Geheimnisse

 

 

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Kapitel 41: Ahnungen


Die größten Menschen sind jene, die anderen Hoffnung geben können.

Jean Faurés



Jedes Mal, wenn die lang ersehnte Dunkelheit nun endlich nach ihm griff, holten die Eisen an den Handgelenken und am Hals ihn wieder zurück. Brachten den Gefangenen in eine Wirklichkeit, die für viele ein Alptraum wäre, doch für diese Person leider zu oft traurige Realität war. Er kannte Kerker. Oh ja, er kannte sie zur Genüge. Auch kannte er den Schmerz, der seine Nervenbahnen entlang jagte. Ja, auch diese waren ihm nicht unbekannt, waren ihm Begleiter in den dunkelsten seiner Lebensjahre gewesen. Hatten ihm immer gezeigt, dass dieses Leben nicht so einfach war und Fehler nie verziehen wurden. Severus Snape versuchte sein schmerzendes Bein zu entlasten. Moray hatte es gebrochen und irgendwie in all der Agonie war ihm das Wie entfallen. Mit einer Stange? Mit einem Fluch? Egal, es war gebrochen und es reihte sich in eine lange Reihe von Verletzungen ein, die Moray sich hatte einfallen lassen.
Sein Blickfeld war schon lange nicht mehr scharf vor Müdigkeit und Agonie, doch was ihm seine Augen noch zeigten, war irgendwie nicht richtig. Es war falsch. Der Kerker war immer noch sehr gepflegt und sauber und die Werkzeuge, die Peter Moray gebraucht hatte, hingen oder lagen wieder fein säuberlich an ihrem Platz. Der Dunkle Lord hätte in Moray einen guten Folterknecht gefunden. Bei weitem besser als alles andere, was der Schwarzmagier aufbringen konnte. Aber der Kristall in Snape widerstand, trotz all seiner Risse und Splitter. Der Kristall war immer noch da und weigerte sich entzwei zu springen, ihn völlig preiszugeben und in die tiefen Abgründe der Verrücktheit zu gleiten. Snape umfaßte mit einer Hand eine Kette und zog sich leicht daran hoch. Verrücktheit. Er war mehr als einmal dazu bereit gewesen, doch immer wieder hielt ihn etwas zurück. Damals war das schon so gewesen, kurz nach dem Verlassen der Schule und dem Tod seines Vaters. Dann bei Dumbledore. Dann beim Tod von Hagri d - und auch jetzt. Das klare Denken half dem Kristall, kittete Risse, verstärkte seine Struktur und half ihm so vielleicht über die nächsten Stunden hinweg. Seine innere Uhr begann zu ticken.

