Falling Further In

 

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Eins



AUTHOR'S NOTE

Der Titel wurde von dem Lied “Falling Farther In” von October Project angeregt, dessen Text auf Hermine und - noch mehr - Snape zutrifft.

FALLING FARTHER IN

Take me past this lonely truth/And let me go beyond my skin/The walls that held me here before/

Have no purpose anymore/Let me enter in Break me from my injured past/And make me over in your arms/The pain that guided me before/

Has no comfort anymore/Let me enter in

From far away/I hear my mother crying/The sky is gray/They say the earth is dying/I hear her voice

And still I make the choice to stay



I leave a life behind me/I feel myself begin/I'm reaching out to keep you/Falling farther in I feel the light inside me/You go beyond my skin/I'm reaching out to keep you/Falling farther in/



Wake me with you dark embrace/And make me open in your arms/I want to lose myself within/

Leave the person I have been/Let me enter -



From far away/I hear my mother crying/I hear her voice/And still I make a choice to stay/

I leave a life behind me

Lyrics by Julie Flanders



FALLING FURTHER IN

KazVL

ONE

Das Essen war in den Sommerferien eine elastische Angelegenheit für die Lehrer, und der Tisch war fast leer, als Dumbledore in die Große Halle kam, um zu frühstücken. Er lächelte, als er den Professoren Sprout und Flitwick begegnete, die gerade den Raum verließen. Sie unterhielten sich angeregt, und Sprouts gurgelndes Gelächter wurde von vergnügtem Quitschen von Flitwick unterbrochen. Der einzige, der noch am Lehrertisch saß, war Snape, der leer in eine dampfende Schüssel Porridge vor sich starrte. Seine Hautfarbe lag nahe an demselben grau-beigen Farbton, und er sah aus, als wäre Schlaf zu einem Luxus geworden, den er eine ganze Weile nicht mehr genossen hatte. Es war ein Aussehen das dieses Jahr vielen gemeinsam war.

“Guten Morgen”, sagte Dumbledore als er den Stuhl rechts von Snape nahm. Obwohl seine Stimme freundlich geklungen hatte, zuckte Snape zusammen, dann verzog er das Gesicht, um den Augenblick der Schwäche zu verdecken.

„D-Direktor.“ Die Milchkanne zitterte als er sie aufhob, und so stellte er sie unbenutzt wieder ab. Seine sonst so eleganten Bewegungen waren verschwunden. Ein Muskel an seinem Kiefer zuckte.

Dumbledore schenkte ihm Milch ein und gab ihm eine großzügige Menge braunen Zucker obendrein. „Iß. Du siehst noch schlimmer aus als gestern Abend.“

„Sie finden aber auch immer die richtigen Worte.“ Snape rückte auf seinem Stuhl herum, verzog das Gesicht und verstummte.

„Wir müssen unsere Strategie neu durchdenken. Es kann nicht so weitergehen, Severus.“

„Ersparen Sie uns alle ungenauen Unsicherheiten. Wir wissen beide, daß es weitergehen muß solange es die Chance gibt, daß wir weiterhin Voldemort falsche Informationen geben können - egal wie trivial sie sind.“

„Du übersiehst den springenden Punkt. Ich mache mir Sorgen darüber, was aus dir wird.“

“Ich auch. Ich habe mich darum gekümmert”, rückte Snape heraus. Die Müdigkeit ließ seine Stimme schleppend klingen und zog an den Muskeln in seinem Gesicht. „Seit ich wieder zum Dunklen Lord gegangen bin, habe ich daran gearbeitet Lupins Fähigkeiten als Tränkebrauer und Lehrer zu verfeinern - oder genauer gesagt, zu entwickeln. Da er wortwörtlich ein unbeschriebenes Blatt war, obwohl er 7 Jahre lang Tränkeunterricht hatte, wurde meine Aufgabe erleichtert. Nachdem er einen anständigen Lehrer bekommen hat, hat er ein gewisses Talent für das Tränkebrauen gezeigt. Wenn Voldemort mich umbringt, wird Remus einen kompetenten Meister der Zaubertränke abgeben, auch wenn er meine Fähigkeiten im Brauen von Zaubertränken nie erreichen wird.“ Diese Bemerkung klang arrogant, aber es war nichts als die Wahrheit. „Ich habe ihm Zugang zu meinen Lieferanten, Formeln und Notizen für laufende Projekte gewährt, obwohl die im Augenblick noch alle zu schwer für ihn sind.“

Dumbledore wurde bei dieser eingehenden Vorbereitung auf den Tod kalt, und er bekam einen ungewollten Einblick in das, was die letzten beiden Jahre für Snape gewesen sein mussten.

„Es ist dir nicht gekomme,n daß einige von euch mehr von dir vermissen könnten als deine zweifellosen Fähigkeiten als Tränkemeister?“

Snapes Kopf drehte sich so schnell um, wie eine zustoßende Schlange, aber er antwortete nur mit einem sardonisch amüsiertem Schnauben. „Da ich hervorragend sehen und hören kann, ist es das nicht.“ Er legte seine zitternden Hände in seinen Schoß. Er musste sich erst noch daran gewöhnen, daß ihn der Körper, den er immer für selbstverständlich hingenommen hatte, verriet.

„Dann habe ich noch mehr versagt als ich wusste“, murmelte Dumbledore.

„Seien Sie nicht lächerlich“, winkte Snape verärgert an. Er konnte der Trauer in seinen lebhaften Augen nicht begegnen. „Wenn ich mich richtig an meine letzte Einschätzung erinnere, bin ich derjenige, der zu Selbstmitleid neigt.“

Dumbledore verwarf alles was er lieber gesagt hätte, und nahm Messer und Gabel. „Ich hatte keine Ahnung, daß ich so gefühlsselig war“, sagte er in seinem freundlichsten Tonfall.

„Deswegen habe ich Ihnen einen Hinweis gegeben“, murmelte Snape kreidebleich. Geistesabwesend nahm er einen Bissen von seinem noch heißen Porridge.

