Misstrauen

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Kapitel 23: Veränderungen

Alles wiederholt sich nur im Leben
Ewig jung ist nur die Phantasie
Was sie nie und nirgends hat begeben,
Das allein veraltet nie

Schiller

Hagrid spürte, dass dies ein längeres Gespräch werden würde. Er sah zu Snape der erstarrt war und sich nicht mehr rührte. Dumbledore und Lily schienen ihn vergessen zu haben. Am Anfang hatte auch Hagrid die Veränderung gespürt, es war als ob Snape nicht mehr anwesend war, aber er war DA! Saß direkt vor ihm auf dem Boden!
Er ist da! Er ist da! Immer und immer wieder wiederholte er es in seinen Gedanken und dann plötzlich war das Gefühl verschwunden. Vor ihm saß keine Statue sondern ein Mensch. Er konnte ihn doch nicht da sitzen lassen! So bückte er sich und half dem Todesser auf die Beine. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren brachte Hagrid ihn zurück zum Bett, keinem tat es gut so lange bewegungslos dazusitzen. Der Halbriese selber war immer in Bewegung, in Gedanken oder körperlich. Der Todesser ließ es mit sich geschehen. Wieder hatte der junge Mann erleben müssen wie andere auf ihn reagierten. Voll Zorn und Schrecken. Hagrid wusste, das könnte er auf Dauer nicht aushalten. Lily Potter schien Snape plötzlich wieder zu bemerken und Neugier flammte in ihren Augen auf. Hagrid schüttelte leicht den Kopf, oder man wurde angestarrt wie ein seltenes Tier. War sie sich bewusst, dass sie genau das tat was sie selber gerade eben so verabscheut hatte? Hatte sie ihn nicht vor einigen Minuten einen Mensch genannt und jetzt? War er in ihren Augen immer noch ein Mensch? Rubeus Hagrid glaube nicht. Sorgfältig breitete er die Decke über den geschundenen Körper aus. Er, Hagrid, hatte beschlossen mehr in diesem Menschen zu sehen. ER konnte sich diese Sichtweise leisten, Dumbledore mußte weiterhin seine Rolle ausfüllen, und Lily? Welche Rolle beschloß sie einzunehmen? Oder war sie in ihrem Denken bereits festgefahren? Sie ging auf das Bett zu und sah auf die darin liegende Gestalt. Eine Weile sah sie so aus als ob sie etwas sagen wollte. Vielleicht wollte sie fragen warum er so müde aussah? Oder vielleicht warum er überhaupt hier war. Hagrid hoffte, es könnte ihre Meinung ändern wenn sie nur fragen würde. Ein Satz genügte.
Lily drehte sich um. „Ich will noch zu Madame Pomfrey. Einen schönen Tag noch.“
Die Tür schloß sich und Dumbledore seufzte. „Ich muß sehen welche Schüler noch über Weihnachten im Schloß bleiben.“
Damit verschwand auch Dumbledore aus dem Raum. Hagrid sah von der Tür zu Snape. Dieser hatte die Augen geschlossen, die Atmung kam aber zu schnell.
„Ich kann Sie gut leiden, und was Lily auch denk. ICH denke nicht so!“, sagte Hagrid ruhig.
„Ich weiß“, murmelte Snape und öffnete plötzlich die Augen.
Da war nichts, normalerweise sahen Menschen nach so etwas verletzt aus oder zumindest enttäuscht. In diesen schwarzen Augen war nichts dergleichen zu sehen.
„Was haben Sie vorhin gemacht?“, fragte Hagrid und wies auf den Kaminteppich.
„Unsichtbar“, antwortete der Todesser, der Wildhüter runzelte die Stirn, so fuhr Snape fort: „Manchmal muß man sich unsichtbar machen können. Je besser man es beherrscht, um so weniger Schmerzen, um so heiler kommt man aus den Versammlungen mit Voldemort heraus. Man legt alles ab was man ist, das Denken“, er stockte, „Gefühle. Wird ein Ding. Leblos, taub und blind.“
Hagrid nickte. „Aha. Deshalb haben Dumbledore und Lily förmlich vergessen, dass noch jemand im Raum ist.“
„Richtig. Ihr schien es dann besser zu gehen. Das Problem, das lebt und denkt, war nicht mehr im Raum. Sondern nur noch ein Ding“, sagte Snape müde und sah zum Halbriesen hoch. „Bei Ihnen hat es nicht funktioniert.“
„Jepp. Hat es nicht“, sagte Hagrid stolz.
„Ich bin müde“, verkündete er.
„Dann schlafen Sie, bald ist Weihnachten. Bis dahin sollten Sie etwas fitter sein!“

