Die Schwarze Rose 2

 

 

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Kapitel 14: Charming Molly

 

Derweil in Frankreich

Erzählt von Catherine Dafayet

Den ganzen Tag über hatte ich an der Analyse von Severus Snapes Blutprobe gesessen. Erschöpft nahm ich die Brille ab und wischte mir über die brennenden Augen. Es ergab alles einfach keinen Sinn. Die verschiedenen Stoffe in seinem Blut waren in keinen logischen Zusammenhang zu bringen. Es passte nichts zueinander. Kein Trank, keine Essenz, keine Droge die ich kannte. Nichts das jemals im Netzwerk des französischen Zaubereiministeriums registriert worden wäre. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, doch Snapes Symptome sprachen für sich. Halluzinationen, Realitätsverlust, Gereiztheit einhergehend mit Schwindel, Bluthochdruck, Übelkeit und Kopfschmerzen. Wobei das ein oder andere natürlich auch durch die verschleppte Lungenentzündung verursacht wurde.

Resigniert setzte ich die Brille wieder auf. Es brachte nichts noch länger an der Sache zu sitzen, ich kam einfach auf keinen grünen Zweig. Müde warf ich den Kittel über die Stuhllehne und verliess etwas ärgerlich das Labor. Ich hasste es zuzugeben, wenn ich an meine Grenzen stiess.

"Feierabend?"

Erschrocken fuhr ich herum. "Oh, Monsieur Lafite. Sie sind noch da?" Ich presste die Hand auf mein wild pochendes Herz. Ich hatte ihn nicht bemerkt. Fast hätte ich mein Klemmbrett fallen gelassen.

"Habe ich Sie erschreckt?"

"Nein, ich äh... ja, haben Sie." Ich lachte nervös. "Wollten Sie zu mir?"

"Nur kurz. Gibt's etwas Neues im Fall Snape? Haben Sie das Teufelszeug analysiert?"

Langsam schüttelte ich den Kopf. "Leider nein." Ich warf einen flüchtigen Blick auf die Liste auf meinem Brett. "Die Inhaltsstoffe habe ich fast alle entschlüsselt, doch ich vermag noch immer keine Wirkungsweise oder eine Absicht hinter dem Ganzen zu entdecken. Es scheint alles wild durcheinander gewürfelt."

"Hmmm... der Kerl, der ihm dieses Zeug verabreicht hat, ist kein dummer Mann... Haben Sie Snape die Inhaltsstoffliste gezeigt?"

"Nein, noch nicht. Ich wollte gerade nach ihm sehen."

"Lassen Sie mich wissen, sobald sich etwas ergibt."

Ich nickte. "Guten Abend; Monsieur Lafite".

Kurze Zeit später erreichte ich den Arrestblock. Als ich Snapes Zelle betrat, stand er bereits angezogen am Fenster. Die Ministeriumselfen hatten seine Kleidung mitgenommen und ihm den universellen Arrestoverall gebracht - dunkelgrau, mit einem Ministeriumsaufnäher auf der Brust und den weissen Buchstaben auf dem Rücken, welche ihn von weitem als Arrestler kennzeichneten. Er hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt, während er wohl durch die Gitterstäbe etwas von seiner Umgebung zu erkennen suchte.

Ich räusperte mich. Langsam drehte er sich zu mir um. Unter seinen grün-braunen Augen lagen dunkle Schatten, trotzdem sah er besser aus als am Tag zuvor. Ein leichter Schauer lief mir über den Rücken als ich versuchte, den Ausdruck in seinen Augen zu lesen. Er machte mir Angst. Doch der Augenblick verflog und ich wurde mir wieder meiner Aufgabe als Heilerin bewusst. "Wie geht es Ihnen heute Abend?"

Er senkte kurz den Blick. "Danke, es ging mir schon mal besser."

"Noch immer Kopfschmerzen?"

"Auch das Atmen tut noch immer weh."

Ich nickte. "Das war zu erwarten. Mit einer so böse verschleppten Lungenentzündung ist nicht zu spassen."

"Bringen Sie Neuigkeiten? Haben Sie die Blutwerte analysiert?"

Ich blickte kurz zu Boden und wies dann auf den kleinen Tisch mit den beiden Stühlen in der Ecke. "Bitte setzen Sie sich."

Er musterte mich genau. "Gibt es Probleme?" Als ich nichts darauf erwiderte, meinte er: "Es gibt Probleme."

