You Can Always Go Home Again

 

 

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Kapitel 4




Sabina Selpent starrte den Mann am Schreibtisch an. Er war nicht mal aufgestanden um sie zu begrüßen. Wahrscheinlich auch wieder so ein in Ehren ergrauter alter Professor, der es nicht nötig hatte, sich um irgendwelche neuen Dienstbotinnen zu kümmern. Immer das gleiche. Und der sollte sie einweisen. Na, danke. In was der wohl einen Doktortitel hatte? In Haarpflege sicher nicht. Sie lachte inwendig, eine Spezialität, die sie sich an ihren vielen Arbeitsstellen angewöhnt hatte.

Seine Haut war so leblos wie das Papier, das ihn umgab. Seine Augen waren - irgendwie bemerkenswert. Tief und schwarz. Sie nahm jedenfalls an, sie wusste nicht warum, dass sie tief waren, sehen konnte man es nicht. Sie waren irgendwie - flüssig. Zwischen ihnen stand eine steile Falte, die den Gemütszustand des Mannes noch deutlicher zeigte, als nötig gewesen wäre. Er war ein ungehobelter alter Langweiler, die schlimmste Sorte. Arrogant und spießig. Verklemmt. Wie er sie schon ansah und kein Wort sagte. Das alte Machtspiel. Immer und immer wieder. Wenn doch einmal etwas Neues passieren würde, an so einem Arbeitsplatz. Nur einmal! Sie war es jetzt schon leid, obwohl sie noch nicht einmal angefangen hatte.

Jetzt würde er ihr irgend etwas über wichtige Fälle erzählen, die so geheim waren, dass sie sie nicht wissen durfte und sowieso nicht verstehen würde, dann würde sie wieder mit dieser Katharina gehen, in die Teeküche, um alles gezeigt zu bekommen und heimlich über ihn lästern. Dann würde sie sich an einen Schreibtisch setzen und Akten umdrehen und dabei wichtig aussehen. Es war ihr jetzt schon langweilig. Sie unterdrückte einen Seufzer. Würde dieser Mann jetzt etwas sagen?

Es hörte sich an, als ob er knirsche. Schien nicht viel zu sagen. Sprechwerkzeuge eingerostet. Vielleicht lag ja schon Staub auf ihm. Und Spinnweben wucherten zwischen seinem schwarzen Anzug und der Wand. Er war hier vergessen worden, das war es. Er war das Schloßgespenst. Sie unterdrückte noch ein Grinsen. Nicht dass sie ihre Gedanken wirklich so lustig fand. Aber besser als die trübselige Realität dieses Zimmers und dieses Mannes waren sie allemal.

Das war der Mann für außergewöhnliche Angelegenheiten? Für den war es wahrscheinlich schon außergewöhnlich, wenn der Bleistiftanspitzer links vom Lineal statt rechts lag. Wie lange stand sie jetzt eigentlich schon hier? Das wurde allmählich wirklich nicht nur blöde, sondern peinlich. Sie hob die Augenbrauen und sah ihn auffordernd an. ‚Los, öffne den Mund!’, dachte sie. ‚Versuch es. Es ist gar nicht so schwer. Schon Kinder können es. Oder sind die Spinnweben schon innen und überwuchern lebenswichtige Organe? Ob ich mal gucken soll?’ Sie machte einen Schritt auf ihn zu.


Kapitel 3

Kapitel 5

 

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