Jenseits von Haß - Kapitel 11

 

 

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Kapitel 11



Die beiden folgenden Tage verliefen recht ereignislos.

Ginny kam es so vor, als würde die Zeit unglaublich langsam voranschreiten. Sicherlich hatte dies mit dem Umstand zu tun, daß sie fieberhaft auf den kommenden Samstagabend wartete.

Am Morgen dieses Tages lag sie in ihrem Bett, starrte an die Decke und dachte über den Abend nach, der vor ihr lag. Sie hatte die leise Ahnung, daß sie im Grunde genau wußte, was Severus für sie beide geplant hatte, obgleich sie sich in dieser Hinsicht nichts anmaßen wollte.

Seit Monaten nun hatte sie es vermieden, das eine Thema anzusprechen, von dem sie wußte, das es ihre Beziehung ernstlich gefährden konnte: das Dunkle Mal, welches in seinen linken Unterarm eingebrannt war.

Sie hatte es nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommen, und dies auch nur für einen kurzen Moment, aber sie erinnerte sich an den Ausdruck von Angst und Schmerz in seinen Augen. Sie wußte ohne Zweifel, wie sehr er es hasste, ihr dies gezeigt zu haben. Da waren unzählige Fragen, die sie ihm stellen wollte, über viele Dinge.

Warum? Was um alles in der Welt konnte ihn dazu bewegt haben, sich den dunklen Zauberkräften hinzugeben, sich aus freiem Willen Voldemort anzuschließen? Sie wußte, Severus war kein schlechter Mensch, und sie war nicht bereit, wirklich zu glauben, daß dies jemals anders gewesen war. Deswegen mußte es triftige Gründe für seine düstere Vergangenheit geben. Sie hatte die Absicht, mit ihm darüber zu sprechen, ihn all das an schrecklichen Erinnerungen erzählen zu lassen, was er jeden einzelnen Tag mit sich herumtrug. Sie sehnte sich danach, ihn in ihre Arme zu schließen, damit er alles aus sich herausweinen konnte.

Für Ginny lag das Romantische in einer Situation darin, daß sie einen weinenden Mann in ihren Armen halten konnte, und dieser ihr - der Frau, die er liebte - seine verletztlichste Seite zeigte.

Dennoch - irgendwo in ihrem Hinterkopf hegte Ginny die leise Hoffnung, daß Severus andere Pläne hatte......

Sie hatten niemals auch nur darüber gesprochen, in ihrer körperlichen Beziehung weiter zu gehen, obgleich Ginny klar wußte, wie erregt Severus durch ihre Gegenwart wurde. Sein Atem beschleunigte sich und wurde unregelmäßig; seine Pupillen erweiterten sich, wenn er sie anblickte. Er erzitterte unter ihren zarten Berührungen, besonders dann, wenn ihre Finger über seine Bauchgegend streichelten.....oder tiefer.

Sie mußte lächeln, in dem Wissen, wie sehr sie ihn verrückt machen konnte. Sie rollte im Bett auf die andere Seite und verbarg ihr Gesicht im Kopfkissen, während sie sich jeden einzelnen Kuss der letzten Monate zwischen ihnen ins Gedächtnis rief.



***



Severus wachte am Samstagmorgen mit einem Gefühl der Nervosität auf. Zunächst brachte er es nicht über sich, aus dem Bett zu steigen. Stattdessen genoß er einen friedvollen Augenblick der Zufriedenheit, in dem Bewußtsein, daß Ginny ihn liebte.

`Das`, erkannte er,`mag sich nach dem heutigen Abend ändern..`

Mit seiner rechten Hand schob er den Ärmel seines Nachtgewandes nach oben und enthüllte das verblasste, jedoch deutlich erkennbare Dunkle Mal, welches sich gegenüber seinem bleichen Teint abhob. Seine Finger fuhren leicht über die schlangenförmige Figur. Es war nicht so, daß Ginny das Mal nie zuvor gesehen hätte; sie wußte, es war da. Gottverdammt, er hatte es ihr bereits einmal gezeigt, wenngleich nur für den Bruchteil eines Moments. In ihrem Blick hatte weder Abscheu noch Ablehnung gelegen, vielmehr Mitgefühl und Verständnis. Ginny war kein oberflächlicher Mensch, das wußte er.

