Geheimnisse

 

 

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Kapitel 58: Der Wald


Mond - Silberne
Schönheit
dein leises Lied bringt
uralte Tränen
den Elbenkönigen

(Lúthien Tinuviel)



Tief in sich stritten sich immer noch Geist und Körper. Der Geist wollte gehen, die Erinnerungen hinter sich lassen, die ihn quälten, aber der Körper war sich dessen noch nicht so sicher. Aber warum? Waren sie sich vorhin nicht einig gewesen? Was hatte diese Verzögerung gebracht? Es war eine zu tiefst verwirrende Situation. Snape wußte nicht wohin, da war doch nicht mehr viel von ihm übrig. Das bisschen Selbst, was er gehabt hatte, lag zersplittert und zerschlagen in seiner Seele herum. Kaum einer konnte diesen Scherbenhaufen an Mensch noch retten.
Es war alles so kalt und so trostlos. Morays Kerker war so trostlos und abgeschnitten von der Welt gewesen. Da war es ihm besser in Evans Kerker ergangen, da gab es wenigstens doch etwas natürliches. Moder und Feuchtigkeit. Aber in Morays Kerker war nichts gewesen, so klinisch Ssuber war er gewesen. Die Träume wurden kalt, wie seine Erinnerungen, und er hatte das Gefühl wieder im Schnee zu liegen, wie damals, als er von dem missglückten Überfall auf die Longbottoms in den Wald appariert war. Die Kälte kroch in seine Knochen und vertrieb die davor kurz eingefressene Hitze. Kälte und Hitze, beides wechselte sich immer irrwitziger ab. Kalt. Warm. Kalt. Warm. Jetzt war es eisige Kälte, in seiner grauen Welt der Bewusstlosigkeit. Die Welt, die er so gut kannte. Die kurze sichere Wärme, die er einmal gespürt hatte, war verschwunden. Also doch alles nur eine Illusion von Moray. Nur eine Illusion die darauf wartete, von der Realität zerschlagen oder vom Sterben aufgelöst zu werden.
Zitternd versuchte er Luft zu holen und roch Blumen?
Warum roch es plötzlich nach Blumen?
Es war der Geruch von Frühling und tausend Blumen. Einige glücklichere Erinnerungen kamen langsam hoch. Wie im Verbotenen Wald roch es, wie oft hatte er nur dagelegen im Wald und hatte den Frühling genossen? In seiner Spionagezeit und auch die ersten Jahre als Lehrer sehr oft. Er hatte den Wald zu lieben gelernt.
Und dann kam da wieder diese beruhigende Wärme, versuchte die Kälte zu vertreiben. Doch die Kälte war zäh und wollte nicht so leicht loslassen.
War das wirklich alles war?
Nein es war einfach zu unwirklich, zu falsch.

Firenze war verblüfft gewesen, aber er hatte die Bitte von Sirius Black nicht ausgeschlagen. So schickte Sirius ihn mit Eimern und Taschen los wären er das Haus des Auroren auf den Kopf stellte.
‚Alastor wird mich umbringen', dachte Sirius als er den Keller durchsuchte.
Firenze kam und ging, kam und ging. Die Zentaurenhufe klapperten leise durch das Haus. Das Einhorn stand im Raum von Snape und war einfach nur da, mehr brauchte es nicht zu tun. Die Sonne ging auf und Firenze blieb im Haus; es war zu gefährlich nach draußen zu gehen. Sirius hatte gefunden wonach er gesucht hatte und alle drei, Einhorn, Magier und Zentaur sahen ihr Werk an.
"Es ist verrückt", murmelte Firenze.
"Alastor bringt mich um", grummelte Sirius neben Firenze.
Das Einhorn wieherte fröhlich.
Das magische Wesen trat an Firenze und Sirius vorbei in das Licht der aufgehenden Sonne, das durch die Fenster schien. Es senkte sanft den Kopf und schnupperte an der Gestalt, die auf dem Rasen lag.
Der Raum war nicht wiederzuerkennen, alle Möbel waren verschwunden, kein Stuhl, kein Bett, kein Schrank, keine Kommode, nichts mehr war in den Raum. Nur im Kamin glomm das Feuer weiter. Den Boden bedeckte ein aufgehendes Blumenmeer. Sogar eine kleine Birke wuchs nahe dem Fenster. Black schloß kurz die Augen, die aufgehenden Blumen verströmten einen betörenden Geruch und durch ein offenes Fenster wehte eine leichte Brise und ließ das Laub des Baumes rascheln. Die Sonne wanderte weiter und warf ihre warmen Strahlen auf den in Leinen gewickelten Körper von Severus Snape und auf das Einhorn.
Dann, mit einer Eleganz die nicht zu übertreffen war, sank das magische Wesen nieder und legte sich neben den Kranken. Vorsichtig ging Sirius auf die beiden zu und schob Snape näher an das Einhorn heran.
"Warum Mr. Black?" fragte Firenze.
"Der Wald", erklärte Sirius und strich die schweißnassen Haare aus Snapes Gesicht, "ein Ort, an dem er sich sicher fühlte. Ein Ort, den er mochte. Wir müssen Geist und Körper wieder auf eine Bahn bekommen. Nur so können wir ihn erreichen."

