Geheimnisse

 

 

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Kapitel 31: Voldemort



Das Herz hat seine Gründe, die die Vernunft nicht kennt.

Pascal



Snape verbrachte die restliche Nacht und den Morgen in einem kleinen Gästezimmer. Er konnte nur erahnen wo sie waren, auf alle Fälle war es eine alte Burg oder ein Schloß, das einsam inmitten eines großen verwilderten Gartens stand. Harry Potter hatte man sofort in eines der Verliese gebracht, Voldemort wollte im Laufe des Vormittags eintreffen. Das verwunderte Snape, dass sich der Dunkle Lord so viel Zeit ließ, jetzt wo er die Person hatte, auf die er schon seit Jahren Jagd gemacht hatte. Snape saß am Fenster und sah in die vernachlässigten Parkanlagen. Voldemort war eben unberechenbar, das machte seine Arbeit auch immer so schwierig. Snape lehnte die Stirn gegen das kühle einfache Glas und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Jetzt dem Jungen zu helfen war Wahnsinn, das Gemäuer war voll von Todessern, wohin man nur sah streiften Zauberer in den schwarzen Umhängen und Masken umher. Es war einfach nur verrückt auch nur daran zu denken. Frustriert und gleichzeitig verängstigt wandte er sich ab und ließ sich auf einen nahen Stuhl fallen. Er konnte noch nicht einmal Dumbledore eine Nachricht schicken, die Kamine wurden bestimmt überwacht und eine Eule hatte er weit und breit nicht gesehen. Die Sonne kämpfte sich über die hohen Bäume und einige spärliche Strahlen fielen in das Zimmer. Severus starrte auf den Boden, seine Gedanken kreisten und sein Gewissen nagte unablässig an ihm.

***



Sirius glaubte verrückt zu werden, er stand nun schon geschlagene zwei Stunden im völlig überfüllten Büro von Dumbledore. Der Direktor der Schule wirkte alt und irgendwie verlassen hinter seinem Schreibtisch. Lehrer und Auroren standen zusammen und beratschlagten was zu tun sei. Sinistras Vorschlag, sich doch einmal die Schüler vorzunehmen welche Todesser als Eltern hatten, bekam wenig Zuspruch. Die Kinder wollte man hier raus lassen, irgendwie, sie nicht mit einbeziehen. Es genügte schon, dass Harry Potter fehlte, und Severus Snape. Die Stimmen, die in Snape einen Verräter sahen, wurden immer lauter und dringlicher. Sogar einige Lehrer stellten sich gegen ihren Kollegen und einige Auroren, vorneweg Sirius' Liebling Peter Moray, taten ihren Frust lauthals kund. Black ließ seinen Blick über die Runde schweifen und er bemerkte wie sich langsam die Lager teilten. Peter Moray bildete die Spitze der Snape-Verräter-Fraktion, die überraschend in der Mehrheit war. Dumbledore, McGonagall, Flitwick, Pomfrey, Moody und einige wenige andere bildeten den Snape-freundlichen und Harry-besorgten Teil der Gruppe. Es herrschte nun langsam ein wahrlich geordnetes Chaos zwischen den Partein. Flitwick drohte Madame Sinistra mit einem Fluch, wenn sie nicht sofort ihre Anschuldigungen zurücknahm und Moody stritt sich lauthals mit Moray. Sirius beschloß nun doch langsam Partei zu zeigen und drängte sich zu Dumbledore vor. Als er an Moray und einer Gruppe Auroren vorbeikam, warf ihm dieser einen vernichtenden Blick zu und wie durch Zufall rammte ihm einer der Auroren den Ellenbogen in die Rippen. Sirius zuckte zusammen und keuchte auf. Die Auroren grinsten nur gemein und zeigten ihm dann die kalte Schulter. Ein rüdes Wort lag ihm schon auf den Lippen, doch da kam Pomfrey und zog ihn resolut weg.
„Nicht jetzt Black!“ raunte sie ihm leise zu und schob ihn auf Dumbledore zu.
Sirius rieb sich die Rippen und stellte sich rechts neben dem Direktor auf. Was würde er nicht alles für einen Zauberstab geben! Dann könnte er sie alle zur Ruhe bringen und sie würden endlich beginnen vernünftige Vorschläge zu machen. Dumbledore schien in seinem Sitz noch mehr zusammen zu schrumpfen und Sirius fühlte sich fast versucht eine Hand tröstend auf die Schulter des Direktors von Hogwarts zu legen.
„Ich hätte sie alle nach Askaban verschifft oder ihnen einen Kuss von einem Dementor aufdrücken lassen. Das hätte ich mit den Verrätern gemacht! Mit diesem Todesser-Abschaum!“ schimpfte Moray laut.
Albus Kopf schnellte hoch und fixierte Moray fest. „Oder sie zu töten Mr. Moray?“ fragte Dumbledore deutlich.
Es war das erste Wort seit der Zusammenkunft das er sprach und schlagartig kehrte Ruhe ein.
„Moody hier könnte eine schöne Geschichte von Ihren Methoden erzählen, Mr. Moray. Er könnte von dem Massaker in dem Haus der Longbottoms erzählen, wie Sie einen Todesser hätten sterben lassen, einfach so.“ Dumbledore stand auf und beugte sich gefährlich über seinen Schreibtisch.
Sirius blinzelte, so schnell wie die Müdigkeit und das Alter bei dem alten Mann gekommen war, so schnell waren sie verschwunden. Er war wieder der alte Albus Dumbledore, einer der mächtigsten Zauberer auf der Welt, und im Moment nicht freundlich zu sprechen.
„Es hat keinen Sinn jetzt Anschuldigungen und Verdächtigungen in den Raum zustellen. Wir sollten uns auf die Fakten und das Problem konzentrieren.“ Mahnend hob er die Hand als einige schon Luft holten um zu widersprechen. „UND wir sollten an Harry Potter denken!“
Die Luft entwich einigen Lungen und Sirius trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Es wurde auch Zeit!

