Snape mal 2

 

 

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Kapitel 15: Wolfsheiltrank

Severin hatte Severus in die 'Drei Besen' nach Hogsmeade eingeladen, weil er zum einen einfach mal raus wollte und zum anderen Severus aus seinem Alltagstrott reißen wollte. Nun saßen sie an einem kleinen Ecktisch, Severin starrte in seinen Krug mit Guinness und hörte geduldig Severus zu, der sich gerade begeistert über die Kompliziertheit des Wolfsbanntrankes in Feuer redete. Severin hatte eine ganze Zeitlang nicht wirklich zugehört, weil das Thema Zaubertränke auf ihn für gewöhnlich immer eher einschläfernd wirkte, aber dann fiel ihm plötzlich etwas ein. "Wieso behandelt ihr eigentlich nur die Symptome beim Werwolf und heilt ihn nicht einfach?", fragte er mitten in Severus' Ausführungen.
Dieser geriet aus dem Konzept und starrte dann Severin an, als wäre diesem gerade ein zweiter Kopf gewachsen. "Har har, sehr witzig", brummte er dann. "Meinst du nicht, dass, wenn jemand ein Gegenmittel wüsste, es nicht schon längst benutzt worden wäre?"
Severin verstand das Problem nicht ganz. "Na dann entwickle doch einfach ein Gegenmittel", sagte er leichthin.
"Als ob das so einfach wäre und als ob sich nicht schon etliche Medi-Zauberer und Tränke-Experten damit befasst hätten. Severin, manchmal frage ich mich, ob wir zwei wirklich dieselbe Person sein können." Severus schüttelte genervt den Kopf.
Severin dachte nach. In seiner Welt gab es dieses Gegenmittel schon lange und deshalb hatte er es irgendwie für selbstverständlich gehalten, dass dem hier auch so sei und dass es irgend einen anderen Grund gäbe, wieso Remus noch immer infiziert war. Severin war zwar kein Zaubertränkeexperte wie Severus, aber er hatte ein hervorragendes Gedächtnis, die Muggel nannten es fotographisch, und seine Eltern hatten, sobald man sein Talent erkannt hatte, früh genug dafür gesorgt, dass diese Fähigkeit nicht verkümmert, sondern trainiert worden war.
Er hatte vor einiger Zeit einen Artikel über dieses Gegenmittel gelesen, im Rahmen seines Jobs als Auror, und er konnte sich an alle Details erinnern, als ob das Pergament, auf dem das stand, jetzt direkt vor ihm liegen würde und er es nur abzulesen bräuchte.
Severin wollte gerade ansetzen, um Severus die Zutatenliste und deren Verwendung aufzuzählen, als er sich gerade noch beherrschte und stattdessen schnell einen tiefen Zug Guinness nahm, um erst mal nachzudenken. Sicher konnte er Severus alles verraten, dieser würde das Gegenmittel nachbrauen und einer Menge Leute wäre geholfen. Aber wäre es nicht viel besser, wenn es so aussehen würde, als wäre diese Erfindung ganz allein auf Severus' Mist gewachsen? Ein bisschen Anerkennung konnte dieser ganz dringend brauchen, der Meinung war Severin, seit er sein Gegenstück in dieser Welt kennengelernt hatte. Aber Severus würde niemals das Mittel als seine Kreation ausgeben, wenn dem nicht so wäre bzw. wenn er nicht glauben würde, dass er der Erfinder war.
Aber wie konnte Severin ihn dazu bringen, genau das anzunehmen?
Nach dem zweiten Guinness kam ihm ein Gedanke. "Und was wenn man diesen Wolfsbanntrank nimmt und.... äh.... zum Beispiel einen Bezoar reintut?", fragte er und stellte den Krug schwerfällig auf den Tisch. Nachdenken mit Alkoholunterstützung strengte ziemlich an.
Severus, der sich gerade wieder über den Wolfsbanntrank ausgelassen hatte, diesmal war er bei den Nebenwirkungen, stutzte. "Wieso einen Bezoar?", fragte er irritiert.
"Naja, das Ding neutralisiert doch die meisten Gifte und im Prinzip ist dieser Werwolfvirus, oder wie man das Ding nennen kann, doch nichts weiter als eine Art Vergiftung, oder nicht?"
"Also du stellst dir das ein bisschen einfach vor", nörgelte Severus, dem es auf den Geist ging, durch derart unqualifizierte Bemerkungen dauernd in seinen Ausführungen gestört zu werden.
"Ich mein ja nur", zuckte Severin mit den Schultern. "Hast du so ein Ding schon mal reingetan, oder nicht?"
"Nein", knurrte Severus, "es würde sowieso nicht funktionieren."
"Nein, alleine sicher nicht. Das wäre bestimmt zu einfach, denn das haben bestimmt schon ein Haufen Leute ausprobiert. Aber... na ja, versuch es doch einfach mal und schau dann, was dir noch so einfällt", grinste Severin und leerte den dritten Krug. "So, ich bin für heute abgefüllt. Wie sieht's mit dir aus?"
Severus nickte und erhob sich schnell, froh über die Aussicht, wieder in seine Kerker verschwinden zu 'dürfen'. Er war nur mit Severin mitgegangen, um ihm einen Gefallen zu tun, dafür, dass er Sirius diesen Streich gespielt, und ihnen bei ihrer Versöhnung geholfen hatte. Sie zahlten bei Rosmerta an der Theke und verließen die 'Drei Besen'.