***



Sirius blinzelte und staunte. Der Transport war ohne große Vorankündigung geschehen und so schnell und präzise, dass er nichts gespürt hatte. Gar nichts! Verwundert sah er auf den Steinboden. Das war nicht mehr Hogwarts, nein, dieser Boden war nicht grau mit den bunten Muster, dieser hier hatte ein hellere Farbe und kleinere Steine. Dem leisen Aufkeuchen seiner Mitreisenden nach ging es ihm nicht allein so. Ein Portschlüssel war eine recht unangenehme Art zu reisen. Es war holprig und mit einem Wirbel an Farben verbunden. Das Flohpulver war fast genau so, nur drehte man sich hier sehr schnell um seine eigene Achse. Hier war nichts dergleichen geschehen. In einem Moment waren sie noch in Hogwarts gewesen und im nächsten einfach hier. Wo immer dieses Hier sein mochte. Es war ein Schloss, so viel war sicher, und dazu eines von der etwas älteren Sorte. Das allein zeigten ihm schon die Steine der Mauer und des Fußbodens. Der Raum, in dem sie gelandet waren, war groß aber hatte bei weitem nicht die Ausmaße der Großen Halle oder von Dumbledores Büro. Moody ging zu einen nahen Fenster und blickte durch die vor Schmutz starrenden Scheiben. Die Sonne schien schon und beleuchtete einen ungepflegten Garten.
Black wirbelte herum. Stimmen näherten sich, und Schritte. Alle Anwesenden zogen ihre Zauberstäbe, bis auf Gryffindor, der hob sein Schwert; und Sirius holte den Bogen vom Rücken und legte umsichtig einen Pfeil auf. Die Stimmen kamen näher und Sirius zielte auf die Tür. Noch während er das tat überlegte er sich, ob er wirklich auf einen Menschen schießen konnte. Konnte er es wirklich? Die Magierwelt sah ihn als Mörder, doch so richtig ermordet hatte er noch nie jemanden. Die Stimmen kamen näher, immer näher. Keiner wagte zu atmen, selbst Gryffindor schien zu einer Statue erstarrt. Eine angriffslustige Statue mit einem Schwert, kampfbereit erhoben, und einem Funkeln in den Augen. Fast schon konnten sie die Schritte auf den Platten hören und dann... vorbei gehen. Die Stimmen entfernten sich langsam wieder und ein Teil der Anspannung fiel von ihnen ab.
"Das war Knapp", flüsterte Moody.
Gryffindor nickte. "Ich hasse es, meinen Überraschungsmoment zu verlieren. Wir hatten Glück."
Dumbledore zwinkerte dem Geist in Harry zu. "Gehört zu einer solchen Unternehmung nicht immer etwas Glück?"
"Okay und wie weiter", fragte Sirius und wagte es noch nicht den Bogen zu senken.
Alle sahen ihn an als ob er soeben verlangt hätte, jeder müsse es einzeln mit hundert Todessern aufnehmen, bis auf Gryffindor, der lächelte sein altes und abgebrühtes Lächeln.
"Jetzt, junger Sirius Black", kurz stockte der Geist, "besorgen wir uns eine Tarnung."
Sirius senkte den Bogen und die anderen starrte sein Gegenüber leicht verwirrt an.
"Was haben Se erwartet?" fauchte Gryffindor. "Dass wir hier mit wehenden Fahnen durchlaufen?"
Black grinste, der Geist gefiel ihm. Trotz seines Wissens und seiner Stärke hatte er einen Humor, der Sirius irgendwie an Dumbledore erinnerte.
"Nun denn Black, wollen Sie mir helfen?" fragte Gryffindor und steckte sein Schwert wieder ein.
"Sicher", grinste Sirius, er wollte auch sein Patenkind nicht ganz aus den Augen lassen.
Der Hausgründer drehte sich zu Dumbledore und den anderen um. "Wir kommen gleich zurück."
Gemeinsam schlichen sie aus dem Raum und den Gang entlang. Die anderen Expeditionsteilnehmer zeigten sich überraschend einsichtig und willigten ein ruhig abzuwarten. Gryffindor bewegte sich schleichend wie ein großes Raubtier auf Jagd - diese Ruhe in seinen Bewegungen und diese Erfahrung konnten einfach nicht Harry sein. Wobei, wenn Sirius genau hinsah, kam auch etwas Harry zum Vorschein, das leicht verspielte im Schleichen, das schnelle, leicht hektische Umwenden eines Schülers, der nicht ertappt werden wollte. Im Gegensatz dazu der schleichende Hund, nicht ganz so elegant und nicht ganz so geschmeidig, dafür zielsicherer und entschlossener.
"Gryffindor ...Gryffindor", flüsterte Sirius, "was genau suchen wir?"
"Es heißt Godric", murmelte der Geist. "Wir suchen nach Todesser-Umhängen. Am Besten spielt man immer eine Weile Feind, um genau diesen zu beobachten und um an sein Ziel zu kommen."
Sie stoppten an einer Kreuzung und spähten die Gänge hinunter. Die Gänge waren wie leergefegt. Die einzigen Todesser, die sie gehört hatten, waren die gewesen kurz nach ihrer Ankunft. Ein Indiz dafür, dass Voldemort wirklich in einer Art Starre gefangen war.
