Von Mördern und Verrätern

 

 

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Kapitel 35: Das Spiel des Teufels


Snape erkannte sehr schnell, dass er absolut keine Ahnung hatte, wo er sich befand. Er war sich so ziemlich sicher, dass er noch nie in diesen Kerkern gewesen war, wenn sie auch redlich in Gebrauch zu sein schienen.
Als er sich den Gang entlang kämpfte kam er an manchen Steintüren vorbei, gleich derer, die seine Zelle verschlossen hatte und irgendwo aus den Gängen echote von Zeit zu Zeit ein heiserer Schrei. Diese Gänge waren eng, dunkel und rochen nach Moder. Der Boden war relativ eben gearbeitet, doch die Wände sahen an gewissen Stellen so unregelmässig aus, als wären sie in einen Felsen geschlagen worden, und nicht als wenn sie gemauert wären. Severus folgte dem Gang, an dem seine Zelle gelegen war und der etwas breiter und besser beleuchtet war als die dunklen Korridore, die von Zeit zu Zeit schräg nach unten weggingen. Er hatte wirklich nicht viel Ahnung, wohin er ging, doch gab er sich Mühe, sich von den schwächer werdenden Schreien weg zu bewegen. Da es nirgends ein Fenster gab und nur vereinzelte Fackeln die Wände in zitternde und funkelnde Spiele von Schatten und Licht tauchten, konnte er davon ausgehen, dass er sich unter der Erde befand. So fielen alle abwärts führenden Gänge schon mal aus. Er musste nach oben, und zwar so schnell als möglich, bevor man merkte, dass er weg war. Wenn seine Flucht bemerkt würde, während er sich noch hier unten befand, dann wäre er in der Falle. Wenn nur sein Körper nicht so schmerzen, und Durst und Schwäche ihn nicht so stark schwanken lassen würde. In diesem Zustand konnte er froh sein, wenn er sich einigermassen aufrecht halten konnte, auch wenn er nur stolpernd vorwärts kam, seine Füsse immer schwerer und sein Tempo fortwährend langsamer wurden.

Die Gänge selbst schienen wie ausgestorben, da die anwesenden Todesser wahrscheinlich damit beschäftigt waren, die arme schreiende Seele irgendwo hinter ihm zu foltern. Ob es Glück oder Zufall war, oder nur die Tatsache, dass es nach Goyles Aussage nach Essenszeit war, wusste Severus nicht. Es war ihm auch total egal. Hauptsache er kam hier raus und so wie es im Moment aussah, waren seine Chancen nicht ganz so schlecht als wie er es zuerst erwartet hatte. Wenn sein Glück anhielt, dann würde er es vielleicht auch schaffen, nach Hogwarts zurückzukehren. Trotz dem erbärmlichen Zustand in dem er sich befand, überkam ihn ein stärkendes euphorisches Gefühl. Er würde es diesen Gryffindors schon zeigen und ihnen die Lust zum Feiern gehörig verderben. Dass seine Folter von ihnen gefeiert wurde, war dabei noch nicht einmal das Schlimmste, was ihm dieses Haus angetan hatte. Seit dem Tag, an dem er Hogwarts zum ersten Mal betreten hatte, hatten sich gewisse Gryffindors zum Ziel gemacht, ihn fertig zu machen und zu brechen. Dennoch hatte er überlebt und er würde zurück kommen, nur um ihnen das Leben erneut zur Hölle zu machen. Das Haus Potters und Blacks war nie nett zu ihm gewesen und er war bereit mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Oh ja. Diese dickköpfigen, dummen Schüler konnten sich auf Strafarbeiten und abgezogene Punkte gefasst machen, bis ihnen Hören und Sehen verging.

Er hatte Albus' Freundschaft und den Respekt der Slytherins und der meisten Lehrer, auf jeden Fall derjenigen, auf die er Wert legte. Für den Rest - da war er froh, sie nicht zu nah an sich heran zu lassen.

