Behind the Curtain

 

 

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Kapitel 3

 

Der Rest der Woche verlief völlig ereignislos (wenn man einmal davon absah, dass Lily sich versuchsweise die Haare blond gezaubert hatte). Sirius und James versuchten zwar einige Male, sich an Snape zu rächen, blieben jedoch erfolglos, da Letzterer wie vom Erdboden verschluckt zu sein schien. Nicht einmal im Unterricht war er erschienen, eine Tatsache, die Sirius zu der Äußerung: „Der hat bestimmt Schiss vor mir“ bewegte. Dessen war sich Florence zwar nicht ganz sicher, aber um des lieben Friedens Willen behielt sie ihre Bedenken für sich. Immerhin musste sie Sirius zugute halten, dass er nicht noch einmal versucht hatte, sie zu küssen. Blieb nur zu hoffen, dass dieser Trend auch anhielt...

Den Samstagnachmittag verbrachte Florence zusammen mit einigen Klassenkameraden in Hogsmeade. Nachdem sie sich mit ausreichend Süßigkeiten eingedeckt hatten, um die kommende Woche überstehen zu können, machten sie noch einen kurzen Schaufensterbummel, bevor sie sich schließlich auf den Rückweg nach Hogwarts machten.
Sie waren schon beinahe oben am Schloss, als Florence, die so mit den anderen in ein munteres Gespräch vertieft war, dass sie dabei ganz vergaß, auf den Weg vor sich zu achten, über einen Stein stolperte, strauchelte und sich schließlich auf dem hartgefrorenen Boden wiederfand.

Reflexartig versuchte sie, wieder aufzustehen, scheiterte aber an der Tatsache, dass ihr rechter Fuß dabei nicht ganz mitzuspielen schien. Der Schmerz fuhr durch sie hindurch wie die Lanze des Ritters auf dem Wandgemälde hinten am Kreuzgang. Natürlich scharrten sich ihre Begleiter sofort um sie, zum einen, weil eine Mitschülerin, die augenscheinlich nicht mehr aufstehen konnte natürlich wahnsinnig interessant war und im Nachhinein sicherlich für Gesprächsstoff sorgen würde, zum anderen, weil sie ihr tatsächlich helfen wollten. Leider drifteten die Vorstellungen, welche Art von Hilfe hier wohl angebracht war ziemlich weit auseinander und so dauerte es eine ganze Weile, bis sich schließlich ein Junge, Caspar Driftwood, erbarmte und Richtung Schloss rannte, um jemanden zu holen.
Es dauerte auch gar nicht lange, da war er auch schon mit Madame Pomfrey, der Krankenschwester zurück, die sich sogleich einen Weg durch die umstehenden Schüler bahnte und sich besorgt zu Florence hinunterbeugte.

Keine zwei Stunden später fand sie sich auch schon fertig versorgt auf der Krankenstation wieder, wo sie wohl auch noch die folgende Nacht würde verbringen müssen. Ihr Knöchel war, wie sie bereits befürchtet hatte, gebrochen und Pomfrey hatte ihr einen Trank geben müssen, der die Knochen wieder zusammenwachsen lassen würde.

Natürlich waren James, Lily, Sirius, Remus und Peter sofort an ihr Bett geeilt um sich zu vergewissern, dass auch wirklich alles in Ordnung war. Vor allem Lily war außer sich gewesen und hätte ihr wohl am liebsten verboten, das Schloss überhaupt noch einmal zu verlassen. Glücklicherweise dachte James etwas anders darüber und so hatte sie ihn am Ende sogar davon überzeugen können, ihren Eltern nichts von dem kleinen Unfall zu erzählen. Wie sie ihre Mutter kannte, hätte sie sich noch dazu hinreißen lassen, Lilys Idee aufzugreifen und ihre Besuchserlaubnis für Hogsmeade was Florence betraf revidiert.

Jetzt, zur Abendessenszeit, war sie wieder alleine auf der Station. Außer ihr war nur noch ein anderer Patient hier, der aber einige Betten von ihr entfernt hinter einem zugezogenen Vorhang lag und zu schlafen schien, weshalb er auch keinen besonders guten Gesprächspartner abgab.

