Memento Mori

 

 

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Kapitel 6



"Nun, Severus. Es ist 11 Uhr an einem Freitag Abend. Ich denke es ist höchste Zeit für uns, große Mengen Alkohol zu uns zu nehmen."

Snape fluchte und sprang richtiggehend aus der Haut. Er wirbelte herum, um den Eindringling anzusehen, ballte die Fäuste und versuchte den, der seinen Frieden gestört hatte, nicht zu verhexen. "LUPIN!"

Remus Lupin stand in der Tür, hatte ein recht freundliches Lächeln im Gesicht und einen großen schwarzen Hund zu seinen Füßen. "Hallo. Habe ich dich erschreckt?"

Snape warf ihm einen wütenden Blick zu. "Das ist schon das zweite Mal. Mach es nochmal, und du bekommst keine Gelegenheit, wieder zu sprechen."

Der schwarze Hund machte einen drohenden Schritt auf Snape zu und knurrte.

Snape tat sein Bestes um spöttisch zu grinsen und kehrte an seine Arbeit zurück. "Versuch es, Black, und ich habe einen brandneuen Teppich, den ich mir vor die Feuerstelle legen kann."

Der Hund knurrte wieder, und auf einmal verwandelte er sich in einen beleidigten Sirius Black. "Du bist so leicht genervt", schimpfte Sirius, und er fügte mit boshafter Stimme hinzu: "Warum wohl?"

"Es ist einer meiner vielen Fehler", antwortete Snape trocken. "Wollt ihr die ganze Nacht über meine Persönlichkeit analysieren, oder habt ihr wirklich einen Grund, an meine Tür zu kommen?"

Lupin lehnte sich mit der Schulter an die Wand und zeigte ihm ein blitzendes Lächeln. "Jetzt wo du danach fragst, ich glaube schon. Siehst du, Severus, du wirst mit mir und Sirius auf eine Mission kommen."

"Werde ich das?", murmelte Severus.

"Aber klar doch", warf Sirius ein. "Die Mission ist, uns nach Hogsmeade zu begleiten, und eine bestimmte Örtlichkeit zu betreten die sich "Die Drei Besen" nennt. Dort werden wir das erste vieler Butterbiere trinken. Unser letztendliches Ziel ist es, so betrunken zu werden, daß wir uns nicht mehr an unsere Namen, unseren Beruf oder daran erinnern können, warum wir überhaupt beschlossen haben, diese Mission zu versuchen."

Snape verzog das Gesicht und hob eine Augenbraue. "Und was in Merlins Namen hat euch dazu gebracht zu glauben, daß ich an einer so kindischen Aktivität interessiert wäre?"

Lupins Lächeln wurde noch begeisterter. "Weil du so freigiebig und gesellig bist natürlich."

"Laß mich das hier klar und ohne zu zögern ausdrücken... Nein", gab Snape einfach zurück, und fing an, seinen Papiere aufzustapeln.

"Sorry, aber wir müssen darauf bestehen. Du hast Hogwarts seit deiner Ankunft nicht verlassen, und das ist fast 4 Wochen her!", widersprach Lupin mit einem entschlossenen Glitzern in seinen bernsteinfarbenen Augen.

"Das ist nicht wahr", gab Snape zurück. "Ich war im Verbotenen Wald als ich überhaupt zurück gekommen bin, oder?"

Lupin runzelte leicht die Stirn, weil seine Logik nicht funktionierte. "Schon… aber dafür konntest du nichts."

"Ich kann eigentlich für meine ganze zweite Existenz nichts", fauchte Snape kühl.

Lupin hob die Hände und sagte schnell. "Ein vollkommen richtiges Argument. Aber denkst du nicht, daß es an der Zeit sein könnte, damit aufzuhören absichtlich zu schmollen und zu versuchen, dein Leben fortzusetzen?"

"…aufzuhören, absichtlich zu schmollen?", fauchte Severus ungläubig, und seine glänzenden Augen verengten sich. "Versuchen mein Leben fortzusetzen?"

Der Werwolf fühlte ,daß er sich auf gefährlichen Boden begab und warf Sirius einen verzweifelten Blick zu.

Sirius sagte ungeschickt: "Es ist nur, daß du seit deiner ... Ankunft so düster warst. Du gehst nicht raus, du kommst nicht zum Mittagessen oder in die Lehrerkonferenz. Muddlestop sagte, daß du im Klassenzimmer bist wie ein schwarzer Nebel. Du quälst sogar die Gryffindors kaum. Du bist einfach… du mußt fröhlicher sein, oder wenigstes… lebendiger."

"Ich soll also so tun als ob", sagte Snape ruhig, aber mit vor vernichtender Säure triefendem Tonfall.

"Nein…nicht... verdammt, warum drehst du mir alles was ich sage im Mund um?", protestierte Sirius, dessen Augen von frustrierter Wut hart wurden.

"Warum sollte ich, Black?" platzte Snape heraus, als das letzte bißchen Kontrolle, das er noch über sich hatte zerbrach. "Warum sollte ich tun als würde ich mich nicht leer fühlen? Sollte ich die Tatsache einfach verstecken, daß ich jede einzelne Minute meiner Existenz hasse? Daß ich jedes Mal wenn ich Sauerstoff in meine Lungen atme daran erinnert werde, daß alles um mich herum zu hell ist, zu schmerzhaft, zu kalt..:" Er brach plötzlich ab, und sah von Sirius und Lupins schockierten Gesichtern weg. Er ließ sich auf seinen Stuhl sinken und gab die stoische Maske auf an der er sich festgehalten hatte. Plötzlich sah er aus wie ein müder, geschlagener Soldat, der den Heimweg nicht mehr fand. Er atmete tief durch um sich zu beruhigen, und sagte leise: "Tut mir leid, aber ich gebe nichts vor. Nicht mehr. Das habe ich vor 9 Monaten aufgegeben. Alles das danach kommt ist bedeutungslos."

Die beiden standen verblüfft da. Wochenlang nichts als gefühlloses, desinteressiertes Verhalten, und jetzt dieser Ausbruch. Es war fast beängstigend, wenn Severus die Kontrolle verlor - selbst vor seiner Auferstehung waren seine Gefühle immer ins Extreme gegangen. In einer Minute war Snape ganz überhebliche Kälte und kühle Beleidigungen, in der nächsten war er ein feuriges, seidiges Tier mit wilden Augen und noch wilderen Anklagen. Jetzt aber waren seine Stimmungsschwankungen etwas beängstigend, weil die Gefühle dahinter so stark waren. ... so unvorhersehbar, erst leere, dann auf einmal das Glänzen von Flammen.

