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Kapitel 7: Von Hüten und Häusern

 

Urplötzlich wurde die Blase pechschwarz. Für eine Sekunde war Harry verwirrt. Vielleicht war etwas mit dem Zauberspruch schief gelaufen. Vielleicht hatte Snape es geschafft, einen wirksamen, inneren Schutz aufzubauen. Dumbledore allerdings schien vollkommen entspannt zu sein, also entschied sich Harry einfach abzuwarten. Was hätte er auch sonst tun können?
Der Rest des Ordens schien ein wenig erschüttert zu sein. Tonks hatte damit aufgehört, ihre Haarfarbe oder die Länge ihrer Haare zu verändern und sich neben Lupin niedergelassen. Gerade jetzt war sie damit beschäftigt, die Größe ihrer Nase von winzig zu enorm wachsen zu lassen und tippte sich nervös mit der rechten Hand an die Nasenspitze, während ihre linke Lupin davon abhielt, sich den Finger blutig zu kauen.
Mad Eye Moody war glücklicherweise immer noch von den Geschehnissen in der Blase in Anspruch genommen und dachte gar nicht daran, seinen Blick durch den Raum schweifen zu lassen - oder auch nur den erwachsenen Snape anzusehen, der noch immer schlaff zwischen ihm und Bill Weasley hing, sein Gesicht verzogen vor Erschöpfung, Wut und Schmerz. Bill jedoch griff noch etwas fester zu und schenkte ihm einen Blick voller Haß, der Harry sehr überraschte. Dem traurigen Blick von Mrs. Weasley nach zu urteilen war es auch für sie eine Überraschung. Harry hätte diese Beobachtung gerne mit seinen Freunden geteilt, aber es war noch immer viel zu leise im Raum und er wollte es nicht riskieren, daß man sie am Ende noch entdeckte.

Plötzlich durchdrang eine Stimme die Dunkelheit in der Blase. Eine sehr bekannte Stimme, die auch Harry mehr als einmal vor Aufregung hatte erzittern lassen. Es war die Stimme des Sprechenden Hutes.
"Hmm, gut, gut, gut. Was mache ich bloß mit dir? Wo soll ich dich hinstecken? Da sollte nicht schon jetzt so viel Dunkelheit in dir sein, du bist noch viel zu jung dafür, weißt du das? Vielleicht würde Hufflepuff dir dabei helfen, dich ein wenig zu entspannen und auch mal die helle Seite zu sehen. Aber nein, das wäre zu langweilig für dich, stimmt's?
Eine Menge Wissen und noch viel mehr Neugierde kann ich da sehen. Nun, das ist gut für alle Häuser und ich denke wohl kaum, daß ich dich nach Ravenclaw stecken muß, damit man dich auf den Weg bringt, den du selber bereits gefunden hast.
Nun, wie wäre es mit Gryffindor? Vielleicht könntest du da das Dunkle ausgleichen und deine Hand ausstrecken, ehe du noch tiefer fällst. Aber dann wiederum, das würden sie nicht, oder? Du fühlst dich nicht zu ihnen gehörig. Du bist nicht gerade der gesellige Typ, habe ich nicht Recht?
Ich sehe Leidenschaft und Entschlossenheit, Intelligenz und ein im Grunde gutes Herz, Streben, Unterwerfung und Loyalität. Ich sehe aber auch Angst, wie auch Verzweiflung. Nichtsdestotrotz, du bist ein Einzelgänger, Kleiner, oder? Nein, ich sollte dich wirklich nicht zu weit von deinem vertrauten Hafen wegbringen. Am besten gehst du nach...
SLYTHERIN!"
Es gab die gewöhnliche Menge an Applaus, als der Sprechende Hut von dem kleinen, dunklen Kopf genommen wurde. Die Große Halle war voll mit Schülern, wie bei jeder Feier am Schuljahresbeginn. Nur noch ein paar nervöse Schulanfänger standen in einer Reihe um ausgewählt zu werden, als Snape mit zitternden Knien an ihnen vorbeiging und den Tisch der Slytherins ansteuerte. Gerade als er am Gryffindortisch vorüber kam, lehnte sich ein hübscher Junge nach vorne, um mit einem anderen Knaben, ihm gegenüber, mit äußerst zerstruwwelten Haaren zu reden und sagte mit lauter Stimme, so dass ihn jeder gut verstehen konnte:
"Junge, bin ich froh, dass dieser komische Vogel nicht in unser Haus gewählt wurde. Kannst du dir vorstellen, mit etwas den Schlafsaal zu teilen, das aussieht wie das da? Vermutlich hat er sich schon seit Wochen nicht die Haare gewaschen."
Er machte eine große Show daraus, die Stelle zu beschnüffeln, die Snape gerade verlassen hatte und zog angewidert die Nase kraus und wedelte mit der Hand imaginäre Gerüche weg.

