Sünden der Väter

 

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Kapitel 12:
Ankunft in Münster




Da waren sie nun - vor den Toren der deutschen Schule für Zauberei und Hexerei. Das sollte sie sein? Sie sah nicht unbedingt so aus, wie die englischen Schüler es erwartet hatten. Wenn man es genau nahm, hatten sie auch nicht wirklich eine Vorstellung von irgendeiner anderen Schule außer Hogwarts. Die Lehrer hatten sie im Dunkeln tappen lassen, womöglich um die Überraschung zu vergrößern.
Die Schule erschien wie eine normale Muggelschule, sie war sogar für diese sichtbar! Das einzige, was die Muggel davon abhielt, Fragen zu stellen, war die Tatsache, daß an dem Tor das Schild ‚von Hohenburg - Schule für Hochbegabte' hing. Gut, das war auch eine Möglichkeit, die Schule vor neugierigen Blicken zu schützen.

Nicht, daß das gewaltige Anwesen keinerlei Aufmerksamkeit erweckte. Die riesige Gartenanlage war umwerfend. Die Rasenfläche erstreckte sich über wenigstens zwei Quidditchfelder und wurde nur durch eine wunderschöne Allee mit verschiedenen Baumarten, von denen einige für die Schüler gänzlich unbekannt waren, geteilt. Die Schulmauer wurde geschickt versteckt, da Bäume, die schon die ersten herbstlichen Verfärbungen aufwiesen, sowie verschiedene Büsche und andere Pflanzen eine Art Hecke bildeten, welche im Laufe der Jahre über die Mauer hinweg gewuchert war. Hinter dem großen Gebäude erstreckte sich ein Wald, ähnlich dem Verbotenen Wald, nur nicht ganz so furchteinflößend. Man konnte von Hohenburg sicherlich nicht mit Hogwarts vergleichen, aber das Anwesen stand dem englischen Schloss in seiner Pracht in nichts nach. Dies musste selbst Draco Malfoy zugeben, der in seinem siebzehnjährigen Leben schon so manches gesehen hatte und als britischer Zauberer einer angesehenen reinblütigen Familie Luxus gewöhnt war.

Bis auf einen freudestrahlenden Muggelkundeprofessor waren sämtliche Gruppenmitglieder erschöpft von der langen Reise. Immer noch beschwerten sich einige über die unsinnige Bahnfahrerei, von der sie nicht gerade begeistert gewesen waren. Am lautesten jammerten die Slytherins. Der schöne Anblick schien an den meisten vorüberzugehen, da sie sich nichts sehnlicher wünschten, als nach einer 24-Stunden-Reise in ihre Betten zu fallen.
Professor Malfoy führte die sichtlich genervte Gruppe die Allee entlang, die sich ins Unermessliche hinzuziehen schien. Vor der großen Eingangstür warteten zwei Personen auf die Neuankömmlinge.

"Guten Abend Adelheid, guten Abend Hektor. Schön, Sie beide wieder zu sehen." Professor Malfoy schien die beiden Wartenden gut zu kennen.
"Julius, was für eine Überraschung", erwiderte die Frau. Sie konnte nicht älter als sechzig sein und machte einen strengen, aber dennoch freundlichen Eindruck. Unter ihrem dunkelblauen Satinumhang trug sie wider Erwarten keine Robe, wie das Lehrerkollegium in Hogwarts, sondern Muggelkleidung, ähnlich der von Julius. Ein schwarzer Blazer, darunter eine weiße Bluse mit Krawatte; nur aus der Anzughose war ein langer bis kurz über den Boden fallender schwarzer Rock geworden. Ihre kurzen dunkelbraunen Haare waren bereits ansatzweise von kleinen grauen Stellen durchsetzt und durch ihre schwarz eingerahmte Brille schaute sie ihr Gegenüber erfreut an. Bei den funkelnden blauen Augen hätte man annehmen können, eine weibliche Fassung Dumbledores schaute einem entgegen.
Fehlt nur noch, daß sie uns Zitronendrops anbietet, dachte Draco genervt.

Der Mann neben ihr machte einen sehr kalten, zugeknöpften Eindruck. Er trug im Gegensatz zu seinem weiblichen Konterpart eine dunkelgrüne Zaubererrobe mit einem schwarzen Umhang. Seine dunkelblonden Haare waren kurz geschnitten und in einem Seitenscheitel an den Kopf gegelt und mit seinen stechenden, dunkelgrünen Augen beäugte er Professor Malfoy skeptisch.
"Was für eine Freude, Sie wieder hier begrüßen zu dürfen, Julius", entgegnete er sarkastisch. "Was führt Sie überhaupt hierher?"
"Nun, als Professor in Hogwarts habe ich mich als Begleitperson zur Verfügung gestellt. Na ja, und da ich so lange in Deutschland gelebt habe, bot es sich für Professor Dumbledore geradezu an, mich als Aufsichtsperson mitzuschicken." Julius lächelte seine beiden Gesprächspartner freundlich an.
"Sie sind Professor in Hogwarts?!" Dem Mann in grün entgleisten die Gesichtszüge.
"Hektor, bitte, keinen Streit. Ich hoffe, Julius, Ihnen gefällt Ihre jetzige Arbeit, und Sie haben keine Probleme mit den Schülern. Doch etwas überrascht bin ich schon, daß Sie Ihren Posten im Ministerium aufgegeben haben."

