Alcyone - Teil 3

 

 

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Kapitel 11



Severus saß in seinem Lieblingssessel vor dem Kamin und studierte Todesserunterlagen, die ihm Voldemort bei dem letzten Treffen gegeben hatte.

Die Unterlagen enthielten grausame Vorhaben. Voldemort beabsichtigte bestimmte Familien der Zaubererwelt, deren Namen er aus Sicherheitsgründen, wie er das immer nannte, nicht verriet, auszulöschen. Das war schlau von ihm und erschwerte Severus’ Arbeit um so mehr. Er mußte spekulieren, alle Andeutungen und Worte von Voldemort genau analysieren um herauszubekommen, wer das nächste Opfer sein würde. Das war die einzige Chance, die die ahnungslosen Familien hatten. Alles hing von ihm ab.

Es war eine schwere Last, die er trug, gefährlich dazu, äußerst riskant und es gab niemanden, mit dem er darüber reden konnte. Einzig und allein Dumbledore war der einzige, der Bescheid wußte, aber ihm ging es in erster Linie darum, daß Severus` Arbeit von Erfolg gekrönt war, seine Sorgen und Ängste wollte er bestimmt nicht hören.

Allerdings gab es da noch Alcyone. Seine Alcy. Doch sie war die Letzte, der Severus von seiner Rolle als Spion erzählen würde. Irgendwann mal, wenn alles vorbei sein würde, aber nicht jetzt. Das war zu gefährlich, für Beide. Außerdem sah er sie sowieso nicht, was er aber mehr bedauerte, als dass er froh darüber war, weil es sie schützte, solange sie nicht in seiner unmittelbaren Umgebung war.

Severus gähnte. Es war spät und er war nach dem anstrengenden Tag sehr müde. Nicht nur, daß der Unterricht heute sehr anstrengend war (Longbottom hatte unter anderem wieder mal einen Kessel in die Luft gejagt), auch diese Unterlagen traktierten ihn sehr.

Es war Zeit fürs Bett.

Severus nahm die Unterlagen und ließ sie in einer Geheimschublade in seinem Schreibtisch verschwinden. Zumindest hatte er das vor. Aber er kam gar nicht erst soweit.

Gerade als er seinen Schreibtisch erreicht hatte, hörte er ein Geräusch, daß immer lauter wurde.

Severus horchte. Es war Glas. Irgend etwas hämmerte gegen ein Glas, eine Scheibe.

Er lauschte genauer. Es kam aus seinem Schlafzimmer.

Severus legte die Unterlagen auf den Schreibtisch und lief in sein Schlafzimmer. Sein Blick fiel sofort zu dem Fenster und er erschrak augenblicklich.

Draußen war eine Gestalt, aber es war nicht irgendeine, es war Alcyone.

Severus hastete zum Fenster und öffnete es sofort.

Kaum war es offen flog Alcyone direkt in seine Arme. Sie zitterte und fühlte sich kalt an. Sehr kalt.

„Alcy?“ Severus schaute sie direkt an.

„Ich hab es geschafft“, brachte sie mit Mühe hervor.

Severus betrachtet sie noch genauer. Sie sah blaß, schwach und müde aus. Offensichtlich hatte sie große Anstrengungen hinter sich.

Warum sie hier war, interessierte ihn im Augenblick überhaupt nicht, allein ihr Zustand machte ihm Sorgen.

„Severus, ich“, begann sie, doch Severus hob ihr sofort einen Finger auf den Mund. „Sch...“, machte er und trug sie zum Bett.

Sofort befreite er sie aus ihren kalten, feuchten Klamotten und wickelte sie in alle Decken ein, die er finden konnte. Dann ließ er mit Hilfe seines Zauberstabs das Feuer im Kamin noch stärker werden.

Dass das alles nicht genug war, war im sehr wohl bewußt und er ließ Alcyone jetzt nicht gerne in dem Zustand alleine, aber wenn er ihr wirklich helfen wollte, dann war dies eine unablässige Notwendigkeit.

„Wo gehst du hin?“, hörte er Alcyone wimmern, als er Anstalten machte, den Raum zu verlassen. Er drehte sich kurz zu ihr um und sagte „Ich bin gleich wieder da.“ Dann verließ er den Raum und begab sich in sein Labor.

Dort angekommen, mixte er ein Schlaftrunk und den Aufpäppeltrank, den auch Madam Pomfrey benutze, und begab sich damit augenblicklich zurück zu Alcyone.