Mit einem leisen Lächeln berührte ihn Dumbledore am Arm und betrachtete den anderen Mann weiterhin, während Snape sich darauf konzentrierte, seine erste Mahlzeit in 24 Stunden zu essen.

Severus’ Berichte waren immer in jeder Einzelheit genau gewesen, abgesehen von den Strafen, die er immer wieder erleiden musste, wenn Voldemort mit seinem abtrünnigen Todesser spielte. Dumbledore wusste, daß er nur deswegen davon wusste, weiß Severus’ Durchhaltevermögen nach zwei Jahren in denen er regelmäßig den Cruciatusfluch ertragen musste, an seine Grenzen stieß. Jedes Mal wenn er von Voldemort zurückkehrte, brauchte er länger um sich körperlich zu erholen - weit über den Punkt hinaus, an dem er es weiter verbergen konnte. Und doch war sein Wille ungebrochen, aber eines Tages würde er wie Glas unter zu viel Streß nachgeben. Und wenn das geschah...

Dumbledore seufzte, und seine Augen verdunkelten sich. Es lag an ihm, dafür zu Sorgen, daß es nicht geschah.

Er bemerkte die Falten, die zwischen Snapes Augenbrauen lagen und von seiner Nase zu seinem Mund liefen, und fragte sich ob Severus je gewusst hatte, wie es war, glücklich zu sein. Vielleicht gelegentlich als Jugendlicher, mit einer seiner Freundinnen, bevor Bitterkeit und ein Gefühl von Fremdheit ihn zu Voldemort getrieben hatten, Voldemort hatte gewusst welche Köder er auswerfen musste, um einen 18jährigen Jungen mit verletzlichen Gefühlen einzufangen. Severus wäre nie von der Gelegenheit zur Vergewaltigung und Folter oder von angesammeltem Reichtum angelockt worden. Es war die Eitelkeit der Jugend und die Arroganz die daher kam, daß er viel intelligenter war, als die Meisten in seiner Nähe - zusammen mit einem Hunger nach Wissen - die Severus’ Fall gewesen waren. Nur er war arrogant genug um zu glauben, daß er Voldemort stürzen konnte - den er als ziemlich dämlichen, wenn auch sehr anziehenden Zauberer beschrieben hatte - und dann zum Licht zurückzukehren, um sich die glänzende Belohnung zu holen, die auf ihn wartete. Was Severus sonst noch gewollt haben könnte war schwer zu sagen. Er war ein komplizierter und schwieriger Junge gewesen - der Mann war nur wenig anders, abgesehen davon, daß er noch bitterer und weniger hoffnungsvoll war. Er hatte immer die zurückgestoßen, die versuchten, sich mit ihm abzugeben - als müssten sie sich immer wieder beweisen. Es war nicht überraschend, daß nur wenige Leute seine Prüfungen bestanden. Er war zu großer Grausamkeit fähig, vor allem gegenüber denen, die weniger gescheit waren als er, hatte aber ein starkes Gefühl für Pflicht, und einen strengen Ehrenkodex. Er hatte auch einen wilden, beschützenden Schlag die betreffend, um die er sich kümmerte, selbst wenn der junge Longbottom das schwer glauben würde, überlegte Dumbledore mit einem leisen Lächeln. Wenn Severus hart zu anderen war, so war er noch härter mit sich selbst. Vielleicht konnte er eines Tages Zufriedenheit finden, aber es war schwer zu glauben. Er war kein angenehmer Gefährte.

So viele verletzte Kinder… Sirius versuchte das Leben zusammenzuflicken, das ihm die Dementoren über 12 Jahre lang wegzunehmen versucht hatten; verdorbene Erinnerungen, gestohlene Freude. Und nach 12 Jahren waren diese Gefühle schwer zurückzugewinnen; es war kein großes Wunder, daß seine Augen noch so gehetzt blickten. Dann war da Remus, dessen Leben in einem Rhythmus verlief, der vom Mond diktiert wurde. Lily, James und Cedric, ermordet. Muggelfamilien, die zusammen mit einigen der ältesten Zaubererdynastien verfolgt wurden. Jeder Tag brachte neue Schrecken. In den letzten beiden Jahren waren 18 Schüler von Hogwarts dank Voldemort zu Waisen geworden. 18 der schlausten und besten waren durch ihre verheerenden Verluste geschwächt.

Nun da sich Harrys letztes Jahr in Hogwarts näherte, war die einzige Frage, wie und wann Voldemort das nächste Mal zuschlagen würde.

„Hast du den Trank, den wir besprochen haben, schon vorbereitet?“, fragte er während er ein Stück geröstetes Brot in einen Eidotter tauchte.

„Nein, direkor. Ich machte ihn nicht.“ sagte Snape tonlos, ”Wir brauchen etwas, das deine Ehre in Voldemorts Augen wieder herstellt.“

„Pottes Kopf auf einem Tablett sollte funktionieren - mit oder ohne Apfel im Mund.“

„Vielleicht könntest du etwas zusammenbrauen, mit dem er mich los wird“, überlegt Dumbledore.

„Der offensichtliche Nachteil wäre, daß ich den entsprechenden Trank herstellen müsste. Halten Sie das, nachdem ich ihn davon überzeugt habe, daß Sie mich mit einem Zauber belegt haben der bewirkt, daß ich nichts ohne Ihr Wissen brauen kann, wirklich für eine gute Idee? Außerdem werde ich Sie nicht in der zweifelhaften Hoffnung vergiften, daß der Dunkle Lord von meiner neuen Treue überzeugt ist. Es ist viel zu spät dafür, obwohl er eitel genug ist um zu glauben, daß ich zur dunklen Seite zurückgekehrt bin. Abgesehen von den gelegentlichen Informationen, mit denen wir ihn füttern, hält er mich nur am Leben, weil es ihm Spaß macht. Ich kann Lucius Malfoy mit ein paar Sätzen vor Wut schäumen lassen. Wer hätte das gedacht, Severus Snape, der Hofnarr.“ Während sich sein Mund zu einem Lächeln verzog, war die Leere in seinen Augen erschreckend.