***



Snape beschloß, dass es noch weniger Sinn hatte einfach so in dem Raum zu sitzen. Er griff nach seiner Todesser-Robe, warf sie sich über und öffnete die Tür. Eine Gruppe Todesser ging leise tuschelnd an ihm vorüber. Mit einem Ruck setzte sich Snape noch die Maske auf, sie gab ihm eine gewisse Anonymität und stellte ihn so mit allen anderen rein äußerlich gleich. Als einer von vielen wanderte er durch das Gemäuer. Einige schienen genaue Aufträge zu haben, verschwanden in Labors, brachten Bücher und seltsame Gerätschaften an andere Orte. Nein, verbesserte sich Snape, sie zogen gerade hier ein! Voldemort hatte endgültig ein passendes Hauptquartier gefunden. Ein Zauberer in einer schwarzen Kutte ließ eine Truhe vor sich her schweben, andere beratschlagten leise wie welche Räume zu benutzen seinen. Snape wanderte staunend wie ein kleines Kind umher, er hatte noch nie gehört, dass Voldemort ein Hauptquartier hatte! Ihre Orte, wo sie sich trafen, wechselten ständig und ohne erkenntliches Muster. Wenn Voldemort diese Sicherheit aufgab hatte das seine Gründe, und einer dieser Gründe saß wohl gerade irgendwo im Schloß immer noch gefesselt und geknebelt. Im Vorbeigehen versuchte er zu erlauschen wo Harry Potter war, versuchte zu erfahren, WO der Junge steckte. Zuerst glaubte er in den Kellergewölben, doch dort war gerade Macnair dabei sich einzurichten, diverse Folterwerkzeuge aus Muggelkerkern und ein Buch mit einschlägigen Sprüchen lagen auf einem Tisch verstreut herum. Severus wandte sich ab, hier war man noch nicht bereit für den Jungen gewesen. Die Zauberer und Hexen wurden mehr, und langsam drängte sich ein krankhafter Vergleich in Severus' Gehirn. Es war wie in Hogwarts, wenn Stundenwechsel war. Doch dies war bestimmt nicht Hogwarts und Snape verbannte diesen Gedanken aus seinem Kopf. Das hier war falsch und er war hier nicht richtig und Harry Potter erst recht nicht.

