Misstrauen

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Kapitel 10: Fehler


Dunkelheit trug einen Mantel, Hülle für einen fahlen Reiter auf Schwarzem Ross.

Die Nazgûl


Snape war ohne Umschweife zur Senke gegangen und in seine Wohnung appariert. Voldemort ließ ihn ungewöhnlich lange in Ruhe, so hatte er Zeit seine Bücher umzusortieren und Zaubertrankzutaten aufzufüllen. Zeitweilen verlor er sich ganz und gar in einem von seinen Büchern, Snape konnte stundenlang auf dem Boden sitzen und lesen. Für ihn bedeutete dies Ruhe und Entspannung, es sei denn er braute gerade einen Trank zusammen, dabei wurde er auch ganz ruhig.
Doch tief in ihm sehnte er sich nach dem Büro von Dumbledore zurück, nach der ruhigen Art des Direktors, seines neuen Herrn. In der Nacht ging er in einen nahen Supermarkt und kaufte mit Muggelgeld Essen ein. Die Verkäuferin kannte ihn und seine Eigenarten schon. Sie ließ ihn in Ruhe und er sie. Er zahlte immer bar und die Frau war froh, dass ab und zu in der Nacht ein Kunde kam.

Gerade als er das Wechselgeld entgegen nehmen wollte, brannte das Dunkle Mal auf. Snape zuckte zusammen und umklammerte krampfhaft seinen Unterarm, der Beutel mit dem Geld entglitt seinen Fingern und fiel auf den Boden.
„He Mister alles in Ordnung?“, fragte die Frau besorgt und umrundete die Theke.
Doch Snape umklammerte nur seinen Arm und sog scharf Luft. Da spürte er eine Frauenhand auf seiner Schuler und sah wie die Verkäuferin ihm den fallengelassenen Beutel reichte. „Auf Entzug hä? Meine Schwester musste das durchmachen. Ist nicht angenehm.“
Wovon sprach die Muggel? Doch er nickte nur und löste seine Hand von seinem Unterarm um den Beutel zu nehmen.
„Sollten einen Arzt aufsuchen wenn´s schlimmer wird. Glauben Sie mir, ist besser“, riet sie ihm und klopfte ihm ein letztes Mal auf die Schulter. Damit war das Problem für die Muggelfrau anscheinend gelöst. Versteh einer die Muggel!

Er mußte zum Friedhof und sofort zu Voldemort. So schnell es ging verließ er den kleinen Supermarkt und eilte zurück in seine Wohnung. Das Dunkle Mal brannte meist nur dann so stark wenn etwas schief gegangen war. Snape ertrug die Schmerzen und lächelte. Es hatte also geklappt, die Dillarts und die Muggelfamilie waren in Sicherheit. So schnell es ging warf er sich seinen Todesser-Umhang um, nahm die Maske auf und verschwand aus seiner Wohnung.

Diesmal fand das Treffen direkt auf dem Friedhof statt, es war wirklich etwas schief gegangen. Snape sah von seinem Platz wie die anderen Todesser zu der kleinen Kapelle in der Mitte des Friedhofs eilten. Snape folgte ihnen, einige tuschelten leise miteinander.
„He Giftmischer schon gehört?“ Die Stimme gehörte Lucius Malfoy. Snape stockte kurz und sah sich nach ihm um. Hinter der Maske und mit dem Umhang sahen fast alle gleich aus. Nur die Stimmen konnten einem verraten wer sich dahinter befand.
Snape schüttelte den Kopf und wartete auf seinen ehemaligen Studienkollegen. Lucius war zeitgleich mit ihm Voldemort´s Jüngern beigetreten. Wenn er nicht die Todesserkluft trug war er eine imposante Gestalt. Groß, schlank mit schlohblonden langen Haaren und fast immer mit einem arroganten Lächeln auf den Lippen. In den Umhängen waren sie alle gleich, keine Unterschiede.
„Die drei bei der Muggelfamilie haben versagt. Die Muggel waren verschwunden, trotz ihrer Suche haben sie die Familie nicht gefunden. Zu guter Letzt kam noch eine Gruppe von Auroren dazu, einer wird seitdem vermißt“, flüsterte Lucius und verstummte schließlich als sie den Dunklen Lord sahen.
Er stand groß und imposant auf den Stufen zur Kapelle, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, doch die Augen glommen gefährlich in der Dunkelheit.
Snape sah sich kurz um, diesmal war die gerufene Gruppe größer. Zwei Kapuzengestalten kauerten schon vor den Stufen, es würde eine lange Nacht werden und die zwei Versager würden sich wünschen, heute Nacht zu sterben. Ein Rascheln ging durch die versammelten Todesser als sie sich alle in den Staub warfen um ihren Herren zu begrüßen.
Snape warf sich zwar auch demütigst in den Staub, doch nicht weil Voldemort sein Herr war. Er gehörte nun zu Dumbledore. Dumbledore brauchte ihn, mehr als der Dunkle Lord. Mit diesem Geheimnis in sich wartete er.