„Wie lange kenne ich dich, Severus? Sehen wir mal, ich bin nach Hogwarts zurückgekehrt um Direktor zu werden als du wie alt warst? 14? 15?“

„14“, sagte Snape. Er sah abgespannt aus, als wollte er sich gegen einen Angriff stählen.

„24 Jahre... während dieser Jahre wurde mir klar, daß du alles was du dir in den Kopf setzt herausragend erledigst.“

Snape hatte sein Porridge aufgegessen ohne offensichtlich zu bemerkten was er tat und ignorierte das geröstete Frühstück das vor ihm aufgetaucht war, um Dumbledore mit einem Blick anzusehen, in dem Verständnis und Mißtrauen gleichmäßig gemischt waren. “Was Sie auch wollen, die Antwort ist nein“, sagte er, aber etwas Wärme war in seine Stimme zurückgekehrt.

Eine seiner rettenden Eigenschaften war immer ein unvorhersehbarer und manchmal unpassender Sinn für Humor gewesen - noch ein Grund, aus dem Voldemort ihn nicht hatte halten können. Seltsam, daß das Böse und fehlender Humor so oft Hand in Hand gingen, dachte Dumbledore bevor er sich auf das Problem vor ihnen konzentrierte.

„Ich mache mir Sorgen um Miss Grangers Geisteszustand“, sagte er.

„Reden Sie mit Minerva.“

“Sie hat alles versucht.”

Eine Gabel mit Schinken in der Luft haltend hob Snape eine Augenbraue. „Offensichtlich nicht ‚alles’, sonst hätten wir dieses Gespräch nicht.“

„Minerva ist eine herausragende Frau, und die perfekte Hauslehrerin für Gryffindor. Aber sie ist am besten bei einer - äh - geraderen Lösung.“

„Danke“, sagte Snape, der problemlos zwischen den Zeilen lesen konnte.

„Und“, fuhr Dumbledore fort, wobei er die Unterbrechung ignorierte, „wie sie jederzeit zugeben würde hat sie eine bessere Beziehung zu den Jungen ihres Hauses - so wie du zu den Mädchen aus Slytherin. Miss Grangers Geist kann sie zu einer erschreckenden-“

„Geist ist hier nicht von Bedeutung. Es sind ihre Gefühle, die das Problem verursachen.“ Snape knabberte mit mehr Genuß als er seit langem gezeigt hatte an einem gerösteten Schinkenrand.

Dumbledore beschäftigte sich eine Weile damit, ein Stück Pilz mit gerösteter Tomate zu beladen. „Ich habe oft gedacht, daß ihr Beide in einigen Beziehungen viel gemeinsam habt.“

„Minerva und ich?“ Unglaube färbte Snapes Stimme. “Ich habe von Miss Granger und dir geredet. Wie du sehr wohl weißt“, sagte Dumbledore ruhig.

„Oh, ich weiß genau was Sie von mir wollen, und die Antwort ist nein. Ich habe mein eigenes Haus und-“

„-du kümmerst dich hervorragend darum.“

Wie immer brachte ein Kompliment von Dumbledore Snape völlig durcheinander. Er brachte einen typische Antwort: „Verglichen mit Sprouts und Flitwicks abstoßender Sentimentalität sieht jeder gut aus. Wenn Sie hoffen, daß ich anfange meinen Slytherins Socken zu stricken, werden Sie enttäuscht sein“, sagte er giftig.

„Ich könnte es dir beibringen“, bot Dumbledore an bevor sein Lächeln verblasste. „Du warst Hogwarts jüngster Hauslehrer - um über 2 Jahrzehnte. Du bist noch immer der Jüngste“, fügte er hinzu, nachdem er eine komplizierte Rechnung durchging, die nur für ihn Sinn machte.

„Etwas das nach einem Kompliment aussehen könnte, abgesehen davon, daß ich damals der einzige Slytherin unter den Lehrern war“, winkte Snape mit einem harten Ton in der Stimme ab,

„Merlins Knochen! Manchmal denke ich, du wurdest als Kind nicht oft genug geschlagen“, schnappte Dumbledore entrüstet.

Snape blinzelte und sah ihn vorsichtig an. „Direktor?“

Dumbledore machte eine konzentrierte Anstrengung, seine Wut zu kontrollieren, da er wusste, daß viel davon in die falsche Richtung gelenkt wurde. „Manchmal überrascht mich deine willkürliche Arroganz immer noch. Meinst du wirklich, daß du der einzige Tränkemeister warst, den ich zur Auswahl hatte, und erst recht der einzige Hauslehrer von Slytherin? Mein Name alleine ist genug um sicherzustellen, daß ich mir jeden in der Zauberergesellschaft aussuchen kann. Selbst in diesen gefährlichen Zeiten könnte ich die Positionen in Hogwarts 20 mal füllen. Es gibt einige Professoren aus Slytherin, ausgebildete Hexen und Zauberer in ihren Gebieten, aber wenige von ihnen sind gute Lehrer, und erst recht... du wurdest zum Hauslehrer von Slytherin ernannt, weil du deinem Haus die Führung bieten konntest, das es in diesen schweren Zeiten braucht. Davon ausgehend, daß du es tust, während du die Notwendigkeit in Grenzen hältst, deine weniger angenehmen Eigenschaften zu übertreiben...“

Ein sardonisches Schnauben entkam Snape.

„Du machst deine Aufgabe gut, Severus“, fuhr Dumbledore fort, als hätte es keine Unterbrechung gegeben.

„Außer..“, brummte Snape mit einem unangenehmen wissenden Flackern in den schwarzen Augen.