Severus Snape wurde von niemandem fertig gemacht und er würde derjenige sein, der zuletzt lachte. Als er sich die zukünftigen Schulstunden und eventuelle Bestrafungen ausdachte, zog sich ein zufriedenes Lächeln über sein Gesicht und es war ihm auch egal, dass durch diese Gestik seine ausgedörrten Lippen schmerzten und wieder aufrissen.

Der Gang begann sich sachte nach oben zu neigen und Severus gab sich alle Mühe, sein wild schlagendes Herz zu beruhigen. Die Schwäche und die Schmerzen in seinem Körper wurden in den Hintergrund gedrängt, als die Aufregung der nahen Freiheit das Adrenalin in sein Blut trieb. All seine Bemühungen, das Gefühl der Erleichterung und der Hoffnung zu unterdrücken wurden sinnlos, als er aber erkannte, wie der Gang heller wurde, und als er um eine Kurve bog, sah er eine helle Wand von Tageslicht, das grell den Gang zwanzig Meter vor ihm erhellte. Die letzten Kraftreserven von seiner Aufregung aktiviert, beschleunigte er seine stolpernden Schritte der Freiheit entgegen.

Er trat in das Licht und musste einen Moment seine Augen schliessen, als die nicht mehr gewohnte Helligkeit sich auf seiner Netzhaut einzubrennen schien. Vorsichtig blinzelte er und versuchte die Augen in schmalen Schlitzen offen zu halten. Nach und nach gewöhnte er sich an die Helle und musste sogar feststellen, dass die Sonne gar nicht schien, sondern sich hinter einer Decke grauer Wolken versteckten. Dennoch kam ihm alles hell und wunderbar vor und er fühlte sich, wie wenn er nach monatelangem Regen endlich wieder die Sonne sehen würde. Am liebsten hätte er laut aufgelacht, aber er wusste, dass er noch nicht in Sicherheit war. Er musste acht geben, dass er nicht irgend einer Wache, die es mit aller Wahrscheinlichkeit rund um das Versteck gab, in die Arme lief. Jetzt kam ihm zu Gute, dass er Voldemort und seine Gewohnheiten kannte.

Er würde unter normalen Umständen leicht an den Wachen vorbeischleichen können, ohne dass sie ihn entdeckten. Er war gerissen genug. Das Problem würde eher darin bestehen, dass er seinen Körper dazu bringen konnte, zu kooperieren. So wie es im Moment aussah, war er kaum in der Lage, ohne sich an die Wand hinter sich zu lehnen, seinen Körper aufrecht zu halten. Und das war jetzt, wo das Adrenalin noch immer hoch stand. Wenn die erste Aufregung über die plötzliche Befreiung abflachte, würde sein Körper den Preis für den momentanen Energieschub zahlen. Bis dahin musste er von hier fort sein.

Er sah sich etwas genauer um. Der Eingang zu den Kerkern, in denen er die letzten paar Tage verbracht hatte, war tatsächlich eine Höhle, tief am Fuss eines hochaufragenden Steinbruches. Wo dieser Steinbruch war, vermochte er nicht zu sagen, aber es war auch nicht wichtig. Sobald er erst ausserhalb des Apparierschutzes war, den Voldemort logischerweise um jeden seiner Kerker legte, und sein Körper bis dahin noch mitspielte, dann konnte er sich nach Hogsmeade und in Sicherheit apparieren.

Er nahm einen tiefen Atemzug und konzentrierte sich darauf, sich von der Wand am Eingang der Höhle zu lösen und einige Schritte auf die geröllbeladene Ebene zu machen. Er brauchte seine ganze Konzentration und Willenskraft, um das Zittern in seinen Beinen und den Schwindel in seinem Kopf zu unterdrücken.

Entschlossen biss er die Zähne zusammen. Er würde nicht aufgeben, so kurz vor dem Ziel. Er würde zurück nach Hogwarts kommen. Zurück zu dem Ort, den er als einziges je Heim genant hatte. Zurück zu Albus und seinen Slytherins.

Ein höhnendes Lachen zu seiner Linken liess sein Herz einen Schlag aussetzen und ihn stocksteif verharren.

"So wie du aussiehst schaffst du es nicht einmal zehn Meter weit zu kommen, geschweige denn von hier zu fliehen."