Um einer Erklärung ausweichen zu können, stellte Professor Malfoy seine Kollegen vor: "Darf ich vorstellen, Professor McGonagall, stellvertretende Direktorin in Hogwarts und Lehrerin für Verwandlungen, Professor Hooch, Fluglehrerin, Professor Lupin, unser Verteidigung gegen die Dunklen Künste Lehrer und Professor Snape, Zaubertränkemeister und -lehrer in Hogwarts."
"Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen. Ich bin Adelheid von Burgund, momentane Schulleiterin der Zauberschule von Hohenburg und das hier ist Hektor von Schwarzenberg, unser stellvertretender Direktor und Zauberkunstprofessor."

Ab diesem Zeitpunkt hörte Draco nur noch halbherzig zu. Es wurden Hände geschüttelt, Formalitäten ausgetauscht und ein wenig geplaudert. Das einzige, was ihn wirklich interessierte, war die Frage nach etwas zu essen und einem Schlafplatz.
Bei Merlin, ich werde noch zu einem zweiten Weasley. Ein Schauder lief ihm über den Rücken. DAS war etwas, was ihm definitiv bestätigte, daß er vollkommen übermüdet war und er nicht mehr klar denken konnte. Sonst würde ihm derartiges überhaupt nicht auffallen. Auch würde er bemerken, daß die Professoren keinerlei Verständigungsprobleme hatten, obwohl die deutschen Lehrer kein Englisch sprachen.

Die Gruppe wurde in die Eingangshalle geführt, die im Gegensatz zu Hogwarts sehr modern erschien. Es hingen zwar überall Bilder von berühmten Hexen und Zauberern und auch Kerzen, aber anstelle einer grauen Steinmauer war diese Halle tapeziert und machte nicht so einen dunklen Eindruck.
Nachdem sie die Koffer abgestellt hatten, betraten sie die ‚Große Halle'. Diese war nicht unähnlich der Großen Halle in Hogwarts. Die Decke war verhext, es gab mehrere längliche Tische für die Schüler und einen offensichtlich für die Lehrer. An einem der Tische stand bereits etwas zu essen bereit.

Die Direktorin bat die hungrig aussehenden Schüler, Platz zu nehmen und zu essen. Alles weitere, wie die offizielle Einführung, Begrüßung, Regeln etc. hätten auch noch bis zum Frühstück Zeit. Die Hogwartsschüler zögerten leicht, als sie feststellten, daß sie sich alle zusammen an einen Tisch setzen mussten. Aber nach kurzer Überlegung überwanden die knurrenden Mägen jeglichen Stolz und alle setzten sich. Nur die Slytherins versuchten, die Haustrennung zu wahren, indem sie sich an ein Ende des Tisches setzten.

Während sich die Schulleiterin angeregt mit den Hogwartslehrern unterhielt, führte der stellvertretende Direktor vier Schüler herein - zwei Jungen und zwei Mädchen - die den Besuch neugierig und gleichzeitig gleichgültig betrachteten. Die vier waren Mitglieder des Schülerrates, die die Neuankömmlinge zu ihren Quartieren begleiten sollten und für eventuell aufkommende Probleme zur Verfügung standen.

***



Das kann doch alles nicht wahr sein. Draco war mit den Nerven am Ende. Nicht nur, daß ihm die Koffer geklaut worden waren, die Reise viel zu lang und unbequem gewesen und er zu müde zum Diskutieren war, nein, jetzt musste er auch noch geschlagene acht Wochen mit diesen Typen in einem Zimmer wohnen. Hätte er gewusst, was ihm sein freiwilliger Rückzug aus dem Slytherin-Jungenquartier einbringen würde, wäre er sicher nicht zurückgetreten. Wenigstens waren seine ‚Mitbewohner', die ihn freundlich begrüßten, keine kompletten Idioten wie Crabbe und Goyle.

"Hallo, ich bin Alexander Schneider, Kapitän der Fußballmannschaft, aber nenn mich Alex", sprach ihn ein gutaussehender Junge mit kurzen dunkelbraunen Haaren an. "Und du bist?"
"Draco Malfoy, Schulsprecher von Hogwarts."
"Sag bloß, du bist mit Julius Malfoy verwandt."
"Ja", gab Draco ungern zu, "er ist mein Onkel." Leider!
"Wow, hochrangiger Besuch in unserer Bude. Hi!" Der Junge grinste Draco wie verrückt an und streckte ihm die Hand entgegen.
"Erich von Habsburg, Torhüter."

Draco schüttelte ihm die Hand, die ihm von einem weiteren Mitschüler fast zerquetscht wurde.
"'n'abend, ich bin Johann von Stauffenberg, Überraschung, Überraschung, auch in der Fußballmannschaft, freut mich, dich kennenzulernen, Draco."
"…ja", war alles, was Draco zu sagen hatte, während seine Gedanken langsam auf die Gegenwart fokussierten und er sich die Frage stellte, was ‚Fußball' war.