Am Tisch, neben Tonks, war Lupins Gesichtsfarbe von blaß zu rosa übergegangen, als er bis unter die Haarwurzeln errötete. Harry hatte ebenfalls das selbstbewußte Auftreten und die Stimme erkannte, die einst seinem Paten gehört hatte, und war beschämt. Die zwei Jungen, die Sirius gegenüber saßen, hatten nichts gesagt, um Snape zu verteidigen und einer der zwei fühlte sich heute eindeutig aus diesem Grunde nicht wohl. Der andere, ebenso wie Sirius, hatte keine Möglichkeit mehr, so etwas wie Bedauern zu zeigen, oder es zu bereuen.

Lucius Malfoy hieß den jungen Snape an der Tafel willkommen und drängte ein Mädchen dazu, zu Seite zu rücken, in dem er sie leicht anknuffte.
"Narzissa, hör auf mich so verärgert anzusehen und mach ein bißchen Platz für Severus. Vielleicht ist dein Cousin nicht in das richtige Haus gekommen, aber dieser hier wird sich sicherlich auch als ein guter Fang herausstellen, da bin ich mir sicher."
Er lächelte den leicht erschütterten Jungen warm an und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Auswahlzeremonie, die gerade zum Ende kam.
Eine erwartungsvolle Stille legte sich über den Saal, als ein imposant aussehender Zauberer mit einem langen weißen Bart von seinem Platz in der Mitte des Lehrertisches aufstand. Albus Dumbledore trug verzauberte Roben in Mitternachtsblau, auf denen goldene Sterne funkelten und sich Fledermäuse gegenseitig jagten. Trotzdem sah er sehr ehrfurchtgebietend aus, als er seine Arme in einer Willkommensgeste ausbreitet und die neuen, wie die alten Schüler begrüßte.
"Es ist mir eine Freude, jeden von euch für ein weiteres Schuljahr in Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei, begrüßen zu können. Der Sprechende Hut hat einige interessante, aber sicherlich weise Entscheidungen getroffen und ich bin gespannt, wie sich die Häuser und ihre neuen Bewohner entwickeln.
Aber nun, genug geredet. Haut rein!"
Damit hob er sein Glas und die Tische füllten sich mit schier unglaublichen Mengen an Essen. Die Schüler ebenso wie die Lehrer griffen herzhaft zu.
Am Tisch der Slytherins blickte ein kleiner, dunkelhaariger Junge den Schulleiter verwundert an, offensichtlich gefangengenommen von dem fröhlichen Zwinkern seiner blauen Augen und dem bezaubernden Lächeln, das jedem einzelnen in der Halle zu gelten schien. Als sich ihre Augen trafen lächelte der Zauberer noch breiter und der Junge senkte hastig die Augen und sah auf seinen Teller, völlig verwirrt.
"Laß dich davon nicht täuschen, Adlernase." Lucius Malfoy lehnte sich zu ihm herüber und schaufelte Kartoffeln und Schweinebraten auf seinen Teller.
"Er ist immer so, zu Beginn eines Schuljahres, aber wenn Entscheidungen getroffen werden müssen und es hart auf hart kommt, dann stellt er sich doch immer auf die Seite seiner wertvollen Gryffindors. Manchmal glaube ich, daß es in den Augen des Direktors etwas schlechtes ist, wenn man aus einer reinblütigen Familie stammt."