„Todesser. Willkommen!“, hallte die leise und dennoch kraftvolle Stimme von Voldemort über den Friedhof.
„Vor zwei Nächten sollten drei von euch einen Auftrag erfüllen.“ Voldemort schien schlagartig die versammelten Magier und Hexen zu vergessen und wandte sich an die zwei jämmerlichen Gestalten zu seinen Füßen. „ Doch was sehe ich heute Nacht? Nur zwei von euch?“
ZWEI Nächte? Snape versuchte sein demütiges Äußeres beizubehalten. Die Zeit war schnell vergangen.
„Herr... Herr vergib, aber die Muggelfamilie war nicht mehr da. Selbst nach langem ...“, quietschte eine der Gestalten ängstlich.
„Die haben kein Rückrat“, murmelte Lucius an der Seite von Severus leise.
Snape wagte es einen Seitenblick auf Malfoy zu werfen. 'Als ob du eins hättest oder irgendeiner von uns', dachte Snape spöttisch und wandte sich wieder ab.
Snape schloß die Augen als der Dunkle Lord mit seinem Exempel begann. Die Schreie der zwei Todesser hallten über den Friedhof und hätte Snape es selbst nicht so oft gesehen oder selber erlebt, würde ihm schlecht werden oder zumindest täten ihm die Opfer leid. Keiner hatte je mit ihm Mitleid gehabt. In Gedanken versuchte er diesen Ort zu verlassen, er stellte sich Dumbledores Büro vor, das Sonnenlicht und das gütige Gesicht seines neuen Herrn. Er hielt die Augen fest geschlossen und träumte sich weit weg. Nur weg.
Er ließ sich auf die Seite fallen, nur weg von diesem Ort, weit weg. Sekundenbruchteile später war niemand mehr auf den Friedhof.
Die Schreie verebbten und Snape öffnete wieder die Augen. Die zwei Todesser lebten noch, lagen jedoch zuckend und nach Luft ringend am Boden.
„Lasst euch dies alle eine Lehre sein. Ich dulde keine Fehler!“, fauchte der Schwarzmagier und ging an ihnen vorbei. Voldemorts Umhang streifte auch Snape, dieser drückte seine Stirn fest auf den Boden. Nur weg, weit weg.
„Giftmischer! Du bleibst. Der Rest von euch kann gehen“, rief der Dunkle Lord plötzlich.
Mit einem leisen Plopp verschwanden nach und nach alle, nur die zwei Opfer und Snape blieben zurück. Lucius murmelte ihm noch ein "viel Glück" zu bevor auch er verschwand. Snape blieb auf dem Boden kniend und wartet ab. Hatte man ihn etwa schon entlarvt? Oder machte Voldemort mit seinem kleinen privaten Exempel bei Snape weiter? War das Erste etwa nicht Folter genug gewesen?

Voldemort ignorierte die keuchenden Magier und baute sich vor Snape auf. „Giftmischer!“, zischelte er. „Ich will in drei Tagen eine Flasche mit dem Wahrheitsserum und eine von dem 'kalten Tod'.“
„Wie Ihr wünscht Herr“, raunte Snape.
Kälte und noch eine Menge Energie lagen in der Luft, Voldemort war geladen und Snape bereitete sich auf das Unausweichliche vor.
„Crucio.“
Severus Welt explodierte in Schmerzen, er fiel auf die Seite und schrie. Die Haut brannte, der Kopf schien zu bersten. Bevor er glaubte keine Luft mehr zu bekommen hob Voldemort den Fluch auf.
„DAS Giftmischer war nur eine Warnung! Sei dankbar!“, fauchte Voldemort. „Wem gehört deine Loyalität!?“
Snape spürte wie Voldemort nach im trat und in die Magengegend traf. Er keuchte und krümmte sich.
„LOYALITÄT?!“, sagte Voldemort kalt.
Snape raffte sich auf und küßte den Saum des Umhangs.
„Euch Herr. Euch gehört mein Leben und meine Loyalität“, flüsterte Snape. So verharrte er keuchend und zitternd bis Voldemort verschwand. Er ließ sich auf die Seite fallen, nur weg von diesem Ort, weit weg. Sekundenbruchteile später war niemand mehr auf den Friedhof.

Irgendwo in einer Senke im Verbotenen Wald tauchte dieses seltsame Wesen wieder auf. Die Tiere schreckten zurück. Sie hatten es nicht kommen hören. Es war keiner der Großen in der Nähe zum Erzählen, so vergaßen sie es schnell wieder. Die Jäger kamen von einer erfolgreichen Nacht, sie brauchten das verletzte Wesen nicht mehr. Es raffte sich auf und stolperte durch das Gehölz.