Er wirbelte herum, demolierender Schock alle seine Gedanken betäubend.

Zehn Meter neben ihm, nahe der Wand des Steinbruches, stand Malfoy und Nott, beide ein sadistisch-überhebliches Lächeln aufgesetzt. Neben ihnen stand ein breit grinsender Crabbe und ein etwas dümmlich-verlegen dreinschauenden Goyle.

Severus sah die Szene, aber sein Gehirn registrierte sie nicht recht, obwohl er die Situation instinktiv richtig einschätzte. So wie sich sein Gehirn dagegen sträuben würde, die Wahrheit zu akzeptieren, weil sie einfach zu schrecklich, erniedrigend und unfair war.

"Ich habe wegen dir eine Wette mit Nott hier verloren, Severus. Ich hätte jedenfalls nie gedacht, dass du überhaupt so weit kommen würdest, wenn wir dir die Möglichkeit zur Flucht liessen."

Und dann machte alles schmerzhaft Sinn. Der Abzug Goyles, die offengelassene Zellentür, die locker sitzenden Handschellen, alles war Absicht gewesen. Ein weiteres krankes Spiel Malfoys. Und er war blind und naiv in die Falle gegangen.

Und dann brach es zum ersten Mal wirklich über ihn herein. Er würde hier nicht mehr rauskommen. Dessen ungeachtet er nie ein Mann gewesen war, der in Fantasien schwebte, so war doch immer dieser Schimmer von Hoffnung gewesen, dass er diese Folter doch irgendwie überleben würde. Obgleich er immer gewusst hatte, dass dieser Ort und Malfoy sein Tod sein würden, hatte doch sein Unterbewusstsein in einer Unbeirrbarkeit wie sie nur der menschliche Selbsterhaltungswille fertig bringen konnte, daran festgehalten, dass es erst vorüber war, wenn sein Herz zu schlagen aufgehört hatte. Bis jetzt hatte er die Hoffnungslosigkeit noch zurückhalten können, doch nun traf sie auf ihn mit der Heftigkeit einer Flutwelle.

Er begann wieder heftiger zu zittern unter der Wucht des neuen Gefühls. "Nein, nein, nein", flüsterte er, ohne sich bewusst zu sein was er überhaupt verneinte. Es erschien bloss alles auf einmal so sinn- und hoffnungslos und er debattierte für einen Moment mit sich, ob er lachen oder weinen wollte, entschied sich aber danach für ein alles verdrängendes Kopfschütteln.

"Bringt ihn zurück in seine Zelle", befahl Malfoy gleichgültig und Crabbe und Goyle bewegten sich mit solch einer gemächlichen Nebensächlichkeit auf ihn zu, als wären sie geschickt worden, Brennholz zu sammeln.

Doch als sie nach seinen Oberarmen griffen, kam wieder Leben in Severus. Dies war das letzte Mal, dass er den freien Himmel sehen würde. Wenn er erst in dem Loch zurück war, dann wäre er schon lebendig begraben. Und er begann sich zu wehren, gegen den Griff der beiden Todesser anzukämpfen und mit den Fäusten blind nach ihnen zu schlagen.

Seine Handlungen waren instinktiv, panisch und alles andere als kontrolliert, doch seine beiden Bewacher waren zu überrascht, und er schaffte es, Crabbe einen heftigen Schlag an die Nase zu versetzen. Dieser heulte auf und seine beiden Hände fuhren zu seinem Gesicht, die schmerzende Stelle bedeckend. Auch Goyle liess seinen Arm überrascht los und Severus stolperte einige Schritte zurück, seine beiden Angreifer, nach Atem keuchend und in Abwehrhaltung und mit wildem Blick, nicht aus den Augen lassend.

Malfoy schien über seinen Widerstand nicht sehr erfreut zu sein, wenn er auch eher ungeduldig als besorgt klang. "Crabbe, Goyle, ihr beiden Idioten. Sagt mir nicht, dass ihr Angst von ihm habt. Snape sieht aus wie ein verschrecktes Reh und ist im Moment etwa genauso gefährlich. Schnappt ihn euch endlich!"

