Abseits, Foul und andere Katastrophen

 

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Kapitel 8: Das Finale

Nachdem die Lehrer es doch tatsächlich geschafft hatten mit der Schülermannschaft toremäßig gleich zu liegen und Severus Snape trotz zweifellos starker Schmerzen weiterspielte, schien eine Welle der Begeisterung durch die Hogwartsprofessoren gegangen zu sein und sie waren kaum noch zu bremsen.

Das Spiel konnte nicht mehr allzu lange dauern, doch durch das alles andere als ideale Wetter hatte jeder der Spieler, ob nun Schüler oder Lehrer, das Zeitgefühl schon vor einer halben Ewigkeit verloren. Es wurde gerannt, gespielt, gefoult was das Zeug hielt und nichts schien die beiden Mannschaften stoppen zu können. Dumbledore konnte sich ein Dauergrinsen nicht verkneifen, während er sein halbes Kollegium dabei beobachtete, wie es sich nicht gerade autoritär durch den Schlamm und die Pfützen pflügte, den Ball quer über das Spielfeld schoss, selbst das eine oder andere Mal unsanft von den Schülern gestoppt wurde und sich scheinbar vor lachen kaum auf den Beinen halten konnte. Bei vielen war die Kraft so gut wie aufgebraucht, das merkte man natürlich deutlich, doch jeder gab sein Bestes und es war eine deutliche Verbesserung in den Spielzügen und überhaupt dem ganzen Mannschaftszusammenhalt zu erkennen. Jeder schien von jedem zu wissen wo er stand, wie schnell er lief, was er konnte und was nicht und Severus Snape… tja, der schien in seiner Position als Spielführer und Libero seine Bestimmung gefunden zu haben. Seine Spieler hörten ohne Widerworte auf seine Befehle, taten genau das, was er ihnen sagte und schon bald konnten die Schüler nicht schnell genug schauen, so viel Tore hatten die Lehrer in den letzten paar Minuten geschossen.

Da Madame Hooch mittlerweile nicht mehr schnell genug für den Sturm war hatte der Slytherinhauslehrer sie kurzerhand für die letzten Spielminuten auf die Position des Libero gestellt und war selbst auf die der Sturmspitze gegangen. Das Zusammenspiel mit Remus und Minerva funktionierte fabelhaft, doch genauso wie die Lehrer hatten auch die Schüler sich aufeinander eingestellt und im Laufe von 90 Minuten war aus einem chaotisch-brutalen Spiel ein gut koordiniertes, fast schon professionelles Fußballspiel geworden, bei dem die Schüler auf den Tribünen aus dem Schreien gar nicht mehr raus kamen. Die Stimmung war besser als bei jedem Quidditchspiel, welches in Hogwarts jemals stattgefunden hatten, und wenn zu Beginn niemand so wirklich daran geglaubt hatte, dass dies irgendwann einmal geschehen würde, so waren nun deutlich die "Snape!"-Rufe der Schüler aus dem Rauschen des Regens herauszuhören und irgendwie hatte die Slytherinecke es doch tatsächlich geschafft (wobei sich unter das dunkle Grün mittlerweile auch die Farben Rot, Blau und Gelb mischten), ein riesiges, durch den Regenschleier deutlich zu erkennendes Banner zu zaubern, auf dem in großen, grünlichleuchtenden Buchstaben der Name ihres Hauslehrers stand. Es schien so, als habe sich um den Meister der Zaubertränke ein wahrer Fanclub gebildet.

Dieser hatte zuerst nur verwundert in die Menge gestarrt, als Moody ihn grinsend darauf aufmerksam gemacht hatte, doch ein stolzes Lächeln hatte er sich im Nachhinein nicht verkneifen können. Die ganze Situation war so verrückt, dass sie schon beinahe Spaß machte.

Scheinbar hatten die Schüler es sich zur Aufgabe gemacht besonders dem Meister der Zaubertränke eine "Sonderbewachung" in Form von Draco Malfoy zuteil kommen zu lassen, doch der blonde Slytherin war seinem Hauslehrer nicht nur körperlich völlig unterlegen. Im Quidditch mochte der Junge zwar besser sein, doch im Fußball konnte keiner der Schüler oder Lehrer Severus Snape das Wasser reichen. Der Spruch "Stille Wasser sind tief" passte auf diese Situation wirklich perfekt und nun war es Snape, der die Schüler hämisch auslachte, wenn sie verzweifelt versuchten ihm den Ball abzunehmen und dabei nur den matschigen Boden küssten.

"Verdammt", wütete Harry Potter derweilen auf der Tribüne, immer noch stocksauer, weil er in diesem Spiel aussetzen musste, "ihr werdet euch von dem doch nicht in die Enge treiben lassen!?"

