Memento Mori

 

 

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Kapitel 8



“Die Angriffe werden schlimmer, Sir.” Albus Dumbledore betrachtete müde die beiden jungen Auroren, die vor ihm standen. Alicia Spinnets scharfes Gesicht war bleich, und dunkle Ringe verunstalteten ihre Haut unter den klaren, grünen Augen. Ihr blondes Haar war etwas fettig und zu einem tief sitzenden Pferdeschwanz zurück gebunden. Obwohl sie offensichtlich müde war, hielt sich Alicia steif und aufrecht. Ihr Gegenstück, Adrian Pucey, war seiner Erschöpfung gegenüber etwas offener. Er hing unprofessionell halb auf dem Schreibtisch des Direktors und ließ den Kopf auf die Brust fallen. Selbst seine dunklen Locken schienen kraftlos zu sein, und ein Muskel arbeitete wütend an seinem Kiefer.

Dumbledore holte tief Luft und versuchte dann die aufgelösten Auroren zu beruhigen. “Sie dürfen sich nicht die Schuld daran geben. Die Todesser werden in letzter Zeit mir ihren Angriffen etwas vorsichtig.”

Alicia schüttelte wütend den Kopf. “Was keine Entschuldigung für unser Versagen ist. Wir sind ausgebildet worden, um sie zu ergreifen, nicht um sie herumzujagen wie die Hühner.”

Adrian legte den Kopf schräg, und ein nachdenklicher Ausdruck zog über sein Gesicht. “Was mich interessiert ist WARUM sie auf einmal vorsichtig werden. Verrückte, Wahnsinnige ‚Der Dunkle Lord ist auferstanden’-Typen sind nicht direkt für Logik oder Zurückhaltung bekannt.”

Alicia verdrehte die Augen. “Es paßt zu den Slytherins, sich mehr Sorgen um versteckte Motive zu machen als wirklich zu versuchen, den Angreifer aufzuhalten.“

„Es paßt zu den Gryffindors, darauf zu verzichten die möglichen Motive des Angreifers zu untersuchen, so daß sie nicht in der Lage sein werden, ihrem Gegner rechtzeitig am richtigen Ort zu vermuten“, schoß Adrian zurück.

Alicia verzog das Gesicht und sah aus, als würde sie ihren Begleiter wirklich fertig machen wollen, aber Dumbledore hob eine Hand und beide Auroren verstummten mit einem dämlichen Ausdruck, der deutlich auf ihren Gesichtern zu sehen war.

„Wie schon gesagt“, sagte Dumbledore mit unendlicher Geduld. „Es ist nicht der rechte Zeitpunkt, um jemandem die Schuld zuzuschieben. Es geht darum, weitere Angriffe aufzuhalten. Es wurden über 2 Dutzend Muggel verletzt und verängstigt - drei in einem Muggelkrankenhaus. Es muß aufhören. Die Todesser töten aus Gründen, die uns im Augenblick unbekannt sind, ihre Opfer nicht. Es wird zu unserem Vorteil sein - sie hinterlassen Zeugen.“

Alicia und Adrian nickten beide angespannt, und ihre Gesichter wurden zu harten, entschlossenen Macken. „Wir werden sogar besser darin, vorauszusagen, wo die Angriffe stattfinden werden“, bemerkte Alicia.

„Wir WERDEN sie aufhalten, Sir“, fügte Adrian hinzu. „Es ist nur eine Frage der Zeit.“

* * * *


Die Reinheit des Schnees war schon lange zu einer enttäuschenden Mischung aus Frost und Regen geworden, das Schloß war in der letzten Zeit sehr zugig -selbst die Geister hatten sich über die Kälte beschwert. Schüler sahen aus wie übermäßig gefüllte Weihnachtsgeschenke, wenn sie in mehreren Lagen Kleidung durch Hogwarts stolperten.

Severus Snape hatte aufgehört, auf die Kälte zu achten. Er saß auf seinem Bett und starrte auf die Steinwände ihm gegenüber, ohne sie wirklich zu sehen. Er wusste, daß seine Anwesenheit vor mindestens zweieinhalb Stunden im Tränkeunterricht benötigt worden war, aber er war nicht hingegangen. Es war nicht so als würde er überhaupt noch im Unterricht mitmachen. Er war ein beobachtender Tintenfleck an der Wand, der mit entnervenden schwarzen Augen zusah, wie die Schüler ihre Arbeit vermurksten.

Snape nahm an, daß er, nachdem Dumbledore ihn, schon im Geiste gefeuert hatte, die Tat wörtlich umsetzen konnte.

Es waren fast zwei Wochen vergangen seit er Sirius Black verflucht und mit Lucius nach London gegangen war. Die folgenden Tage waren dumpf und monoton gewesen - aufstehen, düster in der Ecke des Tränkeklassenzimmers stehen, beim Abendessen einen Auftritt hinlegen und dann wieder in seine Privaträume gehen. Die Nächte wiederholten sich ebenfalls mit Treffen der Todesser und Muggelfolter. Neon, Glanz, Ausschreitungen und Schwindel verschmutzten seine Sinne Nachts, Unterdrückung und spöttische Verachtung taten es tagsüber. Der Unterschied war überwältigend, und er wurde schnell allem gegenüber gefühllos.

Darüber hinaus war Lucius Malfoy in letzter Zeit völlig unerträglich. Der blonde Idiot lief herum, redete als stünde er auf der Bühne, flüsterte dramatisch mysteriöse Erklärungen über Voldemorts Pläne und benahm sich, als wäre er vor kurzem zum Prinzen der Unterwelt gesalbt worden. Severus war es müde geworden, Malfoys Befehlen zu gehorchen. Malfoy hatte Severus noch nicht töten lassen, und erklärte ihn noch immer „zu zweischneidig“ um ein ernsthafter Todesser zu sein.

Also lag Severus Snape in seinem Bett und starrte die Steinwände an.

Es war nicht gesund, so gelangweilt zu sein. Er nahm an, er sollte wohl ein Hobby außer Muggelfolter und Wändeanstarren finden, aber er schien nichts finden zu können, das ihn allzu sehr interessierte. Gestern war er so verzweifelt gewesen, daß er angefangen hatte, die Notizen über Knataloni Muddlestops verdammten „Menschlichkeits“trank zu suchen, aber seltsamerweise schien er sie verlegt zu haben. Obwohl er jede Schreibtischschublade durchsucht, staubige Akten durchgesehen und in seiner Bibliothek gesucht hatte, konnte er die Anweisungen für das Brauen des Diaphanetranks nicht finden.

Die Temperatur im Zimmer war eisig kalt geworden, da er nicht einmal aufgestanden war um ein Feuer anzuzünden. Mit einem resignierten Schaudern schwang Severus Snape seine Beine über die Bettkante und stand auf, um den Morgen zu begrüßen.