Auf einmal schien das Fest zu Ende zu sein. Vertrauensschüler sammelten ihre Erstklässler zusammen, um ihnen den Weg zu ihren Gemeinschaftsräumen und Schlafsälen zu zeigen. Albus Dumbledore ging am Slytherintisch vorüber und hielt neben einem verloren aussehenden Snape inne, der gerade von Malfoy, Goyle, Crabbe und Avery getrennt worden war und sich nun mit zwölf völlig fremden Erstklässlern, die allesamt um einiges weniger verängstigt aussahen, als er, zusammentun mußte.
"Du bist also der Junge, der nach alledem doch kein Mädchen ist." Dumbledore lächelte auf ihn hinunter und zwinkerte. Verwirrung traf seinen Blick, die aus einem Paar beinahe schwarzer Augen glomm, und der Junge wagte ein leises "Verzeihung?" zu stammeln.
"Haben es dir deine Eltern nicht erzählt? Wir haben den ersten Brief an dich bereits vor sechs Jahren verschickt und zu der Zeit dachten wir, du seist ein Mädchen. Dein Vater schickte mir eine... verhältnismäßig höfliche Notiz zurück, um mich darüber zu informieren, daß, gleichwohl du intelligent und talentiert genug seist, um schon mit fünf nach Hogwarts zu kommen, er doch gerne warten würde, bis du ein vernünftigeres Alter erreicht hättest und das es gar keinen Zweifel darüber geben könne, auch nicht für mich, daß du ein Junge wärst."
Dumbledore schüttelte amüsiert den Kopf und lachte in sich hinein.
"Einer der äußerst seltenen Fehler, die Minerva je gemacht hat, seit sie diese Briefe schreibt. Aber nun haben wir dich endlich hier, Mr. Snape, und natürlich erwarten wir Großes von dir, nachdem du schon mit fünf so viel Lob geerntet hast."
Der Junge begann nervös seine Fäuste zu ballen und dann wieder zu lösen, ein stilles Bitten in den Augen.
"Stimmt etwas nicht, mein Kind? Gibt es irgendwas, was du mir anvertrauen möchtest?"
"Erstklässler hier herüber, bitte! Wir verlassen gleich die Halle, also bleibt dicht beieinander, damit ihr nicht unterwegs verloren geht. Ich werde sicherlich nicht mitten in der Nacht durch die Kerker streifen, um nach euch zu suchen."
Unsicher von Dumbledore herüber zu dem ungeduldigen Vertrauensschüler schauend, schüttelte der Junge letzten Endes den Kopf.
"Nein, Sir, aber danke der Nachfrage."
Dumbledore nickte und ging mit einem letzten Lächeln davon. Snape beeilte sich, um den Vertrauensschüler und seine Klassenkameraden einzuholen. Als sie die Gryffindors passierten, die ganz in der Nähe standen, hörte er die selbe, von sich selbst überzeugte Stimme, die ihn schon zuvor verspottet hatte.
"Du solltest also ein Mädchen sein. Vielleicht sieht dein Gesicht ja deshalb so seltsam aus, weil sich die Natur nicht entscheiden konnte, was sie mit dir anfangen soll."
Er hielt an, warf einen bitterbösen Blick in Richtung der drei kichernden Jungen. Dann ging er weiter, ohne ein Wort zu sagen.
"Du wärst wirklich ein häßliches Mädchen gewesen, weißt du das. Vielleicht ist es also besser so", brüllte Sirius hinter ihm her, immer noch lachend.

Harry wünschte sich, dass sein Pate nicht all diese Dinge gesagt hätte. Er wünschte sich, dass sein Vater oder Lupin irgendwas gesagt hätten, um ihn davon abzuhalten, dass sie irgendwie vermittelt hätten. Aber am allermeisten wünschte er sich, dass Dumbledore tiefer in die verzweifelt bittenden Augen des verängstigten Jungen gesehen hätte.


 

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