Lupin fühlte sich wie betäubt und bemerkte kaum, daß er sich auf einen Stuhl neben Severus' Schreibtisch gesetzt hatte. Die Augen des Meisters der Zaubertränke starrten aus dem Fenster und wurden vorsichtig leer gehalten. Das Zimmer war auf einmal kalt geworden.

In einer Bewegung die Lupin verblüffte, machte Sirius zwei Schritte nach vorne und legte seine Hände auf Severus' Schultern, um den Mann dazu zu zwingen, ihn anzusehen.

"Was machst du...", protestierte Severus, aber er wurde sofort von Black unterbrochen.

"Klappe, Snape. So sehr es mich auch ärgert das zu sagen, wir - Remus und ich - wir wollen dir helfen. Wir machen uns Sorgen."

Severus sagte nichts, sondern verschränkte die Arme vor der Brust und sah kühl und ungläubig drein.

"Wir haben gesehen, daß du versuchst mit … mit deinem neuen Leben klar zu kommen. Es sieht sehr schwierig aus", sagte Lupin beruhigend, während offene Sorge sich auf seiner Stirn zeigte. "Wenn du vielleicht jemanden an dich heran lässt, der dir mit dem Schmerz helfen kann..:"

"Schmerz?" flüsterte Snape mit leeren Augen. "Was wissen zwei tolle Gryffindors denn von Schmerz..."

Blacks Wut flammte auf, aber ein spitzer Blick von Lupin brachte ihn dazu, sich zu zügeln. "Du fragst was Remus und ich über Schmerzen wissen. Denk einen Augenblick lang über diese idiotische Frage nach. Ich", er deutete wild mit dem Finger auf seine Brust, "...war 12 Jahre lang in Azkaban eingesperrt, für Morde, die ich nicht begangen habe. Obwohl ich jetzt frei bin, bin ich noch immer ein gesuchter Mann. Ein Fehler, und mit steht der Kuß des Dementors bevor." Er deutete wütend auf den anderen Mann. "Remus muß sich jeden Monat mit der schmerzhaften Verwandlung in einen Werwolf abfinden, ebenso wie mit all den Vorurteilen die dazu gehören. Wir wurden aus der Gemeinschaft ausgestoßen, egal wer wir sind oder wofür wir kämpfen. Wir kennen den Schmerz, Snape. Vielleicht nicht denselben wie du, aber wir kennen ihn ganz sicher."

Severus sah Sirius ruhig an. Sein Gesicht war so ausdruckslos wie eine Steintafel.

Lupin beugte sich vor und sagte leise: "Wenn du mit uns redest, können wir dir vielleicht helfen. Wir haben uns nicht immer gemocht", Black schnaubte beleidigt, "aber wir stehen auf derselben Seite, ob es uns passt oder nicht. Sprich mit uns, Severus."

Einige Augenblicke lang herrschte Stille. Snapes Mund zuckte, und seine dunklen Augen verloren sich in einem inneren Kampf. "Laßt ihr beide mich nie in Ruhe?"

Remus nickte fröhlich und sagte: "Nein."

"Also egal was ich tue oder sage, ihr werdet mich nicht in Ruhe lassen?"

"Genau", antwortete Sirius.

Severus dachte wieder einige Augenblicke lang nach, und sah sie schließlich gefährlich finster an. "Gut", fauchte er, und holte seinen Mantel vom Haken. "Wenn ihr beide mich quälen wollt, kann ich mich genauso gut dabei betrinken. Wenigstens erinnere ich mich dann vielleicht nicht an diesen furchtbaren Abend wenn ich Morgen aufwache."

"So ist's richtig", krähte Sirius, und schlug ihm auf den Rücken. Snape zuckte zusammen und wich dem Kontakt aus. Sirius versuchte es nicht zu bemerken, und verwandelte sich mit einem dramatischen Effekt in eine Hund.

"Ich kann nicht glauben, daß ich das mache", murmelte Snape als das Trio die Wärme des Schlosses verließ.

"Ich eigentlich auch nicht", antwortete Remus, wobei leichte Dampfwolken aus seinem Mund in der eisigen Luft aufsteigen. "Aber es ist gut, daß du es machst." Er lächelte dem anderen Mann zaghaft zu.

Sein Lächeln wurde nicht erwidert.



***



Die Kneipe war gefüllt mit Gelächter, dem scharfen Geruch von Alkohol und dem Geräusch von Gläser, die aneinander stießen. Es war sehr warm und sehr hell wenn man es mit den glatten Umrissen der verschneiten Nacht verglich, und die Feuchtigkeit der Nacht wurde zwischen dem prasselnden Feuer und den eng zusammengedrängten Körpern schnell stickiger Schweiß.

Die Bardame Madame Rosmerta lächelte den beiden Männern und dem Hund, die in die Kneipe gestolpert kamen, liebenswürdig zu. "Was haben wir denn hier?", rief sie während sie zu ihnen hinüber ging. "Ah, guten Abend, meine Herren! Und was für ein süßes Hündchen", sagte sie etwas sarkastisch, wobei sie "Schnuffels" Kopf streichelte. "Ich nehme an ihr wollt einen privaten Raum damit ihr alle euren Spaß haben könnt?" Sie warf dem schwarzen Hund einen wissenden Blick zu.

"Ja, Madame, wenn das geht", antwortete Remus.

Severus warf ihm einen unruhigen Blick zu. "Sie weiß von Sirius?"

"Sie ist einer der wenigen die nicht zu unserem inneren Kreis oder dem Orden gehören und die es wissen", antwortete Remus.

"Dann kommt mal mit", sagte Madame Rosmerta mit einer Spur von Ungeduld in der Stimme. "Ich bringe euch in ein privates Zimmer."

Sie folgten dem schnellen, klappernden Geräusch ihrer türkischen Stöckelschuhe und gingen in den hinteren Teil der Kneipe und durch zwei schwere Holztüren. Hier waren Räume, die für eine Nacht gemietet werden konnten und kleinere Räume für private Feiern.

Rosmerta scheuchte sie in einen fröhlichen Raum mit einem großen Holztisch und einer erleuchteten Feuerstelle. "Hier bitte, meine Herren. Was kann ich ihnen Dreien heute Nacht bringen?"

"Nichts ausgefallenes für mich. Butterbier wird reichen", sagte Remus, der sich müde in einen der weichen Sessel setzte.