Die beiden zögerten nur noch eine weitere Sekunde, bevor sie sich mit wütendem Gesichtsausdruck auf ihn stürzten und ihn mit ihrem puren Körpergewicht von den Beinen rissen.

Severus fühlte den Aufprall von vorne, einen Sekundenbruchteil, bevor er die Orientierung verlor und mit seinem Rücken fest auf dem harten Steinboden aufschlug. Ein Laut des Schmerzes und der Überraschung bildete sich in seiner Kehle, doch durch die Wucht des Aufpralles, die alle Luft aus seinen Lungen trieb, kam nur ein überraschtes Keuchen über seine Lippen und seine Umwelt verschwamm für einen Moment.

Als sich seine Sicht wieder klärte, lag er noch immer auf dem Boden, sein Blick auf den Himmel über ihm mit den höhnend friedlich vorbeiziehenden Wolken und das schwere Gewicht Crabbes und Goyles lastete auf seinem Oberkörper und seinen Beinen, es unmöglich machend, dass er sich auch nur einen Millimeter bewegen konnte, geschweige denn mehr als sehr oberflächlich atmen zu können.

Severus versuchte erst mal sich zu fangen und dann ragte plötzlich Malfoy neben seinem Kopf in die Höhe, seine Gestalt absurd in die Länge gezogen durch Severus' Blickfeld neben Lucius' Füssen.

Der blonde Todesser sah hochmütig zu ihm hinunter, seine linke Augenbraue missbilligend erhoben. Er zog seinen Zauberstab aus seiner Robe und richtete ihn auf Severus' Gesicht.

"Das war nicht sehr klug, Severus. Für deinen Fluchtversuch und die Gegenwehr werde ich dich bestrafen müssen, das weißt du doch."

Severus war wieder etwas bei Sinnen, die Panikattacke von vorhin war zusammen mit seiner Kraft erloschen, und nun mischte sich Wut, Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit zusammen und er begann sich wieder gegen das Gewicht auf seiner Brust, das es so schwer machte zu atmen, aufzulehnen.

"Halte ihn endlich still Goyle", kam Malfoys gebellter Befehl und der Körper über seiner Brust wurde noch schwerer, nun endgültig seine Gelegenheit zu atmen unmöglich machend. Er japste nach Luft, während die Panik zu ersticken langsam in ihm hoch kroch.

Das spitze Ende eines Zauberstabes, das sich in die Haut seiner Stirne bohrte, lenkte ihn kurzfristig von seinem Sauerstoffproblem ab und er konnte den oberen Schaft des Holzinstruments und Lucius' Hand erkennen, als dieser sich hinuntergebeugt hatte und seinen Zauberstab mit wütend glitzernden Augen gegen seine Stirne presste.

"Stupefy!"

***



Bis vor sechs Jahren hatte Harry noch nie von einem Sport gehört der Quidditch hiess. Vor fünf Jahren war er bereits der jüngste Sucher seit über hundert Jahren gewesen und vor vier Jahren, als sein grösster Rivale Draco Malfoy zum Sucher der Slytherins geworden war, war Quidditch zu einem reinen Spiel um Prestige zwischen den beiden Häusern geworden. Hier konnten sie ihre tief verwurzelte Feindschaft relativ offen - nur den Regeln des Spiels unterworfen - austragen.

Doch die Härte und Entschlossenheit, die bis jetzt in den Spielen zwischen den beiden Häusern dargelegt worden waren, waren nichts im Vergleich zu dem, was dieses Jahr auf dem Spielfeld abging. Die Feindschaft zwischen den Häusern war seit der Geschichte mit Snape zu offensichtlichem Hass geworden. Harry war sich sicher, dass die Sache mit ihrem Hauslehrer nur ein Auslöser gewesen war, der das Ganze beschleunigt hatte. Früher oder später, vor allem mit Voldemorts Wiederauferstehung, wäre die Spannung sowieso zu gross gewesen, um nicht irgendwann in einer Explosion zu enden. Harry machte das Verhalten der Slytherins jedoch nur schwerer, damit zu leben, wofür er verantwortlich war. Mit einem Seufzer riss er sich aus den Gedanken und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf das Spiel unter ihm. Auf einem Besen, mitten in der Luft, mit Klatschern, die ihm jederzeit um die Ohren fliegen konnten, war wohl kaum eine ideale Zeit, seine Gedanken schweifen zu lassen.

