Sünden der Väter

 

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Kapitel 5:
Muggelkunde




"Ok… Das war jetzt mehr als seltsam…" Ron war der erste, der die Stille durchbrach, auch wenn er nur das aussprach, was jedem bereits bewusst war.
Ein Tag, an dem sie den Klassenraum ohne Hausaufgaben und auch noch früher verlassen durften, war wie Weihnachten und Ostern auf einmal.
"Ich hab' ein ganz ungutes Gefühl bei der Sache."
"Huh? Was für eine Sache meinst du, Harry?" Ron schaute seinen Freund fragend an.
"Mach dir keine Sorgen", antwortete Hermine, die Ron zu ignorieren schien.
"Was denn? Was hab' ich verpasst?"
"Ron!" Hermine rollte ihre Augen. "Kriegst du eigentlich irgendetwas mit? Hast du nicht gesehen, wie Snape nach seinem Unterarm gegriffen hat, als er deine Probe fallen ließ? An den Arm, wo er das Dunkle Mal hatte?"
Ron erblasste. "Du… Ihr glaubt doch nicht, dass…"
"Sei nicht albern, Ron", unterbrach Hermine ihn leicht gereizt. "ER ist tot. Harry und der Orden haben IHN besiegt. Es ist nur ein wenig seltsam, dass es ausgerechnet der Arm sein muss. Vielleicht sind das auch nur Nachwirkungen, oder so", sagte sie schnell, als sie die besorgte Miene ihrer beiden Freunde sah. "Keine Sorge Harry, er kann nicht wiederkommen. Und wenn, würdest du das doch sicherlich irgendwie spüren."
Harry nickte nur und lächelte, war aber nicht ganz überzeugt.

Die drei merkten nicht, dass Draco nur einige Schritte hinter ihnen ging und jedes Wort gehört hatte. Seine peinliche Aktion war vergessen, zumindest vorerst, da sich nun die Spekulationen um Snape und seine seltsamen Verhaltensweisen drehten. Draco sorgte sich ähnlich wie Harry, auch wenn er das nur ungern zugab. Der Dunkle Lord war tot, aber… was war mit Snapes Arm? Sollte das wirklich heißen, dass das Mal zurück war? Zu oft schon hatte er beobachten können, wie sein Vater sich bei SEINEM Ruf genauso an den Arm gefasst hatte, als dass er das jetzt als bloße Nachwirkung einstufen konnte. Vielleicht sollte er sich mit seinem Vater in Verbindung setzen, oder besser seine beiden Ex-Leibwächter damit beauftragen ihren Vätern Fragen zu stellen, da seiner ihm bestimmt nicht alles bis gar nichts erzählen würde. Nach der nächsten Stunde würde er Crabbe und Goyle ansprechen, freiwillig!

***



Der Klassenraum war mehr als überfüllt. Nicht nur, dass natürlich alle Mädchen der siebten Klasse anwesend waren, darunter auch die Slytherins, nein, sogar die Jungen wollten sich den Unterricht plötzlich nicht entgehen lassen. Wie die Ankündigung eines Schulausflugs die Menschen doch korrumpieren konnte. Draco versuchte sich in der letzten Bank des Raumes so klein zu machen, dass man ihn hoffentlich übersehen konnte. Dieses Jahr, das erst gerade angefangen hatte, war ein absoluter Alptraum und sein peinlicher Auftritt bei Snape half seinem Selbstvertrauen rein gar nicht. Wie konnte ihm auch so etwas dämliches passieren? Das war alles seine Schuld. Wenn dieser homosexuelle Squib nicht wäre, wäre ihm so eine Unaufmerksamkeit nicht passiert. Und dann auch noch bei seinem Hauslehrer. Jetzt war er das gefundene Fressen für die Gryffindors. Schlimmer konnte es nicht mehr k-, nein, nicht schon wieder. Diesen Satz würde er jetzt aus seinem Wörterbuch streichen und durch die Wörter ,Hoffnung´, ,hoffentlich´ und ,unerklärliche Todesursache´ ersetzen.

Mit einem Auftreten á la Snape kam Professor Malfoy durch die Tür des Klassenraums, nur um den einschüchternden Eindruck dann durch ein freundliches "Guten Morgen alle miteinander" gleich wieder zu Nichte zu machen.
Er drängte sich durch die sichtlich überfüllten Reihen der Schüler nach vorne zum Lehrerpult, wieder in einem Nadelstreifenanzug in weiß mit einem dunkelblauen T-Shirt und schwarz-blauen Turnschuhen.
Wenigstens hat er einen Sinn für Mode, dachte sich Draco, auch wenn er nicht gerade von der Muggelmode begeistert zu sein schien. Doch er kam nicht umhin festzustellen, dass die Mädchen hin und weg von seinem Onkel waren.
Na ja, schließlich ist er ein Malfoy.