Snape schloß die Augen, er war wirklich müde. Sich unsichtbar zu machen war immer anstrengend gewesen, unbewußt muß der Halbriese gespürt haben, dass er diese Illusion nicht mehr lange aufrecht erhalten konnte. Jetzt lag er wieder im Bett. Er roch den Tannenduft und hörte die Vögel singen. Zwei Tage dann wäre Weihnachten. Was würde geschehen? Wie würde er diesen Abend erleben? Hagrid kam bestimmt, der Halbriese hatte in wirklich ins Herz geschlossen. Wie schnell doch jemand sein Haltung ändern kann. Severus mußte sich eingestehen, dass er es genoß, dass Hagrid ihn mochte. Dumbledore mochte ihn auch, das wußte er, aber er war sein Herr und Hagrid ein Freund. Freunde! Snape ließ sich tiefer in die Kissen sinken. Als er dort auf dem Boden gesessen hatte und gespürt hatte wie Lily förmlich explodiert war, ihn gehaßt hatte, dieser zerfressende Zorn auf die Todesser, war Hagrid hinter ihm gestanden. Jetzt verstand er den Satz, den manchmal die Muggel verwendeten, Jemandem den Rücken stärken. Snape war den Haß gewöhnt, doch er schmerzte. Früher war dieser Haß ein Teil gewesen woraus er seine Energien gezogen hatte. Immer wenn er Hexen und Zauberer gefoltert oder getötet hatte, dieser Haß in den Augen seiner Opfer. Es war seine Einzige Kraftquelle gewesen, außer Voldemort natürlich. Sein alter Herr war dunkle Energie pur. Das war früher.
Wie schnell man von früher spricht, dachte er sarkastisch.
Die Energien, die er jetzt erhielt, waren so im Widerspruch zu seinem vorherigen Leben, dass ihn Haß schmerzte. Ein weiterer Preis, den er zu zahlen hatte. Severus dachte, noch bevor er einschlief, dass er gern bereit war auch diesen zu bezahlen.

Dumbledore war besorgt, es wollten nur wenige Schüler in Hogwarts bleiben. Er würde Moody bitten müssen mehr Aurorenpatroullien einzusetzen. Die eine Woche Ferien würde anstrengend werden. Snape konnte er noch nicht einsetzen, er schauderte, einsetzen. Nein! Noch nicht bitten zurückzukehren, das war der richtige Gedankengang. Die Gefahr der wieder aufbrechenden Wunden war einfach noch zu hoch! Der Kombinationsfluch war noch nicht ganz gewichen. Sein Spion konnte sich noch einige Zeit tot stellen. Für Voldemort war er gestorben und für seine Todesserkollegen auch. Die Rückkehr mußte gut geplant werden, eine Geschichte ausgedacht werden, wie Snape überlebt hatte. Irgendwas würde ihm schon einfallen. Weihnachten stand vor der Tür. Dumbledore würde wieder am traditionellen Weihnachtsessen teilnehmen, wie Hagrid und Snape? Allein in seinem Büro. Er grübelte noch über das Problem, als Albus beim Wasserspeier ankam. Geschenke! Was schenkte man jemandem wie Snape?
„Probleme über Probleme“, murmelte er und nannte seinem Torwächter das Passwort.


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