* * * *


”Da sind Sie ja!”

Die hohe Stimme pulsierte mit Indignation und nicht wenig Wut. „Ich habe Sie überall gesucht, Severus! Wo waren Wie?“

Severus drehte sich langsam um, und sah die kurze, wütende Gestalt von Knataloni Muddlestop. "Entschuldigung?"

”Sie waren heute nicht im Unterricht!”, rief Knataloni. „Ich musste mich mit einer weinenden Erstklässerin aus Slytherin abgeben und ich bin nicht mal ihre Hauslehrerin!“

“Eine Erstklässlerin hat geweint?“ Snape hob eine Augenbraue, und ein Anflug von Sorge zog kurz über sein Gesicht.

“Ja. Genevieve Rhinehardt hatte furchtbare Angst vor etwas, aber ich habe sie nicht dazu bringen können, mir etwas zu erzählen.”

„Ich denke nicht, daß ich mich an eine Genevieve Rhinehardt erinnere," sagte Snape kalt. „Sind Sie sicher, daß sie aus Slytherin ist?"

“Sie trug ein grün-silbernes Abzeichen! All ihre Freunde sind Slytherins! Ich habe sie Anfang des Jahres dabei erwischt, wie sei einen Gryffindor geärgert hat! Wie viel Beweise brauchen Sie noch?“, gab Kanataloni mit vor Wut steigender Stimme zurück. „Sie kennen nicht mal die Namen der Schüler Ihres eigenen Hauses! Sie beteiligen sich nicht am Unterricht wenn Sie sich die Mühe machen, hinzugehen! Ich schätze ich weiß, warum Dumbledore...“ Sie biß sich auf die Lippe und sah auf einmal etwas schuldbewusst aus.

“Warum Dumbledore WAS macht, gute Frau?“, schnappte Severus, wobei er sich drohend nach vorne beugte.

Knatalonis Atem fing sich in ihrem Hals, und sie machte schnell einen Schritt zurück. „Sie brauchen mir nicht gleich Angst zu machen, Severus.. Ich hab mich nur versprochen.“

Snape legte den Kopf schräg, und seine dunklen Augen verengten sich zu zwei kleinen Schlitzen. Er richtete sich zu seiner ganzen Größe auf, und sagte mit grausamer, spöttischer Stimme: „Sagen Sie es mir, Muddlestop. Oder Sie werden furchtbare Konsequenzen ertragen müssen.“

Wirklich verängstigt platzte Knataloni heraus: “Der Orden des Phönix!”

„Was ist damit?“, fragte er mit seidiger, eiskalter Stimme.

”Albus hat Sie nicht zu den Treffen des Ordens eingeladen“, sagte Knataloni schnell. Ihr Blick schoß auf der Suche nach einem Retter verzweifelt durch die Große Halle. „Er fürchtet, daß Sie nicht loyal sind und glaubt, daß man Ihnen einige der Geheimnisse nicht anvertrauen sollte.“

Severus' Augen wurden von der plötzlichen Parodie eines verletzten Gesichtsausdruckes groß. “Wirklich? Und wie lange geht das schon so?”

“W…wir hatten nur 2 Treffen seit Sie zurück gekommen sind. Eines war letzte Woche“, antwortete Knataloni, die endlich mit dem Rücken an die Wand stieß.

„Wirklich? Wie... interessant”, schnurrte Snape. “Ich danke Ihnen für ihre Mitarbeit.“

Schnell wich er zurück und drehte sich um, um mit langen Schritten aus der Großen Halle zu gehen. Knataloni Muddlestop stand wie angewurzelt da, und ihre Augen waren groß vor schuldbewußter Angst.

„Ist was nicht in Ordnung, Knataloni?", fragte eine freundliche Stimme.

Sie wirbelte herum und brach vor Erleichterung fast zusammen. „Remus! Gott sei dank!“

“Was ist passiert?” Remus’ Stimme war ruhig, aber sein Mund war angespannt. „Hat Severus...“ Er ließ seine Stimme abschweifen.

„Mit ist nichts passiert, nein“, stellte Knataloni klar. “Es waren größtenteils Drohungen. Er wollte über den Orden des Phönix Bescheid wissen.“

Remus’ Augen nahmen die Größe von Untertassen an. „Ich habe in letzter Zeit eine Entdeckung über seinen... Zustand gemacht, da ich kein besseres Wort dafür habe. Es scheint, daß die Bänder zu Voldemort, die geschmiedet wurden als Severus von den Toten zurückgebracht wurde stärker sind, als wir zuerst annahmen. Denken Sie, daß er gefährlich wird?

Knataloni schüttelte langsam den Kopf, wobei sie mit den Fingern an dem Verschluß ihres Mantels spielte. „Ich weiß nicht… aber Albus… Albus hat vielleicht recht mit seiner Vermutung.”

“Wir werden unabhängig von der Wahrheit die Augen offen halten”, sagte Remus beruhigend. „Keine Sorge Knat. In Hogwarts sind Sie sicher.“

„Ich wünschte Albus hätte nicht ständig recht“, platzte Knataloni heraus. „Was machen wir nur?“

„Ich weiß nicht“, antwortete Remus leise. „Die Dinge nehmen wie sie kommen, schätze ich.“

Er schüttelte sich und ging mit schnellen Schritten zum Haustisch „Ich werde Dumbledore sofort über Ihre Vermutungen in Kenntnis setzen.“

* * * *


Diesen hatte er vor allem aufgrund seiner Gestalt gewählt.

Der alte Muggel war langsam auf den Füßen, stolperte etwas und machte feierliche, jammernde Geräusche, wenn ihn diverse Flüche trafen. Sein silberner Bart war kurz geschnitten, und glänzte im Mondlicht in einem leichten blau. Der Anzug, den er trug, war etwas abgewetzt aber sauber, obwohl winzige Blutflecken ihn mittlerweile hier und da schmückten.

Der alte Mann versuchte, davon zu laufen, aber seine Füße verhakten sich und er fiel auf das Pflaster. Bei der Landung brach hörbar etwas.

Mit einer fröhlichen, kontrollierten Grimasse und einem wirbeln seines schwarzen Umhangs kam Severus, um ihn zu töten.

“Sie sehen jemanden den ich kenne sehr ähnlich“, brummte er mit leiser, schnurrender Stimme. Der Muggel quietschte und versuchte aufzustehen. Severus trat ihn schnell in die Rippen, und der alte Mann gurgelte tief im Hals und brach wieder auf dem Boden zusammen. „Nein, wirklich. Nicht aufstehen“, fuhr Severus ruhig fort. „Die Nacht ist jung. Wir haben kaum angefangen.“

Der Muggel drehte sich langsam auf den Rücken. Seine klaren, blauen Augen blickten resigniert. Die Angst, die bisher sein Gesicht gelähmt hatte, war verschwunden.