Es wurde ruhiger im Raum, nur das Rascheln des Baumes, das leise Knacken des Feuers und das rasselnde Atemholen von Severus waren zu hören. Firenze ließ sich neben Sirius nieder und diente ihm als Rückenstütze.
‚Komm zurück', dachte Sirius und beobachtete jeden erkämpften Atemzug, ‚kommt schon seit euch endlich einig.'

Im Laufe des Tages kamen noch zwei Krampfanfälle, die Severus zum Glück jedes Mal ohne Bewusstsein überstand. Diese Fluchnachwirkungen, von denen keiner genau wußte welche Flüche sie verursachten, schwächten den Körper mehr und mehr, aber brachten ihn nicht um. Sirius schöpfte langsam Mut, vielleicht war ja doch etwas durchgekommen.
Das Fieber blieb.
Vielleicht?

***



Alastor Moody trat seinen Dienst an. Wie erwartet war das Chaos in seiner kurzen Abwesenheit nicht weniger geworden sondern eher mehr. Ein junger Auror kam auf ihn zugestürzt. " Mr. Moody, Mr. Moody, ein Glück, dass Sie wieder da sind!"
Der alte Mann schnaubte nur und stampfte weiter.
"Wir haben zwei weitere Tote Anhänger von du-weißt-schon-wer gefunden und es wurde eine Vermisstenmeldung über einen Auroren heraus gegeben", hechelte der junge Mann heraus.
Alastor blieb stehen. "Wer wird vermisst?"
"Peter Moray."
Es bedurfte all seiner Konzentration und all seiner Selbstbeherrschung nicht gleichgültig auszusehen, mit einem leicht überraschten Gesichtsausdruck sah Alastor sein Gegenüber an. "Ach wirklich?"
Der junge Auror nickte und fuhr weiter fort: "Man will einen Suchtrupp losschicken. Kennen Sie Peter Moray?"
"Flüchtig", murmelte Alastor nachdenklich.
"Er gilt hier als einer der großen Auroren!" platzte es den Mann heraus, doch als er den skeptischen Blick von Moody sah verbesserte er sich schnell: "Neben Ihnen natürlich."
Nachdenklich klopfte Mad Eye mit seinen Gehstock auf den Boden. Interessieren würde es ihn ja schon was aus dem Auroren Moray geworden war. Black hatte kein Wort darüber verlauten lassen.
"Wann wird der Suchtrupp losgeschickt?" fragte er und gab seinem Gesicht einen leicht oberflächlichen, interessierten Ausdruck.
"Schon bald, ich werde dabei sein!"
Skeptisch sah der alte Auror den jungen an, dieser hier wirkte so stolz, noch so unschuldig. Was wenn der Junge erfuhr, was für ein Monster Peter Moray war?
"Junge, ich werde Sie begleiten, bringen Sie mich zu Ihrem Gruppenleiter." Mit diesen Worten klopfte er dem übereifrigen Magier auf die Schulter.