„Was?“

„Eine Andeutung schwebt hinter Ihrem Lob.“

“Nun ja, so war es”, schnappte Dumbledore, wie so oft verärgert von den Türen, die Snape ihm vor der Nase zuschlug. „Du hast hervorragend gearbeitet, aber wann wirst du über deine lächerlichen Vorurteile gegen Black, Lupin - und die Potters kommen, Vater und Sohn?“

Snapes schwerer Stuhl kratzte über die Steinfliesen als er aufstand. „Auf Ihre Bitte hin habe ich B-Black die Hand geschüttelt. Jeden Monat mache ich einen der schwersten Tränke die es gibt für Lupin. Inzwischen helfe ich, Potter und seine unwichtigen Freunde am Leben zu halten. Was wollen Sie noch von mir, D-Direktor.“ Er bemerkte das verräterische Zittern in seiner Stimme, das daher kam, daß die Kontrolle seiner Gefühle zerfetzt war, nachdem er in einer Nacht dreimal dem Cruciatusfluch ausgesetzt war, und wandte sich ab. Aber er war dazu gezwungen, sich an der Rückenlehne des Stuhls festzuhalten, als einige Muskeln sich gleichzeitig verkrampften. Nach einigen Minuten konnte er sich wieder aufrichten. Schweiß stand feucht auf seiner Haut.

Dumbledore hatte gemerkt, daß Hilfsangebote sofort abgelehnt worden würden, und zwang sich daher dazu, sitzen zu bleiben. Er starrte auf Snapes schmerzhaft geraden Rücken und seinen zitternden rechten Arm und verzog das Gesicht. „Bitte bleib, Severus. Ich habe mich schlecht ausgedrückt, ich weiß daß es auf beiden Seiten Fehler gab - und gibt. Etwas das ich vor so vielen Jahren nicht bedacht habe.“

Während es offensichtlich war, daß er lieber anderswo gewesen wäre, nickte Snape ruckartig und setzte sich wieder, obwohl er seine angefangene Mahlzeit von sich weg schob.

Auch ihm war der Appetit vergangen, und so schenkte sich Dumbledore Hagebuttentee ein und gab ein paar Tropfen Honig hinzu, der von den Schloßbienen kam.

Während Dumbledore seinen Tee umrührte, spielte Snape mit dem zerbrechlichen Glasdeckel des Honigglases, bevor er langsam den süßen Honig von seinen Fingerspitzen leckte.

„Die Apfelblüte war in diesem Jahr gut“, bemerkte er.

„Hagrid schwört auf getrockneten Hippogreif-Dung.“

“Ah, das war dann also der Geruch im letzten Frühling. Ich habe gedacht, es wären wieder die Abflussrohre. Miss Grangers Eltern wurden erst vor 3 Monaten ermordet. Wenn man die - äh - spektakuläre Art ihres Ablebens bedenkt, ist nur zu erwarten, daß sie weniger entgegenkommend ist als gewöhnlich, nicht daß sie es je war, abgesehen vom Unterricht“, fügte Snape langsam hinzu. „Sie hat keine anderen Freunde.“

„Ich wusste, daß ich mich darauf verlassen kann, daß du das Problem erkennst. Harry und Ron sind bewundernswerte Jungen-“

Snape schnaubte abfällig.

„-aber nicht die Leute, denen sie wohl ihr Herz ausschütten würde. Jeden Tag wird Hermines Abwehr stärker. Du wirst die Veränderung in ihr selbst bemerkt haben, dir entgeht nicht viel das um dich herum vorgeht. Wir haben alles versucht, zu ihr durchzudringen, aber sie hat ihre Gefühle hinter Mauern versteckt, die so hoch und dick sind... es ist an der Zeit, grausam zu sein um freundlich zu sein.“

„Ah, ihr Vertrauen in mich ist erklärt.“ Jetzt klang Snape eher belustigt als bitter.

„Sie braucht Hilfe, Severus. Und Harry braucht alle Unterstützung, die er bekommen kann.“

„Ich dachte, es würde nicht lange dauern, bevor wir wieder auf das Wunder namens Potter zu sprechen kommen.“ Snape schenkte sich noch eine Tasse mit dem schwarzen Tee ein, den er bevorzugte und den er am liebsten hatte, wenn er lauwarm und so stark war, daß sogar harte Teetrinker zusammenzuckten.

Dumbledore nahm seine wirkungsvollste Waffe gegen Snape zu Hilfe. „Bitte Severus.“

Snapes einzige Antwort war ein Blick aus zusammengekniffenen Augen.

Dumbledore klopfte ihm auf die Schulter. „Ich wusste, daß ich mich auf dich verlassen kann.“

Snape murmelte leise etwas vor sich hin und nahm einen Schluck Tee. „Sie können aufhören zu strahlen. Ich habe gesagt, ich mache es. Aber ich mache es auf meine Weise. Und ohne Einmischung von Black.“ Er machte den Namen zu einem Schimpfwort. „Hier, nehmen Sie mehr Toast“, fügte er hinzu, verärgert weil er sehen konnte, daß er Dumbledore enttäuscht hatte - schon wieder.



***



Hermine hörte das Geräusch von Gelächter, das vom Gelände vor ihrem offenen Fenster kam, und trat zurück falls jemand herauf sehen und sie drängen würde, hinaus zu gehen. Aber um fair zu sein, niemand befahl es ihr - das war das beste daran, in den Sommerferien in Hogwarts zu sein: Keiner der Professoren, nicht einmal Snape, befahl ihr etwas zu tun. Während Schüler normalerweise die Sommerferien nicht in der Schule verbringen durften, hatte Professor Dumbledore ihr zu ihrer Erleichterung eine Sondererlaubnis gegeben; sie hatte versprechen müssen, das Vertrauen, das ihr gegeben wurde, nicht zu enttäuschen.