Zuerst gab er ihr den Aufpäppeltrank. „Trink das, dann fühlst du dich bald besser“, erklärte er ihr und reichte ihr gleich danach den Schlaftrunk mit der Erklärung „Und damit kannst du besser schlafen.“

Alcyone trank auch diesen brav aus und keine Minute später war sie ins Reich der Träume entschwunden.



Alcyone erwachte am nächsten Morgen ohne irgendwelche Schmerzen. Sie konnte sich noch wage an die letzten Minuten bevor sie eingeschlafen war erinnern und machte Severus` Tränke für ihr Wohlbefinden verantwortlich.

Severus.

Wo war er?

Ein Blick nach links zeigte einen unberührten Teil des Bettes. Er hatte also nicht hier geschlafen. Wo dann, wenn überhaupt?

Sie blickte zur anderen Seite.

Da saß er und schlief. Er hatte einen Sessel neben das Bett gestellt und saß voll angezogen darin, den Kopf etwas zur Seite gelegt, und schlief.

Alcyone beobachtete ihn ein paar Sekunden. Es war so schön, ihm wieder nah zu sein. Ihn zu sehen und ihn berühren zu können. Sie streckte langsam eine Hand nach ihm aus und hielt kurz vor seinem Gesicht inne. Was wenn das alles gar nicht real war? Wenn sie sich in einem Traum befand?

Nein. Die Erinnerungen an die Strapazen des letzten Abends überzeugten sie, daß es definitiv kein Traum war, was sie gerade erlebte.

Alcyone streckte ihre Hand weiter aus und berührte sanft Severus` Wange.

Ein Gefühl wie ein leichter elektrischer, aber angenehmer, Stromschlag durchfuhr Alcyones Körper. Es war real. Severus saß wirklich und wahrhaftig neben ihr.

„Severus“, flüsterte sie.

Er blinzelte. Dann öffneten sich seine Augen. So tief konnte er also nicht geschlafen haben, daß er von ihrem Flüstern aufgewacht war.

Sie sah ihm in die Augen. Er ihr in ihre. Worte waren nicht nötig. Beide schauten sich nur den Bruchteil einer Sekunde in de Augen, bevor Alcyone sich nicht mehr halten konnte und Severus schluchzend in die Arme fiel.

Sie spürte wie er seine Arme um sie legte und sie sanft drückte. Es war ein Moment voller Freude, Trauer und auflösender Sehnsucht, die beide wochenlang gequält hatte.

Wie lange sie sich schweigend in den Armen hielten, konnte keiner von beiden später sagen, aber schließlich war es Severus, der beide aus dieser unendlichen Glückseligkeit auf den Boden der Tatsachen zurückholte.

Er ließ sie aus seiner sanften Umklammerung frei und schob sie soweit von sich weg, daß er ihr wieder ins Gesicht blicken konnte.

„Alcy“, sagte er und seine Stimme klang ernst. „Was suchst du hier?“

Seine Direktheit traf Alcyone voll und nahm ihr jegliche Möglichkeit irgendwas zu sagen. Alles, was sie sich überlegt hatte, zu sagen, war mit einem Schlag verschwunden und das Einzige was sie noch imstande war zu tun, war Severus einfach nur anzustarren und „ich ich“ zu stammeln.

„Alcy.“ Diesmal klang es etwas ruhiger, aber dennoch bestimmt. „Du kommst doch nicht einfach so ohne triftigen Grund heimlich nach Hogwarts, da habe ich doch Recht, oder?“

Ja, einen Grund gab es. Und sie wollte es ihm ja auch sagen, aber jetzt war sie nicht wirklich imstande dazu.

Sie lehnte sich in Severus` Bett zurück und überlegte, was sie nun sagen sollte. Severus` ernste Miene war ihr dabei sicher keine Hilfe.

Das Ganze war ja bei Tom schon nicht einfach gewesen, aber das hier grenzte schon an Quälerei, die mit jeder Sekunde, die verstrich, immer schlimmer wurde. Wenn Alcyone keine absolute Katastrophe erleben wollte, sollte sie ihm so schnell wie möglich sagen, was los war.

„Severus ich“, versuchte sie sich, doch brach sofort wieder ab. So ging das nicht. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals vor Aufregung und ihr fiel nichts ein, was ihr das nehmen konnte. Hinzu zu allem kam noch Severus` Blick, mit dem er sie ansah. Er war durchdringend, verärgert, gespannt und erwartungsvoll. Diese Kombination war tödlich und machte jeglichen Versuch, Severus alles zu sagen, von Anfang an zunichte.