“Sie sehen immer mehr wie ein nerviger Mensch aus den ich kenne. So selbstsicher, so hoffnungsvoll. So dumm.“ Überlegte Snape. „Was hat denn diesen plötzlichen Hoffnungsschimmer zustande gebracht?“

Der alte Muggel holte zitternd Luft. „Ich habe ein langes, glückliches Leben gelebt. Ich fürchte nicht für meine Seele, wenn Sie mich töten.“

„Wenigstes verdrängen Sie es nicht wie die Letzte“, spottete Snape. „Sie war so nervig. „’Nein! Tuns sie mir nicht weg! Aufhören! Bitte!’“, machte er sie nach. „Nach den ersten paar Stunden wird es ziemlich langweilig. Auf wie viele Arten kann ein Mensch um sein Leben betteln?“

“Es gibt Hunderte von Arten, zu betteln, guter Mann“, antwortete der Muggel. „Einige betteln um ihr Leben, andere um Verständnis. Worum betteln Sie?“

Severus’ Augen wurden groß, und einen kurzen Augenblick lang konnte man in ihren tintenschwarzen Tiefen eine Spur völliger Verzweiflung sehen. Ebenso schnell wie sie gekomemen war verschwand sie wieder, und mit einer Stimme die durchdringend und samtig zugleich war, sagte er: „Sie sagten es gibt Hunderte von Arten zu betteln? Sehen wir man wie viele Sie schaffen.“

„Nicht allzu viele, so wie er aussieht“, kam eine Stimme links von Severus. Severus legte den Kopf schräg, so daß ihm seine langen dunklen Haare in die Augen fielen.

„Lucius. Ich sehe du hast mich gefunden“, sagte Snape leise, wobei ein angespanntes Lächeln sein Gesicht zierte.

„Ja, nun, es ist fast unmöglich dich zu übersehen“, gab Lucius zurück, wobei er mit den Augen die Gasse absuchte. „Mein Gott Severus, konntest du deinen magischen Pfad noch deutlicher machen? Ich konnte Spuren deiner Vernichtung noch aus einer halben Meile Entfernung sehen!“

„Ich fürchte ich bin unvorsichtig geworden“, antwortet Severus leise. „Du weißt, daß mich auf der Welt nichts kümmert.“

Lucius verdrehte die Augen. „Du und dein schwarzer Humor. Ich habe bemerkt, daß du dir einen Doppelgänger von Dumbledore gesucht hast.“

„Ist er nicht passend?“ Severus trat den Muggel wieder in die Rippen: „Ich habe ein paar Aggressionen abzubauen, weil ich aus dem Orden des Phönix ausgeschlossen wurde.“

„Der alte Narr ist schlauer als ich dachte, wenn er dich aus dem Orden ausschließt“, sagte Lucius trocken. „Ich würde dich noch etwas ausschimpfen, aber wir müssen diese Gegend wirklich verlassen bevor die Auroren ankommen.“

„Aber ich bin noch nicht mit ihm fertig.“ Snape deutet auf den zitternden Körper auf dem Boden. „Es ist mir egal was du sagst, ich habe ihn mir ausgesucht und ich werde ihn töten.” Er wusste irgendwie, daß er klang, als würde er jammern, aber Severus war alles so egal, daß ihn auch das nicht störte.

Lucius wedelte verärgert mit der Hand: „Wie du meinst. Es ist mir egal was du mit ihm machst. Aber gehen wir, ja? Es wird mir bessern gehen wenn wir etwas Abstand zwischen uns und die magischen Spuren gebracht haben, die du hinterlassen hast.“

„Ihr da! Halt!”

„Ich würde sagen, für die Flucht ist es etwas zu spät, Lucius“, sagte Snape müde, wobei er sich umdrehte, um die Auroren anzusehen.

Mindestens 6 der besten Auroren des Ministeriums bildeten einen unordentlichen Halbkreis um sie herum. Sie trugen Uniformen in blau und silber, hielten ihre funkelnden Zauberstäbe fest in den Händen und sahen sie aus wütenden Augen an, so daß man keine große Beobachtungsgabe brauchte um zu erkennen, daß diese Auroren töten wollten.

“Ihr beide steht aufgrund von magischen und körperlichen Verbrechen gegen Muggel und ihren Besitz unter Arrest-. Lasst die Zauberstäbe fallen!“ Die harte Stimme des führenden Aurors war weiblich, und ihr Körper dünn, dennoch zeigte ihr hübsches Gesicht eine beängstigende Befriedigung beim Anblick ihrer Beute, die endlich gefangen wurde.

Mit wild schlagendem Herzen erkannte Severus sie als Alicia Spinnet. Und wirklich, Adrian Pucey stand nur einige Schritte links von ihr. Er sah einschüchternd und hungrig auf einen Angriff aus.

“Habt ihr mich nicht gehört? Zauberstäbe fallen lassen!“, schrie sie wieder, wobei sie schnell einen Schritt nach vorne ging Adrian griff an und fing an, Lucius und Severus drohend zu umkreisen. Seine Schritte waren leicht und schnell, und seine Augen wurden groß, als er die Identität seiner Beute erkannte. "Lucius Malfoy. Warum überrascht mich das nicht?“ Auf einmal hielt er an und vermutete mit unsicherer Stimme: "S-Snape? Professor Severus Snape?"

Lucius verlagerte sein Gewicht, und als sie die Gefahr erkannte schrie Alicia: "Expelliarmus!"

Snapes und Lucius’ Zauberstäbe flogen davon, und Adrian sprang mit wirbelndem Zauberstab auf das Paar zu. "Petrificus Totalus!"

Severus blinzelte und blockierte den Spruch leicht mit einer schnellen Handbewegung, und Adrian fluchte leise vor Überraschung. Mit einem Nicken in Severus’ Richtung packte Lucius Adrians Kragen und riß den jungen Auror zu sich heran. Adrian schrie auf, aber er reagierte nicht schnell genug um zu entkommen.

Severus zog seinen Mantel um sich, und murmelte mit einem leicht entschuldigenden Blick auf die erschrockene Alicia schnell "Apparate".

Die Welt bewegte sich und verschwamm, und auf einmal war die Gasse abgesehen von einer kleinen Gruppe Auroren und einem blutenden Muggel leer. Der Dampf, der aus dem Londoner U-Bahnschacht kam, roch nach Tod.

