Von Mördern und Verrätern

 

 

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Kapitel 26: ... und wo Wahrheit war ...

Eigentlich hatte Harry sich das Ganze etwas anders vorgestellt. Es war so vorgesehen, dass sein Plan aufgehen und er die Rache für Sirius' Tod geniessen würde, je brutaler, umso besser. In der Theorie hatte alles so gut ausgesehen. Sie schrieben den Brief, und Voldemort würde Snape entweder verjagen oder töten. So einfach -- theoretisch. Aber es war nicht so gekommen. Irgendwie hatte er nicht bedacht, dass um tot zu sein, Snape auch sterben musste. Nun, das war blöde. Natürlich hatte er es gewusst, aber er hätte es sich nicht vorgestellt, zu sehen wie jemand noch lebte, kämpfte und dennoch unausweichlich verloren war. Diese Hilflosigkeit eines verzweifelten Versuches eines Atemzuges wenn es doch so klar war, dass es sinnlos war. Der Kampf und die Angst. Das hatte er nicht erwartet. Die quälende Langsamkeit, in der jemand brutal starb. Bei Cedric war es anders gewesen. Er hatte nicht gelitten, war einfach tot umgefallen. Genauso wie seine Eltern und die McGregors. Sie waren nicht wirklich gestorben. Sie waren einfach nur tot, ohne Schmerzen, ohne aussichtslosen Kampf um einen einzelnen Atemzug und ohne diese Todesangst in den Augen.

Und das hatte dem Ganzen die Einfachheit geraubt und in eine blutige Realität getaucht.

Während des Frühstücks aß Harry nicht viel und von dem Porridge wurde ihm speiübel, wenn er es nur ansah. Irgendwie schien sich die Farbe des hellen Breis immer wenn er darauf sah in ein dunkles Blutrot zu verwandeln.

Seine Rache hätte eigentlich seinen Hass auf Snape in Genugtuung wandeln sollen, doch nun hasste er Snape umso mehr, dafür dass er dies hatte mit ansehen müssen. Er lächelte bitter. Es sah fast so aus, als würde Snape ihn für den falschen Brief büssen lassen. Verdammter Slytherin

Ron erzählte Hermine flüsternd und mit sichtlicher Begeisterung von der Vision und das Mädchen nahm es mit einem Runzeln der Stirn entgegen. Sie schien nicht sehr erfreut über die Neuigkeit, aber auch nicht sonderlich überrascht. Es hatte auch einiges an Überredungskunst gebraucht, um sie davon zu überzeugen, dass sie mit ihrer Handlung Leben retten würden. Dies war auch für sie einleuchtend logisch und Hermine war ein Mensch, der sehr auf die Logik vertraute. Nur als Ron erwähnte, wie Snape getötet worden war, entfuhr ihr ein entsetztes Keuchen.

***



Ihre erste Stunde an diesen Morgen war ‚Pflege magischer Geschöpfe' bei Hagrid.

Da die Herbsttage in dieser Zeit immer seltener schön und warm waren, hatte der Wildhüter beschlossen, dass sie sich alle etwas abseits des Verbotenen Waldes in das Gras setzten und den Unterricht dort abhalten sollten.

Der grosse Mann setzte sich hin und wies sie an, sich in einem Halbkreis um ihn herum zu versammeln. Wie des öfters in letzter Zeit war auch Lupin mit von der Partie, der sich neben Hagrid ins Gras setzte und abwesend den neben ihm liegenden Fang im Nacken kraulte. Obwohl er offiziell kein Lehrer mehr war, hatte er immer zusätzliche Informationen und die meisten der Schüler begrüssten seine Anwesenheit. Vor allem wenn Harry und seine Freunde Unterricht hatten, fehlte der Werwolf fast nie, und Harry vermutete, dass der Mann aus einem Ehrgefühl Sirius gegenüber über Harry wachte. Er war nur froh, dass sie ihre Stunden nicht mehr mit Malfoy und den Slytherins teilen mussten, so blieben böse Sprüche und Beleidigungen aus. Harry mochte dieses Fach. Nicht unbedingt wegen dem Stoff, aber wegen den Lehrern. Gott sei Dank hielt sich der in letzter Zeit immer präsente Auror im Hintergrund.

Harry war sehr froh über die beruhigende Präsens Lupins und seiner anderen Freunde, die ihn die grässlichen Bilder seiner Vision vergessen liessen.