"Wir gehen mal am Besten einfach in einen Raum." Godric wies auf eine Tür die größer erschien und für Sirius auch im Moment die vielversprechendste Tür schien.
Leise gingen sie den Gang entlang und öffneten die Tür. Sirius war überrascht wie leicht es ging, doch Gryffindor murmelte nur: "Tztz Voldemort überschätz seine Verstecke genau so wie Salazar. Die Ähnlichkeit ist doch verblüffend, oder?"
Sirius zuckte mit den Schultern, "Dazu kann ich nichts sagen, ich kannte Slytherin nicht."
Der Raum war eindeutig der Wohnraum eines höhergestellten Todessers. Es war reich möbliert und ein warmer Teppich hielt die Kälte des Steinbodens ab.
"Hier müßte es doch..."grummelte Godric und begann die Schränke zu öffnen.
Einen nach dem anderen sah er sich genau an, er durchwühlte sie nicht, auch schloss er hinterher wieder umsichtig alles was er geöffnet hatte. Black staunte nur und beschloss, in der kurzen Zeit, wo er mit diesem alten Geist zusammen war, so viel wie möglich zu lernen. Während Gryffindor immer noch den Raum durchsuchte, behielt Sirius die Tür im Auge und lauschte auch in den Gang.
"Ahh hier", hörte Black und drehte sich um.
Gryffindor hatte einen Stapel Todesserumhänge auf dem Arm und auch ein paar Masken.
"Das wird genügen", meinte der alte Geist und drückte Sirius einen Teil seiner Last in dessen Arme. "Zurück zu den anderen."
Der Rückweg war so wenig ereignisreich wie der Hinweg und so kamen sie schnell und sicher bei den anderen Zauberern an. Als sie stolz ihre Beute vorzeigten hielt sich die Begeisterung in Grenzen.
Moody hielt den Todesserumhang mit zwei Fingern fest und starrte voll Abscheu darauf. Madame Pomfrey zog ihn sich einfach über und überprüfte in den dreckigen Fensterscheiben den Sitz. Mr Weasley zeigte sich neugierig und besah sich Umhang wie Maske genau. Dumbledore steckte einen Teil seines ellenlangen Bartes in den Gürtel und lächelte verschmitzt, als er die Kleidung des Feindes anlegte. Ron und Hermine zogen sich die Roben einfach über und warteten aufgeregt was da noch kommen mochte. Ron sah seinen Vater dankbar an, er schien sehr froh darüber zu sein, wenigstens einen von seiner Familie dabei zu haben. Hermine wirkte eher entschlossen, und doch, ganz hinten in ihren Augen, funkelte die Angst.
Der Phönix saß auf einem Schrank und besah sich die Gruppe genau. Dumbledore pfiff den Phönix herunter und in einer magisch vergrößerten Manteltasche fand der Vogel Platz.
Gryffindor besah sich Hermine und Ron genauer. "So sehr eure Treue zu Harry Potter euch ehrt, ihr seid doch etwas zu klein geratene Todesser."
"Aber wir bleiben nicht hier!" protestiert Ron und stolperte dabei fast über seine Todesser-Robe.
Hermine nickte heftig, sie hatte genau so wenig Lust in einem gottverlassenen Raum auf die anderen zu warten.
Gryffindor legte den Kopf leicht schief und schließlich nickte er. "In Ordnung, es gibt da einen Zauber. Er heißt 'Glanz'. Dieser Zauber läßt euch für andere normal groß und unauffällig erscheinen."
Noch während er sprach schwang er seinen Zauberstab und die Luft rund um Hermine und Ron waberte kurz, ihre Gestalten wurden in die Länge gezogen und gestreckt.
"Der 'Glanz' wird so lange halten wie ihr Maske und Mantel tragt", erklärte Gryffindor den verblüfften Freunden, dann griff er nach seiner Maskierung. Während er dies tat warf er auch den 'Glanz' über sich und wirkte wie alle anderen normal groß und völlig harmlos.
Während dessen stellte Sirius fest, dass sie ein Problem hatten.
"Nicht genug Todesserumhänge", murmelte Mr. Weasley und verhedderte sich fast in dem schwarzen Umhang.
"Das war beabsichtigt", meinte dazu Gryffindor locker und winkte ab.
"Beabsichtigt?" fragte Moody entgeistert.
"Ja natürlich, wir brauchen einen Grund um Voldemort zu sehen. Einen triftigen Grund!" sagte Goderic und sein Blick blieb an Sirius haften, doch nicht, bevor er Harrys Freunden zugelächelt hatte.
Black schrumpfte um einige Zentimeter und grummelte: "Einen Gefangenen."
Der alte Geist lächelte breit und nickte begeistert. "Genau! Dann können wir Voldemort sogar mit etwas Glück allein für uns haben, oder wenigstens nicht so stark bewacht. Es ist nicht Harry Potter, also wird er höchstwahrscheinlich auf seine große Zeremonie verzichten."
Alle Augen waren nun auf Black gerichtet und Madame Pomfrey meinte tröstend: "Sehen Sie es positiv, Black. Sie brauchen nicht viel zu schauspielern, Sie wissen wie es ist, gefangen zu werden."
Sirius sah die Hexe an und glaubte nicht richtig gehört zu haben.