* * * *




„Guten Abend, Professor Snape", sagte sie ruhig. “Ich sehe ihr habt einen Gast mitgebracht.“

„Die verdammten Auroren sind aufgetaucht!”, knurrte Lucius, der vor Wut außer sich war. „Wir hätten verhaftet werden können! Und wir wurden erkannt! Das Ministerium hat mich bei einer Muggelfolter entdeckt!“ Er wirbelte herum und stapfte zu Snape hinüber, der in seinem seltsam unbewegten Schockzustand den geknebelten und blutenden Adrian, der vor seinen Füßen lag, anstarrte. „Wenn es nicht Severus’ kleine Fähigkeit gäbe, ohne Zauberstab zu zaubern, wären wir überwältigt worden.”

”Meine armen Lieben”, sagte Narcissa leise, obwohl sie offensichtlich mit den Gedanken anderswo war. „Ich weiß, daß ihr Beide wohl erschöpft seid, aber ich muß euch wichtige Neuigkeiten erzählen.“

„Was denn, Liebling“, murmelte Lucius, während er die oberen Knöpfe von seinem Hemd riß.

„Ich habe heute Abend auch eine Gast“, erklärte Narcissa überlegt. „Er will sofort mit dir sprechen, Lucius.“

„Gut“, knurrte Lucius währnend er Severus abwinkte. „Nimm den Auror mit in den Keller, Severus. Versuche alle Informationen aus ihm herauszubringen, die du bekommen kannst.“

Severus unterbrach seinen Starrwettkampf mit Adrian und starrte Lucius kurz an. „Mir war nicht klar, daß ich jetzt ein Hauself bin, Lucius.“

„Mach es einfach, okay?!“, schrie Lucius verärgert. “Ich schwöre, daß ich dir später alles erkläre.”

Severus warf ihm einen letzten tadelnden Blick zu, bevor er Adrians angeketteten Körper schweben ließ und die dunklen Gänge in den Keller des Herrenhauses hinunter ging.

Narcissa sah ihm mit nachdenklichem Gesichtsausdruck zu. ”Heute geschieht es. Ich kann es in den Augen des Dunklen Lords sehen.“

„Er ist wirklich hier?“, flüsterte Lucius, dessen Blick von einem Schatten des Zimmers zum nächsten schoss, als könnte Voldemort jederzeit heraus kommen.

“Er ist in der Bibliothek“, antwortete Narcissa. „Ich hatte eine zeitlang mit ihm Tee.“

Lucius’ Mund klappte auf. „Du hattest TEE mit dem DUNKLEN LORD?“

Narcissa zuckte mit den Schultern, und ihre Augen leuchteten selbstzufrieden. “Er mag offensichtlich meine Bemerkungen.“

„Passt zu ihm“, knurrte Lucius, während er seinen Kragen zurecht rückte und mit vorsichtigen Schritten zur Bibliothek ging. „Wir sehen uns später.“

„Pass auf, mein Lucius“, flüsterte Narcissa ihm hinterher. „Ich bleibe wach und warte auf dich.“

* * * *


Severus hatte Schwierigkeiten damit, Adrians Ketten unter den verratenen, giftigen Blick des Auroren an der Wand zu befestigen. Seine Hände zitterten leicht, und er konnte sehen, wie sein Atem in leichten Rauchfäden in die kalte Luft stieg.

Die ganze Zeit über hatte Adrian nichts zu seinem früheren Hauslehrer gesagt. Er behielt nur sein berechnendes, kaltes Gesicht und beobachtete jede von Snapes Bewegungen.

Snape beendete seine Sicherungssprüche, machte ein paar Schritte zurück und zauberte sich einen Stuhl herbei, auf den er sich setzte und seinen Umhang glatt strich. „Es wäre mir recht wenn Sie aufhören würden mich so anzusehen. Sie haben einen sehr unangenehmen Ausdruck im Gesicht.“

„Wie soll ich Sie dann ansehen, Professor Snape?", fauchte Adrian in einem bitteren, hasserfüllten Tonfall. „Sollte ich enttäuscht sein? Traurig? Schockiert? Desillusioniert?”

“Ich kann mir unter Ihren albernen Gefühlen nicht genug vorstellen um Ihnen zu sagen, was Sie fühlen sollten”, antworte Snape steif.

“Ofensichtlich nicht. Wenn es stimmt was ich heute Abend gesehen habe, haben Sie kein Herz, mit dem Sie Gefühle empfinden können”, murmelte Adrian.

”Dem müsste ich zustimmen”, überlegte Snape, wobei er leicht den Kopf neigte. „Ich habe eine ganze Weile nichts mehr gefühlt.“ Auf einmal drehte er den Kopf wieder, um Adrian direkt ins Gesicht zu starren, und schrie: „Erzählen Sie mir etwas über die Pläne des Ordens!“

“Oh, dann spielen Sie jetzt den Verhörer, ja ?“,spottete Adrian. „Ich war schon eine ganze Weile nicht mehr bei einem Treffen des Ordens. Meine Pflichten als Auror lassen mich das volle Vertauen des inneren Kreises nicht erreichen.“

„Das glaube ich nicht. Crucio“, fauchte Snape, wobei er mit der Hand winkte. Adrians Körper zog sich auf einmal zusammen, und der Auror kreischte vor Schmerz. Severus ließ ihn einige Augenblicke in seinem eigenen Schmerz kochen, bevor er den Spruch zurück nahm.

Die nächsten Augenblicke waren still, während Adrian mit abgehaktem Keuchen wieder zu Atem kam, und Severus die feuchten Wände des Kellers betrachtete.

Adrian brach die Stimme. „Wir, warum haben Sie nachgegeben?“

Severus drehte den kopf. „Wie bitte?“ Adrian lächelte schief. „Ich habe Sie gefragt, warum Sie Voldemort nachgegeben haben.“

„Ich weiß nicht warum wir das besprechen sollten“, schnappte Severus.

Adrian zuckte umständlich die Schultern, wobei seine Ketten kreischend über den Boden kratzten. „Warum nicht? Es ist nicht als würde ich etwas über die Pläne des Ministeriums wissen, und das wissen Sie.“

Adrian hatte die Wahrheit gesagt. Severus war immer in der Lage gewesen zu erkennen wann jemand log. Es war anhand des Verhaltens des Aurors offensichtlich, daß er nur wenig über den Orden des Phönix oder die Strategien des Zaubereiministeriums wusste. “Sie haben nicht richtig aufgepaßt, Mr. Pucey“, murmelte Severus. „Ich habe nicht, wie Sie sagen ‚nachgegeben’. Ich habe entschieden wo meine Loyalitäten liegen.“

Adrians Gesicht wurde etwas niedergeschlagen. „Wirtlich. Ich hatte gehofft daß Sie Voldemort nicht loyal waren. Sie scheinen die Rolle des bösen Schurken nicht zu genießen.

„Ich genieße nur sehr wenig.”