Er sah zu, wie Ron gerade mit einem waghalsigen Manöver erfolgreich einen Punkt der gegnerischen Mannschaft verhinderte. Ron war seit etwas über einem Jahr Hüter ihres Teams, da Woods ja zu Ende ihres vierten Jahres seinen Schulabschluss gemacht hatte. Ron war kein solch geborener Flieger wie zum Beispiel Harry, aber was ihm an angeborenem Talent fehlte, machte er mit Willen und harter Arbeit wett und seit er im letzten Sommer mit Harry so häufig trainiert hatte, war er wirklich gut geworden. Obwohl er sich immer über das Training beschwerte, war sein Freund immer der Erste, der zum Feld kam, und der Letzte, der es wieder verliess.

Harry suchte nach Malfoy, und fand ihn etwas über ihm in der Luft, das Spielfeld mit zusammengekniffenen Augen nach dem Schnatz absuchend. Harry beobachtete ebenfalls das Feld unter ihm, doch sah er nirgends das goldene Aufblitzen des kleinen geflügelten Balls.

Doch auf einmal sog Draco über ihm scharf die Luft ein und ein silbergrüner Blitz schoss an Harry vorbei, ihn heftig anrempelnd. Harry verlor kurz das Gleichgewicht und brauchte eine Sekunde um den ausscherenden Besen wieder unter Kontrolle zu bringen. Malfoy hatte ihn mit Absicht angeschubst, und das auch nicht zum ersten Mal heute. Der blonde Slytherin jagte mit seinem Besen dem Boden entgegen und Harry riss seinen Nimbus 2000 herum um ihm zu folgen. Malfoy musste den Schnatz gesichtet haben und Harry wäre verflucht, wenn er sich einfach zurücklehnen und dem anderen Team den Sieg schenken würde. So folgte er dem anderen Sucher.

Sie schossen bald Seite an Seite den unteren Rängen entlang. Harry hatte den Schnatz nun auch gesehen, als dieser in einem wilden Zick-Zack über den Grund schoss, verfolgt von beiden Suchern. Harry wollte den Sieg. Er war der bessere Flieger als Draco, aber der Slytherin war dafür ruchlos und schreckte nicht davon zurück, unfair zu kämpfen. Er war sich entfernt dem Jubel und der Anfeuerungen des Teams sowie der Zuschauer bewusst, und vermutete aus Erfahrung, dass wohl jedes Augenpaar nun auf ihnen lag. Langsam schob er sich an Malfoy vorbei und wich gerade noch rechtzeitig aus, als Draco seinen Besen zur Seite riss, um ihn anzurempeln. Dadurch war aber nun Draco noch weiter hinter ihm zurückgefallen und Harry streckte seinen Arm nach dem kleinen Ball aus, der vor ihm herflog.

Er lehnte sich etwas vor, ohne das Tempo zu verringern und schon streiften seine Finger die flatternden Flügel, als ein gewaltiger Schmerz durch seine Narbe fuhr.

Er bemerkte noch knapp, dass er die Kontrolle über den Besen verlor und dann schlug sein Körper in einer Explosion aus Schmerz am Boden auf und alles wurde schwarz um ihn.


Er befand sich auf einer Waldlichtung, direkt neben einer Gruppe verhüllter Gestalten mit weißen Masken.

Instinktiv schreckte Harry zurück, doch die Todesser schienen ihn überhaupt nicht wahrzunehmen. Diese Tatsache und die stechenden Schmerzen seiner Narbe sagten Harry, dass er gar nicht wirklich hier war und nur wieder eine Vision hatte.

Jetzt merkte er auch das Gewimmer vor ihm und er sah einen zitternden, jammernden Pettigrew, der sich am Boden wand, eine Spur Speichel aus seinem Mund rinnend und die bedrohliche Gestalt Voldemorts, der seinen Zauberstab auf den Mann vor ihm gerichtet hatte.