Auf diesen Spruch hin sah sich der Junge-der-lebt einem wahren Regen von Gegenständen und Buh-Rufen ausgesetzt und musste die Hände schützend über den Kopf legen. War die Welt nun völlig aus den Fugen geraten? Die Schülerschaft von Hogwarts beschwerte sich lautstark, wenn man etwas gegen Severus Snape sagte? Frustriert und nicht weniger eifersüchtig über diese Tatsache grummelte er noch einmal leise, bevor er sich mit beleidigt vor der Brust verschränkten Armen noch tiefer in seinen Sitz gleiten ließ und die letzten Minuten des Spiels beobachtete.

Die Schüler hatten derweil aus Frust noch einmal nachgelegt und wundersamer Weise den Ausgleich geschafft. Durch das Toben der Zuschauer und Rauschen des Unwetters konnte Snape deutlich das Schreien Dumbledores hören.

"Die letzten drei Minuten laufen!"

Fieberhaft begann der Meister der Zaubertränke zu überlegen, während er Zabini gerade daran hinderte, den gegnerischen Strafraum zu betreten. Sie mussten unbedingt noch ein Tor schaffen, nur wie!? Unter keinen Umständen wollte er gegen diesen Haufen hochnäsiger Schüler, denen er glücklicherweise schon längst den Wind aus den Segeln genommen hatte, verlieren, doch dafür hatten sie weniger als drei Minuten Zeit.

Eine nicht weniger verrückte Idee als das ganze Spiel ohnehin schon war machte sich in seinem Kopf breit. Sollte er es riskieren? Würde es funktionieren? Viel Zeit zum Überlegen hatte Snape nicht mehr und daher ging er auf volles Risiko.

"Remus!", brüllte er durch das Tosen des Gewitters und hoffte inständig, sein Kollege, der einige Meter von ihm entfernt damit beschäftigt war, Draco Malfoy den Ball abzuholen, würde ihn hören.

"Remus!", rief er noch einmal, nachdem dieser den Ball erfolgreich zu Minerva gespielt hatte und nun wieder auf seine eigentlich Position zurück laufen wollte. Der Braunhaarige wandte den Kopf in die Richtung, in der er die Quelle des Rufes vermutete und schaute geradewegs in das regenüberströmte, vom vielen Laufen von einer leichten Röte überzogene Gesicht seines dunkelhaarigen Kollegen.

"Schaffst du es, den Ball hoch bis ans gegnerische Tor zu schießen?", brüllte Snape und ein fragender, aber auch hoffender Blick aus schwarzen Augen traf den Lupins. Was hatte Severus vor? Seinem Kollegen und Mannschaftskapitän einfach vertrauend nickte er langsam. "Ich kann es versuchen…"

Auf diese Worte schien der Zaubertränkemeister gewartet zu haben, denn mit einem knappen Nicken drehte er sich um und lief in den grauen Regenschleier. Remus wusste, dass er vor das gegnerische Tor lief und wenn er wirklich so gut wie möglich den Ball zu Severus spielen wollte, so musste er mindestens von der Mittellinie aus schießen. Aber erst einmal den Ball bekommen…

Fieberhaft suchten seine Augen die schwarzweiße Kugel inmitten dieses Chaos' und, wie konnte es natürlich auch anders sein, fanden sie nicht.
‚Verdammt', dachte der Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste und fluchte innerlich, ‚wo ist dieser verdammte Ball?'

Er wollte schon fast die Hoffnung aufgeben dieses verdammte Stück Leder überhaupt noch zu finden, da sah er es. Trelawney schien einem der gegnerischen Spieler tatsächlich den Ball abgenommen zu haben, doch nun stand sie verloren mitten auf dem Spielfeld, schaute die beiden rothaarigen Zwillinge leicht verständnislos an, die mit einer riesigen Geschwindigkeit auf die nicht gerade große Professorin zurasten und ihr zweifellos den verlorenen Ball wieder abnehmen wollten.

"Sybille", schrie Lupin verzweifelt in der Hoffnung, seine schräge Kollegin möge ihn hören.

Wie durch ein Wunder wandte diese auch ihren Blick in seine Richtung und blickte ihren Kollegen fragend an.

"Schieß den Ball hier rüber!"

Immer noch starrte sie ihn aus großen, fragenden Augen an und die Weasley-Zwillinge waren nicht mehr weit von ihr entfernt. Remus konnte, trotz des Regens, deutlich ihre siegessicher grinsenden Gesichter sehen, so nahe stand er bei ihnen.

"Sybille", schrie er noch einmal, "schieß den Ball zu mir!!!"

Die Weasleys waren weniger als fünf Meter von der Professorin für Wahrsagen entfernt und in einem letzten, verzweifelten Versuch schrie Lupin mit aller Kraft "SYBILLE!" und endlich schoss seine Kollegin den Ball mit einem eigenartigen Gesichtsausdruck in seine Richtung. Gerade noch rechtzeitig, wie sich nur wenigen Sekunden später herausstellte, denn die Weasleys hatten diesen Pass wohl nicht vorher gesehen, rutschten trotz Bremsversuche auf dem matschigen Boden weiter und krachten in voller Wucht mit Sybille Trelawney zusammen. Ein spitzer Schrei war zu hören, doch Lupin kümmerte sich nicht mehr darum. Die Zeit drängte.