***



"IHR BASTARDE!!" schrie Black und wehrte sich gegen den festen Griff seiner Feinde.
"IHR NARREN!!" Er wehrte sich mit Händen und Füßen, doch seine Hände waren ihm auf den Rücken zusammen gebunden und aus einer Kopfwunde tropfte ein kleines Rinnsal an Blut in ein Auge.
Die Haare lagen ihm wirr um den Kopf und überhaupt wirkte der ganze Magier arg mitgenommen. Dieser hier hatte sich nicht freiwillig ergeben. Türen wurden geöffnet und neugierig gewordene Todesser wollten sehen welcher Gefangene sich da so wehrte. Doch eine kalte Frauenstimme herrschte sie an: "Da gibt es nichts zu sehen! Zurück!"
Der Gefangene tobte und zerrte an Fesseln und Todessern. Einen besonders neugierigen Todesser fiel er sogar fast an und schrie dabei die schrecklichsten Verwünschungen.
Der Zug von Todessern und ihrem Gefangenen kam in einen Gang ohne Türen und sicher vor neugierigen Blicken. Schlagartig konnte Black wieder ohne Gezerre gehen und die Todesser um ihn herum warfen nervöse Blicke umher.
"Wo entlang?" fragte der Todesser rechts von Sirius und wirkte so gar nicht selbstsicher in seiner Robe.
"Noch einige Meter aber wir sind nah. Sehr nah!" grummelt eine Gestalt im Hintergrund.
"Tut mir leid das mit den Kopf", murmelte eine humpelnde Gestalt, die sich schwer auf einen Stock stützte.
"Nehmen Sie es nicht so schwer, Moody", flüsterte Sirius und warf mit einer eleganten Kopfbewegung sein Haar aus dem Gesicht. "In Askaban war es schlimmer.... viel schlimmer."
Sie hörten Stimmen vor sich und schlagartig änderte sich der Gang von Sirius, er wurde wieder der sich wehrende Gefangene und die Todesser wirkten sicherer und auch sehr stolz auf ihre Beute.
"Halt!" herrschte sie eine Stimme an.
Sirius glaubte sein Herz bleibt stehen, Lucius Malfoy! Der einzige und wirklich einzige Todesser, der alle hier Anwesenden kannte, und wenn jetzt einer sprach war ihre Tarnung vorbei.
"Das geht dich nichts an!" herrschte die Frau ihn so kalt und zornig an, dass es Sirius kalt den Rücken runter lief.
Pomfrey! Die Heilerin von Hogwarts war Malfoy so gut wie nie begegnet und er hatte sie auch noch nie sprechen gehört.
"Wie kannst du es wagen?" fauchte Lucius und ging auf Pomfrey zu. "Wer bist du überhaupt?"
Ron, Hermine und Harry zogen sich in die kleine Gruppe zurück; wegen ihrer Größe hätten sie zu weit vorne zu viel Aufsehen erregt. Doch Pomfrey in ihren Todesserroben baute sich vor Lucius auf und sah auf ihn so verachtend wie sie nur konnte.
"Mein Name ist der meinige! Ich bin nur unserem Lord Rechenschaft schuldig. Bring mich zu unserem Meister, wir haben ein Einweihungsgeschenk für seinen Kerker und als Wiedergutmachung für den verschwundenen Potter-Jungen." Sie sprach so kalt und ohne Herz, dass Sirius einen Moment glaubte verloren zu sein.
Doch nur kurz, da spürte er die freundliche Hand von Dumbledore an seinem Arm und in den Augenschlitzen der Maske funkelten die gütigen Augen des Direktors.
Doch nicht verloren.
Einige Momente zögerte Lucius Malfoy, dann nickte er und ging voraus. Klugerweise ließ Sirius nun das Fluchen, sondern wehrte sich stumm. Dieser Todesser vor ihm war keiner seiner Freunde und wer wusste schon, was er Black alles auf den Hals jagen konnte. Sie gingen um einige Ecken und kamen dann vor einem großen Tor an.
"Ich hoffe dein Geschenk erfreut unseren Meister. Er ist nicht gerade in guter Laune", sagte Malfoy mit einer Stimme wie Seide und öffnete die Tore.
Black riss die Augen auf und keuchte.

Kapitel 40

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