Man sieht nur mit dem Herzen gut

 

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Kapitel 8: Geburtstag und andere Überraschungen

 

Es war Anfang Februar, genau genommen der dritte. Morgen war der vierte und Kolleen hatte Geburtstag. Alleine saß sie im Schlafsaal am Fenster und dachte wie so oft nach. Als sie Schritte auf der Treppe hörte, legte sie sich schnell in ihr Bett und zog die schweren Vorhänge zu. Auf die Gesellschaft der anderen konnte sie gerade gut verzichten.
Seit einer Woche schlief sie wieder einigermaßen normal und musste nicht jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, Angst haben Alpträume zu bekommen. Der Tag war anstrengend gewesen und ihr Körper entließ sie, trotz des Lärms der anderen vier Mädchen, schnell in einen tiefen Schlaf.

Kolleen erwachte, als etwas Schweres auf ihren Bauch fiel. Erschrocken setzte sie sich auf und sah ihre Eule auf dem Bettgestell sitzen, und ein großes Paket lag auf der Decke. Sie lächelte und etwas ehrfürchtig machte sie sich daran das Geschenk auszupacken, es würde wohl das einzige bleiben.
Ein dicker Umschlag mit der feinen Handschrift ihrer Mutter darauf fiel ihr zuerst in die Hände, aber den wollte sie später lesen. In dem Paket waren noch zwei Bücher, die sie sich schon lange gewünscht hatte und etwas großes weiches, was noch mal extra verpackt war. Es war ein dicker schwarzer Umhang mit einer großen Kapuze. Strahlend hielt sie ihn vor sich und als er sich entfaltete fiel eine Karte heraus:
"Den hat Sarah schon im November für dich gekauft und sie hoffte, dass er dir gefällt."

Das letzte Geschenk von ihrer Schwester......., langsam ließ sie den Umhang auf das Bett sinken und strich darüber. Obwohl er sehr dick war, war seine Oberfläche glatt und angenehm weich.
Mit geschlossenen Augen ließ Kolleen sich zurück in die Kissen sinken und genoss den Moment des Friedens.
Ein lautes Rasseln holte sie wieder in die Realität und schnell griff sie nach dem Wecker und schaltete ihn aus. Seufzend stand sie auf, nahm ihre Sachen und ging ins Badezimmer um sich zu waschen und anzuziehen.
Eine halbe Stunde später saß sie am Gryffindortisch beim Frühstück und versuchte etwas zu essen. Es war ein Tag wie jeder andere, eigentlich, nur hatte sie heute Geburtstag und niemand beachtete es. Auch wenn sie immer glaubte sich daran gewöhnt zu haben, tat es jedes Mal aufs Neue weh, wenn sie von allen ignoriert wurde.
Im Moment war es ihr einfach zuviel, sie konnte keinen Moment länger an diesem Tisch sitzen und obwohl sie noch nichts gegessen hatte stand sie auf und verließ die Halle.
Die ganze Zeit des Unterrichts passte sie nicht auf, sondern flüchtete sich in ihre Traumwelten, bei den Mahlzeiten war sie zwar anwesend, doch aß sie nichts.

