Amoris Infinitas

 

 

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Epilog: Nach dem Kampf



"Potter."

Snape nickte in Richtung des Stuhls, der nicht weit vom Bett stand. Zahlreiche Kissen im Rücken stützten den kranken Zauberer. Er sah noch immer schrecklich blass und elend aus, aber die Heiler hatten Harry versichert, dass es nur eine Frage von ein paar Wochen, strikter Bettruhe und gesunder Ernährung und anschließend einem netten Urlaub an der Küste sein würde, bis sein ehemaliger Professor wieder bei bester Gesundheit wäre. Obwohl Harry sich Snape schwerlich beim Sonnenbad und mit einem kühlen Drink in der Hand in einem der üblichen Ferienorte vorstellen konnte, stimmte er der Sache mit der Bettruhe und dem Essen aus vollstem Herzen zu.

Nachdem Remus Lupin Snape nach St. Mungos gebracht hatte, war es ein schweres Stück Arbeit für die Heiler gewesen, den Mann am Leben zu erhalten. Einige hatten es entgegen ihres Heilereids rundheraus abgelehnt, es überhaupt zu versuchen, als sie erkannten, wer ihr Patient war. Dies änderte sich rasch, nachdem Dumbledores Testament gefunden wurde. Es war in einer geheimen Schublade in seinem Schreibtisch in Hogwarts versteckt gewesen. Natürlich war der Schreibtisch nach des Schulleiters Tod gründlich untersucht worden; die Schublade war einfach nie zuvor da gewesen, doch plötzlich war sie es. Offensichtlich sollte sie erst nach dem Tod Voldemorts erscheinen. Das Testament belegte eindeutig und ohne jeden Zweifel, dass Snape strikt auf Dumbledores Befehle hin gehandelt hatte. In einer außerordentlichen Sitzung erklärte das Zauberergamot seine Tat zu einer ‚kriegsbedingten Notwendigkeit im Dienste des Lichts' und sprachen ihn von allen Anklagen frei. Die Auroren, die am Eingang zu Snapes Krankenzimmer postiert waren, erhielten neue Anweisungen: statt den Mann am Ausbrechen zu hindern (etwas, das der schwer kranke Zauberer ohnehin nicht hätte bewerkstelligen können), sollten sie ihn nun vor Einbrechern schützen, denn einige wenige Todesser, Peter Pettigrew unter ihnen, waren noch immer auf der Flucht und brannten auf Rache. Endlich, nach fast zweiwöchiger Suche, hatten die Heiler ein effektives Gegenmittel für das Schlangengift gefunden. Jedoch war Snape von den durch das Gift verursachten heftigen Krämpfen und dem hohen Fieber so geschwächt, dass sie fürchteten, sie würden ihn dennoch verlieren. Glücklicherweise irrten sie sich und ihr Patient begann sich langsam zu erholen. Die schwarze Brandwunde, die den Heilern so viel Kopfzerbrechen bereitet hatte, fing von alleine an zu heilen und das Dunkle Mal, das in den linken Unterarm des Zauberers gebrannt war, verblasste mehr und mehr ...

"Sir, ich bin gekommen, um Ihnen etwas zu bringen - vom Zaubereiministerium", sagte Harry und griff in seine Tasche. Er legte ein längliches Päckchen mit dem Siegel des Zaubereiministers auf den Nachttisch. "Mr. Ollivander sagte, er sollte genauso gut funktionieren wie Ihr Alter, denn er ist aus denselben Materialien gefertigt. Und falls nicht, sollen Sie einfach in seinem Laden vorbei schauen und einen Neuen aussuchen, meinte er." Harry lächelte verschwörerisch. "Das Ministerium zahlt."

"Dann haben sie also meinen Zauberstab zerbrochen?", fragte Snape ausdruckslos.

"Sie haben mir nicht geglaubt, als ich ihnen erzählte, dass Sie mir geholfen haben Voldemort zu vernichten", erklärte Harry. "Dachten, ein Verwirr-Fluch hätte mich getroffen. Und Professor McGonagall war noch immer bewusstlos."