Sie würde verstehen, sie würde ihn immer noch lieben.

Oder?

Hastig bedeckte er das Mal wieder und ließ sich auf die Seite sinken. Er starrte auf die prachtvollen Vorhänge aus Samt, die sein Bett umgaben, nur an den Rändern erleuchtet von den Strahlen der Sonne, die vorwitzig zwischen den Falten hervorlugten. Es gab diesem Morgen einen wunderbaren, karmesinrötlichen Glanz , und ein Lächeln spielte um seinen Mund, als ihm bewußt wurde, an wen ihn die Farbe Rot in solchen Momenten erinnerte.

`Heute abend werde ich es ihr sagen´, dachte er still, `Ich werde ihr sagen, daß ich sie liebe.´

Und dies tat er, von ganzem Herzen. Er liebte sie mehr, als er jemals irgendwen oder irgendetwas in seinem Leben geliebt hatte. Ginny brachte das Beste in ihm hervor, zeigte ihm, wie wunderschön das Leben wirklich sein konnte, trotzdem es Zeiten gegeben hatte, da es ihm schier unerträglich erschienen war. Doch mit Ginny an seiner Seite spürte Severus die Gewißheit, daß er jedem und allem ins Gesicht schauen konnte, was die Zukunft für ihn bereit hielt. Sie war seine fehlende Hälfte; sie füllte die Leere in seinem Herzen. Sie war es, die ihn zu etwas Komplettem machte.

Sie würde verstehen. Sie mußtees einfach verstehen. Denn wenn sie es nicht tat....

Severus brachte es nicht fertig, diesen Gedanken zu Ende zu führen. Stattdessen ließ er seine Finger über die scharlachroten Bettvorhänge gleiten, in der Vorstellung, das weiche, rote Haar des Mädchens zu berühren, das er liebte.



***



Harry Potter erwachte in einer erstaunlich guten Stimmung angesichts der Tatsache, daß Ginny ihm am Abend zuvor eine Abfuhr erteilt hatte. Nicht, daß dies Harry sonderlich überrascht hätte - allmählich gewöhnte er sich an ihr merkwürdiges Verhalten -, aber dennoch war es eine äußerst unbefriedigende Situation.

Ginny hatte ihn immer gemocht, die ganze Zeit über, und er konnte sich einfach keinen Reim darauf machen, wie sich dies innerhalb nur weniger Monate so hatte ändern können.

Sie hatte sich mit einem Male voller Eifer in ihre Hausaufgaben gestürzt, insbesondere in Zaubertränke. Es war zur allabendlichen Gewohnheit der Gryffindors geworden, sich um Ginny zu scharren, um sie um Ratschläge in diesem Fach zu bitten. Neville zog bei weitem den meisten Nutzen aus diesem Umstand, und es kursierten Gerüchte, daß sogar Hermine Granger etwas davon gemurmelt hatte, sich den einen oder anderen Tip von Ginny geben zu lassen.

Harry war es durchaus bewußt, daß Ginny einen Großteil der Zeit in den Kerkern verbrachte, um an Zaubertränken zu arbeiten. Er hatte begonnen, ihre Spur dorthin zu verfolgen, wo sie unmittelbar nach dem Weihnachtsball gegangen war (sie war augenblicklich verschwunden, welch eine loyale Schülerin sie doch war!), und zwar mit Hilfe der Karte des Herumtreibers, welche er unter seinem Bett versteckt hielt. Zunächst hatte er bei diesem Gedanken Besorgnis verspürt, da dies bedeutete, daß sie viel Zeit mit Snape verbringen mußte. Allerdings schien sie zu keiner Zeit außer Fassung geraten zu sein, sobald sie in den Gemeinschaftsraum zurückkehrte. Harry bewunderte ihre Standhaftigkeit.