Später, nach dem Abendessen, ging sie nach draußen. Der Vollmond tauchte das Land in silbrige Schatten und der See glitzerte im Sternenlicht. Seit einigen Tagen lag kein Schnee mehr, aber im Moment war Kolleen trotzdem bitterkalt.
Gerade ging sie an einigen Büschen und Hecken vorbei, als sie das Gefühl hatte verfolgt zu werden, dann sah sie einen großen Schatten hinter sich. Mit der rechten Hand griff sie nach ihrem Zauberstab in der Umhangtasche, zog ihn heraus und drehte sich mit ausgestrecktem Arm blitzschnell um.
Als sie die Person erkannte erschrak sie fast mehr als wäre es jemand gefährliches gewesen. Schnell ließ sie den Stab sinken.
"Oh, verzeihen Sie bitte Professor Snape. Ich dachte Sie wären jemand anderes."
Er sah sie nicht böse, sondern einfach ernst an.
"Ich frage mich nur warum Sie, wenn Sie solche Angst haben, Miss Anderson, im Dunkeln alleine hier draußen sind."
Darauf wollte sie keine Antwort geben und senkte den Blick. "Ich wollte gerade wieder rein gehen." Schon wollte sie sich zum Schloss wenden, als er sie zurück hielt.
"Ich möchte mich noch kurz mit Ihnen unterhalten, hätten Sie noch soviel Zeit?"
Kolleen wunderte sich etwas, warum war er nur so freundlich? Es war schon seltsam.
"Ja natürlich Professor."
"Ich habe nicht gesehen, dass Sie etwas gegessen haben oder sollte ich mich irren?"
Ein einfaches Kopfschütteln beantwortete seine Frage.
"Ich bin zwar nicht Ihr Hauslehrer, aber trotzdem ist mir aufgefallen, dass Sie sich in letzter Zeit ausgesprochen seltsam verhalten. Zu Ihren Mitschülern sind Sie sehr freundlich, auch wenn sie es nicht sind und auch sonst scheinen Sie einen sehr fröhlichen Eindruck zu machen. Aber trotzdem essen Sie noch immer viel zu wenig. Professor McGonagall hat mir bestätigt, dass Ihre Leistungen sich in sämtlichen Fächern sehr verbessert haben. Ich finde das passt alles nicht zusammen, würde Sie es mir erklären?"
Kolleen war erstaunt. War ihr Verhalten so auffällig? Sie hatte doch gerade nicht auffallen wollen um alles so zu haben wie immer.
"Ich weiß wirklich nicht was Sie meinen, Sir. Mir geht es gut und wenn sich das auf meine Noten auswirkt ist es doch nichts Schlimmes."
"Es geht Ihnen nicht gut! Sie spielen nicht nur allen anderen etwas vor, sondern auch sich selbst. Herrgott, Ihre Schwester ist tot und Sie tun als sei alles in Ordnung!"
Das war einfach zuviel an diesem Tag! Ohne wirklich über die Folgen nachzudenken sagte sie ihm ihre Meinung.
"Danke Professor, dass Sie mich daran erinnern, wahrscheinlich hätte ich es noch vergessen! Meinen Sie etwa im Ernst, dass auch nur eine Stunde vergeht, in der ich nicht daran denke? In der ich nicht darüber nachdenke was man mit ihr gemacht hat und was sie noch mit meinen Eltern machen könnten?" Sie machte nur eine kurze Pause um Luft zu holen.
"Ansonsten hat es bis jetzt auch niemanden interessiert wie es mir geht, also warum kommen plötzlich jetzt alle an? Ich versuche doch nur irgendwie weiter zu leben!"
Die meisten Sätze trieften vor Sarkasmus und waren beinahe geschrieen. Aber sie hatte genug, egal was er noch sagen würde, sie würde gehen. Sie drehte sich um und ging zügig auf das Schloss zu.
"Miss Anderson! Warten Sie! Ich habe nicht gesagt, dass Sie gehen können!" Obwohl seine Stimme hinter ihr her donnerte ignorierte sie ihn und ging zielstrebig weiter.
Ohne irgendjemanden eines Blickes zu würdigen ging sie direkt in ihren Schlafsaal und warf sich aufs Bett. Die dicken Vorhänge und die Kissen erstickten ihre Schluchzer und viel später fiel sie in einen unruhigen Schlaf mit seltsamen Träumen.

***



Kolleen saß gerade beim Frühstück und aß sogar einen Toast, als Professor McGonagall zu ihr kam.
"Es tut mir sehr leid Sie beim Frühstück zu stören, aber würde Sie mich in mein Büro begleiten?"
Kolleen hatte eine böse Vorahnung, sicherlich war Snape daran schuld. "Natürlich Professor." Sie stand auf und folgte ihrer Hauslehrerin in deren Büro.

"Setzen Sie sich bitte." Professor McGonagall deutet auf einen Stuhl vor ihrem Schreibtisch, sie selbst setzte sich dahinter.
"Professor Snape hat vorhin mit mir gesprochen. Sie haben sich gestern seinen Anweisungen widersetzt und sich recht respektlos verhalten. Können Sie mir das erklären?"
"Ich habe wohl etwas über reagiert, es tut mir leid." Kolleen hatte einfach keine Lust auf dieses Gespräch und wollte es so schnell wie möglich hinter sich bringen.
"Trotzdem muss ich sie darauf aufmerksam machen, dass das nicht noch einmal vorkommen sollte und entschuldigen können Sie sich morgen Abend persönlich, wenn Sie nachsitzen."
"Aber......"
"Kein aber! Morgen Abend in Professor Snapes Büro. Sie können gehen."
Die Tür fiel lauter ins Schloss als geplant. Kolleen lief zügig durch das Schloss, nicht um wirklich pünktlich zum Unterricht zu kommen, sondern vielmehr um ihrer Wut etwas Luft zu machen.