Snape nickte gedankenverloren. "Sie haben die Gefangenen gefunden?", fragte er schließlich.

"Ja, Sir, Ollivander, Fortescue und all die anderen wurden gleich in der Nacht nach der letzten Schlacht befreit, nicht gerade in bestem Zustand, aber am Leben."
Für einen kurzen Augenblick glitt so etwas wie Erleichterung über Snapes blasses Gesicht. Es hatte ihn immer besonders gewurmt, dass er dem Orden nie hatte verraten können, wo sich Voldemorts Kerker befanden, da sie durch einen Fidelius-Zauber versteckt waren. "McNair brannte fast darauf den Auroren zu verraten, wo sie die Gefangenen finden konnten", fuhr Harry fort. "So hat er nur zehn Jahre Azkaban aufgebrummt bekommen statt Lebenslang, und ohne Dementoren ..."

Snape nickte wieder, dann runzelte er die Stirn. "Was ich noch immer nicht verstehe, Potter, ist, warum der Amoris Infinitas-Zauber gewirkt hat, obwohl es kein Opfer gab. Würden Sie mich aufklären?"

"Es gab ein Opfer, Sir. Sie werden sich nicht daran erinnern, da Sie bei dem Zusammenstoß eine Gehirnerschütterung erlitten", sagte Harry und, ohne etwas dagegen tun zu können, begann er zu grinsen.

Snape hob eine Augenbraue. "Ja, Potter? Würden Sie mir freundlicherweise mitteilen, was offensichtlich so amüsant ist?"

"Tut mir leid, Sir, es ist nicht wirklich lustig, nur - Sie erinnern sich an den Hippogreif, den Hagrid hielt, derselbe, der Sie angriff, als Malfoy und Sie aus Hogwarts flohen?"

Snape nickte düster.

"Er muss gesehen haben, wie Sie Ihren Zauberstab auf mich richteten", fuhr Harry fort. "Vielleicht hat er Sie sogar erkannt. Er versuchte mich zu retten und stürzte sich just in dem Moment, in dem Voldemort den Todesfluch aussprach, auf Sie."

"Der Hippogreif ist gestorben?", fragte Snape ungläubig.

"Der Fluch muss ihn getroffen haben statt Ihrer."

"Wie überaus enttäuschend", spöttelte Snape.

"Hagrid war verzweifelt ...", sagte Harry und grinste wieder. Irgendwie fühlte er sich trotz des traurigen Themas und der Anwesenheit des düsteren Tränkemeisters seltsam vergnügt. Einer von Lunas Hirnerweichern musste ihn getroffen haben, es gab keine andere Erklärung. "Aber Seidenschnabel hat ein schönes Begräbnis bekommen - und einen Orden des Merlin Erster Klasse!"

"Sie machen Witze, Potter!"

"Nein, Sir", sagte Harry. "Oh, da hätte ich fast was vergessen", fügte er hinzu und unterdrückte mühsam ein übermütiges Grinsen, "hier ist Ihrer, Sir." Harry legte ein kleines Paket mit roter Schleife auf den Tisch. "Sie haben allerdings die Zeremonie verpasst, fürchte ich. Und -", wieder kramte er in seinen Taschen. Schließlich zog er eine versiegelte Rolle Pergaments hervor. "Das ist auch für Sie. Eine Kopie von Professor Dumbledores Testament. Sieht so aus, als hätte er all seine irdischen Besitztümer Ihnen hinterlassen, inklusive eines Safes voller Zitronendrops."

Die Tür öffnete sich. Eine Krankenschwester steckte ihren Kopf durch den Spalt und rettete damit höchst wahrscheinlich Harry vor einer beißenden Erwiderung. "Es tut mir leid Sie stören zu müssen, aber die Besuchszeit ist vorüber, fürchte ich. Mr. Snape braucht Ruhe."