"Ja, sehen Sie, es ist folgendes:" Vorsichtig breitete ich alle Analyseberichte auf dem Tisch aus. "Es sind ziemlich viele verschiedene Stoffe in Ihrem Blut, welche nicht dorthin gehören. Das Problem ist nun, dass keiner der Stoffe so recht zum anderen passen will. Sie gehören zu keinem gängigen Trank oder Gift, welches uns bekannt ist. Es sind willkürlich ausgewählte Ingredienzien. Jedenfalls sieht es für mich so aus."

Er überflog die Papiere. Stirnrunzelnd blieb sein Blick mal auf dieser, mal auf der anderen Auswertung haften.

"Sehen Sie was ich meine?"

Er nickte leicht. "In der Tat sind die Werte nicht wirklich logisch zu erklären, nicht auf den ersten Blick." Er fuhr sich durch die Haare. "Wäre es möglich, dass Sie mir diese Auswertungen überlassen könnten? Ich würde mir die Werte gern noch etwas genauer ansehen."

"Selbstverständlich. Darauf hatte ich ehrlich gesagt gehofft."

"Ich bräuchte jedoch Zugang zu einem Labor. Anders lassen sich die verschiedenen Abmessungen nicht überprüfen."

Ich pfiff durch die Zähne. "Das allerdings könnte schwierig werden. Wenn es nur um mich gehen würde, dann würde ich Ihnen mit dem grössten Vergnügen mein Labor zur Verfügung stellen, schliesslich sind Sie eine Koryphäe was die Alchemie angeht. Jedoch liegt dies nicht in meiner Kompetenz."

"Weil ich ein Gefangener bin?" Seine Stimme klang nun leise und gefährlich, seine Augen glitzerten.

Eine Gänsehaut lief mir über den Rücken und ich versicherte hastig: "Ich werde sehen was sich tun lässt." Somit stand ich auf und liess ihn allein. Die Analysen liess ich auf dem Tisch liegen. Dies konnte ich als Missgeschick abtun. Das andere jedoch... das Benützen eines Labors, das musste schon das Ministerium zulassen. Jean-Pierre würde dazu seine Zustimmung geben müssen, doch vor morgen früh konnte ich nichts mehr tun. Jean-Pierre war in den schäbigsten Vierteln von Rouen unterwegs und somit nicht zu erreichen. Ich schüttelte mich. Keine Ahnung was Snape an sich hatte, ich war froh, da raus zu sein. Ich freute mich auf zuhause, auf ein heisses Bad, ein Glas guten Weins und ein schmackhaftes Nachtessen.


Erzählt von Lucius Malfoy


Seit knapp einer Stunde war ich wieder hier in Rouen. Mein Meister hatte mich umgehend hergeschickt, damit ich mich persönlich um den letzten vernichtenden Schlag gegen Severus Snape kümmerte. Stolz schwellte meine Brust. Endlich hatte ich es geschafft. Severus Snape war endgültig unten durch und ich an seine Stelle getreten. Wie lange hatte ich mir dies erträumt und doch kaum zu hoffen gewagt. Und nun wurde mir sogar die Ehre zu teil, mich um das letzte Detail zu kümmern.

Kalt lächelnd schlug ich den weichen Pelzkragen meines Wintermantels hoch. Der Wind pfiff scharf über die Seine und die Schiffe im Hafen ächzten im Wind. Ein schäbiges Viertel, ganz unten im Hafen, hatte ich mir als Treffpunkt ausgesucht. Es entsprach keineswegs meinem Geschmack noch meinen Gepflogenheiten, doch für diesen Anlass hätte es treffender nicht sein können.

Noch ein kurzer Blick in die menschenleere Gasse, bevor ich die ‚Charming Molly' betrat - eine kleine, böse heruntergekommene Hafenkneipe, in welcher sich der Abschaum Rouens traf und ihr Elend im Suff ertränkte.

Heiss und schwanger vom Rauch grässlicher Zigarren durchmischt mit dem Gestank von billigem Fusel, schlug mir die Luft entgegen. Ohne mir etwas anmerken zu lassen, schluckte ich meinen Ekel hinunter und schloss die Tür hinter mir. Der Barklimperer hatte aufgehört zu spielen, doch der augenscheinliche Kneipenbesitzer nickte ihm zu, dass er weiterspielen möge. Die Gäste nahmen mich kaum wahr, während sie lärmend und lallend auf ihren Stühlen hingen. Der Kneipenbesitzer musterte mich berechnend und in seinen schwarzen Schweinsaugen konnte ich erkennen, dass er ein Geschäft witterte. Ein dreckiges Geschirrtuch über der linken Schulter stiess er sich vom Tresen ab und mit nur zwei Schritten stand er bereits vor mir. "Bitte mein Herr, dort hinten habe ich noch ein Plätzchen für Sie bereit. Extra für Sie." Er katzbuckelte schier, als er mich zu meinem Tisch in der hinteren Ecke begleitete. "Was darf ich Ihnen bringen?"