"Mir auch," fiel Sirius ein, nachdem er wieder seine gutaussehende menschliche Gestalt angenommen hatte.

Rosmerta betrachtete den dritten Mann genau. "Was hätten Sie heute Abend gerne, Sir? Wollen Sie Ihr Cape nicht ablegen?"

Severus Snape nahm vorsichtig seinen Kapuzenmantel ab und zuckte zusammen, weil er das ihm mittlerweile vertraute ängstliche Keuchen und den schnellen Schritt zurück erwartete.

Rosmerta machte weder das eine noch das andere; stattdessen jauchzte sie zufrieden auf und warf die Arme in die Luft. "Ich hab mir doch GEDACHT, daß Sie es sind, Professor! Merlin, wie ich gehofft haben, daß Sie vorbei kommen. Es ist schön, Sie wieder zu sehen, Professor Snape!" Sie packte Snapes Hand, und fing an, sie wie wild zu schütteln.

Snape versuchte seinen Schrecken zu verbergen und stotterte: "N-nur ein Butterbier heute Abend, danke."

Sie strahlte ihn an. "Ich habe immer gewusst, daß Sie zu guten waren, als dass Sie sich von den Todessern so einfach fertig machen lassen." Sie wirbelte schnell herum und lief davon, wobei sie rief: "Eure Drinks tauchen gleich auf, Jungs!"

Sirius grinste und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. "Das war lustig. Ich denke du hast einen Fan, Snape."

Severus warf ihm einen tödlichen Blick zu und verschränkte die Hände. "Verzieh dich, Black."

Rosmerta hielt ihr Wort, und drei schäumende Gläser mit Butterbier tauchten auf. Jeder nahm sich ein Glas.

"Wartet kurz", platzte Sirius heraus. "Ich habe einen Toast."

Snape hob mit leerem Blick die Augenbrauen, und Remus sah interessiert aus.

"Darauf, daß wir die Vergangenheit hinter uns lassen…," sagte Sirius, wobei er leicht zusammenzuckte, "...egal wie schwer es auch sein mag."

Remus nahm seinen Faden auf. "Auf neue Anfänge", erklärte er laut, wobei er Sirius und Severus zaghaft anlächelte.

Der Werwolf und der gesuchte Mann sahen Severus erwartungsvoll an. Das Gesicht des Meisters der Zaubertränke nahm kurz einen abwesenden Ausdruck an, dann kehrte er auf einmal in die Gegenwart zurück. "Auf das Leben...", sagte er langsam, und sein Tonfall strömte einen bitteren Sarkasmus aus. "...und alles was danach kommt."

Als sich die drei Gläser Butterbier trafen, gab es ein leises, klickendes Geräusch. Severus trank als erster. Remus und Sirius tauschten einen unruhigen Blick bevor sie dem Beispiel ihres Kollegen folgten.

Draußen hatte es angefangen zu schneien.



***



"Mein Lord."

Das Schlangenwesen drehte den Kopf und sah seinen Diener an. "Lucius. Es ist dein Glück, daß du sofort reagiert hast."

Lucius antwortete, indem er auf dem schlammigen Boden weiter in sich zusammensank, während sein schwarzer Umhang hinter ihm her wehte. "Es ist mir eine Freude, Euch zu dienen, mein Lord."

Voldemort wedelte ungeduldig mit seiner krallenbewehrten Hand und lächelte hungrig. "Es wurde mir berichtet, daß unser gemeinsamer Freund Hogwarts verlassen hat."

"Snape hat Dumbledores Schutz verlassen…", hauchte Lucius. Seine eisigen Augen wurden groß, als er plötzlich begriff.

"Du weißt was zu tun ist, nehme ich an?"

"Ja, mein Lord", antwortete Lucius gehorsam, dann stand er auf um zu apparieren.

"Ein Moment, Lucius."

Er hielt schnell inne und spannte die Muskeln an. Voldemort beobachtete ihn abschätzend. "Wenn du dieses Mal versagst, Lucius, werde ich dich foltern und deinen Sohn töten."

Lucius' Atem fing sich in seiner Kehle, und er flüsterte Ängstlich: "…Draco…?"

"Er ist kein garantierter Verbündeter, Malfoy", antwortete Voldemort kühl. "Er ist noch nicht mit dem Dunklen Mal gezeichnet, und er muß mir erst noch beweisen, daß er mehr ist als ein verzogener, dummer Junge. Aber", hier lächelte er wieder, und Lucius schauderte vor Schrecken, "du bist ihm und mir loyal. Ich vertraue darauf, daß du weder ihn noch mich im Stich lässt."

"Natürlich nicht, mein Lord. Ich werde nicht versagen."

Die Worte wurden zitternd und hastig gesprochen, aber die Überzeugung war in Lucius' Stimme deutlich zu hören.

Voldemort beobachtete ihn amüsiert. "Es ist dumm, zu lieben. Indem man liebt gibt man einer anderen Person Macht. Du wirst vielleicht in Zukunft herausfinden, daß es hilfreich ist, die Liebe zu deinem wertlosen Sohn und deiner Frau aufzugeben."

Lucius nickte, aber er sagte nichts.

"Verschwinde", zischte Voldemort leise.

Mit einem leisen Seufzen apparierte der Todesser.



***



Das Zimmer schien sich zu drehen. Farben zogen sich in die Länge, Geräusche drehten sich, und Severus war in ihrer Mitte verloren. Er war lange Zeit nicht wirklich, vollkommen betrunken gewesen, und es war als würde er es zum ersten Mal erfahren.

Die beiden Männer neben ihm waren ähnlich, wenn nicht noch schlimmer, betrunken. Sie hatten in den letzten 40 Minuten versucht, Karten zu spielen, aber herausgefunden, daß es unmöglich war.

"So Snape," brummte Sirius. "Haben sie schon rausgefunden was zur Hölle du bist?"

Remus starrte ihn aufgrund dieser direkten Frage tadelnd an, aber Snape zuckte nur die Schultern. "Muddelstop forscht an einem Trank, dessen Farbe übernatürliche Wesen anzeigt. Er wird rot für Menschen, blau für Vampire, und so weiter." Er schnaubte abfällig, und nahm einen großen Schluck von seinem (fünften, sechsten oder achtzehnten) Butterbier. "Wenn man natürlich bedenkt wie kompetent sie in allem anderen ist das sie abpackt, wird sie den Trank in ein paar Monaten fertig haben."