***



In den nächsten Tagen vergrub sich Severus, wenn er gerade keinen Unterricht geben musste, in seinem Labor und forschte auf Teufel-komm-raus. Die Unterhaltung mit Severin hatte ihn regelrecht angestachelt und seinen Ehrgeiz geweckt. Die Schüler bemerkten das neue Hobby ihres Lehrers nur dahingehend, als dass sie kaum bis gar keine Hausaufgaben mehr aufbekamen und auch keine Tests schreiben mussten. Severus hatte schlicht keine Lust, seine Zeit mit dem Korrigieren von Aufsätzen und Arbeiten zu verschwenden.
Severin hatte sich ohne zu fragen kurzerhand bei Severus im Labor mit einquartiert und während der Tränkemeister mit mehreren Kesseln gleichzeitig arbeitete, dabei an seiner Tafel und in seinen Pergamenten auf dem Tisch Aufzeichnungen machte, saß Severin abseits, korrigierte die Arbeiten seiner Schüler und bereitete die nächsten Unterrichtsstunden in Muggelkunde vor.
Zuerst hatte Severus die Anwesenheit des Anderen als störend empfunden, da er es gewohnt war, alleine zu arbeiten, aber da Severins Anwesenheit eigentlich nicht zu merken war, gewöhnte er sich daran und registrierte ihn meistens nicht einmal wirklich.
Ab und zu stand Severin auf und ging einige Schritte im Raum auf und ab, um sich die Beine zu vertreten. Dabei schaute er mal in den einen, mal in den anderen Kessel, warf den einen oder anderen flüchtigen Blick auf die Aufzeichnungen, und machte - wenn Severus gerade nicht hinsah - unauffällig Korrekturen oder Ergänzungen an Severus' Formeln. Dem fiel das nicht weiter auf, da er zum einen inzwischen ein ziemliches Chaos angerichtet hatte, bei dem sich Severin wunderte, dass er überhaupt noch durchsah, und zum anderen beide eine sehr ähnliche Handschrift hatten.
So zog sich das einige Wochen hin und endlich bekam Severus, der die Testzwischenergebnisse immer ins Ministeriumslabor gesandt hatte, weil man dort die Möglichkeit hatte, die Tränke auf ihre Wirksamkeit zu testen, den lange ersehnten positiven Bescheid. Sicher, er hätte es auch an Remus testen können, aber das wollte er dann doch nicht. Immerhin war aus dem ehemaligen Feind inzwischen ein guter Freund geworden und bei manchen Testtränken hatte Severus wirklich nicht gewusst, welche Nebenwirkungen entstanden wären.
Aber jetzt endlich hatte er es geschafft. Erfreut schaute sich Severus in dem Brief das Rezept an, welches schlussendlich den Durchbruch geschafft hatte. Dann fiel sein Blick auf den Kalender. Er versorgte jetzt Remus bereits wieder seit knapp einer Woche mit dem Werwolfbanntrank, und heute Abend wäre wieder der erste Vollmond fällig. Severus beschloss, Remus diesmal statt dem üblichen Banntrank den neuen Werwolfheiltrank zu bringen.