„Was ist jetzt?“, dränge er sie und verschärfte seinen Blick.

„Sieh mich nicht so an“, herrschte sie ihn plötzlich und vergriff sich zum ersten Mal seit Jahren in ihrem Ton.

Es wirkte. Severus` Blick änderte sich schlagartig, wenngleich er nicht gerade fröhlich wirkte und lächelte. Aber Alcyones kurzer Ausraster hatte ihn aufgrund seiner Reaktion doch sehr überrascht. Und es wirkte sogar noch weiter. Severus setzte sich zu ihr aufs Bett und nahm sie in den Arm. „Alcy, egal was es ist, du kannst es mir sagen. Ich werde zu dir stehen.“ Seine Worte klangen diesmal sehr sanft und ehrlich. Jetzt konnte sie es wohl wagen, es ihm zu sagen.

Alcyone schloß kurz die Augen und sagte dann in einem Zug mit etwas zittriger Stimme: „Ich bin schwanger!“



„Was bist du?“ Hatte Severus das gerade richtig verstanden?

„Schwanger“, kam es leise, brüchig und kaum zu verstehen, aber es bestätigte dennoch, daß Severus richtig gehört hatte.

„Schwanger?“ Jetzt, wo er das Wort in en Mund nahm, wurde er sich erst richtig bewußt, was für eine Macht dieses Wort hatte. Mit einer Sekunde brach seine ganze Welt zusammen. Diese kleine Tatsache, dieses eigentlich freudige Ereignis, war das schlimmste, was ihm jetzt gerade passieren konnte.

„Bist du dir sicher?“, fragte er, in der Hoffnung, daß es vielleicht ein Mißverständnis sein könnte und es vielleicht doch noch nicht sicher war.

„Ja“, schluchzte Alcyone. Es war also sicher. Das durfte doch nicht wahr sein.

Severus löste sich von der Umarmung und schaute ihr ernst ins Gesicht. Seinen Ärger über die Tatsache konnte er nicht verstecken.

„Wie konnte das passieren?“ Severus mußte sich beherrschen nicht zu schreien. Er war tatsächlich kurz davor, endgültig seine Beherrschung zu verlieren. Er hatte schon die letzten Wochen erhebliche Mühen auf sich genommen, Strapazen, und nun kam mit dieser Tatsache, daß ihm die Frau, die er über alles liebte, so eine Nachricht überbrachte, die alles, was er in der letzten Zeit aufs Spiel gesetzt hatte, alles, was er auf sich genommen hatte, mit einem Mal zunichte machen konnte.

Er umklammerte etwas grob ihre Oberarme. „Alcy, ist dir klar, was das heißt?“ Seine Stimme war sehr schroff. Er konnte nicht anders. „In was für eine Situation du uns damit bringst?“

„Severus ich“, stammelte Alcyone. Sie war kam noch in der Lage irgend etwas vernünftiges von sich zu geben. Severus hatte sie wohl eingeschüchtert. Wenn er jetzt noch etwas erreichen wollte, egal was, mußte er sich wieder beruhigen.

Er atmete ein paar mal tief ein und wieder aus, ehe er wieder etwas sagte.

„Alcyone.“ Er schaffte es ruhig zu sein. „Jeder wird merken, daß du schwanger bist und dann kommen Fragen. Wie soll ich dich da noch schützen? Ich habe Angst um dich. Verstehst du?“

Alcyone nickte. „Severus, ich in auch nicht gerade glücklich über die Situation, aber ich werde keinesfalls abtreiben, selbst wenn du mich dazu zwingen wolltest.“

„Das würde ich niemals von dir verlangen“, sagte er und wischte ihr eine Träne von der Wange.

„Was machen wir jetzt?“, fragte Alcyone ihn.

„Hast du es schon wem erzählt?“, fragte Severus sie direkt. Wenn es schon jemand wußte, dann war die Situation äußerst gefährlich.

Alcyone schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe nur meinem Chef gesagt, daß es einen Notfall in meiner Familie gibt, das war alles.“

„Gut“, sagt Severus. „Dann hole ich Dumbledore. Er kann uns sicher irgendwie helfen.“ In Wahrheit aber konnte Severus nur hoffen, daß Dumbledore einen Rat für sie hatte.


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