"Was denkst du bist du?", fragte Sirius, wobei er seinen Kopf auf die Arme legte und ihn genau wie ein neugieriger Welpe anschaute.

Snape zuckte unruhig mit den Schultern. "Ist es wichtig?"

"Menschlichkeit WIRD überbewertet", sagte Remus beruhigend, wobei er sich auf seinem Stuhl zurücklehnte.

"Ich fange an mich hier etwas in der Unterzahl zu fühlen", witzelte Sirius. "Ich bin von einem Werwolf und einem Werweißwas umgeben."

"McGonagall sagte, du kannst Dinge die Zauberer sonst nicht können", überlegte Remus mit neugierigem Tonfall. "Was meinte sie, wenn es dir nichts ausmacht?"

Snape seufzte leidend und hob eine Hand vom Tisch. Mit einem vorsichtig gemurmelten "Accio Sirius' Schal!", flog der lange rote Schal, der über einen anderen Stuhl gelegt war, in seine Hand.

Sirius' Augen wurden groß, und er pfiff leise. "Da hast du einen recht schönen Zaubertrick, Snape."

"Es ist das Beste das ich je gesehen habe", machte Severus ihn nach, aber seine Stimme tropfte vor Spott.

"Kannst du völlig ohne Zauberstab zaubern?", fragte Remus etwas ehrfürchtig.

"Ja, aber nicht immer. Ich muß mich dazwischen ausruhen, sonst wird mir schwindelig und ich bekomme Kopfschmerzen. Irgendwann wird es schwer, zu reagieren", antwortete Severus während er Sirius seinen Schal zurückgab.

"Trotzdem…", überlegte Remus neidisch. "Es ist ein ziemlich nützlicher Trick, wenn man ihn beherrscht. Besser als die Fähigkeit, sich jeden Monat bei Vollmond in einen Wolf zu verwandeln."

Severus schnaubte. "Da muß ich dir zustimmen."

"Wo wir gerade dabei sind, ich wollte dir vorhin danken, daß du letzten Monat wieder meinen Wolfsbanntrank gebraut hast", sagte Remus leise. "Ich weiß, wie schwer er zu machen ist."

Der Meister der Zaubertränke warf ihm einen duster belustigten Blick zu. "Es ist nicht als hätte ich eine Wahl gehabt. Dumbledore hat es mir befohlen."

"Du könntest ihn aber jederzeit vergiften oder so. Aber das machst du nie", schlug Remus vor.

"Trotz der fesselnden Aussicht, dich endlich loszuwerden, habe ich es lieber, wenn du Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichtest, statt einem verkleideten Todesser oder diesem scheußlichen Lockhart", murmelte Snape.

Remus' Augen wurden vor Überraschung groß. "Sirius, ich glaube auf seine eigene komische Art hat mir Severus Snape gerade ein Kompliment gemacht!"

Sirius nahm einen erstaunten Ausdruck an und rieb sich die Hände. "Das ist was ganz neues. Wir müssen Snape betrunken machen, dann macht er uns Komplimente."

Severus verdrehte die Augen und stand wackelig auf. Die Welt drehte sich jetzt weniger als vorher (Er war immer in der Lage gewesen, Alkohol gut zu verkraften), und es wurde ihm etwas sehr warm.

"Wo gehst du hin?" widersprach Sirius. "Wir fangen gerade an uns anzufreunden!"

"Der Tag, an dem ich mich mit euch Beiden anfreunde ist der Tag, an dem Voldemort die Weltherrschaft aufgibt und in Soho Stepptanzen lernt", antwortete Snape, während er seinen dunklen Mantel anzog.

"Bist du sicher, daß du da draußen in Sicherheit bist, Severus?", fragte Remus besorgt.

Snape verdrehte die Augen und sagte: "Ja, Lupin, ich glaube ich finde den Weg von Hogsmeade nach Hogwarts ohne große Schwierigkeiten."

"Nun, wenn du sicher bist.." Lupin sah aus als wollte er nicht, daß Snape alleine ging.

"Ich schaff das schon. Tschüß, Lupin, Black," sagte Snape, dann stolzierte er zur Tür. Er machte eine Pause als er die schwere Holztür erreichte und drehte sich nachdenklich um. Seine dünnen Lippen verzogen sich zu etwas das für ein Lächeln durchging. "Danke für den Abend; er war äußerst... lehrreich."

Mit diesen Abschiedsworten ging er durch die Tür und in die Nacht.

Lupin sah Sirius besorgt an. "Denkst du er kommt klar?"

"Es geht ihm gut," antwortete Black.

Das Paar trank stumm seine Butterbiere.

Auf einmal stand Sirius wütend auf. "Der verdammte Lümmel!"

"Was ist denn?"

"Wir dürfen seine Rechnung zahlen!"



***



Der Schnee fiel wie ölige Schmetterlinge auf Severus Snapes Mantel, seine Wimpern und seine Stiefel. Die Novemberluft war betäubend kalt, und die meisten Geschäfte in den Straßen von Hogsmeade waren schon lange geschlossen. Hier und da konnte man Zauberer und Hexen sehen die durch die Schatten schlichen, aber der größte Teil der Stadt war seltsam still.

Anders als viele Leute genoß Severus die Kälte. Der Wind konnte sein Gesicht streicheln wie ein Geliebter, und der Schnee sah aus wie Zuckerguß auf den Dächern und Fensterscheiben. Egal wie dreckig oder verfallen etwas war, nach einem Wintersturm sah es aus wie reiner Zucker.

Severus hatte den Stadtrand fast erreicht, als er ein ersticktes Keuchen hörte. Zuerst ignorierte er das Geräusch, das er für einen Kampf zwischen Katzen oder einen Windstoß hielt. Als aus dem Keuchen aber ein Schrei wurde, konnte er nicht mehr verleugnen, daß es von einem Menschen kam.

Er drehte sich um, schwang seinen Zauberstab und kniff die Augen zusammen, in einem Versuch, die seltsam schaudernden Gestalten in den Schatten auszumachen. Mit einem geflüsterten "Lumos" konnte er endlich sehen was sich weniger als fünf Meter von ihm entfernt abspielte.

Ein einigermaßen hübsches Mädchen, nicht älter als 16, kämpfte hilflos mit keinem anderen als Lucius Malfoy. Er hatte sie hart an ihrem unbedeckten Hals gepackt und drückte seinen Zauberstab fest an ihre Schläfe. Das Mädchen schrie wieder erstickt auf und versuchte ihn abzuschütteln, aber sie bekam einen harten Stoß von dem größeren Mann, und fiel schluchzend in den Schnee.