Er schaffte es auch ganz gut, sich auf den Unterricht zu konzentrieren, als Hagrid über Uldras, Lapplands erdbewohnende Wesen, die Tiere im Winterschlaf fütterten, oder über Nagumwasucks aus Amerika und deren markantesten Unterschieden zu den normalen Feen in Europa erzählte. Doch dann begann Hagrid von den Sphinxen zu berichten. Es gab verschiedene Arten von ihnen. Die griechische und ägyptische, oder Andro-Sphinx, und die Crio-Sphinx, eine Unterart der Andro-Sphinx. Erst erklärte Hagrid, mit Hilfe von Lupins hervorgezauberten Bildern, die äusserlichen Unterschiede der verschiedenen Arten und begann dann ihre Verhaltensweisen zu erklären.

"Die Sphinxen im Nahen Osten", begann Hagrid, "sind bekannt für ihre Weisheit, die sie jedoch selten zeigen. Die sind stolze, eingebildete Wesen, die es geniessen wenn ihnen gehuldigt wird und sie bewundert werden."

"Diese Einstellung erinnert mich an einen gewissen Lehrer, den wir mal hatten", flüsterte Ron Neville zu. Ein leises Kichern entfuhr allen, die nah genug waren um es zu hören, inklusive Harry.

Hagrid jedoch fuhr ungebremst fort. "Die griechischen Arten sind jedoch ganz anders. Sie reden viel und sind sehr aggressiv. Sie sind Jäger, und Menschen sind ihre liebste Beute. Die griechischen Sphinxen haben einen raubtierhaften Charakter und wie eine Katze, oder auch manche Frau - denn Sphinxen sind vorwiegend weiblich - haben sie die Angewohnheit zuerst mit ihrem Opfer zu spielen. Mit ihm zu reden und es sogar zu beruhigen, bevor sie es gewaltsam und blutig umbringen."

Die fast sanfte Stimme --‚Mein Severus, noch immer so stolz.'-- spritzendes Blut -- Panik --Tod.

Das Bild war wieder da und ohne es zu wollen merkte Harry, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich, bei der detaillierten Erinnerung. Erst nach ein paar tiefen Atemzügen schaffte er es das Bild wieder zu verdrängen. Wann würden die Erinnerung endlich verschwinden? Verdammter Snape, verdammter Voldemort.

Seine Klassenkameraden schienen Gott sei Dank nichts von seiner kleinen Show mitbekommen zu haben, da ihre Blicke noch immer nach vorne auf Hagrid gerichtet waren, der ihnen gerade vom berühmten Sphinx-Rätsel erzählte. Doch als auch Harry nach vorne sah, traf sein Blick auf Lupin, der ihn nachdenklich, mit gerunzelter Stirn musterte.

"Hagrid", unterbrach er den Wildhüter, seinen Blick noch einen Augenblick länger auf Harry gerichtet, bevor er sich zu dem Halbriesen umdrehte. "Wenn du mich hier nicht mehr brauchst, dann würde ich gerne gehen. Du weißt, dass wir noch Feuerholz einsammeln müssen und wenn wir heute Abend auf unseren Rundgang gehen, dann reicht die Zeit nicht mehr aus."

"Da haste schon Recht, Remus", bestätigte Hagrid in seiner tiefen, fast dröhnenden Stimme. Aber macht es dir nichts aus, das Holz alleine zu tragen?"

"Ist schon gut, Hagrid." Remus stand auf. "Ich kann ja einen Schüler mitnehmen und ihm unterwegs etwas mehr über die Sphinxen erzählen."

Harry schwante schlimmes.

Hagrid wirkte für einen Moment unentschlossen und nickte dann zögernd. "Wenn du meinst..."

Lupin lächelte ihn gutmütig an und wandte sich dann an Harry. "Harry. Wärst du so nett mir zu helfen."

Harry stöhnte innerlich auf. Lupin hatte also seine Reaktion vorhin bemerkt. Na toll, und jetzt wollte er sicher den Grund wissen, warum Harry sich so erschrocken hatte. Widerwillig stiess auch er sich vom Boden ab und stand auf, um zu Lupin zu gehen, der ihn von der Gruppe wegführte.

Der Werwolf ging erst wortlos zu der Hütte um einen grossen geflochtenen Korb zu holen und führte ihn dann ein paar Meter in den Verbotenen Wald, bis sie gänzlich von Bäumen umgeben waren. Erst dann hielt er, stellte den Korb auf den Boden und setzte sich auf einen umgefallenen Baumstamm. Er tätschelte einladend den Platz neben sich. "Setz dich Harry."