Zu diesem Zeitpunkt sollte festgestellt werden, daß Harry keineswegs der arrogante Kerl ist, als der er in dieser Geschichte erscheint. Ganz im Gegenteil, er ist einfach ein Junge, der sich verliebt hat. Und bekanntlich macht die Liebe denjenigen , den sie fest ergriffen hat, allem gegenüber blind, so daß dieser Mensch nur diejenigen Dinge sieht, die er wirklich sehen will. Der Gedanke an Ginny zusammen mit jemand anderem wäre ihm niemals in den Sinn gekommen.

Er schob mit dem Fuß die Bettdecke beiseite, auf dem Rücken liegend, und verschränkte die Arme vor seiner Brust, während er über den kommenden Abend nachdachte. Sirius würde sich mit ihm um halb zehn in der Heulenden Hütte treffen, und dies würde ihm endlich die Gelegenheit geben, seinem Paten alles über die Gefühle zu erzählen, die er diesem erstaunlichen, wundervollen Mädchen gegenüber empfand. Er brauchte Sirius Ratschläge in letzter Zeit dringender denn je, doch da Sirius sich immer noch vor dem Zaubereiministerium versteckt hielt, war es fast unmöglich für ihn, Harry in regelmäßigen Abständen zu sehen.

Ein Geräusch vom Nachbarbett riß Harry aus seinen Gedanken; Ron hatte wieder laut aufgeschnarcht. Mit einem Grinsen rollte sich Harry auf seinen Bauch und presste seine Ohren in das Kopfkissen. Er fragte sich, ob auch Ginny so schnarchte......



***



Remus Lupin saß an seinem Küchentisch, die Füße auf einem anderen Stuhl abgestützt und mit seinen leicht zerzausten mausbraunen Haaren, und überflog die morgendliche Ausgabe des Tagespropheten.

"Hmmm.." grübelte er. "Gilderoy Lockhart ist also mal wieder gesehen worden." Er schüttelte seinen Kopf. "Ich frage mich, was aus diesem Typen eigentlich geworden ist." Er kehrte zu der Seite zurück, sein Blick sofort gefangengenommen von einem kurzen Artikel. Das bißchen Farbe, welches auf seinem Gesicht verblieben war, verblasste.

Behörden weiterhin auf der Suche nach Sirius Black.

Möglicher Aufenthalt in der Nähe von Hogsmeade

Er schluckte schwer und versuchte, jeglichen düsteren Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen. Nein, sie würden Sirius nicht finden. Dieser verstand es für gewöhnlich zu gut, seine Spuren hinter sich zu verwischen. Daß Sirius vermeintlich erkannt worden war - dabei mußte es sich um einen Zufall handeln. Er würde es nicht riskieren, in solch einer Lage im Dorf herumzustreunen.

Andererseits, dies war Sirius.....derselbe Sirius, der einst dem Schaffner im Hogwartsexpress das Blaue vom Himmel heruntergeschwätzt hatte. Derselbe Sirius, der es tatsächlich gewagt hatte, einst, in ihrem fünften Schuljahr, Snapes Haare für eine ganze Woche blond zu färben. Derselbe Sirius, der seit je her gerne gewisse Risiken einging. Es war derselbe Sirius, welcher sich in diesem Augenblick auf dem Sofa in Remus Wohnzimmer wild hin - und herwarf.

`Wieder ein Alptraum´ dachte Remus, als er durch den Raum schritt und sich neben seinem besten Freund niederkniete. Sirius Gesicht war verzerrt vor Angst und Schmerzen, mit seinen Armen schlug er heftig um sich, während er unaufhörlich "Nein! Nein!" stöhnte. Der Anblick schmerzte Remus, wie das Wissen, daß Sirius zwölf Jahre in Askaban verbracht hatte, für ein Verbrechen, welches er niemals begangen hatte. Beruhigend legte er eine Hand auf dessen Schulter und rüttelte ihn sanft, bis er erwachte.

Sirius setzte sich aprupt auf und blinzelte mit den Augen. Die Erinnerungen an Askaban verschwammen und wichen schließlich der Gegenwärtigkeit von Remus freundlichem und gemütlichem Haus. Ja, er war bei Remus und nicht mehr in Askaban. Doch diese Alpträume....