"Lucius."

Obwohl das Wort geflüstert war, trieb reiner Haß es direkt in die Ohren der beiden. Lucius erstarrte, und das Mädchen nutzte die Gelegenheit, um einen Fluchtversuch zu unternehmen. Lucius warf ein achtloses "Petrificus Totalus" in ihre Richtung, und das Mädchen erstarrte in der Ganzkörperklanner. "Hallo Severus. Es ist ziemlich lange her."

"Nicht wirklich", zischte Snape mit giftiger Stimme. "Nur 4 Wochen."

"Nun, da hatten wir wirklich keine Zeit um uns zu unterhalten, wie du dich vielleicht erinnerst", sagte Lucius leichthin. "Möchtest du mit mir das Schlammblut erledigen?"

***



"So, wir haben zwei Projekte am Laufen. Und beide befassen sich mit Severus Snape."

Knataloni nickte und überprüfte noch einmal die Zahlen, die sie auf ihre Pergamente geschmiert hatte. "So sieht es auf jeden Fall aus, Remus."

"Um was geht es bei Ihrem Projekt schnell wieder?", fragte Remus Lupin als er die Seiten seines Fluchtextes umblätterte. Bei der Frage warf ihm die Bibliothekarin Madame Pince einen finsteren Blick zu, weil er zu laut sprach. Obwohl die beiden zum Lehrerkollegium von Hogwarts gehörten, erwartete sie von ihnen daß sie so still blieben wie das Licht des frühen Morgens, das durch die Fenster fiel.

"Ich forsche nach dem Diaphane Trank. Es ist ein Trank, der vor einigen hundert Jahren in den Vampylle Kriegen benutzt worden um Menschlichkeit festzustellen."

Remus betrachtete die Zutaten nachdenklich. "Sieht etwas kompliziert aus."

"Er ist schwer, aber ich bin sicher wenn ich meine Ergebnisse immer wieder überarbeite, bekomme ich ihn am Ende in der reinsten Form. Ich bin sogar schon ziemlich nah dran", bemerkte Knataloni, während sie sich noch etwas aufschrieb. "Außerdem ist harte Arbeit etwas, das uns Hufflepuffs liegt."

"Verstehe", sagte Remus lächelnd.

"Ich habe Ihnen meines erzählt. Was ist mit Ihrem Projekt?"

Mit einem Seufzen legte Remus sein Buch weg. "Sie wissen von dem Dunklen Mal das Voldemort seinen Todessern gab?"

"Ja. Severus konnte es nie abwaschen."

"Das liegt daran, daß es auf so vielen Ebenen funktioniert - es ist eine ständige Verbindung zwischen Voldemort und seinen Dienern. Und so kann es, wenn es mit einigen mächtigen Zaubern verbunden wird, ein äußerst starkes Band zwischen zwei Zauberern schaffen."

"Das ist eine ziemlich erschreckende Sache wenn man darüber nachdenkt", sagte die Tränkelehrerin mit mitleidigen Augen.

"Ja. Nun, verbunden mit Sangriamagie oder ‚Blutmagie' ist das Band noch mächtiger. Bestimmte Zaubersprüche können benutzt werden, die andernfalls unmöglich wären. Ein Transfer von Kraft, ein permanenter Imperiusfluch... die Fähigkeit, einen anderen von den Toten aufzuerwecken..."

Muddlestop keuchte, und bedeckte schnell den Mund mit einer Hand, um weitere Geräusche zu ersticken. "Ich habe mich schon darüber gewundert", fauchte sie. "Ich habe immer gedacht, daß magische Auferweckung unmöglich wäre."

"Üblicherweise ist es so, mit Ausnahme des genannten Falles", fuhr Remus düster fort. "Meine Hoffnung ist, den Morsmordre Igneus Fluch, den Lucius auf Snape gelegt hat, irgendwie zu brechen, weil er ihm furchtbare Schmerzen im Arm verursacht. Ich kann das Band nicht brechen. Es ist für immer in seiner Haut versiegelt."

"Was für eine furchtbare Art, zu leben", hauchte Knataloni mit traurigen Augen. "Er kann im Unterricht so ein Tyrann sein, aber dennoch... niemand verdient solchen Schmerz."

"Es ist eine furchtbare Art zu leben", überlegte Remus, wobei er sich über sein Kinn strich. "Vielleicht gefällt ihm deshalb der Gedanke an den Tod so gut."



***



Severus Snape saß in seinem Büro und benotete mechanisch Arbeiten. Seine Feder bewegte sich in langen Strichen und verteilte Tinte wie Blutflecke über das Pergament, aber wenn ihn jemand gefragt hätte, welches Thema die Aufsätze hatten, hätte er es nicht sagen können. Er war einfach abwesend.

Die Tür öffnete sich, und er sah auf.

Narcissa Malfoy stand im Türrahmen. Ihre blauen Augen betrachteten ihn so kalt wie das Licht das auf ihrer Diamanthalskette glänzte, die ihren Hals schmückte, und in den Händen hielt sie einen kleinen grünen Behälter. Auf einer Seite von ihr stand Remus Lupin, und auf der anderen Sirius Black in Hundeform.

"Sie wollte dich sehen", erklärte Lupin mit einem harten Unterton in seiner sonst freundlichen Stimme. "Sie hat von Draco gehört, daß du krank bist."

"Schön dich wiederzusehen, Severus", sagte Narcissa leise und mit einer eleganten Verbeugung.

Snape sah sie lediglich steif an.

"Ich brauche nur einen Augenblick mit ihm allein", sagte Narcissa zu Remus.

Der Hund neben Remus' Füßen knurrte leise.

Remus schüttelte den Kopf. "Tut mir leid, aber ich weiche keinen Augenblick von Snapes Seite."

Narcissas perfekte Augenbraue kroch nach oben, und sie verlor ihren bisher höflichen Ausdruck. "Wirklich? Warum denn?"

"Ich schaue die Pergamente durch, die er benotet hat um sicher zu stellen, daß er keine Grammatikfehler vergisst", antwortete Remus kalt, während er zu Severus hinüber ging. Der Hund blieb bei Narcissa und knurrte weiter.

Narcissa lächelte ein Bilderbuchlächeln. "Nun schön."

Sie ging zu Severus und legte ihre Hand leicht auf die seine. "Es tut mir leid, dass es dir schlecht geht, mein Freund."