Glücklicherweise schien Dumbledore diese Aktion der Weasleys nicht gesehen zu haben, denn es ertönte kein greller Pfiff. Mit seiner letzten Kraft spurtete Lupin los Richtung gegnerisches Feld. Wo war Severus? Wie wild drehte er seinen Kopf in alle Richtungen, wich geschickte Neville Longbottom aus und sah seinen schwarzhaarigen Kollegen nur wenige Meter vor dem gegnerischen Tor stehen. Hinter ihm stand noch der Feldspieler Ron Weasley, es war also kein Abseits.

In den Gesichtern der Schüler konnte man deutlich erkennen, dass sie nicht so recht wussten, was Remus Lupin mit dieser Aktion bezwecken wollte, zumal zwischen ihm und dem Tor noch einige Gegner standen, doch dieser ließ sich nicht von seinem Vorhaben ablenken. Als er Severus so dort vorne stehen sah, wusste er auf einmal, was der Slytherinhauslehrer vorhatte.

"Wirst du es schaffen, Severus?", fragte er sich, bevor er den Ball mit aller Kraft in die Richtung seines Kollegen schoss. Alles auf der Tribüne hielt den Atem an, während sie mit gebannten Blicken dem Ball folgten, der hoch durch die Luft flog. Auch alle Spieler waren stehen geblieben, starrten auf den fliegenden Ball und hielten den Atem an. Von dieser Distanz und bei diesen Platzverhältnissen konnte Remus Lupin unmöglich treffen, was also sollte diese Aktion!?

In dem Moment, als der Ball drohte über Snape hinweg zu fliegen drückte dieser sich mit aller Kraft vom Boden ab, vollführte einen Salto nach hinten, traf den richtig eingeschätzten Ball mit dem Vollspann und erzielte zeitgleich mit dem Pfiff Dumbledores das letzte Tor des Spiels. Ein Fallrückzieher.

Eine wahre Explosion von Jubelrufen erschallte über dem Stadion, während Wood noch immer im Tor stand, sich keinen Millimeter bewegt hatte und seinen ehemaligen Lehrer für Zaubertränke schockiert anstarrte. Dieser grinste überlegen zurück, drehte sich galant um und wollte gerade in seine eigene Spielfeldhälfte zurück laufen, als etwas Schlammiges gegen ihn lief, Snape mit vollem Tempo umlief und schließlich auf seinem Körper liegen blieb.

"Wir haben gewonnen!", schrie eine deutlich bekannte Stimme und Severus Snape realisierte, dass es Remus Lupin war, der ihn lachend und glücklich umgelaufen hatte. Sich leicht unangenehm fühlend in dieser Situation räusperte sich Snape, doch entweder ging dieses Geräusch in dem Schreien der Zuschauer unter oder Lupin ignorierte es einfach. Immer noch machte sein Kollegen keine Anstalten von ihm herunter zu steigen und aus dem Regenschleier sah Snape mit Schrecken, wie Minerva, Moody, Hooch, Trelawney und Hagrid auf ihn zugelaufen kamen, es ihrem Kollegen gleich taten und schließlich in einem großen Haufen auf dem keuchenden Meister der Zaubertränke lagen, der deutliche Schwierigkeiten hatte, genügend Luft in seine zusammengequetschten Lungen zu bekommen. Hagrid sah zu aller Glück davon ab auch auf diesen Haufen zu springen, doch der enttäuschte und geschlagene Blick der Schüler, die um den schlammigen, lachenden Haufen herumstanden entschädigte Snape für dieses Leiden. Er konnte sich ein siegessicheres Lachen nicht verkneifen, während er glaubte, seine Knochen bedrohlich knacken zu hören.

Das nasse Gesicht Dumbledores tauchte ins Snapes begrenztem Blickfeld auf. Der Schulleiter grinste ihn an und seine blauen Augen funkelten freudig, während er den Haufen betrachtete, der früher einmal seine Professoren gewesen war. Vor Lachen konnten sich einige jedoch nicht mehr halten und kullerten wie ein Sack nasser Kartoffeln von oben herunter, während sie immer noch lachend oder lautstark schwatzend im Schlamm liegen blieben. Einzig und allein Remus Lupin blieb auf seinem düsteren Kollegen liegen, lächelte diesen leicht schüchtern an und ein eigenartiges Funkeln erschien in seinen honigbraunen Augen.

Snape schluckte trocken, während es immer noch wie aus Eimern schüttete, eisigkalt war und ein beißender Wind an ihren durchnässten Trikots zerrte.

Sie hatten gewonnen.



Kapitel 5

 

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