Snape stolperte, kroch durch den Wald. Er mußte das Schloß erreichen bevor es Tag war, oder es war zu spät. Voldemort hatte nicht von ungefähr so gehandelt, auch der Dunkle Lord wußte um die Nachwirkungen des Cruciatus-Fluches und er wusste, dass Snape darunter litt. Wenn jemand in so kurzer Zeit damit belegt wurde oder kurz bevor die nächste Welle der Nachwirkungen kam, war diese doppelt so schlimm und man konnte bleibende Schäden davontragen.
Voldemort war es egal was mit ihm geschehen würde, ob er jemanden fand der ihm half oder nicht. Severus war zwar sein Giftmischer doch wo es eine Nr. 1 für eine Aufgabe gab, lauerte immer schon eine Nr. 2 im Hintergrund, um diesen Posten zu ergattern. Die Schmerzen waren nicht vollständig verschwunden, so blieb nicht viel Zeit. Die Farbe des Himmels wechselte von dunkelblau, fast schwarz zu einem helleren Blau. Wie in Trance stolperte über den Rasen des Schlosses, durch das Portal zu dem Wasserspeier. Der Eingang war verschlossen, Passwort er brauchte das Passwort. Die Schmerzen klangen ab und kamen wieder, wie Ebbe und Flut. Doch bald würden sie sich endgültig in seinen Muskeln und Knochen festsetzen. Das Passwort, er stürzte zu Boden.
„Herr“, flüsterte Severus und da sprang das Tier auf die Seite. Der Schmerz verschleierte bereits seinen Blick, doch er sah nach oben und entdeckte das Gesicht, auf das er gehofft hatte.
„Dumbledore?..“ Das war das Letzte was er noch über die Lippen brachte und dann war es zu spät. Sein Rückrat bog sich durch bis er das Gefühl hatte es würde gleich zerbrechen. Arme und Beine zitterten unkontrolliert. Jemand zog ihn hoch und trug ihn. Snape biss sich auf die Lippen bis er Blut schmeckte. Nur nicht schreien, nur nicht hier schreien.

Dumbledore hatte ein komisches Gefühl gehabt und ein leises Poltern vom Wasserspeier her hatte ihn stutzig gemacht. Was er fand erschrak ihn zu tiefst. Snape war totenbleich und litt eindeutig unter Schmerzen.
'Cruciatus-Fluch', schoß es Dumbledore sofort durch den Kopf und bevor er wußte was geschah, schüttelten schon die Nachwirkungen Snape.
Albus mußte schnell handeln, das waren mit Abstand die schlimmsten Nachwirkungen, die er je gesehen hatte. Der ganze Körper des Todessers schien beschlossen zu haben, sich selbst Knochen zu brechen und Muskeln reißen zu lassen. Einen stark zitternden Mann eine Treppe hochzutragen war schwierig auch wenn dieser sehr leicht war. Doch die Krämpfe wollten und wollten nicht enden. Er ließ Snape auf dem Boden im Büro liegen und versiegelte mit einem schnellen Spruch seine Tür. Ein weiterer Schwenk mit dem Zauberstab machte seine Räume so gut wie schalldicht. Wie konnte er die Muskeln nur dazu bringen sich zu entspannen? Er hielt Snape an den Handgelenken fest und drückte ihn zu Boden. Der Todesser war eis kalt und schwitzte dennoch.
„Es ist in Ordnung, ich bin da“, raunte Albus beruhigend.
Snape hatte sich auf die Lippen gebissen um nicht laut zu schreien, doch lange konnte keiner diese Kontrolle aufrecht erhalten und dann schrie er doch vor Schmerzen.
Es war nicht einmal sehr laut, stellte Dumbledore verwundert fest. Es war eher ein heiserer Schrei, den Menschen ausstießen, wenn die Schmerzen so stark waren, dass es zu mehr nicht reichte. Minute um Minute strich dahin. Was tun? Im Hospital für Magische Krankheiten hatte man Medikamente, aber hier? Die Muskeln mußten sich endlich entspannen. Severus war so kalt. Kalt! Wärme! Er hob Snape wieder auf und ging zu seinem Badezimmer.
„Ganz ruhig gleich haben wir es geschafft“, murmelte Dumbledore mehr zu sich als zu Snape, der sich in seinen Armen wand und heisere Schreie ausstieß. Die Badewanne war groß beinahe ein kleines Schwimmbecken. Dumbledore drehte warmes Wasser auf und stieg voll angezogen mit Snape in das Becken.
„Gleich ist es vorbei“, sagte er wieder und immer wieder.
Das Wasser stieg langsam an bis es ihm schließlich an die Brust reichte, dann drehte er die Wasserhähne zu. Dumbledore mußte darauf achten, dass der Kopf des Mannes über dem Wasser blieb. Die heiseren Schreie hallten von den Kacheln im Bad und bildeten einen grausamen Unterton zum beruhigenden Plätschern des Wassers. Nach weiteren endlosen Minuten stellte sich die erhoffte Wirkung ein: die Muskeln entspannten sich und die Nachwirkungen ebbten ab. Dumbledore atmete durch und gestattete sich, sich in die eingelassene Sitzbank im Becken niederzulassen. Den endlich bewußtlosen Mann hielt er wie ein Kleinkind in den Armen und drückte ihn fest an seine Brust.
„Oh Kind es tut mir so leid.“


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