Was hatte Snape nur gegen sie? Warum konnte er ihr nicht einfach Punkte abziehen? Warum musste sie für jede Kleinigkeit nachsitzen und warum tauchte er immer dann auf wenn es ihr gerade richtig schlecht ging und sie wirklich keine Gesellschaft gebrauchen konnte?
'Es ist wie verhext!', schoss ihr durch den Kopf. Es war etwas was ihre Großmutter immer sagte, sie war Muggel und wusste erst seit sie Kolleens Großvater kannte von Zauberern und Hexen und hatte sich diese Redewendung nicht abgewöhnen können.
Aber vielleicht war es wirklich so. Vielleicht war da etwas verhext, aber wer und warum?
Sie war so in diese Gedanken vertieft, dass sie beinahe am Klassenraum für Zaubereigeschichte vorbeigelaufen wäre.

Professor Binns bemerkte ihr zu spät Kommen fast nicht, er machte nur eine etwas längere Pause zwischen den Sätzen.
Kolleen setzte sich an ihren Platz in der letzten Reihe und ihre Gedanken schweiften von dem Vortrag ihres Lehrers über die Trollaufstände ab zu Snape.
Es war schon seltsam wie oft sie ihm in den letzten Wochen auf dem Flur begegnete, er sie dauernd im Unterricht dran nahm und gestern schien es als sei er besorgt gewesen, auch wenn ihr das jetzt erst bewusst wurde. Ihm war einiges aufgefallen, was alle anderen nicht gesehen hatten und er hatte nachgefragt. Aber warum? Das verstand sie einfach nicht, normalerweise interessierte ihn doch auch nicht das Wohl eines Schülers, solange er nicht in Slytherin war.

Das laute Stühle rücken und das Stimmengewirr, ließen Kolleen aufblickten und feststellen, dass der Unterricht zu Ende war. Auch sie nahm ihre Bücher und machte sich auf den Weg zu Professor Trelawneys Turm. Zwei so einschläfernde Fächer hintereinander waren wirklich kein Spaß. Als sie Wahrsagen gewählt hatte, hatte sie wirklich mit etwas anderem gerechnet, als sich jedes Mal Todesvorhersagen anhören zu müssen oder, vor allem im Sommer, fast ohnmächtig zu werden in der Hitze des Raumes. Aber für Alternativen war es nun zu spät und sie hoffte noch immer irgendwann etwas Interessantes zu lernen.
Als sie das Turmzimmer betrat schlug ihr sofort eine heiße Duftwolke entgegen, die ihr fast den Magen umdrehte. Schnell setzte sie sich in einen der Sessel am Fenster in der Hoffnung dort etwas frische Luft abzubekommen.
Seit einigen Stunden arbeiteten sie wieder mit Kristallkugeln und im Gegensatz zu einigen anderen, bildetet sich Kolleen zumindest ein, ab und zu etwas anderes als den weißen Nebel zu sehen. Doch diese Stunde war anders, sie wusste nicht ob es daran lag, dass sie schlecht geschlafen und wenig gegessen hatte, aber die warme mit schweren Gerüchen gesättigte Luft benebelte mehr als sonst ihren Kopf und als sie wieder in die Kugel sah, wurde der weiße Nebel schwarz und ein Schatten war zu sehen.
Die Dunkelheit verblasste und der Schatten wurde deutlicher und nahm die Gestalt eines Mannes an der durch die Nacht lief.
Wie gebannt starrte sie in die Kugel und wagte nicht auch nur mit der Wimper zu zucken, aus Angst, das Bild wieder zu verlieren.
Der Mann entfernte sich und sie sah eine Wiese und weiter weg eine zweite Person. Als der Mann sie erreicht hatte, schien er sie zu umarmen und die Konturen wurden unklar. Erst sah es so aus als sei es nur noch eine Person und dann verschwamm alles. Der weiße Nebel war wieder zurück.

Ungläubig sah Kolleen noch immer in die Kugel, hatte sie das wirklich gesehen oder war es Einbildung gewesen, und was hatte es zu bedeuten?
Professor Trelawney zu fragen war sinnlos und das wusste sie, doch konnte sie sich einfach nicht helfen. Wenigstens war sie sicher, nicht geschlafen zu haben.
Als der Unterricht beendet war, rannte sie beinahe den ganzen Weg hinunter in die Eingangshalle und stieß kräftig die große Tür auf.
Sie lief die Treppen hinunter, blieb einige Meter weiter stehen und atmete ein paar Mal mit geschlossenen Augen tief ein und aus. Doch auch die frische Luft ließ die Bilder in ihrem Kopf nicht verschwinden, sie wurden eher noch deutlicher.
Ziemlich aufgewühlt ging sie dann in die Große Halle zum Mittagessen.


Kapitel 7

Kapitel 9

 

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