"Hallo Moony", sagte er, und seine Stimme hörte sich ein wenig wackelig an. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und strich sich die schwarzen Strähnen seines Haares aus dem Gesicht.

"Danke, ich-"

Remus nickte.

"Schon gut. Weißt du, du schläfst ungeheuer viel, selbst für einen Hund."

Sirius versuchte, ihm mit seinem Handrücken einen Klaps zu versetzen, aber Remus duckte sich rechtzeitig und lächelte ihm zu, bevor er sich erhob und in die Küche ging, um Sirius eine Tasse Kaffee zu holen. Er kam mit einer dampfenden Tasse in seiner Hand zurück und beobachtete, wie der gequälte Ausdruck aus Sirius Gesicht verschwand, während dieser einen großen, langsamen Schluck nahm.

"So..", versuchte er eine Unterhaltung in Gang zu bringen. Es war ein schönes Gefühl, Sirius wieder bei sich zu haben. Er versuchte, alle paar Monate bei ihm hereinzusehen, doch war er gezwungen, jedesmal wieder weiterzuziehen, für den Fall, daß das Ministerium Wind davon bekam, wo er sich gerade aufhielt. Sie beide waren für so unendlich lange Zeit voneinander getrennt gewesen, obgleich es erschien, als ob kaum ein Tag vergangen wäre, seit jener Zeit, als sie sich das erste Mal getroffen hatten, als sie zusammen gelacht hatten, gmeinsam mit James und Lily und Peter.

Peter.

Selbst jetzt spürte Remus einen bitteren Zorn, als er daran dachte, auf welche Weise diese Ratte James und Lily verraten hatte. All das verraten hatte, was den beiden wichtig gewesen war. Doch am schlimmsten, wie er Sirius um zwölf lange Jahre seines Lebens gebracht hatte.

"So..", wiederholte Sirius und warf Remus über den Rand seiner Tasse hinweg einen Blick zu. Er bemerkte den Ausdruck in seinem Gesicht. In einem mitfühlenden, doch bestimmten Tonfall sagte er "Moony, vergiß es."

"Vergiß was?" erwiderte Remus herausfordernd.

Doch Sirius kannte ihn zu gut.

"Hör auf, ihn meinetwegen zu hassen."

"Ich hasse ihn nicht nur deinetwegen. Er verriet auch James und Lily, vergiß das nicht."

Die Temperatur im Raum schien um etliche Grade zu klettern, als Remus brennenden Haß in sich aufsteigen spürte.

"Hör auf, ihn ihretwegen zu hassen." Sirius schaute Remus beschwörend an. Es war furchtbar für ihn, Remus in dieser Verfassung zu sehen, so völlig außer sich. Die dunklen Ringe um seine Augen schienen sich noch zu vertiefen.

"Wie könnte ich das, Sirius!" Er ließ sein Gesicht auf seine Hände sinken.

" Weil - wie sehr du auch Peter hassen magst - es die Dinge, die passiert sind, nicht ändern wird. Und wenn du diesen Hass in deinem Herzen zuläßt, verhältst du dich nicht anders als Peter." Er tat einen tiefen Atemzug und fuhr fort. " Lange Zeit habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als diesen Bastard zu töten, für das, was er mir angetan hat, was er James und Lily angetan hat, und vor allem für das, was er dir angetan hat, Remus."

Remus schaute ich überrascht an. Er hatte solche Worte nicht aus Sirius Mund erwartet.

"W-wovon sprichst du? Ich wurde nicht von Voldemort umgebracht, Sirius. Ich habe keine zwölf Jahre in Askaban verbringen müssen." Seine Stimme klang gepresst. Verdammt, warum mußten sie ausgerechnet heute darüber sprechen?