"Ich bin sicher, daß es dir das Herz bricht", antwortete Snape. Er zog seinen Arm weg, und ging in einer fließenden Bewegung aus ihrer Reichweite. "Wie geht es deinem charmanten Ehemann?"

"Er weiß nicht, daß ich hier bin." Narcissa hielt ihm den grünen Behälter hin. "Ich habe dir etwas gegen den Schmerz gebracht."

Severus ließ ein humorloses Kichern hören. "Erwartest du, daß ich etwas benutze das von dir kommt? Als würde ich deinesgleichen überhaupt trauen."

"Du wolltest uns nicht trauen, das stimmt", gab Narcissa zaghaft zu. "Aber du sollst dies wissen - ich habe Folter nie gemocht. Was Lucius und der Dunkle Lord dir angetan haben ist Folter."

"Ja, es ist sehr edel von dir, daß du weißt, daß Folter falsch ist", antwortete Snape sauer. "Mit der Philosophie bist du auf dem besten Weg in den Orden des Merlin."

Narcissas Augen blitzten gefährlich auf, aber sie behielt ihren ruhigen Tonfall bei. "Ich warte jeden Abend lange bis mein Ehemann nach Hause kommt. Er wird oft gefoltert. Ich sehe nicht gerne, daß er große Schmerzen hat."

"Man könnte sagen er ist selbst daran schuld", sagte Snape ruhig.

"Das mag stimmen, aber es bedeutet nicht, daß ich die Aktivitäten, die seine Schmerzen verursachen, gutheiße." Sie starrte ihm hart in die Augen. "Wie du dich vielleicht erinnerst, habe ich nie an einer der Vergnügungen des Dunklen Lords teilgenommen. Ich habe im Leben noch keinen Cruciatus gesprochen."

"Ja, aber du schienst dich wenig am Imperio und am Todesfluch zu stören", gab Snape zurück.

"Richtig, der sogenannte Mangel an Moral in denen stört mich wenig", antwortete Narcissa erhaben, während sie wieder ihre blaue Kapuze über ihre perfekten blonden Haare zog. "Ich muß gehen. Aber ich gebe dir das gegen die Schmerzen. Es wird wirken wo die Medihexe versagt hat, und ich glaube es bricht vielleicht den Fluch, den Lucius auf dich gelegt hat."

Sie verbeugte sich wieder leicht vor Severus, und ging leise aus dem Raum. Schnuffel folgte ihr dicht.

"Sirius bringt sie zur Tür", erklärte Remus. "Laß mich mal die Salbe sehen." Der Werwolf schraubte den Deckel ab und inspizierte zögernd den Inhalt. "Kann ich mir das einen Augenblick ansehen?"

"Aber bitte, tu dir keinen Zwang an", sagte Severus unbeteiligt. Er sah zu wie Remus schnell aus dem Zimmer lief.

Im Kopf des Meisters der Zaubertränke drehte sich alles. Er war immer gut darin gewesen, Wahrheit und Lüge voneinander zu unterscheiden - er wusste daß Narcissa ihm die Wahrheit gesagt hatte. Warum sollte sie ihm helfen? Sie hatte nichts mehr für ihn übrig, und es war offensichtlich, daß sie den meisten Bewohnern von Hogwarts, wenn sie die Chance bekam, ziemlichen Schaden zufügen würde. Warum interessierte sie auf einmal sein Wohlergehen?

Er dachte stumm einige Minuten darüber nach, bevor er wieder die Pergamente benotete.

Als Remus zurückkehrte, folgten ihm Albus Dumbledore und Knataloni Muddlestop.

"Nun, Severus, es scheint als würde endlich etwas funktionieren", sagte Dumbledore leise. "Es scheint, daß der Zauberer und die Hexe neben mir zwei verschiedene Schlüssel zum Verstehen in ihren Händen halten."

Remus trat leicht stirnrunzelnd vor. "Nun, die Salbe ist nicht verhext. Als ich sie gescannt habe passte sie sogar zu meinen Notizen für ein Heilmittel für den Morsmordre Igneus Fluch die ich bisher habe. Ich würde sagen, wir können es ruhig probieren."

Ohne auch nur darüber nachzudenken schraubte Snape den Deckel auf, fuhr mit zwei Fingern über die Oberfläche und rieb die Salbe auf das brennende Dunkle Mal.

Die Reaktion folgte augenblicklich. Kühle, frische Minzeblätter schienen die Luft gegen die Flammen zu fächeln, und mit einem plötzlichen blauen Rauchschwall wurde das Mal wieder sein normales düsteres schwarz. Severus ließ ein ungehindertes Erleichterungsseufzen hören.

"Er ist weg. Der Schmerz ist weg."

"Nun, das ist eine Hälfte der guten Neuigkeiten. Hier kommt die anderen. Knataloni?" deutete Dumbledore an.

Knataloni Muddlestop trat etwas nervös vor. Severus bemerkte, daß sie einen großen Kelch in den Händen hielt. "Dies ist der Diaphane Trank. Er wird benutzt um Grade der Menschlichkeit zu zeigen, und trennt auch unter verschiedenen Spezies und Wesen, indem er auf der Haut eine andere Farbe annimmt."

Snape starrte düster in die dicke bernsteinfarbene Flüssigkeit. "Wann muß ich das benutzen?"

"Es hält 3 Tage lang. Hier ist die Farbkarte die ich zusammengeschrieben habe", erklärte Muddlestop, wobei sie Severus schnell das Pergament gab.

"Wenn du bereit dazu bist, kannst du es tun", sagte Dumbledore freundlich, während er eine beruhigende Hand auf die Schultern des jüngeren Mannes legte.

"Ich-Ich… Gut. Ich will es wirklich nicht jetzt sofort machen", stammelte Snape. Ein furchtsamer Ausdruck stahl sich in seine Augen.

"Das ist verständlich. Laß uns nur wissen was damit passiert", bat Dumbledore, und Knataloni legte den Kelch in Snapes plötzlich zitternde Hände.

Auf einmal schuhute es, und eine große graue Eule flog in den Raum. In den Krallen hielt sie die neueste Ausgabe des Tagespropheten.

"Danke, Tacitus," sagte Remus, der die Eule auf seinem Arm landen ließ. Mit einem leichten Kniff in sein Ohr ließ Tacitus die Zeitung fallen und flog wieder durch die Tür.

Remus öffnete die Zeitung, keuchte, und ein kranker Blick legte sich auf sein müdes Gesicht. "Albus…"

Der Direktor nahm die Zeitung, las den Titel und senkte ernst den Kopf.