"Eine Flasche Ihres besten Weins und ..." Ich hatte meinen Satz noch nicht beendet, als er bereits ein Mädchen an meinen Tisch winkte. Sie wirkte müde und ihr Gesicht war verlebt. Auch die dicke Schicht Schminke konnte das Veilchen unter dem rechten Auge nicht ganz überdecken und das schwere süsse Parfüm raubte mir den letzten Sauerstoff. Ekel stieg in mir hoch. Das Mädchen war kaum sechzehn. Darin war ich mir sicher.

"Das hier ist Mira. Sei schön nett zu dem Herrn, Mira."

Sie wollte sich auf meinen Schoss setzen, da wehrte ich ab. Der Wirt packte Mira und schlug sie heftig ins Gesicht. Schluchzend fiel das Mädchen gegen die Wand und kauerte sich in der Ecke zusammen. "Verschwinde hier!" zischte er ihr zu, doch bevor er erneut zuschlagen konnte, packte ich seinen Arm und drehte ihm diesen kurzerhand auf den Rücken und presste sein Gesicht auf das speckige Tischblatt. Der Wirt keuchte auf.

"Was zum-"

Ich beugte mich tief zu ihm hinunter. "Wage es nie wieder, mich zu unterbrechen oder dir anzumassen zu wissen, was ich möchte. Verstanden?"

Der Wirt nickte und sein fettiges Haar fiel ihm ins Gesicht. Ich liess ihn los und warf angewidert eine Münze auf den Tisch, welche der Wirt hastig in seiner Tasche verschwinden liess.

"Und jetzt bring den Wein und lass mich in Ruhe".

"Wie Sie wünschen, Herr", brachte er heiser heraus und verschwand hinter die Theke. Als ich mich umsah war das Mädchen verschwunden. Von den anwesenden Gästen schien keiner Notiz von dem kleinen Zwischenfall genommen zu haben. Das Lokal hatte ich demnach richtig gewählt. Ich warf einen flüchtigen Blick auf meine Taschenuhr. Genau rechtzeitig. Mein Kontakt würde demnächst auftauchen. Erwartungsvoll lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und wartete.



Erzählt von Severus Snape


Erschöpft liess ich mich aufs Bett fallen. Das Ganze hier durfte doch einfach nicht wahr sein. Ich sass fest im französischen Zaubereiministerium und das mit dem mächtigsten Feind auf den Fersen, den man sich nur vorstellen konnte. Ich musste etwas tun, doch ich konnte nur abwarten. Langsam aber sicher machte mich die Sache verrückt. Ich war mir fast sicher, welches Gift mir der dunkle Lord hatte verabreichen lassen. Im Moment fehlte nur noch die letzte und wichtigste Komponente. Ich konnte nicht stilliegen, meine Muskeln brannten und die Nervosität, die mich vor ein paar Minuten befallen hatte, brachte mich fast um den Verstand. Ich stand auf und begann in meiner Zelle auf- und abzugehen. Wohl zum hundertsten Mal überprüfte ich Fenster und Tür. Doch nichts. Nicht die geringste Schwachstelle. Ich sass hier wie auf dem Präsentierteller, wehrlos ohne Zauberstab oder sonstige Mittel. Meine einzige Chance war das Labor.

Plötzlich zerriss ein Schrei die Stille. Ich presste meine Hände auf die Stirn und ein alles vernichtender Schmerz in meinem Kopf liess mich zu Boden gehen. Es existierte nichts weiter, als dieser alles verzehrende Schmerz. Ein paar Minuten, dann war es vorbei. Zitternd kauerte ich auf dem Boden. Nur ein höhnisches Lachen hallte durch das Zimmer. Keuchend blickte ich mich um. Nichts. Es war niemand hier. Niemand. Doch das Lachen hatte ich erkannt. Es war nicht menschlichen Ursprungs. Nein. Es bestand kein Zweifel mehr. Der dunkle Lord hatte mich definitiv gefunden.



 

 

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