Eine Stunde später stand er mit dem dampfenden Becher vor Remus' Tür und brachte ihm das frisch hergestellte Gebräu. Remus öffnete. Er sah schon wieder ziemlich schlecht aus. Die zu erwartende Veränderung in dieser Nacht zeigte bereits deutliche Spuren. Er sah müde aus und wirkte matt, aber als er Severus sah, straffte er sich und bat ihn herein. "Ah, Severus, danke dass du mir den Trank bringst. Ich brüte grad auch noch eine Erkältung oder so was aus und hatte schon überlegt, ob ich eine Hauselfe schicke, den Trank zu holen."
Er nahm Severus den Becher ab und schnupperte dran. "Das riecht aber nicht wie der sonstige Trank." Fragend schaute er Snape an.
"Mach dir keine Sorgen, ich will dich nicht vergiften", grinste Severus. "Ich hab ihn nur etwas .... äh... modifiziert. Du hast dich doch immer beschwert, dass das Gebräu nicht schmeckt."
"Aber du sagtest doch, dass Zucker den Trank ruinieren würde", sagte Remus und legte den Kopf schief.
"Ist ja auch kein Zucker drin. Vertraust du mir nicht?" Severus versuchte sich in unschuldigem Augenaufschlag, was Remus noch misstrauischer werden ließ. Er freute sich zwar, dass Severus - wenn auch langsam - auftaute, aber es war noch recht ungewohnt, wenn dieser plötzlich Dinge tat, wie zum Beispiel grinsen... also freundlich grinsen, nicht dieses hinterhältige unheilverkündende Grinsen. Aber andererseits hatte Severus auch als sie noch Feinde waren nie versucht ihn zu vergiften. Vorsichtig nippte Remus an dem Gebräu und stellte fest, dass es wirklich widerlich schmeckte, ganz im Gegensatz zu dem angenehmen Geruch. Enttäuscht und angeekelt verzog er das Gesicht. "Igitt", schnaufte er. "Da hast du dich ja selber übertroffen. Das ist ja der Gipfel in Punkto Widerlichkeit."
"Ach wirklich?", fragte Severus unschuldig. "Tut mir leid. Gerochen hat es gut und kosten konnte ich es aus naheliegenden Gründen nicht."
"Schon gut", murmelte Remus und kippte den Inhalt des Bechers mit einem Zug hinunter. "Mach das nächste Mal aber bitte wieder das andere widerliche Zeug."
"Wenn es ein nächstes Mal geben wird", antwortete Severus trocken, nahm Remus den Becher ab und verließ ihn ohne ein weiteres Wort. Draußen konnte er dann nicht mehr ernst bleiben. Leise vor sich hinkichernd ging er in sein Labor zurück, um aufzuräumen.
Zurück blieb ein verdutzter Remus, dem die letzten Worte von Severus im Kopf herumspukten. Was hatte Snape nur gemeint fragte er sich und leises Unbehagen stieg in ihm auf.
Es klopfte erneut und Sirius betrat Remus' Wohnzimmer. "Na Kumpel, bereit für die Nacht?", fragte er grinsend.
"Ja, ich denke schon - hoffentlich", sagte dieser nachdenklich.
"Was ist denn los?", fragte Sirius.
Remus erzählte ihm von Severus' seltsamen Verhalten und Sirius wollte sich sofort auf machen, um Severus zur Rede zu stellen, aber Remus hielt ihn zurück. "Lass mal, ich glaube nicht, dass er uns schon wieder einen Streich spielt. Nicht in dieser Angelegenheit."
Sirius schaute ihn zweifelnd an, aber er ließ sich überzeugen und verwandelte sich schon mal in den Hund, um Remus, sobald dieser sich in den Werwolf verwandelt hatte, Gesellschaft zu leisten.
Er rollte sich vor dem Kamin zusammen und wartete mit Remus auf die Verwandlung. Und wartete. Und wartete.
Irgendwann schliefen beide ein und am nächsten Morgen lagen da noch immer ein Mann auf dem Sofa, und ein Hund vor dem Kamin.