"Eigentlich sind wir zu viert in diesem Zimmer, aber Benedikt ist nach Hause gefahren, wegen irgendeines Familiengeburtstages. Der kommt aber in zwei Tagen wieder, wenn die Ferien vorbei sind." Draco brauchte nicht lange, um zu erkennen, daß Johann gerne redete. "Wir sind diesmal nur hier geblieben, weil wir euch kennenlernen wollten."

Diese Jungs hatten zu viel Energie für Dracos Geschmack. Er wünschte sich mittlerweile nichts sehnlicher, als in irgendein Bett zu fallen, und zu schlafen.
"Das hier ist dein Bett, in den Schrank dort kannst du deine Sachen packen." Alex schien der Organisator der Gruppe zu sein. "Und die Tür führt zum Badezimmer. Fühl dich hier wie zu Hause."

"Unglaublich, daß wir einen Malfoy bei uns haben. Aber ich wusste gar nicht, daß Julius überhaupt Verwandte hat…"
Bis vor kurzem wusste ich das auch nicht. Tja, Schlaf wird es wohl heute Abend für mich nicht geben, dachte sich Draco, als er in die erwartungsvollen Gesichter der Deutschen blickte. Leider konnte er sich nicht erlauben unfreundlich zu sein, denn ansonsten würde er sich wahrscheinlich nicht nur von Professor McGonagall eine Standpauke anhören müssen.

***



Auf dem Mädchenflur der Schule fanden sich zwei Hogwartsschülerinnen in einer ganz ähnlichen Situation wieder. Hermine Granger und Ginny Weasley standen vor zwei gutgelaunten Mädchen, die sich regelrecht darum rissen, sich zuerst vorstellen zu dürfen.
"Hi, mein Name ist Marie Therese von Waldersee. Ich gehe in die achte Klasse und bin Kapitän der Volleyballmannschaft." Das Mädchen mit den goldblonden Haaren, blauen Augen und der blassen Haut lächelte freundlich und wies auf das Mädchen neben sich.
"Das hier ist-"
"Hey, ich bin kein kleines Kind mehr, ich kann mich selbst vorstellen", protestierte das andere Mädchen.
"Ja, das weiß ich. Es ging mir eigentlich um deine Manieren, aber das hast du schon selbst erledigt."
"Bäh! Du bist gemein", mit einem frechen Grinsen fuhr das ebenfalls blonde Mädchen an Hermine und Ginny gerichtet fort.
"Achtet nicht auf sie, sie weiß nicht, wovon sie spricht. Ich bin Ursula Wucherpfennig, auch in der Volleyballmannschaft, siebte Klasse. Freut mich, euch kennenzulernen."

Hermine fand als erste aus ihrem Schock, der sich bei ihrer Ankunft bereits eingestellt hatte.
"Ähm, hi, ich bin Hermine Granger. Ich bin Schulsprecherin in Hogwarts, in der Abschlussklasse und eine von Ginnys Freundinnen." Hermine lächelte, sie wusste nicht, was sie noch sagen sollte.

"Hi, ich bin Ginny Weasley. Eigentlich heiße ich Virginia, aber ich rate euch, mich nicht so zu nennen. Ich kann diesen Namen nämlich nicht ausstehen." Ginny grinste breit.
"In Hogwarts bin ich einer der Vertrauensschüler und… ach ja, ich hab noch sechs Brüder, von denen einer mit hierher gekommen ist. Ihr erkennt ihn ganz leicht. Er hat auch rotes Haar, genau wie ich und die restlichen fünfundachtzig Prozent meiner Familie. Wir sind alle besessene Quidditchfans, na ja, bis auf einen, aber der ist eh ein bisschen schräg, und leidenschaftliche Esser. Aber mal nebenbei bemerkt, was ist eigentlich Volleyball?"

Ginnys Redefluss durchbrach die unangenehme Distanz, die zwischen den vier Mädchen geherrscht hatte, und alle brachen in schallendes Gelächter aus.
Die beiden Mädchen sollten ebenso wie der Teil der Schüler, die auch in Zimmer von deutschen Schüler einquartiert worden waren, da nicht genug eigene Zimmer für die Menge an englischen Schülern vorhanden waren, eine lange Nacht damit verbringen, ihren Mitschülern alles über Hogwarts zu erzählen. Nur selten bot sich für sie die Gelegenheit, selbst Fragen zu stellen.

Das einzige, was sie herausfinden konnten - mal abgesehen von den Familienverhältnissen - war, daß es in Hohenburg acht anstatt sieben Jahrgänge gab, keine internen Häuser vorhanden waren, es anstatt Quidditch die für Muggel üblichen Sportarten Fußball und Volleyball gespielt wurden - nicht, daß es Quidditch nicht gab, es wurde nur nicht in dem Maße praktiziert wie in Hogwarts - und daß ein Zauber über das ganze Gelände gelegt wurde, der ihnen problemlose Kommunikation untereinander erlaubte. Alles Weitere sollte eine Überraschung werden.


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