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Kapitel 21: Bis zum bitteren Ende

 

Wieder gab es einen Augenblick erwartungsvoller Stille, in der Snape scheinbar erneut all die einzelnen Teile zusammenfügte, um daraus einen klaren Gedanken zu formen. Das Ergebnis jedoch war eher verwirrend.

„Ich vermute, Sie reden von meinem Vater?“ fragte er. Seine Stimme zitterte ein wenig, aber ansonsten hatte er seine Gefühle verdammt gut unter Kontrolle.
„Nun, lass uns ruhig davon ausgehen, dass ich das tue“, war Voldemorts Erwiderung, der seinem Gegenüber noch immer direkt in die Augen blickte. Seine Stimme war kontrolliert, doch ein nervöses Zucken seines linken Auges strafte diese vermeintliche Ruhe lügen. Der dunkle Lord war gespannt auf die Antwort, eine Antwort, die mehr als nur ein Leben verändern würde.
Snape pflückte eine dunkle, samtene Rose von einem der nahe stehenden Büsche und sah sie schweigend an. Als er seine Hand um den schlanken Stiel schloss, bohrten sich die Dornen in seine Haut. Er sah der dünnen Spur Blutes zu, wie sie langsam von seiner Hand über das Handgelenk rann.
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich das kann“, sagte er, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
„Das war auch nicht was ich von dir wissen wollte.“
Voldemort war nur noch ein paar Zentimeter von ihm entfernt. Die blauen Augen schienen das Licht um ihn herum zu absorbieren und es in winzigen Fünkchen wiederzugeben, wohl kalkuliert und berechnend.
Willst du es tun?“
Die Blume vorsichtig beiseite legend hob Snape seinen Kopf und sah gedankenverloren durch das Grün des Gartens und auf eine gewaltige alte Eiche. Dann nickte er.


„Ich wusste es! Er ist ein Mörder!“
Wie Ron es fertig gebracht hatte mit solcher Inbrunst zu flüstern als hätte er laut gesprochen, war Harry ein Rätsel. Nervös sah er sich im Raum um und beobachtete jeden einzelnen der Anwesenden ehe er sich zu seinem Freund herumdrehte, der vor Selbstgefälligkeit schier zu leuchten schien.
„Könntest du beim nächsten Mal bitte etwas lauter sein? Ich bin mir nicht sicher, ob dich alle gehört haben.“
Hermine hob abwesend ihre Hand und versetzte beiden einen Klaps. „Haltet den Mund, alle beide!“ murmelte sie. Harry konnte schon direkt vor seinem inneren Auge sehen, wie sich ihre Haarsträhne von ihrer Kopfhaut löste so sehr zwirbelte sie diese.


In dunkle Roben gekleidet schritt Snape eine spärlich beleuchtete Straße hinunter. Sein Gesicht war ernst und verschlossen, ganz so als würde er in den Korridoren von Hogwarts patrouillieren, doch sein Gesicht war jünger und es zeigte noch nicht die Spuren der zu vielen Sorgen, die er mit sich trug. Lautlos ging er um eine Ecke, wo bereits sechs vermummte Gestalten auf ihn warteten, alle in Schwarz gekleidet, ebenso wie er.
Lucius Malfoy zog die Kapuze von seinem langen blonden Haar und sah den Neuankömmling erwartungsvoll an. „Fertig?“ flüsterte er. In seiner Stimme lag erwartungsvolle Erregung.
Snape nickte, griff in das Innere seines Mantels und zog eine Maske hervor. Abgesehen von Lucius waren die anderen bereits vollständig vermummt. Alle folgten sie dem jungen Mann hinaus auf die Straße. Als Snape seine eigene Maske mit einer eleganten Handbewegung aufsetzen wollte, griff sein blonder Freund nach seinem Arm und hielt ihn zurück.
„Ich meinte, bist du bereit?“ Er sprach so leise, dass niemand der anderen ihn hören konnte.
Snape schüttelte die Hand ab und beendete seine Verkleidung.
„Wir werden sehen“, kam die gedämpfte Antwort.