Dieser schien zu kochen vor Wut. Seine Lippen waren bedrohlich verzogen und seine unmenschlich roten Augen schienen vor Zorn zu leuchten.

Der dunkle Zauberer löste den Fluch, doch Pettigrew blieb wimmernd am Boden liegend. Voldemort ignorierte ihn und wandte sich an die anderen Todesser. "Hat noch jemand so gute Nachrichten? Die Dementoren waren wichtig für mich, dort wo sie waren. Dumbledore hat uns mit seiner erneuten Einmischung die letzte Möglichkeit genommen, alle meine ehemaligen Diener aus Askaban zu holen."

Er suchte die Reihen seiner Leute ab, doch niemand meldete sich. Voldemort machte ein Geräusch, das verdächtig wie ein Knurren tönte.

"Malfoy!" zischte er.

Eine der vermummten Gestalten löste sich, trat ohne ihn weiter zu beachten über den zusammengekauerten Pettigrew hinweg und kniete sich vor Voldemort nieder, seinen Kopf respektvoll gesenkt.

Nimm die Maske ab und steh auf, Lucius", befahl der dunkle Lord.

Malfoy gehorchte, behielt aber eine kaum angedeutete, unterwürfige Haltung bei, seinen Meister jedoch offen ansehend.

"Ich hoffe doch, dass du bessere Nachrichten hast, Lucius? Wie geht es mit deinem Projekt voran?"

"Es läuft alles nach Plan, Meister. Der erste Schritt ist vollbracht. Er ist soweit geschwächt, dass er empfänglich für Manipulationen ist."

Harry wurde neugierig. Er wusste nicht, wovon Malfoy Senior sprach, aber er hatte das Gefühl, dass es etwas Wichtige war.

"Ich werde kein Versagen tolerieren, Malfoy", drohe Voldemort in einer leisen, gepressten Stimme. "Ich will den Verräter gebrochen und wimmernd vor mir sehen. Ich werde nicht dulden, dass sich jemand von mir abwendet und mich verrät. Severus ist mein, mit Körper und Seele und ich will, dass er das auch realisiert. Erst dann wird er die Gnade des Todes erfahren."

Harry atmete scharf ein. Severus? Voldemort konnte doch wohl nicht Severus Snape meinen? Snape war tot. Harry hatte es selber gesehen. Aber Severus war kein sehr häufiger Name...

"Mein Lord. Es wird so sein, wie ihr es wünscht. Aber ihn zu brechen ist nicht einfach und braucht Zeit. Er kennt die Wege und Ziele der Folter zu gut und er hat sich in den Kopf gesetzt, zu sterben ohne seinen Willen zu verlieren, und man kann über ihn sagen was man will, aber er ist stur. Es braucht einiges an Überzeugungskraft, um einen Mann wie ihn zu brechen, doch ich habe das bis jetzt noch bei jedem geschafft und ich weiss wie Severus Snape denkt und womit ich ihn treffen kann. Ich werde euch nicht enttäuschen."

Harry keuchte entsetzt. Malfoy hatte Severus Snape gesagt. Snape lebte. Eine unglaubliche Erleichterung überkam ihn. Im Moment war es ihm nicht wichtig wie Snape eine aufgeschlitzte Kehle hatte überleben können, oder dass er allem Anschein nach gefoltert wurde. Er war nicht tot, und das bedeutete, dass es eine Chance gab ihn zu retten und sich selbst von einer schweren Schuld reinzuwaschen.

Voldemort verzog nun das Gesicht zu einem kalten Lächeln. "Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du deine Aufgabe mehr als nur wenig geniesst, Lucius."

Der weissblonde Mann lächelte nur als Antwort.

Bevor Harry das Gesicht angewidert und entsetzt verziehen konnte, verschwamm die Szene wieder im Dunkel.

Als er die Augen erneut aufschlug, sein ganzer Körper und vor allem sein linker Arm dumpf schmerzend, blickte er an die weisse Decke der Krankenstation, Dumbledores besorgtes Gesicht über ihn gebeugt.






 

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