Remus erwachte und fühlte sich erfrischt und gestärkt. Er schaute an sich herunter und verstand die Welt nicht mehr. Er hatte sich nicht verwandelt, zum ersten Mal, seit ihn vor vielen Jahren der Werwolf erwischt hatte. Sirius verwandelte sich gerade wieder zurück und starrte Remus an. "Hab ich irgendwas verpasst?"
"Nein, eigentlich nichts", sagte Remus nachdenklich. "Gar nichts, um genau zu sein. Ich hab mich nicht verwandelt, weißt du..."
"Aber wie ist das möglich?" Sirius fuhr sich durchs Haar.
"Na ja, ich schätze mal, unser Verdacht war richtig, dass Severus irgendwas mit dem Trank angestellt hat, nur haben wir in die falsche Richtung gedacht." Remus sprach langsam und vorsichtig, als würde er fürchten, dass er sich bei einem falschen Wort sofort doch noch in den Werwolf verwandeln würde. "Ich glaube, ich verstehe jetzt, was Severus meinte, als er sagte, dass es vielleicht kein nächstes Mal geben würde, oder so ähnlich. Ich glaube, er hat ein Gegenmittel gefunden. Oder was meinst du?" Hoffnungsvoll schaute er zu seinem Freund auf, der vor ihm stand.
"Glaubst du?", fragte dieser zweifelnd. "Das hat noch niemand gefunden."
"Ja, stimmt, aber Severus ist ja auch nicht irgendwer. Er ist ein Meister seines Faches und wir wissen ja beide, dass er hin und wieder an dem Trank herumforschte. Ich hätte aber nie damit gerechnet, dass er wirklich Erfolg haben würde."
Sirius hatte etwas Schwierigkeiten, diese Neuigkeit zu verarbeiten...

Einige Zeit später klopfte es an Severus' Tür Sturm. Missmutig schlurfte er hin und öffnete. Er hasste es, wenn die Leute ihm fast die Tür zerschlugen. Sirius raste an ihm vorbei ins Wohnzimmer und baute sich vor Severus auf, der die Tür geschlossen hatte und ihm ein paar Schritte gefolgt war. "Sag mal Black (manchmal verfiel Severus noch in alte Gewohnheiten), hast du kein Zuhause? Was trittst du mir hier fast die Tür ein?"
Sirius antworte nicht, sondern riss Severus an sich und umarmte ihn stürmisch. "Du hast Remus geheilt. Ich kann es noch gar nicht fassen. Wie hast du das gemacht?"
Severus befreite sich, peinlich berührt, aus der Umarmung und drückte Sirius ein Stück von sich weg. Zuviel Nähe war ihm nicht ganz geheuer. "So dies und das. Hauptsächlich geforscht... Hat es also geklappt?", fragte er neugierig.
"Remus hat sich nicht in einen Werwolf verwandelt, wenn es das ist, was der Trank bezwecken sollte", strahlte Sirius.
Beide bemerkten nicht, dass sich die Tür wieder geöffnet hatte und Severin am Türrahmen gelehnt stand und das ganze leicht lächelnd beobachtete.
"Ja, das habe ich im Prinzip bezweckt", antwortete Severus ruhig, wobei er mühsam seine Freude über diese Nachricht verbarg.
"Und?", fragte Sirius aufgeregt. "Muss Remus den neuen Trank so einnehmen wie den anderen? Also immer schon eine Woche vorher und so?"
"Nein, wenn der Trank so funktioniert wie ich es mir vorstelle, dann muss er ihn nie wieder einnehmen, oder vielleicht höchstens noch ein oder zwei Mal, um sicher zu gehen." Severus hatte das in einem gleichgültigen Tonfall gesagt, als würde er über das Wetter plaudern. Ja, er konnte sich prima verstellen.
"Echt?", fragte Sirius verblüfft. "Du meinst, er ist dann geheilt? Nie wieder Werwolf?"
"So hab ich mir das vorgestellt. Ja." Jetzt konnte Severus nicht mehr anders und er grinste Sirius an.
"Du bist unglaublich!", rief Sirius begeistert und riss Severus schon wieder in eine feste Umarmung.
"Wo steckt Remus eigentlich?", nuschelte Severus in Sirius' Robe, nach ein oder zwei vergeblichen Versuchen sich zu befreien.
"Hockt auf dem Sofa und heult", grinste Sirius und ließ den Tränkemeister nun endlich los."
"Wieso das denn?", fragte Severus irritiert. "Ich dachte, er würde sich freuen, wenn er geheilt würde."
"Deshalb flennt er ja", kicherte Sirius. "Die Freude hat ihn übermannt."
"Verstehe einer diesen Werwolf", schüttelte Severus den Kopf und verbesserte sich gleich: "Ex-Werwolf."
"Ja, genau, Ex-Werwolf... wie das klingt...", freute sich Sirius. "Ich geh dann mal zu ihm zurück, okay?"
"Lass dich nicht aufhalten", antwortete Severus und drückte ihm eine Packung Taschentücher in die Hand, die auf einem Tisch lag. "Hier, falls seine Bestände aufgebraucht sind."
Sirius schaute lachend auf die Taschentücher in seiner Hand und rannte dann fröhlich aus dem Raum, wobei er Severin, der noch immer im Türrahmen lehnte, grüßend auf die Schulter schlug und ihm zurief: "Lass dir mal von Severus erzählen, was er angestellt hat." Damit war er verschwunden.
Severin löste sich vom Türrahmen und ging langsam in den Raum. "Es hat also geklappt", stellte er fest. "Gratuliere. Ich wusste doch, dass du es schaffen würdest."
"Ja", grinste Severus, "und ich hatte sogar Verwendung für deinen Bezoar, stell dir vor."
"Toll", sagte Severin. "Ich wollte grad zum Frühstück, kommst du mit?"
"Nein, ich wollte noch einen Brief schreiben und komm dann nach", lehnte Severus ab.
"Okay, aber lass nicht wieder das Frühstück ausfallen, sonst hetz ich dir die gesamte Hauselfen-Armee von Hogwarts auf den Hals", grinste Severin und verließ ebenfalls den Raum.