„Ein Versprechen von dem ich sicher bin, daß es Miss Granger besser halten kann wenn Potter und Weasley nicht dabei sind, um sie abzulenken“, hatte Snape mit einem unangenehmen Zug um den Mund gesagt. „Achten Sie darauf, daß Sie sich nicht zu einem Ärgernis machen“, hatte an sie gewandt hinzugefügt. „Es wird Ihnen natürlich nicht eingefallen sein, daß ihr Bestehen darauf, hier zu bleiben, uns alle bedenkliche Schwierigkeiten gemacht hat, nur weil Sie sich weigern, der Tatsache ins Auge zu sehen, daß Ihre-“ “Severus, auf ein Wort. Jetzt!“, hatte Professor McGonagall ihn angefahren und ihn richtiggehend zur Seite gerissen.

Erleichtert darüber, daß sie entkommen war, hatte Hermine nicht verstanden was als nächstes geschehen war. Nach einer Weile hatte Professor McGonagall aufgehört, Snape flüsternd anzuschreien. Während sie die Antwort, die Snape geben würde, fürchtete, war Hermine überrascht gewesen als sie sah, daß er etwas murmelte, das nach einer Beruhigung aussah, und dann lächelte. Ja, es war nur kurz gewesen, aber sie hatte ihn noch nie zuvor mit etwas wärmeähnlichen Lächeln sehen. Es veränderte sein Gesicht ziemlich. Zu seltsam, sich vorzustellen, daß Snape Professor McGonagall beruhigte - oder es wollte. Obwohl es eine Abwechslung dazu war, daß er sie mit den Chancen der Gryffindors beim Quidditch ärgerte - als wäre es ihm nicht egal, wenn er sie damit nicht dazu bringen könnte, die Geduld zu verlieren. Es war, als wäre die Nacht zum Tag geworden, und sie hasste, daß es so unvorhersehbar war. Vor allem jetzt, wo...

Weitermachen statt Tagträumen, erinnerte sie sich, während sie fieberhaft durch ihre Sommeraufgaben ging, die sie schon beendet hatte, obwohl die Ferien erst eine Woche dauerten.

Mrs Weasley war sehr nett gewesen, als sie ihr angeboten hatte, bei ihr zu wohnen, aber das war nicht nötig. Außerdem war es besser, sich zu beschäftigen. Es gab so viel zu lernen, und sie hatte noch nicht beschlossen, auf was sie sich spezialisieren wollte. Zumindest hatte sie genug Gelegenheiten, die Bibliothek in Ruhe zu benutzen. Das schlimmste, das sie erwarten konnte war, Snape auf dem Weg zur Verbotenen Abteilung zu treffen, und eine seiner berüchtigten Befragungen über sich ergehen zu lassen. Auf eine komische Art und Weise waren sie seltsam beruhigend - als hätte sich nichts verändert. Außerdem war er ein paar Mal hilfreich gewesen, indem er Bücher empfahl, die sie lesen sollte und dann eine unerwartete Bereitschaft zeigte, sie anschließend zu besprechen.

Es war ihr bisher noch nicht aufgefallen, aber wenn er vergaß, ein Bastard zu sein, war es interessant sich mit ihm zu unterhalten - und er war ein guter, wenn auch anspruchsvoller Lehrer. Sie hatte bald gelernt, ihre Argumente während dieser Einzelstunden vorzubereiten. Unsaubere Vorbereitung kam nicht in Frage, und ungenaues Denken brachte ihr nur einen dieser Kommentare, die sich andere Leute stundenlang überlegen müssten, und die ihm einfach so einfielen. Er hatte eine Art, ihr Gehirn zu durchforschen, das unterste nach oben zu kehren, und sich dann zurückzulehnen und darauf zu warten, daß sie das Problem alleine löste. Es war eine wirkungsvolle Unterrichtsmethode - eine die sie von ihm nie erwartet hätte. Sie war gestern so in das Gespräch verstrickt gewesen, daß sie gehört hatte, wie sie selbst ihm einfach wiedersprach, und ihm zur Unterstützung einen Artikel anbot, den sie in Kräuterkunde Heute gelesen hatte. Sie hatte eine Weile gebraucht, bevor sie den Ausdruck in einen Augen als Freude erkannt hatte. Das war kein Gefühl, das man erwartete, wenn man dem Schrecken des Klassenzimmers gerade gesagt hatte, daß er sich täuschte. Sie hatte 24 Stunden gebraucht um zu erkennen, daß er den Artikel gelesen und sie nur geprüft hatte. Sie glaubte, sie musste bestanden haben, aber bei einem hinterhältigen Bastard wie Snape konnte man nie sicher sein. Sein zweiter Vorname war wohl kaum Vertrauen.

Aber es war eine Erleichterung, sich nach katastrophalen 6 Jahren, in denen sie ignoriert oder beleidigt worden war, mit ihm auf besserem Fuß zu stehen. Sie konnte noch immer sein spöttisches Gesicht sehen, als er die riesigen Zähne betrachtete hatte, die Malfoy ihr bei seinem Duell mit Harry angezaubert hatte, konnte noch immer den Spott in seiner Stimme hören als er sagte, daß er keinen Unterschied in ihrem Aussehen sah. Sie hatte eine halbe Stunde lang auf dem Mädchenklo geweint, bevor sie die maulende Myrte daran erinnert hatte, in den Krankenflügel zu gehen. Malfoy hatte ihr eigentlich einen Gefallen getan. Ihre neuen Vorderzähne waren dank Madam Pomfrey wunderbar, auch wenn Mum und Dad nicht gerade-

Sie holte den Aufsatz heraus, den sie in dieser Woche schon für Snape geschrieben hatte, überlegte ob sie die Einleitung überarbeiten sollte, seufzte und legte das Pergament zur Seite, frustriert von dem Wissen, daß ihr Bestes kaum gut genug für den genauesten aller Professoren war. Doch während Snapes Unterrichtsweise viel zu wünschen übrig ließ, war er nie langweilig, und niemand, nicht einmal Neville, der wirklich hoffnungslos war wenn es um Zaubertränke ging, war je in den Tränkeprüfungen durchgefallen. Natürlich benotete Snape als Slytherin vielleicht einfach falsch - es war schwer zu glauben, daß Crabbe und Goyle schreiben konnten, ganz zu schweigen davon, daß sie immer schwerer werdende Tränke brauten.