Durch Zufall fiel sein Blick in den großen Saal der Burg und was er da sah gefiel ihm gar nicht. Zögernd trat er durch die großen Tore und betrachtete den Raum vor sich. Der Saal war nicht ganz so groß wie die Große Halle in Hogwarts und auch strahlte er nicht die Freundlichkeit und Wärme aus, es war ein düsterer Ort und in der Luft lagen dunkle Sprüche und Magie. Je weiter Snape in den Saal trat um so unheimlicher wurde ihm dieser Ort. Die Fenster waren mit schwarzen Tüchern verhangen und die einzigen Lichtquellen waren Kohlebecken, die in Reihe an der Wand entlang aufgestellt waren. Kein Stuhl, keine Bank waren zu sehen, nur ein schwarzer Thron stand auf einer Art Podest. Snapes Schritte wurden von dem tiefschwarzen dicken Teppich gedämpft, der den Raum auskleidete. Alles war hier tief schwarz, nur die Kohlebecken, deren Kupfer auf Hochglanz poliert waren, straften die Dunkelheit Lügen. Zögernd trat er auf den Thron zu, das Zeichen Voldemorts war auf die Lehne eingraviert worden und daneben waren Kissen auf dem Podest ausgebreitet.
Für seine Günstlinge, schoß es Snape durch den Kopf.
„Gefällt dir was du siehst Giftmischer?“ fragte eine hohe Stimme hinter ihm.
Snape musste all seine Kraft und Beherrschung zusammen nehmen um nicht zusammen zu zucken.
Voldemort!
Er drehte sich zur Seite, senkte das Haupt und ging ohne Umschweife in die Knie. Während er die Stirn auf den weichen Boden drückte, spürte er einen leisen Lufthauch als der Dunkle Lord auf ihn zutrat. Wie hatte dieses Wesen erraten können wer er war? In den dunklen Umhängen und Masken sahen sie doch fast alle gleich aus?
Severus spürte wie Voldemort vor ihm zum Stehen kam und er hatte das Gefühl, dass sich diese roten unmenschlichen Augen in ihn hinein bohrten.
„Ich habe dich etwas gefragt“, wiederholte der Dunkle Lord ruhig.
In Snape arbeitete es, noch nie hatte ihn der Lord wirklich nach seiner Meinung gefragt. Was sollte er sagen?
„Meister?“ fragte er vorsichtig, sah aber nicht auf.
Stille.
Lange Zeit geschah nichts, Voldemort wartete. Snape wurde unruhig, das passte überhaupt nicht zu ihm, warten und dann auch noch so ruhig. Seine Sinne zeigten ihm aber keine Gefahr, kein Knistern in der Luft oder Ärger. Eher spürte er Belustigung und Heiterkeit, Voldemort spielte mit ihm. Stellte ihm Fragen, von denen er wußte das Snape sie nicht so leicht beantworten konnte, ohne zu viel von seinem eigenen kleinen wiedergewonnenen Selbstbewußtsein Preis zu geben.
Ein Scharren von Füßen, Voldemort mußte nicht allein sein. Da kam ihm ein Gedanke, eine Antwort, die ihn auf relativ sicheren Boden brachte.
„Meine Meinung ist nicht von belang, Meister, und unwichtig“, raunte er ehrerbietig.
„Bravo Snape. Bravo.“ Schwaches, nicht ernst gemeintes Händegeklatsche über ihm. „Und ich befürchtete, deine Jahre als Lehrer ließen dich vergessen wo du stehst. Heute Abend gestatte ich dir neben meinen Thron zu knien, als Zeichen für alle anderen, dass sich wahre Treue auszahlt. Gerade wenn man sich in einem so schlechten Umfeld befand wie du, Giftmischer.“
Innerlich gestattete sich Severus ein Aufatmen. „Meister.“ Und er duckte sich noch mehr vor Voldemort.
Der Dunkle Lord ging aus der Halle und Snape hörte wie ihm andere folgten. Erst als er sich wirklich sicher war wieder allein zu sein, gestattete er sich ein Aufsehen. Der Raum war leer und nur das Knistern der Kohlebecken war zu vernehmen. Mit zittrigen Knien stand Severus auf und warf einen hektischen Blick zum Eingang. Was für ein Spiel spielte Voldemort mit ihm? War er nicht immer der unterste Diener gewesen, Eigentum des Dunklen Lords, das nicht fühlen konnte? Keine Rechenschaft ablegen mußte wenn er nicht mehr auftauchte? Woher plötzlich diese Großzügigkeit?
In Gedanken versuchte er sich zurück zu versetzen zu der Zeit, als er noch nicht Dumbledore gehörte. Wie hätte er damals reagiert? Er hatte nie nach Voldemorts Zuneigung oder gar Gunst gebuhlt, wie so manch andere. Für ihn hatte damals Überleben keine so große Rolle gespielt. Snape verließ beinahe panisch den Saal und suchte so schnell wie möglich seinen Raum auf. Sorgfältig verschloß er hinter sich die Tür und riß sich mit zitternden Fingern die Maske vom Gesicht. Die Maske landete scheppernd auf dem Boden und drehte sich um sich selber. Langsam rutschte Snape an der Tür hinab, bis er auf den Boden saß. Snape vergrub sein Gesicht in beiden Hände und er versuchte seine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Für einen kurzen Moment hatte er das Gefühl nicht im Raum zu sein. Irritiert sah er auf. Die leeren Augen der Maske sahen ihn spöttisch an.
Wolken zogen auf und ein Schwarm Krähen flog über das neue Hauptquartier von Voldemort. Der Schwarm war so dicht, dass er für kurze Zeit selbst die Sonne verdunkelte.
Irgendwo im Schloß kämpfte Harry Potter gegen seine Fesseln und seine aufkeimende Panik an.


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