Adrian legte den Kopf schräg. Seine Muskeln waren noch immer vom Cruciatus verkrampft. „Also war alles was Sie mir in meinem 7. Jahr erzählt haben nur propagandistischer Scheiß?“

„An all das erinnern Sie sich?“, bemerkte Snape trocken. „Ihr Gedächtnis war nicht annähern so gut wenn es um das Brauen von Zaubertränken ging.“

Adrian weigerte sich, sich ablenken zu lassen, und fuhr mit weit entfernter Stimme fort: „Ich hatte solche Angst. Mein Vater hatte gewollt, daß ich Voldemort beitrat. Ich hatte keine echten Wahlmöglichkeiten, da all meine Freunde in Slytherin sich schon das Mal auf den Arm hatten tätowieren lassen. Die ganze Schule dachte wohl, daß ich schon ein Todesser war.“

„Sie haben sich mit einem ziemlich tyrannischen Haufen abgegeben, Adrian.“

„Ja, aber das war nicht der Punkt. Wir alle haben Freunde derer wir uns schämen, oder?“, fragte Adrian: „Ich war nicht gefürchtet weil meine Freunde beängstigend waren; ich war gefürchtet weil ich in Slytherin war - das Haus der Verehrer Voldemorts. Ich war automatisch ein zukünftiger Todesser.“ Snape schüttelte den Kopf, aber er sagte nichts.

Adrian räusperte sich und leckt sich die Lippen. „Ich war zwei Schritte davon entfernt, die Pflichten zu erfüllen, die mit meinem Haus einhergingen als Sie mit mir sprachen. Sie gaben mir mit sehr wenigen Worten Hoffnung. Sie gaben mir einen anderen Weg als nur eine weitere Statistik zu werden. Mit ein paar vorsichtig gewählten Worten gaben Sie mir eine neue Welt. Mir wurde klar, daß ich mit Slytherin abschließen und alles sein konnte, was ich wollte, und das schloss ein, auf der Seite des Lichts zu sein.“ Adrians Wangen röteten sich. „Mir ist klar, daß es jetzt schmalzig klingt, aber ich versuche Ihnen zu erzählen, wie wichtig unser Gespräch für mich war.“

“Es freut mich, dass ich einen Schüler so inspiriert habe, offensichtlich bin ich ein größerer Menschenfreund als ich dachte“, murmelte Snape steif als er aufstand. „Wenn Sie außer sentimentalem Geplapper nichts zu bieten haben fürchte ich, ich muß Ihre Anwesenheit aufgeben.“

„Gehen Sie nicht. Noch nicht“, sagte Adrian in überraschend befehlendem Tonfall. “Ich muß eines wissen, nur eine Sache.”

„Ja. Was denn?“ Snape versuchte seine Stimme mit Abscheu zu füllen, aber in seinen Ohren klang er so schwach und armselig wie ein miauendes Kätzchen.

„War alles was Sie mir in der 7. Klasse gesagt haben... war es alles nur eine Lüge?“

Die Worte hingen wie Hornissennester in der kühlen Luft. Severus hatte auf einmal Angst zu reagieren, sich zu bewegen. Die braunen Augen, die bittend zu ihm aufsahen, erinnerten ihn sehr an Adrian im 7. Jahr, verwirrt und hoffnungslos. Hier war ein junger Mann, der ihm einmal viel bedeutet hatte, und dem er auf verschiedene Weise die Möglichkeiten und Verantwortung in der Welt aufzuzeigen versucht hatte. Es rupfte so viel Potential vom Honig des Lebens, es gab so viele Wege zu leben...

Severus fand in sich die Kraft, den Kopf zu schütteln. „Ja. Es war falsch, was ich Ihnen damals erzählt habe. Es diente nur dazu, Ihre Dummheit zu beruhigen.“ Adrians Augen wurden groß, und dann öffnete er auf einmal seltsamerweise und beängstigend den Mund und lachte erstickt. Severus machte schnell einen Schritt zurück. Dieses unpassende Zeigen von Gefühl war ihm etwas unheimlich.

Adrian kicherte weiter, konnte aber endlich Worte formen. “Sie lügen! Sie lügen! Ich sehe es, wissen Sie.” “Halt’s Maul!“ befahl Severus hart. „Natürlich lüge ich nicht, Sie furchtbarer Idiot.“

„Aber das TUN Sie“, heulte Adrian: „Mein Gott! Wie sind Sie je zum Doppelagenten für Dumbledore geworden? Sie sind ein furchtbarer Lügner!“ Seine Augen tanzten fröhlich, was einen harten Gegensatz zu seinem bleichen, schmerzerfüllten Gesicht ergab. „Sie glauben immer noch an das, was Sie mir erzählt haben. Ein kleiner Teil von Ihnen wählt noch immer seine Seite.“

„Ich weiß nicht wovon Sie reden“, fauchte Snape.

“Vielleicht nicht. Aber ich kann sehen, daß Sie lügen Sie wahnsinniger Kerl!” grinste Adrian. „Sie wissen es vielleicht noch nicht, aber Sie gehören auf lange Sicht auf die Seite des Lichtes.“

"Crucio!", schrie Severus, und der Lachanfall des Auroren wurden unterbrochen, als die Nadeln des Cruciatusfluches anfingen, wieder auf ihn einzustechen

Eine Tür öffnete sich in der Wand, und Lucius Malfoy kam in den Keller gerauscht. „Kannst du ihn vielleicht noch lauter foltern, Severus?“, fragte er genervt. „Erst lacht er, jetzt schreit er. Es ist eine sehr abstoßende Kombination.“

Snape starrte den sich windenden, verdrehten Körper von Adrian Pucey leer an. „Er sagte die dämlichsten Sachen.“

“Das sollte man von jemandem erwarten, der die Chance hatte sich auf die Seite des dunklen Lords zu stellen und der die Gelegenheit aufgegeben hat”, antwortet Lucius erhaben. “Achte nicht darauf. Du wirst in der Bibliothek gewünscht.“

Severus unterbrach den Gluch schnell. „Oh wirklich? Von wem?“

“Einem Gast.” Lucius lächelte angespannt. „Laß ihn nicht warten.

Severus nickte und trabte die Treppen hinauf, wobei er immer unruhiger wurde, weil er Adrians tadelnden Blick im Rücken fühlte.

Die Lichter des Herrenhauses waren leicht gedämpft worden und auf dem Weg zur Bibliothek sah er nur einen Hauselfen. Seltsamerweise war die Luft klar, wenn man bedachte wie viele Feuer brannten, und er schauerte etwas als er die Tür zur Bibliothek öffnete.

In einem großen Sessel in der Mitte des Zimmers saß der Schlangengott selbst, Lord Voldemort.