Hermine fühlte sich steif und ungeschickt als sie aufstand und aus dem Fenster über den sonnigen Rasen sah; ein paar Gänseblümchen blitzten unter ihr auf, bevor eine davon aufschrie und vor dem Croquetball auswich, der darauf zu kam. Lächelnd sah Hermine zu, wie die Professoren Sprout, McGonagall und Glorwick Zauberercroquet spielten, während Professor Lupin verschlafen neben Sirius Black in sicherer Entfernung im Gras lümmelte und applaudierte. Statt ihrer sonst krähenschwarzen Roben trugen alle Professoren nur Sommerkleidung. Professor McGonagall sah in ihrem rotkarierten Umhang und ihrer wundervoll komplizierten Frisur heiß aus, während Professor Sprout in ihrem Kleid aus Tüll und Spitze den Eindruck einer keuchenden Plüschkugel machte. Es war seltsam, ohne die Umhänge schienen die Persönlichkeiten der Lehrer eher aufzufallen - oder vielleicht lag es daran, daß sie nicht im Dienst und daher entspannter waren.

Sie hatte die Ferien gefürchtet, die erste Zeit... aber es war leichter gewesen als sie gedacht hatte, solange sie die Professoren Sprout und Flitwick mied - und selbst McGonagall. Wie alle anderen waren sie so freundlich gewesen, daß sie gedacht hatte, sie würden sie mit ihrem ständigen Verständnis in den Wahnsinn treiben, obwohl es gar nichts zu verstehen gab. Voldemort hatte ihre Eltern gefoltert und getötet, nur weil er es konnte; sie war so beschäftigt damit gewesen sich Sorgen um Harry zu machen, daß sie nie an die Sicherheit ihrer Eltern gedacht hatte. Doch zumindest hatten sie und er etwas gemeinsam.

Zuerst hatte sie geglaubt, das Mitleid der andere würde sie erdrücken; sie wusste dass sie ständg beobachtet wurde, während sie darauf warteten, daß sie zusammenbrach. Nun, sie hatte bewiesen, daß sie sich alle täuschten und sich wieder in die Schularbeit gestürzt, bis sie Nachts nur noch die Arithmantikkarten sah, und noch die Stimmen ihrer Professoren im Klassenzimmer hörte, und nicht mehr träumte, abgesehen davon, wie sie einen Aufsatz nach dem anderen schrieb und die Tinte verschwand sobald sie mit der Zeile fertig war.

Hermine kämpfte gegen aufkommende Panik an, hob das Kinn und rauschte hinunter in die Bibliothek.



***

Drei tage später hatte sie jede Aufgabe für die Ferien beendet und alles gelesen was sie wollte, und so ignorierte Hermine ihre Kopfschmerzen und ging wieder in die Bibliothek. In den Regalen dort standen Tausende von Büchern - zusammen mit Pergamenten und Zeitschriften. Und sie konnte an nichts denken, das sie lesen wollte. Konnte nicht denken, konnte nicht denken.

Verzweifelt machte sie sich auf die Suche nach dem einen Professor, bei dem man sich darauf verlassen konnte, daß er ihr Arbeit geben würde ohne wissen zu wollen, warum sie etwas tun wollte, oder sonst etwas zu fragen,

Da sie keinen Erfolg dabei hatte, Snape in seinem Klassenzimmer oder Büro zu finden, und keine Ahnung hatte, wo seine Privaträume waren, ging sie zum Lehrerzimmer, holte tief Luft und klopfte an die Tür. Es dauerte kurz bevor sie sich öffnete und eine große Gestalt zeigte, die noch immer in schwarz gekleidet war. Nur wenig weiß blitzte an seinem Hals und an den Handgelenken auf, um die Strenge der schwarzen Jacke zu verringern, die er statt seinem sonstigen Umhang trug. Sie hatte Snape gefunden.

„Miss Granger.“ Er betrachtete sie ihn erkennbare Begeisterung.

„Ich habe mich gefragt, ob ich mit Ihnen sprechen könnte.“

„Ich habe noch keinen Weg gefunden Sie aufzuhalten“, antwortete er. Er sah gelangweilt aus.

Ein Muskel in ihrem Kiefer fing an zu zucken. „Kommen Sie besser rein“, fügte Snape hinzu.

Sie trat vor und stieß gegen ihn als er nicht zurück wich wie wie erwartet hatte. Einen Augenblick lang fühlte sie wie seine Hand über ihre Seite fuhr, und die harte Wärme seines Körper an dem ihren.

„T-tut mir leid“, stammelte sie, gegen ihren Willen eingeschüchtert. Automatisch machte sie einen Schritt zurück. „Es kann warten. Ich wollte keinen anderen belästigen.“

„Erwarten Sie, daß ich mich geehrt fühle, weil Sie mich ausgesucht haben?“

Das war Snape in seiner schlimmsten Stimmung. Hermine fühlte wie sie errötete und zwang sich dazu, nicht wegzusehen.

„Ich-“ Aber die Worte weigerten sich zu kommen.

“Oh kommen Sie rein, Mädchen”, sagte er sauer und trat zur Seite. “Sehen Sie hier noch jemanden? Also, was ist so wichtig, daß Sie das Gefühl haben, meine Freizeit unterbrechen zu müssen?“

„Ich weiß, daß Sie Ferien haben, aber ich habe gehofft... ich meine...“

„Wenn Sie etwas zu sagen haben, tun Sie es und gehen Sie. Nur weil Sie keine Familie mehr haben, der Sie sich aufdrängen können--“

Es brauchte eine Sekunde oder so bis die Grausamkeit dessen was er gesagt hatte eingesunken war. Die Farbe wich aus ihrem Gesicht, und sie starrte zu ihm auf.

„Sie wissen nichts davon.“ Wenn er etwas über Mum und Dad, sagte würde sie ihn umbringen.