"Ich weiß das, und gerade weil du überlebt hast, und mit all diesem konfrontiert worden bist, hast du mehr gelitten als alle anderen von uns. Ja, ich war in Askaban, und ja, James und Lily sind gestorben. Aber du mußtest zwölf Jahre weiterleben, ohne die Wahrheit zu wissen. Du mußtest dein Leben fortführen, ohne jemals die wirklichen Antworten zu bekommen, und in dem Glauben, ich hätte sie verraten..." Er stellte seine Kaffeetasse ab.

"Ich habe nicht gewußt, daß du so gefühlt hast", gab Remus zu. Sirius war nun bereits seit über vier Jahren aus Askaban raus, aber sie hatten darüber noch niemals eine Unterhaltung wie diese geführt. Es war immer Sirius Gewohnheit gewesen, sich über die Geschehnisse an diesem fürchterlichen Ort gründlich auszuschweigen. Stattdessen konzentrierte er sich auf das "Hier und Jetzt". Er gab sich nur ungern mit der Vergangenheit ab, abgesehen von gelegentlichen Geschichten darüber, wie James sich einst vor Lily zum Narren gemacht hatte, oder von Aufzählungen jener Streiche, die sie Snape vor langer, langer Zeit gespielt hatten....

"Natürlich habe ich dies, Moony. Du warst mein bester Freund. Du bist es noch. Du weißt das."

"Ich danke dir, Sirius." Er nickte.

Für einige Momente herrschte ein seltsames Schweigen, dann beugte Sirius sich vor und versetzte ihm einen Hieb auf die Schulter.

"Ach, Sirius!"

"Remus!" erwiderte Sirius und imitierte dabei seinen weinerlichen Tonfall. Das brachte Remus zum Lachen.

"Was sollte das denn bedeuten?" fragte er und rieb sich seinen Arm.

Sirius zuckte mit den Schultern. "Das war einfach so."

"Du bist einfach unmöglich, weißt du das?"

"Ah, aber du liebst mich trotzdem irgendwie, stimmt`s?"

Remus verdrehte die Augen.

"Geh und nimm eine Dusche, ich mache dir Frühstück." Remus erhob sich.

" Warte, bedeutet das ein `nein´?"

"Was?" Er drehte sich um.

" Bedeutet das ein `nein´?"

" Auf was?"

"Auf meine Frage!"

"Was für eine Frage?"

" Diejenige, die ich dir gerade gestellt habe, du Nuß!" Sirius war ein wenig überrascht; es sah Remus nicht ähnlich, einfach etwas mitten während eines Gespräches zu vergessen.

"Du hast mich nichts gefragt", schwindelte Remus.

"Doch, das habe ich!"

"Hast du nicht." Remus biß sich auf auf seine Lippe. Es war wieder so, als wären sie sechzehn.

"Moony!"

"Tut mir leid, ich kann mich irgendwie nicht daran erinnern", entgegnete Remus und unterdrückte ein Lächeln, als er sich am Ohr kratzte. Er liebte es, Sirius so außer Fassung zu sehen. "War es wichtig?" Er kämpfte vergeblich gegen das Lachen an.

"Moony!" Sirius war ziemlich verärgert. Dann bemerkte er, daß Remus nur einen Spaß gemacht hatte. "Ich habe es ernst gemeint!"

"Natürlich, Sirius." Remus duckte sich, um dem Kissen zu entkommen, das an seinen Kopf flog.

Und du behauptest, ich sei unmöglich. Also ehrlich!" Sirius mußte nun selbst lächeln.

"Das bist du." Er wandte sich zum Gehen ab. "Oh, und - ja, du hattest Recht."

"Hatte ich?"

"Ja."

"Womit?" Er grinste Remus an. Es mochte an ihrer Art Hundeverwanschaft liegen, aber dennoch brauchte nichts weiter gesagt werden. Der Blick, den die beiden austauschten, sprach ganze Bände.



***



Ginny warf einen letzten Blick in den Spiegel und zog eine Grimasse. Sie sah ...müde aus. Ja, das war es, müde. Oder vielleicht nervös. Ja, auch das. Sie strich sich einige lose Strähnen ihres roten Haares hinter die Ohren und blickte auf die Uhr hinter ihr. Es war beinah viertel nach acht. Ihr Magen zog sich merkwürdig zusammen, und sie atmete tief ein, um ihre angespannten Nerven zu beruhigen.