***



Es war am späten Nachmittag, als sich eine Gruppe von fünf Auroren und einer Aurorin in Ausbildung auf den Weg zu Peter Morays Haus machte. Alastor war unter ihnen, alle glaubten er wolle sich nur an der Suche nach einem alten Kollegen beteiligen, doch Alastor interessierte nur wie Sirius Snape aus den Klauen dieses Monsters entreißen konnte. Kurz blieben sie vor dem kleinen Anwesen von Peter Moray stehen, am Horizont konnte man die Dampfglocke von London ausmachen.
"Ich wußte nicht, dass man als Auror so viel verdient!" hauchte jemand, als sie in die Eingangshalle betraten.
"Dummkopf, das hat er alles geerbt!" fauchte ein anderer Auror die Antwort.
Mad Eye lachte, ja geerbt, man wurde nicht Auror um reich zu werden. Die Bezahlung war nicht schlecht, das stimmte schon, aber reichte noch lange nicht für so etwas hier. Auch sein Haus war ein altes Erbstück.
"Ok, wir verstreuen uns", begann ein hart aussehender Auror, der Leiter der Gruppe.
Leander Tornbee war sein Name und auch er hatte viel gesehen, das wußte Alastor. So hart er manchmal aussah, so wußte dieser wenigstens um was es ging. Oder war auch einer von Morays Leuten? Hatte ihn die Arbeit auch schon stumpf werden lassen?
‚Alastor jetzt wirst du wirklich paranoisch!', schimpfte der alte Auror mit sich selbst.
"Mr. Moody, ich möchte gerne, dass Sie sich mit unserer jungen Aurorin in Ausbildung, Alicia Aldaran, im Haus umsehen", sagte Tornbee und begab sich, ohne die Antwort abzuwarten, mit einem anderen Auroren in den Garten.
"Na dann kommen Sie, Mrs. Aldaran, sehen wir uns um", murmelte Moody.
Leander trainierte seine Gruppe gut, das mußte Moody ihm lassen, die junge Aurorin ging vorsichtig und nach Vorschrift vor. Vorsichtig sah sie sich um, berührte nichts und wenn, dann tippte sie vorsichtig mit dem Zauberstab dagegen. Etwas gelassener folgte der alte Auror der jungen Zauberin, sein magisches Auge huschte umher und durchsuchte Wände, Gemälde und Türen. Alles schien harmlos auszusehen, bis auf die Tatsache, dass sich Eulenpost auf dem großen Essenstisch im Salon stapelte und immer noch ein mittlerweile schlechtgewordener Braten in der Speisekammer lag. In den oberen Räumen war alles sauber und ordentlich. Moody war überrascht, obwohl einiges auf einen magischen Haushalt hinwies, bis die selbstwaschende, bügelnde und faltende Maschine im Waschraum, die Zauberbücher in der Bibliothek oder das kleine aber feine Zaubertranklabor im Anbau, das man von den oberen Fenstern erkennen konnte, gab es keine beweglichen Bilder, und das Haus war auch nicht ans Flohnetzwerk angeschlossen. Die junge Aurorin, Mrs. Aldaran, wirkte etwas enttäuscht, fast schien es als ob sie einen Kampf erwartet hätte. Innerlich lächelte der alte Auror. ‚Ja Mädchen, nicht immer sind unsere Einsätze so spannend wie es erzählt wird.'
Wobei in der letzten Zeit genug Action geboten wurde. Selbst für Auszubildende!
"Kommen Sie Mrs. Aldaran, helfen wir den anderen, vielleicht finden wir etwas im Garten", meinte Alastor aufmunternd und klopfte der jungen Kollegin auf die Schulter.
Gemeinsam gingen sie die Treppen nach unten und Moody blieb wie angewurzelt stehen. Alicia Aldaran stolperte gegen ihn und entschuldigte sich sofort wortreich.
"Scht!" zischte Moody und winkte ungeduldig ab.
Der Boden in der großen Eingangshalle hatte seine Aufmerksamkeit erregt.
"Was bei allen galoppierenden Gorgonen!" raunte er.
So schnell sein Bein es zuließ rannte er die Treppe nach unten und ließ sich auf alle Viere fallen.
Die junge Aurorin sah ihn an als ob er nun völlig den Verstand verloren hätte. Alastor Moody, oder auch Mad Eye genannt, hatte schon seltsame Eigenheiten, aber sie live zu erleben war ein Abenteuer für sich!
Moody rutschte weiter über den Boden und tastete diesen Zentimeterweise ab.
"Ähm. Mr. Moody?" räusperte sich die Aurorin.
"Holen Sie Tronbee, am besten alle, das dürfte sie interessieren!" befahl Alastor unwirsch und suchte weiter intensiv den Boden ab.


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