“Ihre Eltern waren Muggel”, sagte er angewidert. “Das ist alles was ich wissen muß. Ich verstehe nicht was das Problem ist. Es ist nicht als hätten Sie in den letzten Jahren viel voneinander gesehen, Magie und Muggel passen selten gut zusammen. Sie hätten sich immer weiter voneinander entfernt, bis die Zeit, die Sie mit Ihnen verbringen, nur noch eine müde Pflicht war, die Sie nicht vermeiden könnten. Man könnte fast sagen, daß der, der sie für Sie losgeworden ist, Ihnen einen Gefallen getan hat.“

„Oh Severus“, hauchte Dumbledore, der mit Lupin und Black hinter einem Schirmzauber verborgen war. Seine Finger schlossen sich um das Maul des Hundes, der tief in seiner Kehle knurrte und seinen Körper erschaudern ließ.

„Der Bastard“, sagte Lupin heiser. „Was meint er eigentlich, was er da tut?“

„Was keiner von uns zu tun bereit war“, sagte Dumbledore traurig, wobei er Lupins Arm berührte.

Seine Augen verengten sich schmerzvoll, als er zusah, wie Snape mit mitleidlosem Gesicht durch allen Anstand schnitt und alles vernichtete was Hermine benutzt hatte um zu verhindert, daß sie mit dem Tod ihrer Eltern fertig werden musste. In einigen Minuten war sie nahe daran, in Panik auszubrechen, und schmerzhafte Laute entkamen ihr obwohl sie versuchte, sie mit ihren Fäusten zu ersticken. Die Trauer war ihr zu lange versagt worden; sie hatte nie öffentlich Gefühle gezeigt, egal welche.

„...tot, Miss Granger. Tot und mittlerweile ziemlich verrottet. Sie werden nicht allzu bald in die Arme Ihrer Mutter fliehen, um sich trösten zu lassen. Nicht, daß sie noch Arme gehabt hätte, als sie gestorben ist.“

Das Geräusch, das Hermine entkam, ließ sogar Snape, der darauf gehofft hatte, zusammenzucken. Dann ging sie auf ihn los.

Dankbar dafür, daß er in der Lage gewesen war, ihr den Zauberstab wegzunehmen, bevor sie ins Lehrerzimmer gekommen war, widerstand er dem Sturm so gut er konnte. Er sammelte eine ganze Reihe kleinerer Verletzungen bevor sie endlich, von trockenem Schluchzen geschüttelt, gegen ihn sackte. Angesichts all dieser rohen Gefühle warf er einen hilflosen Blick in die Richtung, in der er Dumbledore, Lupin und Black wusste, aber als er keine Hilfe bekam, war er dazu gezwungen, den ungeschickten Trost zu bieten, der in seiner Macht lag. Sie schlug noch immer gelegentlich nach ihm; Selbstverteidigung brachte ihn dazu, sie in die Arme zu nehmen und festzuhalten bevor ihr einfallen konnte, ihn zu kastrieren. Sie war dünn, aber sie kämpfte die ganze Zeit über gegen ihn, und irgendwann landeten sie beide in einem verworrenen Haufen auf dem Boden, und er ließ sie sich an ihm austoben, während er versuchte nicht zu bemerken, daß dem Schrecken seiner Tränkestunden Brüste gewachsen waren.

Als der furchtbare Lärm abebbte, kam Hermines Gesicht durch das wilde Chaos ihrer Haare zum Vorschein, das sich aus seiner Frisur gelöst hatte. Als er ihr verloren aussehendes, trauriges Gesicht sah, folgte ein Augenblick, in dem Snapes eigenes Gesicht alles zeigte.

„Oh Kind.“ Er nahm sie wieder in die Arme und legte ihr Gesicht an seine Schulter. Er schaukelte hin und her als sie leise anfing, reinigende Tränen zu weinen und murmelte immer wieder in der biegsamen Stimme, für die er bekannt war und die er im Lauf der Jahre sehr wirkungsvoll zu benutzen gelernt hatte, beruhigenden Blödsinn.

„Endlich“, hauchte Dumbledore mit offensichtlicher Erleichterung. „Oh, gut gemacht, Severus. Remus, würdest du bitte Madam Pomfrey holen. Ich fürchte Miss Granger wird einen Tag oder so im Krankenflügel brauchen, um sich davon zu erholen.“ Als Lupin das Zimmer verließ, verwandelte sich Black neben Dumbledore wieder.

„Wenn es nicht gereicht hat, wird es Snape sicher mit Freuden wiederholen“, fauchte er. „Dieses Mal ist der Bastard zu weit gegangen, und ich werde dem ein Ende setzen.“

„Laß sie in Ruhe“, befahl Dumbledore in einem Tonfall, dem nie jemand wiedersprach. „Denkst du es war leicht für Severus?“

„Natürlich war es das“, sagte Black, wobei er dem Paar auf dem Boden den Rücken zuwandte, um finster aus dem Fenster zu blicken.

Dumbledore betrachtete ihn nachdenklich. Eines Tages würde er den endgültigen Grund der Feindschaft zwischen Black und Snape finden, denn er nahm an, daß der weit vor den Vorfällen in der peitschenden Weide lag. Sirius hätte so leicht ein weiterer Severus werden können, aber er hatte das Glück, Freunde wie James und Lily zu haben.

Severus war immer ein Außenseiter gewesen. Groß für sein Alter und dünn, und er hatte einige Jahre gebraucht, um in sein Gesicht hineinzuwachsen. Sein Verhalten hatte nie etwas dazu beigetragen, ihn seinen Mitschülern näher zu bringen. Er lebte von seinen Gefühlen, reagierte nervös auf alles, und brütete lange über Beleidigungen, ob sie nun echt oder eingebildet waren. Er war beleidigt, stur, geneigt, lange sauer zu sein und mit einer Abscheu gegen normale gesellschaftliche Dinge, und besaß eine Zunge, die wie ein Messer verletzen konnte. Er setzte seine wilde Intelligenz selten an etwas konstruktives und hatte einige seiner Professoren zu nervösen Wracks gemacht - obwohl die Lehrer, wenn man fair war, in diesen Tagen nicht das gewesen waren, was sie hätten sein sollen. Aber Hogwarts war nie als Zentrum der akademischen Intelligenz gedacht gewesen. Tatsächlich war es, wenn man Severus Glauben schenkte, ein allzu seltener Zufall, daß die Schule sich etwas näherte, das man so bezeichnen konnte.