`Es ist Severus´, schalt sie sich selbst, `Nur Severus. Weswegen bist du so nervös?´

Doch die Wahrheit war, daß sie wegen allem nervös war. Besonders beunruhigte sie, was Harry und die anderen wohl zu ihren abendlichen Plänen sagen würden. Was sollte sie ihnen erzählen? Daß sie ein Verabredung mit Severus Snape in der Heulenden Hütte hatte? Wenn sie Glück hatte, würden alle denken, daß sie den Verstand verloren hatte, doch im schlimmeren Fall würde Severus gefeuert und sie selbst aus der Schule geworfen werden. Nein, sie mußte mit etwas Besserem kommen, mit etwas, das keinen Verdacht aufkommen ließ.

`Es muß doch jemanden geben, der weiß, wie man von hier wegkommen kann, ohne daß es den anderen auffällt`, dachte sie.`Zu schade, daß die Zwillinge nicht hier sind.´

Und dann kam ihr ein Gedanke. Neville.

Neville schien an verschiedenen Samstagabenden öfters zu verschwinden, und niemand stellte ihm deswegen Fragen, außer Ginny, und selbst dann errötete er nur und murmelte etwas davon, daß er sich um etwas im Gewächshaus kümmern müsse. Ginny fragte sich manchmal, ob es der Wahrheit entsprach oder nicht, aber da sie nicht zu neugierig erscheinen wollte, begnügte sie sich damit. Doch nicht an diesem Abend. Vielleicht hatte Neville die eine oder andere Idee, was sie den anderen sagen konnte. Ginny war sich ziemlich sicher, daß er keinem Dritten gegenüber ein Wort daüber verlieren würde, daß Ginny sich hinausschleichen wollte. Während der gemeinsamen Hausaufgaben für Zaubertränke waren die beiden gute Freunde geworden.

Schnell verließ sie ihren Schlafraum, stieg die Wendeltreppe hinunter und durchquerte den Gemeinschaftsraum (wobei sie Harrys Rufe "Hey Ginn!" und "Hey, das ist der Schlafraum für die Jungen!" und "Ginn?" überhörte), um die Treppen zu Nevilles Raum hochzusteigen. Neville war in seinem siebten Schuljahr zum Vertrauensschüler ernannt worden, eine Tatsache, die ihn mit unglaublichem Stolz erfüllte.

Ginny klopfte höflich an die Tür und wartete einige Augenblicke, bis sie hörte, wie jemand das Schloß öffnete. Nevilles Gesicht erschien und wirkte zunächst ein bißchen geschockt, als er Ginny vor sich stehen sah. Doch dann lächelte er herzlich und lud sie zum Hereinkommen ein.

"Komm, setz dich doch.... oh, äh, laß mich das gerade noch wegräumen." Er griff nach einigen Klamotten, die auf dem Bett lagen und warf sie auf den Boden. Beim Versuch, über sie hinwegzusteigen, verlor er das Gleichgewicht und fiel über einen ziemlich großen Stapel von Büchern, so daß diese über den ganzen Boden verstreut wurden.

"Bist du ok?" fragte Ginny. Neville stand auf, klopfte sich den Umhang ab und grinste sie an.

"Ja, bin ich", erwiderte er, " nur tollpatschig." Er setzte sich ihr gegenüber auf die Kante seines Tisches. "Wie kommt es, daß du hier vorbeischaust?" erkundigte er sich. Ginny verlagerte ein wenig ihr Gewicht und suchte nach den richtigen Worten, um ihre Frage auszudrücken.

"Ähm, kann ich dich etwas fragen?"

"Natürlich. Dafür sind Vertrauensschüler schließlich da." `Oh Gott!´dachte Ginny. `Jetzt klingt er genau wie Percy.´

"Also...", begann sie.

"Na komm, Ginn, spuck es aus."