Da Schlaf immer noch die abwechslungsreichste Beschäftigung war, die sich auf einer Krankenstation zu bieten schien, schloss sie ebenfalls die Augen und schaffte es sogar, ein wenig einzudösen, als plötzlich die Tür geöffnet wurde und jemand das Zimmer betrat. Zuerst dachte Florence, es wäre Poppy, doch dann erkannte sie Colin Avery, der ihr zu ihrer Überraschung kurz zulächelte, bevor er sich der Person hinter dem Vorhang zuwandte.
Sie konnte zwei Stimmen gedämpft miteinander sprechen hören, war allerdings nicht in der Lage zu verstehen, worum sich ihr Gespräch drehte.

Sie versuchte gerade, sich zusammenzureimen, wen Avery da wohl besuchte, als plötzlich der Vorhang zur Seite geschoben wurde und ein bleiches, abgemagertes Gesicht enthüllte, aus dem sie ein schwarzes Augenpaar durchdringend anstarrte. Florence wäre vor Schreck beinahe aus dem Bett gefallen, als sie Severus Snape erkannte, der in dem riesigen Berg von Kissen, die Poppy um ihn herum aufgeschlichtet hatte beinahe zu versinken schien.
Neben ihm auf der Bettkante saß Avery, der nun ebenfalls zu ihr herübersah. Sie nahm an, dass er ihre Anwesenheit erwähnt hatte und Snape sich nun persönlich davon überzeugen wollte, dass er auch tatsächlich mit einer Potter im selben Raum lag und nicht alles nur ein böser Traum war.

Einerseits erwartete sie, dass er gleich aufstehen und demonstrativen Schrittes die Krankenstation verlassen würde, ohne sie auch nur eines einzigen weiteren Blickes zu würdigen, andererseits sprach sein momentaner Zustand eindeutig dagegen. Offensichtlich war er viel zu schwach, um überhaupt ans Aufstehen, geschweige denn ans Weggehen denken zu können. Trotzdem versuchte er das Gesicht zu seinem üblichen, abwertenden Grinsen zu verziehen, das er eigens für Gryffindors reserviert zu haben schien, was ihm allerdings nicht ganz gelang.

„Welch... angenehme Überraschung... Potters kleiner Anhang... ich hoffe...ich... hoffe...“ An dieser Stelle wurde er von einem Hustenanfall unterbrochen, wehrte aber Averys Hand ab, als der ihm helfen wollte, sich aufzusetzen. Es dauerte eine ganze Weile, bis er sich wieder gefangen hatte, was ihn aber nicht daran hinderte, einfach dort fortzufahren, wo er aufgehört hatte. „Ich hoffe... es stört dich nicht... deine Krankenstation mit einem armen... Slytherin zu...teilen...“

Florence kam nicht umhin, den sarkastischen Unterton in seiner Stimme zu bemerken und antwortete ihm postwendend. „Snape, das hier ist NICHT meine Krankenstation, sondern die von Hogwarts. Und wenn du mich schon fragst... ja, es stört mich außerordentlich, mit einer Giftschlange wie dir in einem Zimmer liegen zu müssen!“
Krank oder nicht, von dem würde sie sich nichts gefallen lassen! Sie erwartete, dass sich nun Avery in das Gespräch einmischen würde, dieser tat jedoch nichts, als ihr einen flehentlichen Blick zuzuwerfen, den zu interpretieren sie nicht ganz in der Lage war.

„Ihr... Potters...“, er spuckte den Namen förmlich aus, „euch gehört... doch die ganze...Welt. James... the golden boy... und du? Seine Prinzessin? … oder …das Liebchen seines... Sänftenträgers?“

„Ich bin nicht Sirius' Liebchen!“ Florence wäre beinahe aus dem Bett gesprungen. „Und Sirius ist nicht James' Sänftenträger! Er ist sein bester Freund!“ Sie musste zugeben, dass sie die Grundlage dieser Freundschaft selbst nicht immer hundertprozentig verstand, aber gegenüber Snape würde sie das sicherlich nicht eingestehen.