Professor Malfoy stellte sich auf recht unkonventionelle Art vor: Anstatt sich nur vorzustellen, schrieb er seinen Namen mit Kreide an die Tafel.
"Mein Name ist Julius Malfoy." Er setzte ein Lächeln auf, dass Gilderoy Lockhart Konkurrenz machte. "Ich bin für dieses Jahr euer Muggelkundeprofessor, wie ihr ja bereits wisst, und versuche, so gut wie es mir eben möglich ist, euch auf den bevorstehenden Ausflug nach Deutschland vorzubereiten. Was ich euch beibringe, wird unter anderem auch die deutsche Sprache und Kultur beinhalten, von der ich annehme, dass ihr nicht sehr bewandert darin seid." Er zog sein Jackett aus, das er über seine Stuhllehne hing und schaute in die Runde von Schülern.

Mit einem leicht amüsierten Gesichtsausdruck fuhr er fort: "Aber zuvor beantworte ich eure Frage, die wahrscheinlich schon seit dem gestrigen Abendessen für reichlich Verwirrung sorgt. Wie mein Name schon zeigt, bin ich ein Malfoy, genauer gesagt bin ich Lucius Malfoys großer Bruder. Ich habe seit meinem zehnten Lebensjahr in Deutschland gelebt, daher auch mein Akzent und wahrscheinlich Dumbledores Entscheidung, mich einzustellen. Meine Eltern schienen nicht gerade begeistert von meiner Einstellung gegenüber Muggeln gewesen zu sein, daher haben sie mich enterbt und meinem kleinen Bruder die Führung der Familie übergeben. Aber als ich vor kurzem hörte, dass Lucius aufgrund irgendwelcher Verbindungen zu einem gewissen Voldemort in Azkaban sitzen würde, bin ich wieder nach England gekommen, um ihm zu helfen. Schließlich konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass jemand, so schüchtern und ängstlich wie er, zu den Gräueltaten, derer er beschuldigt wurde, fähig sein konnte. Er war früher schließlich …"

Draco wünschte sich unterdessen eine Naturkatastrophe, einen Angriff von Dementoren oder die Auferstehung des Teufels höchstpersönlich. Alles war ihm recht, Hauptsache die Stunde wurde unterbrochen und er konnte dieser äußerst schmachvollen Situation entfliehen. Nicht nur das er sich vor Snape zum Affen gemacht hatte, jetzt musste auch noch sein Onkel aus dem ,Nähkästchen´ plaudern. Wie konnte er nur solch private Geschichten vor wildfremden Leuten ausbreiten!

"…und dann ist er fast ertrunken. Ich sage euch, wenn ihr einen Malfoy umbringen wollt, werft ihn ins Wasser. Er wird dann untergehen wie eine bleierne Ente…"
Die Klasse konnte sich kaum zurückhalten, lauthals loszulachen. Das war selbst für die eingefleischten Slytherins zu viel. Schließlich erhielt man nicht alle Tage Einblick in die Kindheitserlebnisse eines Ex-Todessers und arroganten Reinblütlers.

Hermine ging es nicht anders, doch sie war Schulsprecherin und musste sich auch dementsprechend verhalten. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie Draco, der mit leicht rötlichem Teint hasserfüllte Blicke in Richtung seines ,Onkels´ schickte.
Das muss weh tun, Hermine konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen bevor sie ihren Professor in seinem Unterhaltungsprogramm unterbrach.
"Entschuldigen Sie, Professor, aber weichen Sie nicht ein wenig vom eigentlichen Thema ab?"
Professor Malfoy wirkte leicht überrascht, sagte aber nur: "Oh, stimmt ja, tut mir leid, aber ich schwelge zu gerne in Erinnerungen." Er lächelte nur und fuhr fort: "Also, mal überlegen… Wie merke ich mir am besten eure Namen… Ah, ich hab's, wir machen Namenskärtchen, für jedes Haus die passende Farbe. Draco, würdest du das bitte für mich übernehmen? Du kennst ja sicherlich die Namen aller Anwesenden hier, sowie das Haus, zu dem sie gehören." Draco lief blutrot an bei der persönlichen Adressierung seines Onkels vor allen anderen, war aber fähig ein "Ja, Professor" hervorzupressen.

"Gut, wenn das geklärt ist, widmen wir uns doch mal dem Unterricht. Hmm… Der Raum ist ziemlich klein. Wie wär's, wenn wir bei diesem schönen Wetter nach draußen gehen und im Freien mit dem Unterricht fortfahren."