"Neville, ich weiß, daß du Samstags manchmal den Gemeinschaftsraum verläßt und...........nun ja....nach draußen gehst", sagte sie schnell und errötete von den Ohren bis zu den Wangen. "Und ich würde gerne wissen, wie du das schaffst, ohne daß die Leute es merken."

"Tja", antwortete er, überrascht, daß sie ihn speziell nach dieser Sache fragte. Ginny wirkte nicht wie jemand, der sich nachts draßen herumtrieb. "Anscheinend habe ich mich dabei doch nicht so gut angestellt, da du es ja bemerkt hast!" neckte er sie. Sein Gesicht nahm wieder einen etwas ernsteren Ausdruck an, doch er lächelte immer noch. "Du darfst nur keine große Szene daraus machen, wenn du durch den Gemeinschaftsraum gehst. Geh nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam. Schaue niemandem direkt in die Augen, aber erweck auch nicht den Eindruck, als ob du die Blicke von jemandem vermeiden wolltest."

Ginny schaute ihn mit großen Augen an. `Das wird niemals klappen´, dachte sie. Er bemerkte ihren Gesichtsausdruck und lachte. "Willst du heute abend weggehen?" Ginny nickte. "Wann denn?"

"Um halb neun." Sie warf einen Blick auf die Uhr, die zwei Minuten vor halb neun anzeigte.

"Oh nein! Ich werde zu spät kommen", rief sie aus und sprang vom Bett auf. Neville schritt zu ihr herüber (wobei er sorgfältig darauf achtete, nicht wieder hinzufallen) und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

"Ginny, beruhige dich! Ich habe eine Idee!"

Sie schaute ihn skeptisch an, doch er fuhr fort.

" Ich hatte eigentlich nicht vor, in den nächsten zwanzig Minuten wegzugehen, aber ich sage dir etwas. Wir beide werden jetzt zusammen gehen. Auf diese Weise wird man, wenn man uns sieht, denken, daß wir nach draußen gehen, um..." Er brach ab, als er sah, wie ihr das Blut ins Gesicht schoß.

"Ach komm, Ginny! So schrecklich bin ich nun auch wieder nicht, oder?"

"Nein! Natürlich nicht", stotterte sie. "Es war nur der Gedanke, was Harry wohl denken wird..."

"Warte, stop mal! Du willst dich nach draußen schleichen, aber nicht, um ihn zu sehen?" Neville sah verwirrt aus. "Aber ich dachte, daß ihr beide-"

"Nein, sind wir nicht. Er ist nur ein Freund."

"Oh." Neville sah sie prüfend an und entschied sich dann gegen weitere Fragen. "Sollen wir?" grinste er und bot ihr seinen Arm an. Sie ergriff ihn, und gemeinsam stiegen sie die Treppe herunter.

"Neville?" flüsterte Ginny.

"Äh - was?"

"Wohin gehst du Samstagabends immer?"

" Schwörst du, daß du es niemandem erzählst?"

"Ich verspreche es."

"Also, da ist dieses eine Ravenclawmädchen...." Beide fingen an zu lachen. "Hey, und was ist mit dir?"

"Mit mir?" fragte Ginny erschrocken.

"Jaja. Wohin willst du gehen?" Ginny dachte einen kurzen Moment nach, bevor ihr die Worte förmlich von der Zunge rutschten.

"Ich werde in der Heulenden Hütte ein bißchen mit Snape herumknutschen."

"Ahaha, gelungener Witz, Ginn." Doch einen Augenblick lang fragte sie sich, ob Neville ahnte, daß sie keinen Scherz gemacht hatte.



***



Severus saß hinter seinem Pult im Unterrichtsraum und tippte ungeduldig mit seinem Fuß auf den Boden. Es war eine Minute nach halb neun, und Ginny war noch nicht gekommen. `Hat sie ihre Meinung geändert?´wunderte er sich, doch sobald dieser Gedanke ihm durch den Kopf geschossen war, erkannte er, daß es eine ziemlich abwegige Annahme war. Dies würde Ginny in keiner Weise ähnlich sehen.