Er lachte. Es war ein freudloses Lachen, das immer wieder durch trockenes Husten unterbrochen wurde.
„Natürlich... wie komme ich... nur auf solch... abwegige Gedanken? Aber... du schuldest mir noch immer eine Antwort...sag..., wie küsst unser... schwarzer Hengst denn nun... eigentlich?“

„Wir haben uns nicht geküsst!“

„Meine... Meinung...So... sah es auch...nicht aus...“ Daraufhin begann er wieder zu husten, was Avery dazu bewegte, ihm etwas zuzuflüstern, das so klang wie: „Bitte, Sev, du solltest dich wieder schlafen legen.“

Florence stimmte ihm innerlich zu. Nur eine Nacht und am nächsten Morgen nichts wie raus hier. Plötzlich konnte sie Sirius nur zu gut verstehen, wenn er wieder einmal Mordgedanken gegenüber diesem Slytherin entwickelte. Nun ja, so wie Snape im Moment aussah, bestand durchaus eine Chance, dass sich dieses Problem von alleine erledigen würde...

Leider hatte sie keine Zeit mehr, sich ihrer Gedanken zu schämen, denn ihr Bettnachbar schien entgegen allem guten Zureden Averys fest dazu entschlossen, noch ein wenig Gift in ihre Richtung zu verspritzen.

„Wie... ist es denn so... wenn man von... von seinem... eigenen Bruder... an den Meistbietenden... verschachert wird?“

„WIE BITTE?!?!“

„Möchte... nicht wissen...was...was er...und Black...da alles...“

„HALT DIE KLAPPE!“

Was redete dieser Kerl eigentlich? James war ihre Beziehung zu Black (welcher Art diese auch immer sein mochte) völlig egal! Mit ziemlicher Sicherheit hatte er kein Interesse daran, sie mit seinem besten Freund zu verkuppeln. Zumindest hatte er sich nie in dieser Richtung geäußert... und schließlich war das hier das 20. Jahrhundert! Heiratspolitik im Jahre 1976 und auch noch im Hause Gryffindor! Aber wie sollte es ein geistig gehemmter Slytherin auch besser wissen? Pah! Dem würde sie es zeigen...

„Oh... hab ich... deinen Gryffindor... Stolz... verletzt?“

Für einen Moment hatte es den Anschein, als wolle Avery sich einmischen, überlegte es sich aber im letzten Moment anders und begnügte sich damit, Severus und Florence abwechselnd warnende Blicke zukommen zu lassen.

„Immerhin habe ich so was wie Stolz... was man von dir wohl nicht behaupten kann. Glaubst du, ich wüsste nicht, wo du dich an deinen freien Nachmittagen rumtreibst? Der große, böse Severus Snape hockt nämlich in einem Eckchen, in dem er sich unbeobachtet glaubt und heult über alten Fotos rum! Da staunst du, was Avery?“
Angesprochener warf ihr einen vernichtenden Blick zu, doch Florence war zu sehr in Fahrt gekommen, um einfach aufhören zu können.

„Wer ist denn auf dem Bild gewesen, hm? Oh, ich weiß! Deine Mami! Der arme, kleine Sevi - alle ärgern ihn... wenn das Mami wüsste! Aber du hast es ihr sicher schon längst geschrieben und...“

„HÖR AUF!“

Beide, Florence und Avery starrten völlig entgeistert auf Snape, der sich unter Aufbietung all seiner Kräfte aufgesetzt hatte und sie aus zornfunkelnden Augen anstarrte. Für einige wenige Sekunden saßen sie völlig bewegungslos. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so still war es, als Severus plötzlich eine ruckartige Bewegung machte, die Augen verdrehte und hustend und keuchend in seinen Kissenstapel zurückfiel. Avery warf Florence einen letzten, anklagenden Blick zu, dann beugte er sich über seinen Freund und begann leise auf ihn einzureden.

Florence saß noch immer völlig reglos und starrte auf das Geschehen nur wenige Meter von ihm entfernt. Was war passiert? Sie musste einen wunden Punkt bei ihm getroffen haben. Sehr schön, das hatte sie ja auch beabsichtigt, aber warum regte ihn das Ganze derartig auf, dass er halb ohnmächtig zu werden schien? Anscheinend war er wirklich ziemlich krank, sonst hätte er sich diese Blöße ganz sicher nicht gegeben, noch dazu vor den Augen einer Potter. Seltsam. Eigentlich hatte er noch nie besonders gesund ausgesehen, aber dass es so schlimm um ihn stand...
Aber wahrscheinlich hatte er nur die Grippe und lachte sich gerade zusammen mit Avery ins Fäustchen, weil es ihm gelungen war, sie derartig zu erschrecken!