Harry erkannte das Haus auf das sie zuschritten von vorangegangenen Erinnerungen. Ein Licht schimmerte von einem der oberen Fenster herab, vermutlich das Feuer eines Kamins. Er war sich nicht sicher, ob er das hier wirklich sehen wollte.
Die sieben Figuren bewegten sich leise über die Straße hinweg und in den Garten hinein, miteinander nur durch Zeichen und kleine Gesten kommunizierend. Ohne auch nur den Anschein geringster Anstrengung zu zeigen kletterten sie hinauf zu einem Fenster im ersten Stock. Zauberstäbe waren gezückt, Sprüche wurden gemurmelt und die Fenster flogen auf, ohne dabei auch nur im Geringsten ein Geräusch zu machen. Im Haus gingen sie schnurstracks hinauf zu der Bibliothek, wo sie Snapes Vater auf seinem gewohnten Platz vor dem Kamin vorfanden, eifrig damit beschäftigt etwas auf eine riesige Rolle Pergament zu kritzeln. Bücher lagen überall um ihn herum verteilt, bedeckten den gesamten Tisch und einen Großteil des Fußbodens.
Die Eindringlinge bemerkte er so lange nicht, bis ein Schatten auf ihn fiel. Instinktiv langte er in seine Robe und nach seinem Zauberstab. Mit einer fahrigen Bewegung war er vom Tisch aufgestanden, die Verwirrung auf seinem Gesicht ließen ihn menschlicher erscheinen, als jemals zuvor. Er wurde schneller entwaffnet, als er auch nur seinen Zauberstab vernünftig in der Hand halten konnte.
„Wer seid ihr? Und wie habt ihr es geschafft, die Barrieren zu überwinden?“
Seine Augen wanderten von einem vermummten Gesicht zum anderen, wie die eines Tieres, das haargenau wußte, dass es in der Falle saß. Ein tiefer Schnitt erschien auf der Wange des alten Snape und im Licht des Feuers funkelte ein blutbefleckter Dolch auf. Dann fielen die anderen mit ein, bei etwas, das man nur als rituelle Bestrafung ansehen konnte. Methodisch schnitten sie jede einzelne sichtbare Stelle der Haut auf. Nicht eine einzige Klinge durchtrennte die scharlachrote Seide.
Zu Anfang versuchte der Mann sich noch vor den Klingen zu schützen, verzweifelt bemüht seine arrogante, überlegene Haltung zu bewahren. Doch nach ein paar Minuten krümmte er sich auf dem Fußboden zusammen, in dem zum Scheitern verurteilten Versuch sein Gesicht vor den Attacken zu schützen. Nicht ein einziger Seufzer entkam ihm und er flehte auch nicht ein einziges Mal um Gnade.
Sein Gesicht war kaum mehr als eine blutige Masse und zuletzt erhob jemand eine Hand um die anderen am weitermachen zu hindern. Einer der Dolche fiel zu Boden als eine behandschuhte Hand in den dunklen Mantel griff und einen auf Hochglanz polierten Zauberstab zum Vorschein brachte, cirka 21cm lang und den Schein des fröhlich flackernden Feuers reflektierend. Nach nur einem Moment des Zögerns langte der Besitzer besagten Zauberstabes nach oben, entfernte die Maske mit der gleichen fließenden Bewegung, mit der er geschmeidig seine Kapuze vom Kopf schob. Es war Snape.
Ein Grinsen breitete sich über dem verunstalteten Gesicht von Snapes Vater aus, was die Blutung an manchen Stellen noch verschlimmerte.
„Na sieh mal einer an, was uns da die Katze ins Haus geschleppt hat“, gluckste er amüsiert. Dann senkte sich seine Stimme zu einem eisigen Flüstern: „Ich dachte ich hätte es vollkommen klar ausgedrückt, dass ich dich nie wieder in der Nähe dieses Hauses sehen wollte, ganz zu schweigen davon hier drin. Du bist der lebende Beweis meiner Fehlbarkeit und ich hätte dich schon vor ewigen Zeiten eliminieren sollen. Aber vielleicht hätte ich mich auch einfach klarer ausdrücken sollen, denn vielleicht war ja meine Ausdrucksweise ein wenig zu viel für dein wenig ausgeprägtes Spatzenhirn, um auch nur ansatzweise zu verstehen, was ich denn sagen wollte.“
Ein winziges Lächeln huschte über das Gesicht seines Sohnes. Die Hand, in der er seinen Zauberstab hielt, senkte sich langsam, noch immer auf seinen Vater gerichtet, der vor ihm auf dem Fußboden kniete.
„Laßt uns gehen“, verkündete er mit fester Stimme. „Er ist den ganzen Ärger überhaupt nicht wert.“
Zögernd verstauten die anderen ihre Klingen wieder und wandten sich der Tür zu. Sie schienen nach einem Mord zu lechzen und sahen ein wenig enttäuscht aus, dass sie so unbefriedigt von dannen ziehen sollten.
„Du bringst aber auch nichts zu Ende, oder Severus?“ rief ihm sein Vater hinterher. „Du bist geistig schwach, feige und erbärmlich. Das ist der Grund, warum sie bei mir geblieben ist. Das ist der Grund, warum sie dich nicht haben wollte.“
Snape wirbelte herum, seine Augen brannten vor Zorn, sein Zauberstab zeigte direkt auf die Brust seines Vaters.
Avada Kadavra!
Es lag ein stolzes Lächeln auf dem Gesicht des alten Snape als er zu Boden fiel, grüne Flämmchen züngelten leicht um seine Fingerspitzen, bis auch sie erstarben.
Snape setzte seine Maske mit zitternden Händen wieder auf, ebenso wie seine Kapuze und ging festen Schrittes die Treppe herunter, durch die Eingangshalle und aus der Vordertür heraus. Die anderen folgten ihm ruhig und in respektvollem Abstand.


Harry konnte sich nicht entscheiden, ob er angewidert oder zufrieden sein sollte. Dem Ausdruck auf Arthur Weasleys Gesicht nach zu urteilen stand er mit diesem Dilemma nicht alleine da.


Lucius Malfoy sprach kein einziges Wort zu seinem Freund ehe sie sich wieder in Malfoy Manor befanden. Kaum drinnen riss er sich den Mantel vom Leib und starrte Snape eine Weile lang eindringlich an.
„Ich werde ihm Bescheid sagen“, war alles was er sagte ehe er durch eine Tür am anderen Ende der Halle verschwand.
Snape ging langsam die Treppe hinauf und in sein Zimmer, wo er seinen Mantel sorgfältig zusammenfaltete und den Dolch gründlich reinigte. Dann legte er seinen Zauberstab sanft auf seinen Nachtschrank, ging ins Badezimmer und übergab sich.


 

Kapitel 20

 

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