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Kapitel 1:





Severus Snape knurrte. Er würde dieser - Frau - nie verzeihen. Dieser - Muggelin. Alles war so - angenehm - gewesen. Beinahe schön, wenn er ein solches Wort gebrauchen wollte. Was er natürlich nicht tat. Schön - so ein dummes Wort. Muggelwort. Die gebrauchten Worte ohne nachzudenken. Wie diese Frau. Seine Augen verengten sich, und ein Knurren kam tief aus seiner Kehle. Redeten ohne nachzudenken, und handelten auch so. Alberne Wesen, total lächerlich. Aber sie konnten die Welt zum Einsturz bringen, man durfte sie nicht unterschätzen.

Deswegen war er am meisten wütend auf sich selbst. Auch kein ganz neues Gefühl für ihn. Er hatte sie gesehen. Aber er hatte nicht angenommen, wäre nie darauf gekommen, dass sie ihn sehen konnte. Dumm dumm dumm. Er war unvorsichtig geworden, weil es lange gut geklappt hatte. Er hatte es jeden Morgen getan und war nie erwischt worden. Es hatte ihm ein leises - Vergnügen - bereitet. Es war verboten und ein wenig gefährlich. Deswegen hatte er es ja so gerne getan. Abgesehen von einem gewissen körperlichen Vergnügen, das er sonst nirgends empfand. Und nach allem war auch er ja nur ein Mann. Er konnte nicht auf alle Vergnügungen verzichten. Er konnte schon, aber er wollte nicht.

Er war also unter der Dusche gestanden, in diesem Ding, das die Muggel Freibad nannten. Vor der Öffnungszeit. Wie jeden Morgen, bevor er sich auf den Weg zu seiner Arbeit in diesem Muggelamt machte. Langweilig, anödend langweilig. Aber diese Arbeit musste getan werden. Also tat er sie. Severus Snape war nicht der Mann, der sich seinen Pflichten entzog. Aber er fand Wege, sie sich zu erleichtern. Er war nicht freundlich zu den Muggeln, nein, er behandelte sie so wie seine Schüler. Vielleicht ein wenig freundlicher als diesen Potter, weil, sie waren ja schließlich Muggel, was konnte man von ihnen schon erwarten? Es war so einfach, sie zu täuschen. Sie zu ängstigen. Sie konnten nicht einmal logisch denken, oder auch nur eigene Gedanken entwickeln, wenn man sie bedrohte. Und dennoch, und dennoch ...

Diese Frau hatte ihn gesehen. Unter der Dusche. Gut, sein Invisio-Zauber war vielleicht nicht so gründlich gewesen wie sonst. Er war schon am Abklingen. Und diese ganze Zauberei war sowieso albern, im höchsten Maße. Er zog Zaubertränke vor, jeder Zeit. Viel verläßlicher, abschätzbarer. Diese Ingredienzien, diese Mischung, diese Wirkung. Basta. Nicht mehr und nicht weniger.

Er knurrte wieder, während er seinen Schritt beschleunigte. Er würde nach allem auch noch zu spät kommen. Das fehlte noch. Und von dieser Bürgermeisterin fragend angeguckt werden. Iiih. Seine Lippe verzog sich. Mehr als fragend angucken tat die ihn nie, das reichte aber auch. Wenn er der Leiter dieser sogenannten Behörde wäre, dann ... Aber was konnte man schon erwarten? Das Leben der Muggel war einfach zu erbärmlich, um es näher zu untersuchen. Allein die Vorstellung, jeden Tag auf etwas angewiesen zu sein, was sie Autos nannten. Nein, zu entsetzlich. Nachdem er sich erst mal an die Muggelkleidung gewöhnt hatte - okay, bequem war sie immer noch nicht, sie kratzte und zwickte an den peinlichsten Stellen, aber das befriedigte seinen Sinn für Strafe irgendwie - tat er gern etwas, was sie ‚sich bewegen’ nannten. Sie bewegten sich nicht einfach von Ort zu Ort, nein sie bezeichneten es auch noch irgendwie. Es war irgendwie gut, sich zu bewegen. Gehörte zu einer Religion, die sich Fitness nannte. Dadurch wollten sie ihr erbärmliches Leben verlängern, wie es aussah.

Snape spuckte schier aus. Es war jenseits seiner Vorstellungskraft, wie man ein solch entsetzliches Dasein auch noch verlängern wollte. So ohne Magie, Vorstellung vom Sinn des Ganzen, den Gefahren und all dem. Aber er war ja nicht hier, um sie zu verstehen, sondern um sie auszuspionieren, und wenn nötig zu beschützen. Obwohl dieser Teil des Auftrags, Merlin sei Dank, noch nie von ihm gefordert worden war. Er hatte einige kleinere Zauber vollbringen müssen, weil irgend so ein Mensch etwas gesehen hatte, was er nicht verstand - nicht, dass das nicht ständig vorkam, aber nur wenn es die magische Welt betraf, ging es ihn etwas an - einen Zauber, mit dem er den Muggel in den von ihnen so geschätzten Zustand der seligen Unwissenheit zurückversetzte. Aber retten - dieser Aufgabe sah er nicht gerade mit Freude entgegen.