Severus’ Mund wurde trocken, sein Herz sprang ihm in den Hals und das Blut erstarrte in seinen Adern. Der dunkle Lord lächelte leise, seine roten Augen glühten leicht wie blutende Rubine im düsteren Licht. Die dünnen, flachen Nasenlöcher öffneten sich leicht, und eine Krallenhand bewegte sich in der ekelhaften Parodie eines Grußes. “Herein, mein lieber Meister der Zaubertränke. Trödle nicht in meiner Tür.“

Severus machte langsam einen Schritt vorwärts. Jede Faser in seinem Körper schrie danach, wegzulaufen. Die ganze Ausstrahlung des Raumes roch nach Verfall ,und die verdorbene Magie die um den dunklen Lord herum lag, war übelkeitserregend.

Voldemort beobachtet ihn mit etwas wie Belustigung. „Ich bin angenehm überrascht. Kein betteln? Kein Gesabber auf dem Boden über deine Loyalitäten?“

Severus’ Stimme war hart wie Stahl. “Ihr hättet keine dieser Erklärungen erwarten sollen.“

Voldemort warf tatsächlich den Kopf zurück und lachte. Es war ein hohes, kreischendes Geräusch, und Severus knirschte mit den Zähnen. „Du überraschst mich mit einem völligen Mangel an Respekt. In Ordnung, wenn es nicht Liebe und Verehrung sein soll, wirst du mich mit Wut begrüßen? Wirst du deinen unsterblichen Hass auf mich werfen weil ich dich von den Toten zurück gebracht habe?“

Severus sah mit leeren Augen zu Boden. „Ich habe keinen Hass.“

Voldemorts rote Augen wurden klein, und die entnervenden Nasenlöcher weiteten sich wieder. „Das sehe ich. Sag mir, Severus Snape. Was hast du?“

„Ich habe nichts.“

Die Antwort kam sofort. Der Schlangengott nickte, und ein krankes Grinsen breitet sich auf seinem reptilienartigen Gesicht aus. „Ah. Aber siehst du, du irrst dich. Du stehst am Rande eines Abgrundes reiner, unverdorbener Macht. Diese Macht werde ich dir geben.“

Snapes Kopf schoß verwirrt in die Höhe. „Mir war nicht klar, daß Ihr so großzügig mit Euren Geschenken seid. Vor allem nicht Verrätern wie mir selbst gegenüber.“

„Ja, du warst ein Verräter“, überlegte Voldemort. „Aber das war immer ein Teil deines Charmes. Du konntest beide Seiten so gut spielen... ohne zu zerbrechen,. Ich biete dir diese Macht nicht als Friedensangebot oder Geschenk. Ich biete sie dir als Ansporn.“

Snape fürchtete die Frage, aber er wusste daß er sie stellen musste. „Als Ansporn wofür?“

„Mein Erbe zu werden.“

Die Worte wurden in einem einzigen Schwall fauler Luft ausgesprochen, und alle Haare auf Severus’ Nacken stellten sich auf.

„Obwohl ich vielleicht arrogant bin, Severus, bin ich nicht dumm. Ich weiß, daß ich einmal sterben werden, trotz all meiner Versuche, es zu verhindern. Das war der Grund aus dem ich das Gift verändert habe, mit dem ich dich vor Monaten getötet habe, ich musste ein Band zwischen uns schmieden, so daß unsere Kräfte von einem zum anderen übertragen werden konnten. Das Band wurde geschmiedet, indem ich bestimmte Zutaten, unter anderem mein eigenes Blut, in den Trank von Levattio gab, den ich dich zu trinken gezwungen habe.“

Snapes Atem kam in harten Stößen, und Schweiß fing an, auf seiner Stirn zu glänzen.

„Ihr wollt, daß ich Euer Erbe werde.“

Die Worte waren unwirklich. Sie waren wie Spinnweben, so schön und klebrig, so unglaublich und tödlich.

Voldemort nickte langsam. „Ja. Im Fall meines Todes würden all meine Kräfte auf dich übertragen.“ Er winkte nachlässig mit der Hand. „Natürlich gilt dasselbe für mich falls du getötet wirst, aber wenn du denkst, daß mir dein bißchen Magie was bedeutet bist du ein großer Narr.“

„Ich verstehe immer noch nicht, warum Ihr mich über einen eurer loyalen Todesser wählen würdet. Ich habe enge Verbindungen zu Albus Dumbledore. Ich war ein Spion, um Merlin’s Willen! Es ergibt keinen Sinn.“

„Lucius hätte mein Erbe sein können, aber er handelt selten mit Witz oder Planung. Du handelst obwohl du zu einem weichen Herzen neigst, immer vorsichtig und überlegt. Ich sehe viel Potential in dir.“ “Ihr irrt euch“, erklärte Severus einfach.

„Wirklich?“

„Ja.“ Severus’ Tonfall wurde verzweifelt. „Seht mich an! Ich verbeuge mich nicht vor Euren Füssen! Ich respektiere Euch nicht und nichts für das Ihr steht! Wie könnt Ihr auch nur glauben, daß ich ein ordentlicher Erbe für Eure Macht wäre?“

Voldemort kicherte. „Diese Bescheidenheit steht dich nicht. Ich wäre wütend wenn du versuchen würdest, mir die Füße zu küssen oder mich mit Hass bekämpfen würdet. Das würde menschliches Gefühl zeigen. Nein, Severus Snape, du bist der perfekte Erbe weil du deinen Gefühlen und Schwächen nicht nachgibst. Du hast dich von der Angst vor Gut und Böse entfernt. Alles was du jetzt noch fühlen willst ist Macht... Kontrolle.“

Severus schüttelte den Kopf und versuchte die Worte es dunklen Lords zurückzuweisen. Fetzen aus Gesprächen der letzten paar Monate wirbelten durch seinen fiebrigen Verstand. Das panische Töten des Phönix, das fehlende Interesse am Tränkeunterricht weil er nicht unterrichten konnte, Sirius Black zu verfluchen, die rohe, lieblose Episode mit Narcissa, die absichtliche Provokation Dumbledores...

Auf einmal konnte er in seinem Kinderkopf das schwarze Loch von Voldemorts Anwesenheit fühlen. Es war eine erdrückende, vernichtende, verdorbene Anwesenheit und obwohl es seine Menschlichkeit fraß gab es auch etwas zurück. Eng verschlungene Fäden aus reiner Macht fingen an durch sein System zu laufen und ihn für sich zu gewinnen.

Mit einem plötzlichen Schritt zurück hob Severus Snape den Kopf und sah dem dunklen Lord direkt ins Auge. „Ich nehme an, daß ich Zeit habe um dieses Angebot zu überdenken?“

Voldemort sah wieder belustigt aus. „Es gibt nichts zu überdenken. Es ist beschlossene Sache seit du vor Monaten den Trank von Levattio genommen hast. Aber du kannst dir Zeit nehmen um dich damit abzufinden, wenn du möchtest.“

„Ich möchte. Ich möchte es äußerst dringend“, murmelte Snape. „Ich gehe wieder nach Hogwarts. Richtet Lucius bitte meine Grüße aus.”