Er hatte früher an diesem Tag eine Stunde lang geduscht, in der Hoffnung, daß das warme Wasser irgendwie dieses dumme Mal von seinem Arm waschen oder wenigstens das ekelhafte Gefühl in seinem Magen vertreiben würde, doch beides war nicht der Fall gewesen. Er hatte es zumindest geschafft, seine Fingernägel sorgfältig zu schneiden, und seine Haare waren frisch, glänzend und sauber, und abgesehen davon dufteten sie ein wenig nach Rosmarin. Ginny hatte ihm zu Weihnachten eine ganze Reihe von Shampoos gebraut, als eine Art Spaßgeschenk. Doch Severus war mittlerweile süchtig danach, zu duschen, und bekannt dafür, es gelegentlich dreimal am Tag zu tun.

Es war nun 20:32, und sie war noch immer nicht da.

Er erhob sich vom Lehrerpult und schritt auf dem Boden hin und her, sein Blick ohne Unterlaß auf den Teppich vor dem Karmin gerichtet. ..`..so viele Erinnerungen....´ sinnierte er und lächelte breit. `Was könnte sie nur aufhalten?´fragte er sich. Dann erinnerte er sich an diesen Potterjungen und daran, wie eng er sich neuerdings an Ginny hielt, besonders auf dem Weihnachtsball. Allein daran zu denken, machte ihn körperlich krank.....

Harrys Hände hatten überall auf ihrem Rücken gelegen, sein Gesicht an ihrem Nacken, seine Lippen waren den halben Abend gegen die eine Seite ihres Gesichts gepresst gewesen.... und um Severus und ihren eigenen Hals zu retten, hatte Ginny Harry nicht daran gehindert, es zu tun. Sie hatte sich mit seinen überbordernden Hormonen den ganzen Abend gnädig arrangieren können, mit Ausnahme des einen wundervollen Tanzes, den sie auf Harrys Wunsch Severus geschenkt hatte.

Und es war zauberhaft gewesen, sie im Arm zu halten, mit ihrem neuen smaragdgrünen Umhang, den Severus für sie in Hogsmeade besorgt hatte. Sie hatte sich an seinem Körper so warm angefühlt. Es war jener Moment gewesen, in dem Severus wußte, daß er sie liebte. Und nun war der Zeitpunkt gekommen, ihr dies zu sagen.

Er hörte Fußschritte näher kommen, und mit zitternenden Händen glättete er seinen Umhang und strich sich das Haar aus seinem Gesicht. Seine Finger schlangen sich um den Stengel einer einzelnen Rose, welche er so verzaubert hatte, daß sie im Licht in einem glühenden Zinnoberrot erstrahlte, doch sich in ein tiefes Schwarz verwandelte, sobald sie in einem rechten Winkel gehalten wurde.

Mit einem knarrenden Geräusch öffnete sich die Tür und ein kleiner Lichtstrahl breitete sich über dem Steinfußboden aus.

"Severus?" flüsterte Ginny und betrat den Raum. "Es tut mir leid, daß ich zu spät bin! Aber Harry -´´ Sie hielt inne, als sie sah, was er in seinen Händen hielt.

"Ich verzeihe dir!" sagte er mit einem Lächeln und präsentierte ihr die magische Rose. Vergnügt lauschte er, wie sie angesichts des Geschenkes nach Luft schnappte. Mit äußerster Vorsicht hielt sie es in ihren kleinen Händen und drehte es nach allen Seiten, um zu beobachten, wie die Farben sich verschatteten und zu Karmesinrot wurden...

"Ich liebe es.." flüsterte sie. Sie hatte noch so viel mehr sagen wollen.. Er küsste sie auf den Kopf und dachte das gleiche.

"Bist du bereit?" fragte er zurückhaltend, immer noch sehr nervös wegen des ganzen Abends.

"Mmmhhmm." Sie ergriff seine Hand und schlang ihre Finger um die seinen. "Laß uns gehen", flüsterte sie ihm zu und küsste ihn auf seine Lippen.

"Ja, Ma`am", erwiderte Severus und ließ sich von dem Mädchen seines Herzens nach draußen in den Flur ziehen.


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