Je länger er sich unter ihnen aufhielt, desto mehr sehnte er sich beinahe, beinahe, nach seinen Kollegen zurück. Beinahe sogar nach - Schülern. Gleichzeitig gab es einen Teil in seinem Gehirn, der die Muggel widerwillig, sehr widerwillig, bewunderte. Bewunderte, ohne sie zu verstehen. Keine Ahnung von irgendwas, aber so hartnäckig. Hingen so an ihrem kleinen bisschen Leben, so sehr sie auch über es jammern mochten. Wenn es drauf ankam, hatte er noch keinen getroffen, der es nicht behalten wollte. Nach drei Jahren fast ohne Zauberei - außer den kleinen Späßen, die er sich ab und zu gönnen musste, um nicht ganz aus der Übung zu kommen, und natürlich den Aktionen zur Löschung des einen oder anderen Gedächtnisses - verstand er es nicht. Er wäre lieber tot, lieber in den Fängen von Voldemort, lieber bei den Dementoren, als so zu leben. Auto fahren. Fernsehen. McDonalds - einfach zu und zu entsetzlich. Ganz zu schweigen von der Kaste, die sie regierte, und die sich Politiker nannte. Dagegen war das Zaubereiministerium eine Ansammlung von ehrenwerten gutmeinenden - Zauberern.

Und nun war ihm auch noch sein Spaß verdorben worden. Klein und unschuldig genug, aber er hatte sich daran gewöhnt. Er hasste es, wenn er von seinem gewohnten Weg abgebracht wurde. Er brauchte eine Konstante in seinem Leben. Nur so konnte er überleben, in dieser feindlichen Umwelt. Nicht, dass Severus Snape je in einer freundlichen Umwelt gelebt hätte. Das war einfach nicht seine Natur. Auch in Hogwarts hatte er keine Freunde gehabt. Aber wenigstens Leute, die ihn verstanden. Nein, Korrektur, ihn verstehen konnte natürlich niemand, auch in der Zaubererwelt nicht. Aber es hatte doch zumindest kleine, geringe Gemeinsamkeiten gegeben. Von der Möglichkeit, einfach zu apparieren, ohne sich darum zu kümmern, ob ihn vielleicht jemand sehen konnte, mal ganz zu schweigen. Oder von der Möglichkeit, Wasser zu kochen, ohne diese albernen Geräte zu benutzen.

Er schäumte. Diese Frau hatte ihn gesehen. Hatte ihn gesehen ohne seine Maske, was schlimmer war. Und hatte ihn - angestarrt. Widerlich! Schamlos. In seiner - Badehose. Auch so ein lächerliches Kleidungsstück. Er wusste nicht, wieso er es überhaupt trug, er wurde ja nicht gesehen. Normalerweise. In diesem Fall war es vielleicht gut gewesen. Sonst hätte diese Frau vielleicht noch schamloser geguckt.

Er hatte es nicht glauben können, als sie auf ihn zukam, ihn freundlich anlächelte und ansprach. Er war doch unsichtbar! Nicht für sie. Und sie war eine Muggelin, daran bestand kein Zweifel. Trotz dieser wilden roten Haare. Albern. Wie konnte man Haare nur einfach so wachsen lassen. Unter Zauberern ging das ja gerade noch an, aber was er da so in diesem Amt mitbekam, da beschäftigten sich die weiblichen Wesen ja nur mit solchen Problemen, stundenlang. Damit und mit dem, was sie ‚ihre Figur’ nannten. Davon waren sie regelrecht besessen. Jedes Jahr um diese Zeit ging es wieder los. Er hatte es mit dem Gehörlosenzauber versucht, um das nicht mithören zu müssen. War auch sehr erfolgreich gewesen, bis er merkte, dass er so gar nichts mehr mitbekam. Was ganz in seinem Sinne, aber nicht im Sinne des Zaubereiministeriums war.

Und so musste er wieder dasitzen und sich diese unsäglichen Unterhaltungen anhören, über neue Frisuren und neue Figuren und Fitness. Danach ging es dann gleich weiter mit neuen Männern, und das war der Moment, wo er von seinem sauersten Gesichtsausdruck zu Verbalinjurien griff. Nicht, dass die ihn verstanden. Aber es reichte, um sie wenigstens in seiner Gegenwart leiser sprechen zu lassen. Sie machten einen Bogen um ihn und nannten ihn alten Sauertopf. Er konnte es hören, wenn er den Hörzauber anwandte. Was er ab und zu tat, um vielleicht doch noch etwas Wichtiges mitzukriegen. Was er nie tat. Es war entwürdigend. Ein Mann mit seinen Kräften, lahmgelegt von Wesen, die sich nur um ihre Brunft kümmerten. Er hasste es, aber meistens verachtete er sie sogar dazu zu sehr. Und sich selber, das Gefühl das sein Leben bestimmte, seit er sich erinnern konnte.