Sie wollte gerade eine bissige Bemerkung machen, als Madame Pomfrey hereingestürzt kam und sich zusammen mit Avery über Snape beugte, dem es noch immer nicht besser zu gehen schien. Als sie für einen kurzen Moment aufsah, begegneten ihre Augen jenen von Florence.
Letzterer schien es, als ob die Krankenschwester innerhalb einer Sekunde alles erfasst hätte, was vorgefallen war. Auf einmal überkam sie ein heftiges Schuldgefühl und sie musste sich abwenden, um nicht auf der Stelle in Tränen auszubrechen.
Wie von Zauberhand gezogen schloss sich der Vorhang vor Snapes Bett. Die Vorstellung war beendet.


Als Poppy Pomfrey einige Minuten später (Florence kamen es wie Stunden vor) wieder in Erscheinung trat, warf sie einen kurzen, wie ihr schien, warnenden Blick in ihre Richtung, nickte ihr dann kurz zu und verschwand wieder durch die Tür, durch die sie gekommen war und hinter der sich augenscheinlich ihr Büro und/oder ihre Privatquartiere befanden.
Avery blieb noch eine Weile bei seinem Freund sitzen, dann kam auch er hinter dem Vorhang hervor. Im Gegensatz zu Pomfrey schien er sie jedoch nicht mit einem Kopfnicken davonkommen lassen zu wollen, denn er steuerte geradewegs auf ihr Bett zu. Da half es ihr auch nichts mehr, dass sie sich schlafend stellte, denn Avery schien sich überhaupt nicht darum zu kümmern, ob sie nun wach wahr oder nicht.

„Warum hast du das getan?“

Keine Antwort. Erst mal sehen, ob er sich nicht dazu bewegen lässt, einfach wieder zu gehen.

„Komm schon, ich weiß, dass du nicht schläfst!“

Also gut. Florence drehte sich betont schwerfällig um und sah ihn mit gelangweiltem Blick an.

„Was willst du von mir?“

„Ich will einfach nur wissen, warum du das getan hast.“

„Was?“

„Du weißt genau, was ich meine!“

„Komm schon, du weißt genau, dass es seine Schuld war. Er hat angefangen!“

„Ich weiß...“ Avery senkte den Blick auf den Boden.

„Ah! Sehr schön. Würdest du mich dann bitte jetzt allein lassen?“

„Aber - das rechtfertigt noch lange nicht das, was du gesagt hast! Das war unnötig!“

Nun war Florence wirklich völlig durcheinander. Wovon redete dieser Avery eigentlich?

„Ich hab keine Ahnung, was du...“

„Du hast keine Ahnung! Natürlich nicht!“ Colin Avery, der bis dahin völlig ruhig und sachlich aufgetreten war, schien auf einmal aufgebracht zu sein. „Mir machst du nichts vor. Potter! Ihr seid doch einer wie der andere. Gryffindors durch und durch. Könnt es gar nicht verstehen, dass nicht überall nur heile Welt herrscht!“

Das wurde Florence nun doch zu bunt. Sie setzte sich im Bett auf und sah Avery direkt ins Gesicht. „Hör mal zu, ich weiß zwar nicht, was du von mir willst, aber wenn du nicht willst, dass Madame Pomfrey gleich aus ihrem Büro gesprungen kommt, dann würde ich dir raten, zu verschwinden!“

„Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Genau wie dein Bruder! Ihr glaubt doch beide, ihr könnt euch alles erlauben. Die anderen sind euch doch völlig egal! Hauptsache ihr, immer nur ihr... und Severus... eure Witzchen sind eine Sache. Das hier, das war etwas völlig anderes! Das war grausam!“

„Verdammt noch mal, was?“

„Jetzt tu doch nicht so, als hätte es dir dein Bruder nicht erzählt!“

Erzählt? Mit einem Mal war Florence Neugier geweckt.

„Nein... augenscheinlich hat er es mir nicht erzählt.“

Avery seufzte und sah sie eindringlich an. „Du weißt wirklich nicht, wovon ich spreche?“

„Ich schwöre bei Merlins überlangem Bart, dass ich keine Ahnung habe.“

„Dann werde ich es dir sagen. Severus Mutter... sie ist tot! Hat sich umgebracht, als er gerade mal sieben war... Ich hoffe, das beantwortet deine Frage. Gute Nacht.“
Und damit marschierte er zur Tür hinaus, ohne sich auch nur noch ein einziges Mal umzudrehen.

 

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