Muddlestop stellte sich auf die Zehenspitzen und las laut vor: "15jährige Sarah Ramsel tot in Gasse aufgefunden." Sie schüttelte traurig den Kopf. "Das ist furchtbar. Ich kann nicht glauben, daß niemand vorbeigekommen ist und ihr geholfen hat. Ah nun. Zurück in meinen Unterricht."

Sie winkte ahnungslos und stapfte aus dem Raum.

"15", wiederholte Snape mit großen, leeren Augen. "Albus, sie war FÜNFZEHN."

"Ich weiß", antwortete der Direktor leise. "Severus, es ist nicht deine Schuld."

"Es ist eigentlich unsere Schuld", sagte Remus in schmerzhaftem Tonfall. "Die von Sirius und mir. Wir hätten dich nicht alleine gehen lassen sollen."

"Oh hör auf den edlen Gryffindor zu spielen", sagte Snape kurz. "Es ist meine verdammte Schuld, daß sie tot ist."

"Du hast sie nicht getötet", erinnerte Albus.

"Aber ich wollte es sehr", bemerkte Snape. Seine Lippen zuckten plötzlich, und einige dunkle Haarsträhnen fielen ihm in die Augen während er den Diaphanetrank anstarrte. "Ich weiß gar nicht warum ich das überhaupt benutzen sollte. Ich könnte völlig menschlich sein und wäre doch ein wertlose Kreatur."

"Severus, sag das nicht…", fing Dumbledore an, aber Snape schnitt ihm das Wort ab.

"Ich gehe für den Abend in meine privaten Räume. Danke für die Hilfe", sagte er schroff, hielt den Trank fest und ging ohne einen Blick zurück.



***



Severus Snapes Räume waren so duster wie seine Stimmung. Ein Fenster war offengelassen worden; mechanisch ging er hinüber und schloß es. Nachdem das getan war, las er die Farbliste für den Diaphane Trank den Muddlestop ihm gegen hatte. Die Farbstärke zeigte wie rein das Blut des Wesens war. Lila stand für Werwölfe, orange für Zombies, rot für Vampire, blau für Menschen, grün für Banshees...

Er stellte den Kelch auf den Tisch und starrte ihn einige Augenblicke lang an, bevor sich die Haare in seinem Nacken aufstellten.

Er wurde beobachtet.

Er drehte sich langsam um, und aus dem Schatten trat Narcissa Malfoy. Sie beobachtete ihn mit einem seltsam besorgten Gesichtsausdruck.

"Ich sehe, du hast die Salbe benutzt die ich dir gebracht habe. Hat es geholfen?"

Er nickte angespannt. "Ich dachte du wärst weg."

"War ich. Der schwarze Hund hat mich ans Tor geführt", antwortete sie leise. "Ich hatte vorher dafür gesorgt, daß mich Draco wieder ins Schloß lässt."

"Was Sie doch für einen charmanten Sohn haben, Mrs. Malfoy", fauchte Snape.

Narcissa lächelte müde. "Er wollte es nicht. Ich denke er hat wirklich Angst vor mir."

"Das sollte er wohl."

"Ich bin geneigt, dieser Einschätzung zuzustimmen", sagte Narcissa in raubtierhaftem Tonfall.

Für einen Augenblick herrschte Stille, bevor Narcissa näher an das Licht der Feuerstelle trat. "Hast du die Zeitung gelesen?", fragte sie beiläufig.

"Ja."

Sie kicherte leise. Ihre blauen Augen zeigten Erheiterung. "Ich liebe es, daß du dich seit der ersten Klasse nicht verändert hast. Noch immer so knapp und bissig. Es ist so erfrischend."

"Ich habe mich in vieler Weise geändert, Narcissa", antwortete Snape kalt. "Du bist die, die geblieben ist wie sie war."

Narcissa nahm davon undamenhaft mit einem Schulterzucken Kenntnis. "Zurück zu einer gewissen Ms. Sarah Ramsel, die in der Gosse gefunden wurde..." Sie faltete die Hände im Schoß. "Warum hast du sie nicht getötet?"

Er sah sie ungläubig an. "Weil ich menschliche Leben nicht beenden will. Es ist falsch."

"Es ist auch falsch, sich selber untreue zu werden", antwortete Narcissa. "Du wolltest sie töten."

"Das war der Morsmordrefluch."

Narcissas hübsches Gesicht verzog sich zu einem spöttischen Grinsen. "Der Morsmordre Igneus Fluch senkt Hemmschwellen und verursacht Schmerz, nichts weiter. Jeder Drang den du gefühlt hast, das Mädchen zu täten, kam nur von dir."

"Das ist nicht wahr", murmelte Snape mit angespannter Stimme.

Narcissa lächelte einige Augenblicke später. "Es ist sehr dunkel hier drin."

Das war es wirklich. Das einzige Licht in den Räumen kam aus der großen Feuerstelle.

"Ich frage mich, Severus Snape, warum du dich vor dir selbst versteckst. Denkst du, daß du nicht sehen mußt was du bist, wenn du in der Kälte und der Dunkelheit bleibst? Ich habe Neuigkeiten für dich, Severus. Du bist die Dunkelheit; du weigerst dich nur, dich so zu verstehen."

Severus öffnete den Mund, und Wut fing an sich, in seinen dunklen Augen zu zeigen, aber sie schnitt ihm das Wort ab. "Du kannst nicht wie ein Auror ohne Angst kämpfen. Du kannst nicht ohne Reue töten wie ein Todesser. Wofür hältst du dich eigentlich? Ein unverstandener Zauberer der darum kämpft, seine dunkle Vergangenheit wieder gut zu machen?"

"Ich denke du gehst besser", fauchte Snape während er aufstand.

Narcissa hielt ihre Stellung, und ihre Stimme hob sich mit jedem Wort das sie sagte: "Du hast die Leute vor Jahren nicht getötet weil du musstest. Du hast es getan weil es dir gefiel. Du mochtest die Macht; mochtest das Gefühl von Blut an deinen Händen. Du hast das Töten GENOSSEN. Du hast nie so schön ausgesehen als wenn du über einen neuen Tod gelacht hast. Es war so rein, so wahr...jetzt weißt du selbst nicht mehr wer du bist." Sie machte eine Pause, und ein boshaftes Lächeln zeigte sich in ihrem Gesicht. "Oder weisst du überhaupt was du warst? Ich meine, nach der verpatzten Wiederauferstehung bist du wahrscheinlich nicht einmal menschlich."