Er hatte es nicht besser verdient. Spaß und Freude waren für die anderen, die Leichtherzigen, die Sorglosen, die Oberflächlichen. Das war er nie gewesen. Nie. Und das war gut so. Er wollte es nicht anders. Severus - so ein Name vertrug sich nicht mit Leichtherzigkeit. Leichtsinn. Spaß. Er schnaubte. Er hätte es wissen müssen. Idiot, beschimpfte er sich selber. Das kleinste bisschen gestohlener Spaß war noch zu viel für ihn. Deshalb hatte diese Frau ihn gesehen. Auch wenn er nicht wusste, wie sie es fertiggebracht hatte. Sein Zauber war makellos gewesen, wie alles was er tat. Vielleicht gehörte sie zu den Muggeln, die manchmal die Welten sich vermischen sahen, die etwas - ahnten. Auch wenn sie natürlich viel zu dumpf waren, um wirklich zu kapieren.

Sie hatte ihn gesehen und angesprochen. In ihrem sonderbaren Badeanzug. Mit ihrer - Figur. Seine Oberlippe verzog sich verächtlich. Er wusste nicht, wovon die immer redeten. Wozu sollte das gut sein, sich um so etwas Unwichtiges zu kümmern? Aber vielleicht hatten ja sogar sie das Gefühl, sich um irgendwas kümmern zu müssen. Und da sie sich nicht gut um den Fortgang der Welt und den Kampf gegen das Böse kümmern konnten, weil sie davon keine Ahnung hatten, kümmerten sie sich eben um solche Dinge. Er wollte es ihnen mal zugute halten. Wenn er sehr gut gelaunt war.

Sie hatte ihn angelächelt, in ihrem lächerlichen Anzug und ihn gefragt, wo er denn herkomme? Ob er vielleicht vom Himmel gefallen sei? Sie habe gedacht, sie sei die Erste hier. Er hatte sie nur angestarrt. Schockiert davon, dass sie ihn sehen konnte. Abgestoßen von ihrem lächerlichen Gerede. Vom Himmel gefallen - die hatte ja keine Ahnung. Als er sie nur anstarrte, hatte sie ihn angelächelt - auch so eine Angewohnheit, die ihn zum Wahnsinn trieb, diese Leute waren einfach nicht zu beleidigen, sie merkten es nicht mal - die Dusche benutzt, unter der er eben noch gestanden hatte, wobei sie sich ekelerregend gewunden hatte, als ob sie nicht wisse, ob sie es genießen oder die Kälte entsetzlich finden sollte, hatte ihr nunmehr nasses Haar zurückgeworfen und war zum Schwimmbecken gegangen, um hinein zu springen.

Er hatte ihr nachgestarrt. Hatte an sich heruntergeguckt. Er sah so aus wie immer, bevor er seine Maske aufsetzte. Er sah zum Schwimmmeister. Der sah ihn nicht. Wie immer. Er lief extra an ihm vorbei, um das zu überprüfen. Wenn der ihn auch sehen konnte, musste er sich mal wieder ein paar Stunden mit Zaubersprüchen und wie lange sie anhielten, beschäftigen. Vielleicht durfte er dafür ja auch sogar heimkommen. Heim! Was für ein wunderbarer Gedanke. Beinahe sehnsüchtig dachte Snape an Hogwarts, Dumbledore, Remus, Remus! - das war ein gefährlicher Gedanke, weg damit! - sogar an Hooch. Aber der Schwimmmeister sah ihn nicht, wie immer. Er starrte auf die Frau, deren Kopf im glitzernden Wasser zu sehen war. Sie winkte ihm zu. Er starrte mit glühenden Augen zurück. Interessant. Irgendwie interessant. Ein Rätsel. Enervierend, störend, aber immerhin - ein Funke von Interesse sprang in ihm an. Vielleicht war doch mehr an diesen Muggeln, als in den Büchern stand. Vielleicht. Vorsichtshalber machte er den Verwandlungszauber, der seine Haare schwarz und fettig, seine Augen schwarz und undurchdringlich, seine Haut aschfahl, seine Nase spitz, seinen Mund zusammengekniffen, die Falten dazwischen tiefer, seine Stimme dumpf und seinen Schritt schleppend erscheinen ließ, erst draußen vor dem Schwimmbad. Nur ein Eichhörnchen sah ihn, und das fauchte er an. Er schüttelte den Kopf, gewöhnte sich an die Erscheinung, die er nun seit 30 Jahren hatte, außer in sehr seltenen Momenten, und die würden nun noch weniger werden, dank dieser Frau, mochten alle Götter sie verdammen, und marschierte los. Etwas Gutes hatte diese Fortbewegungsweise tatsächlich, sie machte das Hirn klar.


Kapitel 2

 

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