„Natürlich, dunkler Lord“, antwortete Voldemort spöttisch als Severus mit wirbelndem Umhang aus Malfoy Manor hinaus apparierte. „Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.“

* * * *


Als er im Verbotenen Wald ankam, fing Severus an, zu rennen, tote Blätter knirschten unter seinen Füssen, und er konnte deutlich die Rufe der Vögel und anderer Wesen hören, die durch den Nebel hallten. Er erreichte das Schloß, stieß die große Tür auf und rannte die Treppen hinunter in sein privates Büro. Er floh in seine Räume, nicht ganz sicher darüber, was er mit sich anstellen wollte. Vielleicht war es so betrachtet ein Glück, daß seine Räume alles andere als verlassen waren.

Albus Dumbledore stand hinter seinem Schreibtisch, die weinende Alicia Spinnet direkt hinter ihm.

Als sie ihn sah zog Alicia ihren Zauberstab heraus und fauchte wie eine Raubkatze, während Dumbledore kaum mehr machte als ihn mit verständnisloser Trauer anzusehen. Snape blieb stehen und starrte zurück.

Alicia sprach als erste. Sie hatte Schwierigkeiten dabei, ihre Hände ruhig zu halten. „Wo ist Adrian? Habt ihr ihn getötet?”

Severus machte keine plötzlichen Bewegungen, weil er ihren Zorn nicht auf sich ziehen wollte. „Er ist nicht tot.“

Alicias Stimme war tonlos. „Nun, das ist schon mal etwas, schätze ich. Wo ist er?“

„Im Keller von Lucius Malfoys Herrenhaus, außerhalb von London”, kam die ruhige Antwort.

Alicia schniefte und wandte sich an Dumbledore. „Bitte um Erlaubnis, einer Rettungsaktion zu versuchen, Sir.“

Dumbledore schüttelte langsam den Kopf. „Noch nicht, Ms. Spinnet. Wir sollten mehr herausfinden bevor wir drauf los stürmen.“

Severus seufzte resigniert und setzte sich in einen Sessel. “Ms Spinnet, warum gehen Sie nicht zu Madame Pomfrey und lassen sich eine Art Milchschokolade geben? Sie sehen ziemlich müde aus“, schlug Dumbledore vor.

Alicias Augen weiteten sich entrüstet. „Was wollten Sie…” Sie unterbrach sich beim scharfen Blick des Direktors. „Gut, aber es gefällt mir nicht.“ Sie lief steif aus dem Zimmer.

Dumbledore wandte dem müden Meister der Zaubertränke im Sessel seinen Blick zu. Im düsteren Licht waren seine blauen Augen lodernde Feuer aus Trauer und Abscheu. „Was hast du da draußen gemacht, Severus? Du hast kein Recht, diese Hallen nach so scheußlichen Taten wieder zu betreten.“

„Ich bin gekommen um meine Sachen zu holen, Sir“, kam die gemurmelte Antwort. ”Dann ziehst du nach Malfoy Manor?“

Severus schnaubte leise. “Wohl kaum. Ich habe vor mich zu verstecken. Vielleicht bringe ich mich um. Wir werden sehen wie es läuft.”

Dumbledores Blick wurde stärker. „Du versteckst dich vor dem Zaubereiministerium.“

”Vor Voldemort."

”Wirklich.” Dumbledore schenkte sich eine Tasse Tee ein und gab Zucker dazu. “Dem beiläufigen Beobachter könnte es vorkommen als wärst du mit Voldemorts Haltung ziemlich zufrieden.” ”Nun, wenn er in Ihrem Kopf steckt werden wir sehen, wie klar Sie noch denken können”, gab Severus bitter zurück.

Dumbledore hob eine silberne Augenbraue. „In deinem Kopf steckt?“ ”Oh ja, es ist so einsam”, brummte Snape, wobei er die Finger zusammen legte. „Es scheint daß Voldemort, als er mich vergiftet hat, einige zusätzliche Zutaten in die Mischung gegeben hat. Er hat ein magisches Band zwischen uns geschmiedet. Er wollte schon so lange einen Erben, und jetzt hat er einen. Ich glaube, daß meine neu gefundene Fähigkeit, Magie ohne Zauberstab zu benutzen, auf dem Einfluß seiner riesigen Macht beruht. Also werden Sie verstehen, wenn ich nicht ganz sicher bin wo ich stehe, wenn es um Moral geht.”

„Einen Erben?“ Dumbledores Gesicht sah erschrocken, aber nicht überrascht aus. „Remus sagte, daß es vielleicht soweit kommen würde.“

“Der Werwolf hatte recht.“ “Es erklärt noch immer nicht, warum du jede Nacht gegangen bist um Muggel zu foltern.“ Das Gesichter des älteren Zauberers war steinhart. „Sag mir, kommt die Schwäche für Grausamkeiten mit dem Anspruch auf Voldemorts Erbe?“

„Sie wissen, daß ich nicht gewünscht habe, jemandes Erbe zu werden“, faucht Snape. „Also versuchen Sie es gar nicht erst mit dieser Taktik. Meine Muggelfolter war ein Experiment, ich versuchte etwas außer der Kälte zu fühlen, jetzt weiß ich, daß es nicht geschehen wird.“

„Du hast nichts gefühlt, nichts in deinem Herzen hat dich angeschrien, als du die Unverzeihlichen Flüche auf sie gesprochen hast, als du sie geschlagen und gekratzt hast? Nichts in dir war vom bloßen Gedanken abgestoßen, absichtlich ein lebendes Wesen zu foltern?“ Dumbledore Stimme war ruhig, aber sein Gesichtsausdruck ungläubig.

„Nun, was soll ich sagen“? Snape verschränkte die Arme und starrte den Direktor an. „Ich bin zu einem Leben im Dienst Voldemort verdammt, egal was ich mache. Ich wage zu denken, daß ich mit dem Bösen fertig bis, und es tut alles in seiner Macht stehende um diese Vorstellung zu beseitigen. Und zu all dem bin ich ein unmenschlicher Bastard, und auch noch ein Slytherin.“

Dumbledores harte Gesichtszüge schmolzen, und auf einmal sah er so alt aus wie er war. „Du hast Knataloni's Diaphanetrank nicht genommen, oder?“

„Ich habe es vor ein paar Tagen versucht, aber ich konnte die Notizen nicht auftreiben. Warum?”

”Ich ließ sie von Knataloni zurückholen als klar wurde, daß du sie nicht benutzen würdest. Sie hat dir einen Becher voll gebraut. Bitte nimm in nun.”

Dumbledores Stimme war seltsam freundlich, als er nach dem silbernen Becher auf Snapes Tisch griff.