Endlich alleine wollte Severus einen Brief an die Forschungsabteilung des Ministeriums schreiben, um ihnen von dem Erfolg zu berichten, als die Tür schon wieder aufging und Direktor Dumbledore fröhlich, mit einem Brief wedelnd, in sein Labor kam. "Severus, mein Lieber! Warum haben Sie mir denn nichts davon erzählt?", fragte Albus und klopfte dem überraschten Tränkemeister anerkennend auf die Schulter.
"Wieso? Was meinen Sie denn?", fragte Severus irritiert, weil er sich nicht vorstellen konnten, dass die Neuigkeit schon verbreitet würde. Aber da hatte er sich geirrt, denn Albus hielt ihm den Brief unter die Nase. "Hier steht es. Sie haben ein Heilmittel für Werwölfe gefunden und Sie kriegen dafür den Merlinorden 1. Klasse. Gratuliere!"
'Merlinorden?', dachte Severus überrascht. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Er hatte doch nur ein bisschen herumgeforscht und eigentlich war es ihm jetzt ziemlich unangenehm, dass nun so ein großes Tamtam um die Sache gemacht wurde. Mussten diese Ministeriumsidioten das auch gleich an die große Glocke hängen?
"Was ist denn?", fragte Dumbledore, der sich wunderte, dass Snape nicht wie erwartet reagierte. "Stimmt es etwa nicht? Haben die sich wieder irgendwas ausgedacht?"
"Nein, nein", brummte Snape und hielt Albus den Brief des Ministeriums hin, der noch auf dem Tisch lag. "Ausnahmsweise haben sie mal Recht. Ich bin nur etwas überrascht, weil ich auch grad eben erst erfahren habe, dass es wirklich klappt."
"Ach so", grinste Albus und überflog den Brief. "Das sollten wir feiern, finden Sie nicht auch?"
"Äh... feiern?" Das bedeutete Geselligkeit, viele Leute, Fröhlichkeit - Dinge, vor denen sich Severus für gewöhnlich zu drücken pflegte, was auch meistens nicht sonderlich schwer war. Nur in diesem Fall würde er dafür wohl schlechte Chancen haben, denn vermutlich würde den anderen auffallen, wenn der Mittelpunkt der Feier verschwand. "Muss das sein?", fragte er mit einem möglichst missmutigen Gesicht, was ihm auch nicht weiter schwer viel, in der Hoffnung, dass sich Albus davon abschrecken ließ. Aber natürlich klappte es nicht. Albus kannte Severus schon zu lange und zu gut, als sich von dessen Knurrigkeit abschrecken zu lassen. "Ja, das muss sein", verkündete er fröhlich. "Ich liebe Feiern und das hier erscheint mir wie ein außerordentlich günstiger Grund, mal wieder eine Feier zu veranstalten."
Er überlegte kurz. "Mhm, heute ist zu kurzfristig, Minerva wollte noch irgend etwas wichtiges - und sicher langatmiges - mit mir besprechen. Morgen.... morgen ist Vollmond, da könnten dann Remus und Sirius nicht teil....." Er schlug sich mit der Hand vor die Stirn. "Was red ich denn? Remus muss sich ja nun nicht mehr um den Vollmond scheren und Sirius wird als Anstandswauwau für ihn auch nicht mehr benötigt. Klar, wir könnten morgen..."
