phoenixfedern

 

Zurück

 

Zurück zur
Startseite

Prolog



Wie lange standen wir dort, inmitten des Schlachtfeldes? Ich weiß es nicht mehr. Die Zeitabstände sind verwackelt, zu verwischt, um noch eine klare Erinnerung abzugeben.

Es muss gegen Mittag gewesen sein, als Auroren eintrafen. Arthur Weasley, mit seiner Frau und Ginny, die einzige Überlebende von so vielen Kindern. Welche Opfer hat diese Familie gebracht?

Ich saß im Krater, auf einem Stein, Fawkes in meinen Armen, an die Wunde in meiner Seite gepresst, die jetzt stechend schmerzte. Harry Potter saß mir gegenüber. Wir haben beide geschwiegen. Wie ein Versprechen, das keiner von uns beiden etwas sagen würde, saßen wir beide da und haben einfach gewartet. Worauf wir gewartet haben? Auf die Auroren, würde ich heute sagen. Aber das wäre nicht wahr, und ich weiß es. Wir haben auf das Ende der Welt gewartet.

Inmitten so vieler Toten, inmitten des Blutes und der Stille, in der man immer noch die Schreie hören konnte, inmitten dieses Grauens, saßen wir und warteten. Nach so einem Kampf kann sich die Welt doch nicht einfach weiterdrehen. Nach so einem Kampf muss sie doch den Atem anhalten, stillstehen. Wenigstens einen Augenblick.

Aber diesen Gefallen tat sie uns nicht. Sie drehte sich weiter, die Sonne stieg hinauf, die Vögel begannen zu singen. Wie konnten sie singen, wo wir hier saßen, und warteten? Es ist mir bis heute unerklärlich. Aber sie sangen damals, und sie singen noch heute.

"Harry!" Molly schrie auf, als sie den Krater erreichten. Beide Weasleys stürzten hinunter, rissen den Jungen an sich, streichelten und herzten. Ginny umklammerte ihn. Allen liefen Tränen über die Wangen. Nur Harry Potter schwieg. Er sagte nichts. Keine Begrüßung, keine Tränen. Als wäre er tot.

Nachdenklich betrachte ich diese Szene. Ich hätte wirklich sterben sollen, Stunden vorher, im Kampf, oder wenigstens erfrieren. Aber dieses Glück hatte ich nicht. Ich will nicht behaupten, dass ich nie Glück hatte. Aber zumindest zu dieser Zeit hatte ich kein Stück davon. Anscheinend hat jemand anderes dieses Glück gerade nötiger gehabt als ich.

"Severus?" Ein alter Bekannter von mir, Auror beim Ministerium, kam auf mich zu. Ich sah hoch, lächelte ihn an. Er stand vor mir, betrachtete mich, verwundert, erstaunt. Warum hast du überlebt? Diese Frage, niemals hat sie mir jemand gestellt, niemals, dabei müssen so viele sie gedacht haben. Ich wünschte, sie hätten sie gestellt.

An diesem Punkt der Geschichte muss ich das Bewusstsein verloren haben, denn als ich das nächste Mal erwachte, lag ich in einem Bett in Sankt Mungos. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund schmerzte mein ganzer Körper. Warum schmerzte er? Ich hatte doch nur die kleine Wunde an der Seite.

Die nächsten Tage - oder waren es Wochen? - verbrachte ich in einem permanenten Zustand der Ohnmacht. Wenn ich erwachte, dann nur für sehr kurz. Wie Watte kommt mir diese Zeit heute vor, weich, weiß, wattig eben. Als wäre ich permanent in einer Wolke gewesen, verhüllt. Schwebend.

Der Absturz kam erst später, nachdem mein Körper wieder einigermaßen zusammengeflickt war. Dafür fiel ich tiefer, als ich je in meinem Leben fallen wollte. Abgrundtief.


Kapitel 1

 

Zurück