Die Verlorenen

 

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Kapitel 1: Regen



Es schmerzt. Es schmerzt jedes Mal, aber diesmal ist es nicht nur der körperliche Schmerz, der mir zusetzt. Diesmal ist es auch der Seelische, wie jedes Mal, wenn wir wieder einen Schüler verlieren. Es ist das Gefühl, wieder einmal versagt zu haben, das schmerzt. Auch wenn alle sagen, dass es nicht meine Schuld sein kann, dass es die Schuld ihrer und die Schuld der Eltern war, dass sie zur dunklen Seite gehen, zu sehen wie einem meiner Slytherins das schwarze Mal eingebrannt wird. Es schmerzt, es einbrennen zu müssen. Die Überraschung auf ihren Gesichter, wenn sie erkennen, dass ich, ihr langjähriger Vertrauter und alter Hauslehrer, ein Death Eeater bin.. zumindest äußerlich. Ich hasse es. Sehen zu müssen, wie sie den größten Fehler ihres Lebens begehen und sie nicht daran hindern zu können. Ich hasse es.

Heute ist wieder so ein Tag, an dem wir jemanden verlieren werden. Voldemort hat mir angekündigt, dass es heute ein neues Mitglied geben wird, dass es 'Nachschub' geben wird. Dass ich stolz auf ihn sein werde. Wäre ich gläubig, ich würde beten. Flehen. Gott, lass es nicht zu. Aber ich bin Atheist. Ich flehe ihren Geist an. Siehst du nicht, welchen Fehler du machen wirst? Flieh, noch kannst du. Begehe Selbstmord, mach irgendwas - aber tu das nicht. Lass es. Es ist dein Ende. Dummkopf, sieh mich an. Was ist aus mir geworden? Ich habe das selbe geglaubt wie du. Manch Fehler können tödlich sein. Für Seele und Verstand.

Schon heute morgen war ich nervös. Wer wird es diesmal sein? Ein Ehemaliger? Ein Schüler, der noch auf die Schule geht? Manchmal gelingt es Voldemort, sie direkt am Ende ihrer Schulzeit zu rekrutieren. Manchmal wechseln sie sogar schon früher. Dann haben wir verloren. Unweigerlich.

Den ganzen Tag war ich wie auf Kohlen. Sogar den Schülern muss das aufgefallen sein, es war unübermerkbar. Longbottom hat seinen Kessel explodieren lassen, wie immer, aber mehr als 10 Punkte habe ich nicht abgezogen. Wird er irgendwann..? Ich hoffe nicht. Eigentlich ein intelligenter Junge, aber zu sehr in sich verkrochen. Irgendwann wird er explodieren. Dann wird das geschehen, worauf ich seit fünf Jahren warte. Hoffentlich.

Und jetzt? Es ist Abend geworden. Lange kann es nicht mehr dauern, dann wird der seelische Schmerz durch den körperlichen komplettiert. Ich sitze bei Albus in seinem Wohnzimmer, bei einer Tasse schwarzen Tee. Ich warte. Er wartet. Man könnte sagen, dass wir im Duett warten. Eigentlich ist es lächerlich. Ich sitze hier, lasse meinen Blick ständig von der Uhr auf meinen Arm schweifen, und warte. Lächerlich. Komplett. Albus sitzt nur da und beobachtet mich. Lächelnd. Aber auch er ist nervös, alle sind es. Minerva McGonagall vielleicht weniger.. welcher ihrer sauberen Gryffindors wird schon die Seite wechseln? Sie soll sich nicht zu sicher sein. Es sind auch schon ihre Schüler gewechselt. Zugegeben, die meisten, die die Seite wechseln, sind Slytherins. Verdammt, es ist eben so. Ich bin ja auch ein Slytherin. Einmal Slytherin, für immer Slytherin. Manches kann man ändern. Sein Schicksal nicht. Oder doch?

Mit einem Klirren lasse ich die Teetasse fallen, vor Schreck. Der stechende Schmerz in meinem Arm kriecht langsam in meinen Kopf, verbreitet sich. Es ist soweit. Albus ist beim ersten Klirren erschrocken zusammen gezuckt. Er war genauso in Gedanken wie ich. Stumm stehe ich auf, er ebenfalls. Kurz drückt er meine Hand, dann verlasse ich seine Räume. Laufe durch das dunkle, leere und stille Schloss. Minerva begegnet mir, sie ist auf ihrem Kontrollgang. Sie nickt mir zu, aufmunternd. Viel nützt es nicht. Ich eile aus dem großen Schlossportal, laufe über das Gelände, dem Wald entgegen. Von ferne sehe ich Hagrids großen Schatten. Er bewacht den Waldrand. Schließlich appariere ich mitten im Wald, gespannt voller Erwartungen und Angst, wen wir heute verlieren werden. Es hat zu regnen begonnen.

-_-_-

4.10.2002 S/Fayet ( dafayet@hotmail.com )


Kapitel 2

 

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