Das 5. Jahr hatte seine üblichen Veränderungen für die Jungen gebracht, die immer später aufblühten als die Mädchen. James hatte nie mehr als annehmbar ausgesehen, aber Sirius hatte selbst als kleiner Junge auffallend gut ausgesehen. In dieser 5. Klasse hatten einige seiner Bewunderer ihre Meinung geändert, in der 6. und 7. Klasse folgten weitere. Es war nicht, als wäre Severus je entfernt gutaussehend gewesen, er war in der 5. Klasse nur noch immer dünn, arrogant und unangenehm nach Hogwarts zurückgekehrt, aber mit genug Sex-Appeal um sogar einige der Lehrer rot werden zu lassen, die alt genug waren, um es besser zu wissen, ganz zu schweigen von seiner Wirkung auf seine Mitschülerinnen. Bei so vielen wilden Hormonen war es kaum ein Wunder, daß sich die Feindschaft zwischen Sirius und Severus noch vertiefte. Black hatte seine eigene Sexualität spät anerkannt, und wenn er zu Severus hingezogen gewesen war... es würde vieles erklären, obwohl Dumbledore wusste, daß er wohl kaum die Wahrheit herausfinden würde.

Es war ein Vergnügen gewesen, zu sehen wie Severus unter der Aufmerksamkeit der Mädchen aufblühte - und es waren nicht nur die aus seinem Jahrgang. Er war einer der wenigen Jungen, die die Gesellschaft von Frauen für weit mehr als Sex wollten. Wenn Severus sich unbeobachtet fühlte, war er bei seinen Freundinnen ein ganz anderer Mensch und zeigte eine Fähigkeit zu Zärtlichkeit die in einem 16jährigen Zauberer selten war. Es war gut zu sehen, daß die Jahre dieses Gefühl nicht völlig ausgelöscht hatten.

“Was hast du gesagt, Sirius?”, fragte Dumbledore unbestimmt. Die Rumtreiber hatten ihm viele Schwierigkeiten gemacht, aber er hatte immer gewusst, wie er sich um ihre deutlicheren Bedürfnisse kümmern musste. Allzu oft war ihm die Funktionsweise eines Slytheringeistes ein Rätsel.

„Ich sagte, daß Snape nur meinen Stiefel in seinem Allerwertesten braucht“, knurrte Black. Er wand sich unter dem unruhigen Blick den er dafür bekam. „Was?“, murmelte er. Der Ausdruck in diesen blauen Augen machte ihn zu einem 13jährigen, der gerade auf frischer Tat ertappt wurde.

„Glaubst du ehrlich, daß Severus es genossen hat, das zu tun?“

„Es paßt genau zu ihm.“

“Ich habe gesagt ‘ehrlich’, Sirius“, sagte Dumbledore scharf.

Black sah zu Boden. “Vielleicht nicht“, murmelte er. Die Geräusche, die Hermine gemacht hatte, erinnerten ihn unangenehm an die Geräusche, die man in Azkaban von den Neuankömmlingen hörte.

Seufzend ließ Dumbledore die Schultern hängen. „Ich versteh“, sagte er, als hätte Black laut gesprochen. „Was du dir merken mußt ist, daß es auch Severus tut. Obwohl du nicht erwarten kannst, daß er es einmal zugibt“, fügte er müde hinzu.

Sie beide drehten sich erleichtert um, als Madam Pomfrey das Lehrerzimmer betrat.

„Oh, endlich“, hauchte sie als sie Hermine sah, die in Snapes Umarmung gesunken war. Hermine schauderte und zitterte vor Trauer, hatte eine Hand in Snapes Haar vergraben und hielt die andere an seinem Mantel, dem sie eine Tasche aufgerissen hatte. „Wir bringen sie gleich ins Bett. Sie wird jetzt schlafen. Ich werde nur-“ sie zog ihren Zauberstab heraus.

„Wir brauchen keine Trage, ich hab’ sie“, murmelte Snape, der weiter Hermines dünnen Rücken streichelte. Die leuchtenden Kratzer auf seiner Wange bluteten noch, seine Unterlippe war aufgeplatzt und seine linke Hand zeigte Bissspuren, auch wenn sie nicht blutete.

„Gut“, sagte Madam Pomfrey, die stehen blieb, falls sie gebraucht wurde.

Snape stand, noch immer mit Hermine in den Armen, auf und ging zu einer Feuerstelle, wo er darauf wartete, daß Madam Pomfrey eine Prise Flohpulver herausnahm.

Als sie aus ihrer Sicht verschwunden waren, atmete Black aus. „Ich brauche einen Drink“, sagte er nachdrücklich.

„Heiße Schokolade für alle, denke ich“, sagte Dumbledore. “Ich dachte an Alkohol.“

„Wirklich? Egal. Trink stattdessen das.”

“Nur weil Sie hier Recht hatten heißt das nicht, daß sich Snape verändert hat“, sagte Black, der sich an seinem Vorurteil festklammerte.

„Ihr habt euch beide verändert“, sagte Dumbledore mit einer Spur Ärger. „Merlins Bart, ihr seid beide erwachsene Männer, keine kleinen Schuljungen. Und es wäre eine große Erleichterung, wenn sich einer von euch hin und wieder daran erinnern würde.“

„Bringt nichts wenn man von Snape erwartet, sich erwachsen zu benehmen“; sagte Black, der es schaffte jedes Mal das Gesicht zu verziehen, wenn er den Namen sagte.

„Oder von sonst jemandem, wie es scheint“, sagte Dumbledore hart.


Zwei

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