Von Mördern und Verrätern

 

 

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Kapitel 60: Malfoy Manor


Severus war sich der zweifelnden Blicke, welche sich in seinen Rücken bohrten, wohl bewusst. Er sah auch genauso deutlich wie die anderen, dass sein Lumos kaum die Hälfte der Helligkeit selbst des Welpen Potter erreicht hatte, und was die anderen erahnten, nämlich, dass er weit von seiner üblichen Form entfernt war, konnte er nur zu deutlich in der Schwere seiner Arme und an dem Gewicht in seiner Magengegend fühlen. Molly hatte ihm einige Stärkungstropfen gegeben, damit er den Tag durchhalten würde, und wenngleich kaum noch Rückstände von Voldemorts Fluch in seinem Körper zu sein schienen, kostete der Gebrauch von Magie ihn wesentlich mehr Kraft, als wenn er gesund gewesen wäre.

Doch das alles war ihm relativ egal. Das Feuer der Rache in seiner Brust brannte hell und lodernd und das Adrenalin in seinem Blut würde ihn seine Mission zuende führen lassen. Niemand konnte ihm diese Rache nehmen.

Spätestens bei ihrer Ankunft im Wäldchen vor Malfoys Haus hatte er es aufgegeben sich darum zu kümmern seine Finger zu schließen. Es brauchte viel zu viel Aufmerksamkeit und Energie. Der Zauberstab war von Shacklebolt mit einem dünnen Lederband fest an seine Hand gebunden worden und würde nicht herunterfallen. Dass er so weniger Kontakt mit dem Teil hatte und es somit nicht so gut seine Magie bündeln konnte, war ihm auch herzlich egal. Er hatte nicht vor, Malfoy mit einem schmerzlosen, einfachen Avada Kedavra zu töten. Nein, der sadistische Mistkerl sollte einige Tropfen seiner eigenen Medizin spüren.

Bevor sie das Haus am Grimmaultsplatz verlassen hatten, hatte Snape sichergestellt, eines der kleineren Fleischermesser von der Küche einzupacken, welches er sicher, und ungefährlich für sich selber, in seinem Ärmel verstaut hatte. Malfoy würde kein unblutiges Ende erfahren.

Schweigend gingen sie den langen Gang entlang und nur das Geräusch ihrer Schritte auf dem abgestumpften Marmorboden war leise zu hören. Wenigstens mussten sie sich nicht durch ein schmutziges Dreckloch kämpfen, was jedoch Snape im Gegensatz zu Black, welcher dies lautstark kommentiert hatte, nicht überraschte. Dieser Gang gehörte zum Anwesen der Malfoys. Ein Anwesen, welches in allem Lucius Malfoy selbst entsprach. Wo jeder Busch perfekt getrimmt, keines der Gräser des englischen Rasens auch nur einen Millimeter zu lang war. Perfekt. In einer protzenden und überheblichen Art. Schmutz und Dreck gab es hier nicht. Noch nicht einmal in einem Geheimgang, der so gut wie nie gebraucht wurde. Keiner der Malfoys würde sich so weit erniedrigen, diesen relativ einfachen und unscheinbaren Gang zu benutzen, wenn sie keinen triftigen Grund dafür hatten. Was aber nicht bedeutete, dass er nicht von Zaubersprüchen der Hauselfen regelmäßig gereinigt wurde, für den Fall, dass ihr Herr ihn doch einmal brauchen würde, so unwahrscheinlich das auch war. Snape würde es Lucius durchaus zutrauen, bei der Flucht inne zu halten um einen Hauselfen zu töten, weil es hier nicht sauber war, sollte er diesen Gang jemals brauchen, um sich vor wem auch immer in Sicherheit zu bringen.

"Ich weiß wirklich nicht, wozu wir ihn hier brauchen", meckerte Black leise hinter ihm. "Hier gibt es keine Abzweigungen, wo wir uns verlaufen könnten. Seit wann braucht man einen Führer in einem geraden Gang?"

"Nur, dass ihr den Gang nie ohne mich gefunden hättet", zischte Snape über seine Schulter.

"Natürlich hätten wir ihn gefunden, wenn du uns gesagt hättest, wo wir suchen sollen, aber nein, du musst ja unbedingt dabei sein und den Helden spielen. Aber Moment mal. Den Helden spielen zu wollen? Ist das denn nicht eine typische Gryffindoreigenschaft, Snape?"

"Du hast keine verdammte Ahnung..."

"Merlins Bart, seid endlich ruhig", unterbrach ihn Shacklebolt. "Oder wollt ihr, dass man uns im Vorhinein schon hört?"