"Bin sofort weg", sagte Harry, ließ die Pergamentrolle in Reichweite des kranken Zauberers auf das Bett fallen und erhob sich von seinem Stuhl. "Ich gehe dann besser, Sir", sagte er zu Snape und wandte sich der Tür zu, hielt aber noch einmal inne und fischte ein weiteres Päckchen aus seiner unergründlichen Tasche. "Professor McGonagall hat mich gebeten, Ihnen einige Grußkarten vom Orden zu bringen, falls es Ihnen besser geht, und von -"

"Mr. Potter, bitte." Die Krankenschwester war noch einmal erschienen und hielt nun die Tür weit für Harry auf, damit er ihr folgen konnte.

Harry ließ den Stapel Karten auf den Nachttisch fallen und ging zur Tür. "Wir sehen uns, Professor", sagte er, schlüpfte durch die Tür, bevor Snape eine Bemerkung machen konnte, und schloss sie leise hinter sich.

Snape machte ein finsteres Gesicht. Lästiges Balg, er war nicht mehr sein Professor. Oder etwa doch? Immerhin hatte Harry wegen des Krieges nie seinen Schulabschluss gemacht. Er hatte doch nicht etwa vor, wieder nach Hogwarts zu kommen? Merlin bewahre! Snape seufzte schwer und schloss die Augen. Ein weiteres Jahr, das er damit verbringen musste, den Tunichtgut zu unterrichten. Er merkte, wie sich hinter seinen Schläfen stechende Kopfschmerzen zusammenbrauten. Obwohl, er musste zugeben, dass der Junge heute nicht ein einziges ‚Sir' ausgelassen hatte, vielleicht gab es doch noch Hoffnung für ihn...

Er seufzte noch einmal. Dies war gewiss ein sehr erhellender Besuch gewesen. Offensichtlich war er nicht nur entgegen jeder Wahrscheinlichkeit am Leben, von allen Anschuldigungen freigesprochen und in der Gunst des Jungen-der-lebte-um-Voldemort-zu-töten, sondern er war der stolze Besitzer eines Merlinordens Erster Klasse und der Alleinerbe Albus Dumbledores. Wer hätte das gedacht? Er jedenfalls nicht. Und jetzt füllte sich sein Nachttisch mit Grußkarten - bald würden es wohl Schokoladenfrösche oder Bertie Botts Bohnen jeglicher Geschmacksrichtung sein ... Er schüttelte sich bei dem Gedanken. Sein Blick schweifte über den Nachttisch, und sein Gesichtsausdruck wurde weicher, als er auf eine Karte fiel, die dort schon seit mehreren Tagen lag. Es war eine Muggel-Ansichtskarte aus Neuseeland mit einem Bergpapagei darauf - von Draco und Narcissa. Mit seiner Hilfe hatten die beiden kurz nach Dumbledores Tod das Land verlassen und gaben sich nun auf der anderen Seite der Welt als Muggel aus, in Sicherheit vor Auroren und Todessern. Vielleicht konnten sie in wenigen Jahren zurückkehren...

Erschöpft griff Snape nach den Karten der Mitglieder des Ordens. Nicht dass er an ihrem hirnlosen Geschreibsel interessiert war, aber es könnten wichtige Informationen darin enthalten sein, die Potter bequemerweise vergessen hatte ihm mitzuteilen...

Der oberste Umschlag war an ‚Den mutigsten Zauberer aller Zeiten' adressiert. Er verzog spöttisch den Mund. Sie machten sich doch nicht über ihn lustig? Im Inneren des Umschlags war eine Karte mit einem blubbernden Kessel, auf dessen schimmernder Oberfläche sich unablässig die Worte ‚Gute Besserung' formten. Glücklicherweise war es keine singende Karte ... Er drehte die Karte um. Nur ein kurzer Satz und eine Unterschrift waren darauf zu sehen. Das spöttische Grinsen verschwand von seinem ausgezehrten Gesicht und ein wirkliches Lächeln begann Snapes Lippen zu umspielen, während er folgende Worte las:

Hiermit erkläre ich feierlich, dass James Potter ein aufgeblasener, arroganter Idiot war,

Harry Potter





Ende

 
 

Kapitel 12:

 

 

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