Severus verzog spöttisch das Gesicht, aber seine Augen waren verängstigt. „Warum sollte ich den verdammten Trank nehmen? Was würde es beweisen?”

“Befriedige die Neugierde eine alten Mannes, wenn du sonst keinen Grund hast“, antwortete Dumbledore. „Schütte etwas davon auf deine Handfläche und schau nach welche Farbe es annimmt. Das Pergament mit der Erklärung liegt neben dem Becher.“

Snape hob das Pergament auf und betrachtete es, bevor er es an Dumbledore weitergab. Als er aufsah blieben seine Augen völlig leer. „Nun gut, ich nehme an die Wachen in Azbakan müssen wissen, in welche Zelle sie mich stecken müssen - eine die einem Zombie gefällt vielleicht?“ Dumbledore fühlte wieder eine gewisse Menge an Mitgefühl durch sich fließen als er den jüngeren Mann beobachtete. „Severus du weißt, dass die Ergebnisse des Diaphanetrankes nichts ändern, egal wie sie ausfallen.“

Severus nickte und nahm den Becher mit zitternder Hand, und mit einer vorsichtigen Bewegung fiel ein Tropen Diaphanetrank auf seine offene Handfläche.

Die bernsteinfarbene Flüssigkeit zischte als sie ihn traf, und kitzelte leicht auf seiner Haut. Sie nahm verschiedene Farben an, bevor sie sich endlich für eine entschied - ein tiefdunkles Blau. “Es ist blau, Albus”, hauchte Snape, der vor Angst vergaß, die Distanz zu wahren. „Was heißt blau?“

Dumbledore las das Erklärungspergament, und seine Augen betrachteten jede Zeile. Mit einem leisen Murmeln rückte er seine Halbmondbrille zurecht, und sein Mund wurde vor Schreck rund. Als er zu Severus aufblickte waren seine Augen mit vorsichtigem Unglauben gefüllt.

“Was ist es?”, wollte Severus mit vor Panik zitternder Stimme wissen.

„Blau bedeutet menschlich“, sagte Dumbledore langsam: „Du bist ein Mensch, Severus.“ Severus öffnete den Mund, dann klappte er ihn wieder zu, seine dunklen Augen waren groß und sahen ins Nichts. Als er sprach war seine Stimme voller Gefühl. „Sie müssen sich irren.“

„Ich irre mich nicht. Du bist menschlich“, murmelte Dumbledore.

„Nein, bin ich nicht“, Severus’ Stimme hob sich vor Frustration. „Das kann nicht stimmen, Direktor. Ich kann ohne Zauberstab Magie benutzen.“

„Ein Talent das dir dein magisches Band zu Voldemort gibt“, dachte Dumbledore laut. „Es ist kein Hinweis auf das was du bist. Es ist ein Hinweis auf die Magie, die dich hergebracht hat. Du hast die Magie nicht selbst benutzt. Es war Voldemorts Einfluß.“ “Ich bin nicht menschlich. Das bin nicht ich. Das kann ich nicht sein!“, schrie Severus, der in einer plötzlichen Bewegung auf die Füße sprang. "Knataloni hat einen Fehler gemacht, oder eine Übersetzung ist falsch. Laß sie noch einmal nachsehen!“

„Der Trank ist ganz in Ordnung, Severus, du bist so menschlich wie ich auch.“

Alle Energie schien aus dem Meister der Zaubertränke zu fließen, als er erschrocken auf den Teppich starrte. „Es kann nicht stimmen, Albus. Wenn ich menschlich bin… wie kann ich mich dann so fühlen? Wie kann ich die Dinge tun, die ich getan habe?“

„Du hast aus Depression und Qual gehandelt, wie ich gerade anfange zu begreifen“, sagte Dumbledore langsam. „Armer Severus, was musstest du nur durchmachen?“ Er beugte sich hinüber um den jüngeren Mann zu berühren, aber Severus zuckte zurück.

“Fassen Sie mich nicht an! Wie können Sie es ertragen mich anzufassen?“, brüllte Severus, wobei er die Hände zu Fäusten ballte. „Sehen Sie mich an! Ich bin bösartig! Ich habe getötet, und ich habe es auch noch genossen!“ ”Severus, beide Seiten haben Fehler gemacht…” ”Ich habe sie gemacht! Ich habe furchtbare Dinge getan, und Sie wagen es mich menschlich zu nennen? Diese armselige Verschwendung einer Existenz...“

„Du hast furchtbare Dinge getan, aber du weißt, daß sie furchtbar sind“, sagte Dumbledore hart. „Indem du ihre Falschheit erkennst, kannst du dich bessern.“ “Diese furchtbaren Dinge sind überall an mir, Albus“, sagte Snape. „Ich dachte ich könnte ihnen entkommen, aber sie sind überall. In meinem Kopf, unter meiner Haut...“ Er hob den linken Unterarm. „Ich BIN diese furchtbaren Dinge. Sie sind falsch, ich bin falsch. Das kann nicht ich sein!“

„Severus, würdest du dich bitte beruhigen...“

„Sagen Sie mir, daß ich böse bin“, fauchte Severus. „Sagen Sie mir, daß ich falsch bin. Bitte sagen Sie mir einfach, daß ich falsch zurück gekommen bin.“

„Du bist richtig zurückgekommen, Severus.“ “Wagen Sie es nicht, mir zu vergeben. Ich könnte Sie töten. Ich könnte... ich... vergeben Sie mir nur nicht... nicht...“, bat Severus, wobei er auf den Direktor zustolperte, in eine enge Umarmung fiel und mit einem schaudernden Seufzen seine Stirn an Dumbledores Schulter legte, während ihm die Tränen in Strömen über die Wangen liefen. Severus hielt seine Tränen nicht zurück; er bemerkte sie kaum, weil er zwischen seinen Schluchzern immer wieder anklagende Wortfetzen murmelte. Seine Finger hielten sich an den Schultern des Direktors fest und verknitterten den Stoff. Mit jedem schmerzerfüllten Aufschluchzen wurden die Worte wenige verständlich, bis schließlich das einzige Geräusch im Zimmer zitternde Atemzüge und das Geräusch von Dumbledores Hand waren, die über Severus’ Rücken fuhr. Als Severus’ Tränen langsamer flossen, zog er sich nicht zurück, sondern hielt sich weiter in Angst und Verzweiflung an ihm fest. „Ich weiß nicht was ich tun kann. Ich muß so vieles wieder gutmachen. Alles ist so falsch.“ Dumbledore sah durch das vereiste Fenster, wie die Sonne aufging und lächelte müde. “Die ganze Welt liegt vor dir, Severus. Unendliche Wahlmöglichkeiten warten auf dich. Ich würde sagen, daß auf einmal alles richtig läuft.“


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