"Moment", unterbrach Severus diesen Überschwang an Begeisterung. "Noch weiß ich nicht, ob das Mittel wirklich dauerhaft wirkt und auch wenn ich hier vom Ministerium den Bescheid habe, dass er funktioniert, möchte ich es doch lieber erst mit eigenen Augen sehen. Ich weiß auch nicht, wie schnell der Trank wirkt, ob eine einmalige Anwendung reicht, oder nicht... Das steht hier nämlich nicht in dem Brief drin."
Dumbledore räusperte sich und schraubte seine Begeisterung etwas herunter. "Ja, Sie haben Recht Severus. Was machen wir also jetzt?"
"Nun, ich bereite den Trank noch einmal frisch zu und gebe ihn Remus. Dann sehen wir weiter."
"Gut, gut", kicherte Dumbledore und rieb sich die Hände. "Der wird sich freuen."
"Das tut er schon", sagte Severus. "Sirius hat es mir grad erzählt. Jetzt heult er wie ein Schlosshund."
"Sirius?"
"Nein, Remus", grinste Severus. "Wollen wir hingehen und es uns ansehen?"
Dumbledore zwinkerte ihm zu. "Natürlich."
Gemeinsam gingen sie zu Remus und fanden ihn tatsächlich schniefend und gerade in ein Taschentuch schnäuzend auf seinem Sofa vor. Sirius saß daneben und grinste breit.
Bevor Severus irgend etwas sagen konnte, fand er sich erneut in einer Umarmung wieder. Remus zerquetschte ihn fast und durchweichte ihm dabei hemmungslos seine Robe, wobei er irgendwelche unzusammenhängenden Wortfetzen in Severus' Wäsche schluchzte.
Als es Severus endlich gelang, den Ex-Werwolf von sich abzupflücken, hätte es ihn nicht gewundert, wenn es dabei ein schmatzendes Geräusch gegeben hätte, welches aber zum Glück ausblieb. "Jetzt beruhig dich erst mal", brummelte er etwas verlegen. Irgendwie war ihm das peinlich. Soviel umarmt-werden und Herzlichkeiten hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht über sich ergehen lassen müssen, es sei denn, man zählte alles zusammen, und es war ein ziemlich ungewohntes Gefühl, also versuchte er so etwas wie Normalität zu schaffen. "Wollen wir frühstücken gehen?"
Remus schluckte, schaute kurz in einen Spiegel, der an der Wand hing, und schüttelte dann den Kopf. "Nein, besser nicht. Ich sehe im Moment nicht sehr repräsentabel aus. Ich lasse mir lieber was von den Elfen herbringen."
"Das ist eine wunderbare Idee", mischte sich nun Dumbledore strahlend ein. "Wir essen einfach alle vier hier und unterhalten uns ausgiebig." Und ehe irgend jemand etwas sagen konnte, hatte er mit einem Wink seines Zauberstabs ein üppiges Frühstück auf dem Wohnzimmertisch erscheinen lassen.
Die Vier setzten sich und es wurde ein angenehmes Frühstück, wenn man davon absah, dass Remus hin und wieder die Anwandlung hatte, Severus, neben dem er saß, unvermittelt zu umarmen, wobei diesem mehr als einmal das Brötchen aus der Hand fiel oder die Kaffeetasse fast zu Bruch ging. Aber nachdem Severus Sirius dazu hatte bewegen können, mit ihm den Platz zu tauschen, kam er auch endlich dazu, in Ruhe etwas zu essen.


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