Harry fühlte sich mies und nervös. Was sollte er Lupin erzählen? Er erinnerte sich noch gut an die Lektionen über Werwölfe und dass diese Wesen ein so feines Gespür hatten, dass es nicht einfach war sie zu täuschen. Sicherheitshalber setzte er sich auf einen grossen Stein zwei Meter gegenüber Lupin. Die Distanz gab ihm zumindest den Hauch von Sicherheit.

"Was ist los, Harry?

Harry senkte den Kopf. "Nichts", startete er einen pathetischen Versuch.

"Harry." Das einzelne Wort zeigte sehr deutlich wie sehr ihm Lupin dies glaubte, nämlich gar nicht.

Harry seufzte tief und sah den Werwolf an, der ihn immer noch freundlich studierte. "Bitte, Remus. Es ist besser wenn du nicht fragst."

"Irgendwas hat dich sehr erschreckt, als Hagrid von den Sphinxen erzählt hat. Etwas bestimmtes. Du sahst aus als hätte er dich mit seinen Ausführungen von der Art wie sie töteten sehr getroffen und ich frage mich warum."

‚Mist', dachte Harry. Zum Teufel mit den scharfen Sinnen eines Werwolfs.

Lupin erhob sich und ging vor Harry in die Hocke. "Du kannst mir sagen, was dich bedrückt, Harry. Das letzte Jahr war nicht einfach für dich. Wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann lass mich."

Harry kaute nachdenklich auf der Unterlippe. Es war schon so, dass Lupin wahrscheinlich, anders als Ron und Hermine, verstehen würde, wie sehr ihn die Vision verstört hatte. Immerhin war der frühere Lehrer ein Werwolf und hatte, als er zu solch einem geworden war, sicher auch einiges zu verarbeiten gehabt. Wenn er mit jemandem reden konnte, der wusste wie es war so etwas mit anzusehen, dann würde es sicher einfacher werden, all das Blut und den Horror zu vergessen und sich allein auf die Tatsache zu konzentrieren, dass Sirius gerächt war. Aber dann musste Harry ihm auch von dem Brief erzählen. Würde Lupin seine Tat verurteilen? Aber Sirius war sein bester Freund gewesen und er hatte Snape sicherlich schon selber hundertmal den Tod gewünscht. Wenn jemand seine Motivation und sein Gefühl für Rache verstehen würde, dann Lupin. Er würde ihm wahrscheinlich sogar dazu gratulieren.

Harry holte tief Luft. "Versprichst du mir, dass du Dumbledore nichts erzählst? Was ich dir jetzt sage, muss unter allen Umständen unter uns bleiben."

Lupin nickte und Harry atmete noch einmal tief durch und begann zu erzählen. Er erzählte von seiner Trauer und der Wut auf Snape, auf die anfängliche Enttäuschung, als Snape dem Kuss entkommen war und als er sich in den Wochen und Monaten darauf mit dem Gedanken angefreundet hatte und zu verarbeiten angefangen hatte. Er berichtete wie Snapes Flucht und die Visionen seine Wut wieder entfacht hatte und wie der Mord an den McGregors und der Artikel im Tagespropheten ihn zu dem Entschluss gebracht hatte, etwas zu unternehmen. Er erzählte von ihrem Plan und dem Brief, den sie geschickt hatten und schussendlich von der letzten Vision und den Bildern, die diese in sein Gehirn gebrannt hatten und die ihn nicht mehr losliessen.

Lupin hatte während der ganzen Zeit kein Wort gesagt, aber Harry hatte wohl bemerkt, wie der Werwolf immer blasser geworden war, einen ungläubigen Ausdruck auf dem Gesicht.

Auch nachdem Harry zu Ende erzählt hatte, blieb der Werwolf für mindestens zwei Minuten unbeweglich und stumm, so dass Harry schon fast befürchtete, der Werwolf sei in eine Trance gefallen. Doch dann sprach er und seine Stimme war nur ein heiseres Hauchen. "Bei Merlin, Harry. Du hast mit dem Brief Severus' Todesurteil gesprochen."

