien konnte.
Immerhin war es eine Chance möglicherweise sogar seine Letzte.


 



 

 Kapitel 10

 

 

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