***



Draußen angekommen, führte Professor Malfoy die Klasse zu seinem Wagen.
"Sind alle da? Gut. Ich geh' davon aus, dass euch der Name Grindelwald etwas sagt. Und ich nehme an, dass ihr in Geschichte der Zauberei auch schon etwas über die beiden Weltkriege gehört habt. Aber das liegt in der Vergangenheit und ist auch nicht Thema meines Fachs. Also, was könnt ihr mir noch über Deutschland bzw. Deutsche erzählen, was nicht unbedingt mit Magie zu tun hat?"

Das vor kurzem noch anherrschende Gemurmel verstummte und jeder zögerte mit einer Antwort.
"Na, wie sieht's aus? Hat denn keiner eine Idee?"
"Die tragen doch alle Lederhosen und Dirndl." Ron durchbrach die unangenehme Stille.
Professor Malfoy fing lauthals an zu lachen. "Also DAS ist definitiv ein Vorurteil. Wie heißen Sie?"
Ron lief knallrot an und antwortete eine wenig kleinlaut: "Ron Weasley, Professor."

"Also, Herr Weasley, ich hoffe, dass ich Sie - und auch die anderen, die Ihre Meinung teilen - von dieser doch sehr seltsamen Vorstellung lösen kann, denn sonst erleben Sie in Deutschland ein böse Überraschung. Glauben Sie mir, wenn ich sage, dass die Deutschen es gar nicht gerne sehen, wenn man sie auf diese Weise in einen Topf wirft. Besonders die Region, in der wir uns während der ganzen Zeit aufhalten werden, sträubt sich gegen dieses Vorurteil. Obwohl ich Ihre Antwort nicht als falsch werten darf, Herr Weasley, denn es gibt sehr wohl eine Region in Deutschland, in der Lederhosen und Dirndl als traditionelle Kleidung existieren.

"Aber gut, fangen wir das ganze anders an. Ihr seht hier eine Muggelerfindung, die bei den Deutschen als Statussymbol angesehen wird, sowie bei uns die Anzahl der Hauselfen. Die Muggel haben ihr den Namen ,Auto´ gegeben. Es wird als Fortbewegungsmittel benutzt wie bei uns die Besen, nur können Autos nicht fliegen und sind wesentlich bequemer." Professor Malfoy lächelte, als er sah, wie sich die Schüler interessiert um das Auto scharten, besonders den Jungen schien es der Wagen angetan zu haben.

"Ähm, Professor, wenn man damit nicht fliegen kann, wie kommen die Muggel dann vom Fleck? Das Ding sieht ziemlich schwer aus, als dass man es schieben kann, geschweige denn dass man irgendwelche Zugmechanismen erkennen kann", fragte ein Ravenclaw-Junge sichtlich verwirrt.
Oje, ich glaube das wird ein langer Tag, dachte sich Hermine, die sich, da sie schließlich aus einer Muggelfamilie stammte, mit Muggelerfindungen - unter anderem auch Autos - auskannte. Sie schaute dem Treiben der anderen Schüler ein wenig gelangweilt zu, ließ sich aber kein Wort ihres Professors entgehen, da sie vielleicht etwas Wichtiges verpassen könnte. Nicht selten ertappte sie sich jedoch dabei, wie sie mit ihren Gedanken abdriftete. Und während Professor Malfoy über CDs, Autoradios, Sicherheitsgurte und derlei erzählte, wanderte Hermines Blick umher und fiel des öfteren auf Draco, der sie seit dem peinlichen Badezimmervorfall nicht einmal beschimpft hatte. Schon seltsam für einen arroganten Reinblütler wie ihn… Wieso dachte sie darüber überhaupt nach? Sie sollte sich freuen, dass endlich mal Ruhe herrschte.

"Wenn ihr Lust habt, können wir eine kleine Spritztour machen, in kleinen Gruppen natürlich." Die Augen der meisten Schüler leuchteten auf, bei dem Gedanken an eine Fahrt mit dem Auto. Professor Malfoy hatte es geschafft, sie mit seinem Unterricht zu fesseln. "Oh… Aber, wie ich sehe, ist die Stunde gleich zu Ende. Doch das soll uns nicht aufhalten, oder? Wir machen das so: Jeder, der Interesse hat an einer kleinen Rundfahrt, bleibt nach dem Abendessen einfach in der Großen Halle, und dann fahr´ ich euch heute Abend durch die Gegend. Einverstanden?" Julius wusste nicht, was ihn dieser Vorschlag kosten sollte.

***



Am nächsten Morgen saßen die drei jüngsten Lehrer Hogwarts´ übermüdet beim Frühstück. Jeder von ihnen hatte eine lange, schlaflose Nacht verbracht. Einer von ihnen hatte gerade eine Vollmondnacht hinter sich, der andere eine aus Schlaflosigkeit und der dritte im Bunde hätte nie erwartet, dass so viele Schüler auf seinen Vorschlag hin antworteten.




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