Snape zuckte zusammen, und sein Herz schlug laut in seinen Ohren. Narcissa stand nur Zentimeter von ihm entfernt, mit schräggelegtem Kopf und triumphierend verengten Augen. Er deutete steif auf die Tür. "Sie haben gesagt was Sie sagen wollten, Mrs. Verlassen Sie jetzt bitte mein Büro?"

Ihre blauen Augen wurden groß und verhärteten sich zu einer entschlossenen Zielstrebigkeit. "Was ist denn, Severus? Habe ich einen wunden Punkt getroffen? Hast du Angst, daß ich ausnahmsweise die Wahrheit sage?"

"Raus!" schrie er. Mit einer plötzlichen Bewegung trat er auf sie zu.

Narcissa wurde nervös, aber sie wich nicht zurück, und ihre Stimme nahm einen spöttischen Tonfall an. "Oh ja, armer, armer Meister der Zaubertränke. Ihm wurde das Leben gegeben, und doch weist er es zurück. Verbringt all seine Zeit damit, über die Taten der Vergangenheit nachzudenken, statt die Dunkelheit in seinem Herzen anzunehmen. Dir wurde LEBEN gegeben, Snape", fauchte sie. "ZWEIMAL. Und doch verneinst du das, was in deiner Seele ist. Du wolltest das Mädchen töten; ihr Leben nehmen und dann darüber lachen. Und nun versuchst du dich in Selbstmitleid zu wälzen und dich davon zu überzeugen, daß es der Alkohol war, oder der Morsmordrs Igneus Fluch. Aber das STIMMT einfach nicht. Du kannst dem, was in dir ist, nicht entkommen." Sie schlug sich mit ihrer zarten Hand an die Brust. "Genau wie du dir selbst nicht entkommen kannst." Sie machte zwei Schritte auf ihn zu, und er konnte ihren heißen Atem an seinem Gesicht fühlen während sie spöttisch flüsterte: "Wirklich Severus. Hast du gedacht du könntest deine Seele wirklich retten?"

Er packte hart ihre unbedeckten Schultern und zog sie an sich. Ihre Augen wurden auf einmal groß vor Überraschung.

"Meine liebe Narcissa", brummte er grausam. "Ich habe keine Seele die man retten könnte." Damit schloß er die Lücke zwischen ihnen und küsste sie wild.

Es war als wäre der Himmel in Stücke gebrochen und hätte angefangen, metallischen Honig zu regnen. Auf seiner Seite war der Kuß wild und wütend, eine saugende, fauchende, stöhnende Angelegenheit als seine langen Finger die Biegung ihres Rückens hinauf und hinunter fuhren.

Es war so lange her gewesen.

Auf einmal zog er sich etwas zurück und starrte sie dunkel und herausfordernd an. Ihre blauen Augen sahen ihn wie betäubt an, ihr Atem kam in schaudernden Stößen. "Wa… was machst du da?"

"Wenn du es nicht weißt...," fauchte er wütend, "…dann macht Lucius es nicht richtig."

Er stieß sie hart gegen die Wand, und sie schrie leise auf als er seinen Körper gegen den ihren warf und sie wieder küsste. Dieses Mal reagierte sie etwas schneller, und fing an ihn ebenfalls zu küssen, seinen Lippen mit den ihren zu folgen, ihre Finger in seine unordentlichen Haare zu graben und seine Wangen zu kratzen bis er blutete. Ihren schnellen Händen fiel es leicht, die Knöpfe von seinem Hemd zu reißen, und er machte dasselbe mit ihrer Kleidung. Beide griffen hungrig nach dem anderen, während sie sich festhielten und versuchten, es bis zum Bett zu schaffen. Mit einem weiteren schaudernden Satz erreichten sie Snapes Schreibtisch, und Narcissa wurde schwer über die hölzerne Oberfläche gestoßen. Arbeiten, die noch benotet werden mussten, flogen in alle Richtungen, als sie nach seinen Haaren griff um sich festzuhalten und ihn näher an sich riß. Sein Mund bewegte sich nach unten, ihren Hals entlang, über ihre Brüste, ihren Bauch, tiefer...

Mit einem siegreichen Stöhnen ließ sich Narcissa völlig auf den Tisch fallen. Ihre Haut glänzte golden von ihrem Schweiß. Ihre Schulter traf auf etwas hartes, warf es um, und sie hörte brechendes Glas."

"Was ist zerbrochen?", keuchte sie, wobei sie ihre Finger durch Severus' Haar schob.

Die bernsteinfarbene Flüssigkeit des Diaphane-Trankes lief seinen Schreibtisch hinunter. Snape sah zu wie der Trank langsam auf den Boden tropfte.

"Es ist nichts" flüsterte er. "Nur ein wertloses Experiment."

Narcissa sah ihn neugierig an bevor sie ihn gewaltsam an sich zog.

Es war so leicht, der Lust nachzugeben die durch seinen Körper strömte. Es war neu, es war kein Schmerz… und es war so lange her. Mit jedem leichten Streicheln bewegte sich Narcissa neben ihm und machte so gewichtlose Geräusche, daß er mit den Zähnen knirschte. Als er der ungesprochenen Bitte endlich nachgab und in ihre Welt eindrang wurde aus jeder Bewegung Veilchen und Blaubeeren, der dunkle Himmel glühte mit bernsteinfarbenem Licht und Nektar füllte die Luft.

Während sie sich zusammen bewegten, starrte Narcissa weiter in seine Augen, und er fragte sich was sie in ihnen sah. Keine Liebe, das war sicher. Sie war nicht dumm genug um das zu glauben. Er sah nicht in ihre Augen; er wollte sich nicht daran erinnern was passierte. So vergrub er sein Gesicht an ihrer Schulter, und fühlte wieder wie sie schauderte. Er konnte in der letzten Bewegung so viel fühlen, als sie ihn fest hielt, ihr Mund an seinem Hals, ihre Beine um seine Hüften. Er konnte Fühlen…

Und in den Augenblicken des höchsten Glücks, als sie aufschrie und er in ihr Haar stöhnte, konnte er sein Herz laut in seinen Ohren schlagen hören, und fühlen wie das Leben durch seinen Körper sang.

Doch während er noch zusah wie die Reste des Diaphane-Trankes auf dem Steinboden zischte, und Narcissa in besitzergreifendem Triumph über seine Haare strich, fühlte sich sein Herz so tot an wie nie zuvor.


Kapitel 5

Kapitel 7

 

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