Harry hätte mit allem gerechnet. Wut auf sein Handeln, Freude, dass Sirius gerächt war oder sogar Unglauben, dass Harry das fertiggebracht hatten, was die Leute vom Ministerium seit Wochen versuchte, nämlich Snape wieder zu fassen. Doch nie hätte er mit einem solchen Schock und einer Trauer gerechnet, wie sie in den Augen des Werwolfs stand. "Aber es war Snape! Er hatte es verdient. ER HAT SIRIUS UMGEBRACHT, VERDAMMT NOCHMAL!" schrie Harry wütend ob Lupins Reaktion.

Lupin schüttelte nur traurig den Kopf. "Wir müssen sofort zum Direktor und es ihm erzählen.

"Aber du hast versprochen nichts zu sagen!" rief Harry entsetzt.

Lupin warf ihm einen solch strengen Blick zu, wie ihn Harry noch nie an dem Mann gesehen hatte und er schrak instinktiv ein wenig in sich zusammen.

"Ich breche normalerweise meine Versprechen nicht, aber das hier muss er wissen. Komm mit."

Er stand auf, während er Harrys Hand griff und ihn ebenfalls auf die Füsse zog. Mit einer Hand auf seiner Schulter wurde Harry aus dem Wald, über die Wiese und zurück in die Schule geführt.

Schneller als ihm lieb war, standen sie in Dumbledores Büro und der Mann kam mit einem gütigen Lächeln aus dem angeschlossenen Zimmer durch die Bücherregal-Tür.

"Ah, Remus und Harry. Was kann ich für euch tun?"

Harry senkte beschämt den Kopf. Dumbledore hing so sehr an Snape. Er würde Harry nie verzeihen was er getan hatte.

Er hatte auf dem Weg versucht Lupin zu überreden, Dumbledore doch aus der Sache heraus zu halten. Und es war ihm dabei nicht einmal um sich selber gegangen, aber er wusste, dass es dem alten Mann das Herz brechen würde. Umso mehr, wenn seine Theorie von der Verwandtschaft stimmte.

"Severus ist tot", informierte Lupin kühl und Harry hörte ein entsetztes Luftschnappen Dumbledores, aber er wage nicht auf- und den Mann anzusehen.

"W...wie?" hauchte der Direktor nach einigen Sekunden.

Der Griff auf Harrys Schultern verstärkte sich unmerklich in einer auffordernden Geste und so wiederholte er seine Geschichte von vorher. Nur diesmal war seine Stimme kleinlaut und er wagte nicht den Direktor anzusehen und starrte entschlossen auf seine Schuhspitzen. Ausserdem beschränkte er sich darauf, die blossen Fakten zu erzählen und die Details der Exekution auszulassen. Als er geendet hatte, vergingen wieder einige Sekunden schwerem Schweigens, bis ihn ein Schatten vor sich aufsehen liess.

Der Direktor stand kaum einen Meter vor ihm und sah ihn mit einem Blick voll von Trauer und einer Enttäuschung, die Harrys Herz einen Stich versetzten, an. Tränen traten aus Dumbledores Augen und begannen die Wangen des alten Mannes herunterzufliessen

"Harry, was hast du getan?"

Die Anklage in dem Satz, liess Harrys Herz noch schwerer werden, bis ihn eine neue Stimme wie ein Kessel voll kaltes Wasser über den Kopf traf.

"Lass den Jungen, Albus. Er hat nur getan, was ihm sein Herz gesagt hat."

Harry fuhr hoch und sah zu der ‚Tür', die zum Seitenraum führte. Dort stand, die Arme über der Brust verkreuzt, ein sehr lebendig aussehender Sirius Black.

***

T.B.C.




Anmerkung von Lilith: So, meine Lieben. Jetzt werde ich ganz frech und ohne rot zu werden um Reviews betteln. Ich will wissen, wie viele "Ich habs ja von Anfang an gewusst" wir erhalten werden.

Leider ist Samstag nah und ich werde dann einige Tage nicht online sein und auch nicht schreiben, aus klaren Gründen für einen Harry Potter-Fan (Oh Gott, ich habs wirklich geschrieben!!!!!! Ich bin ein Harry Potter-Fan, und dabei habe ich mich doch so gewehrt) Nun ja. Jedenfalls kann ich recht gut English und wir haben hier in der Nähe auch Buchläden....

Je nachdem was im Buch 5 passiert brauche ich vielleicht den einen oder anderen virtuellen Fusstritt in den Hintern um danach noch weiter zu schreiben. Aber nur so viel. Snape ist NICHT tot.

*Hugs*


 

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