"Sirius, hör endlich auf Severus anzugreifen", sagte auch Remus mit einem Seufzen in der Stimme. "Er hat genauso ein Recht mitzukommen wie du. Wahrscheinlich noch mehr."

"Alles was er dabei bewerkstelligen wird, ist sich selber umzubringen. Nur um sich für die Folter zu rächen. Wach endlich auf, Snape. Du hast überlebt und wirst wieder gesund. Die Welt dreht sich nicht um dich. Gerechtigkeit wird auf jeden Fall geschehen, und wenn du willst, kannst du ja bei Gericht gegen sie aussagen. Es gibt keinen Grund, dich in Gefahr zu begeben, bloß weil du dich in den Mittelpunkt stellen willst."

"Ruhig, sage ich!" zischte Shacklebolt noch einmal und Sirius verstummte, aber warf Snape erneut einen wütenden Blick zu, und für einen Sekundenbruchteil glaubte Snape noch etwas anderes in seinen Augen zu erkennen. Etwas, das wie Verunsicherung oder sogar Sorge aussah. Aber das konnte nicht sein, also verdrängte er es. Wahrscheinlich machte sich der Köter Sorgen, dass er seinen geliebten Patensohn in Gefahr bringen würde. Wenn er nicht die Prophezeiung kennen würde, wäre ihm das Gör in der Tat auch relativ egal.

Aber die Worte über den Helden und sein Bedürfnis sich in den Mittelpunkt stellen zu wollen, trafen mit der Stärke, als hätte ihm jemand in den Magen geschlagen. Verdammter Black. Dass er kein Held war, hatte er während seiner Folterung sehr deutlich erfahren. Er war dazu verdammt immer Zweitbester zu sein. Er hatte auch nicht vor, jemanden heldenhaft zu retten oder zu verteidigen oder am Ende als strahlender Held da zu stehen. Viel lieber wäre es ihm, wenn er Malfoy überraschen und ihn fertig machen konnte. Er war ein stärkerer Magier als Lucius und kannte mehr Flüche. Diesmal hatte er einen Zauberstab, um den Todesser zu entwaffnen und zu fesseln. Und dann würde er den anderen Mann mit dem Messer Stück für Stück auseinandernehmen, angefangen mit seinen Augen, und aufhören mit dem Herzen, welches er, noch immer schlagend, Lucius in den Mund stopfen würde. Wahrscheinlich würde ihn danach niemand als ‚Helden' ansehen und vielleicht würde man ihn auch wegen seiner Vergangenheit und dem Beweis, wozu er noch immer fähig war, nach Azkaban stecken, aber auch das war ihm egal. Die Flamme der Rache in seinem Herzen, das einzige, was seine kalte Seele noch zu erwärmen schien, würde genährt werden, und nur das zählte.

"Denkt daran. Albus' ‚Ignorier-mich'-Zauber wird jeden Hauselfen täuschen, aber nicht einen Zauberer oder gar Du-Weißt-Schon-Wen", ermahnte Shacklebolt, als sie am Ende des Gangs an eine weiße Holzwand kamen. "Wir haben ein Fenster von...", er blickte auf seine Uhr, "...zwölf Minuten, bis sie merken werden, dass an den Schutzzaubern herumgepfuscht wurde. Danach wird Bill die restlichen Zauber brechen und Albus wird seinen eigenen Dämmfluch über das Anwesen legen, sodass niemand mehr weg apparieren kann. Versucht bis dann unentdeckt zu bleiben."

"Snape? Du übernimmst am besten die Führung, da du dich hier am besten von uns auskennst. Wir müssen, wenn möglich, Du-Weißt-Schon-Wer rasch lokalisiert haben, damit er nicht entkommt, wenn die anderen das Haus stürmen."

Snape ließ ein kleines, fast knurrendes Geräusch hören, trat an den anderen vorbei, stieß die Holzwand vorsichtig auf und trat auf den Korridor dahinter. Bevor die junge Frau auf dem Gemälde, welches den Gang verdeckte, sich von ihrem Schrecken erholen konnte, belegte er sie mit einem kurzen Fluch, der sie in ein ordinäres, unbewegliches Muggelgemälde verwandelte. Die anderen Gemälde würden sie für zwölf weitere Minuten nicht bemerken, auch wenn sie vor ihren Nasen herumliefen, aber dieses eine würde zumindest wahrnehmen, dass die Tür geöffnet worden war.

Ohne einen weiteren Blick auf das Gemälde mit der jungen Zofe, deren Mund in einem überraschten "Oh" gefroren war, und ohne sich zu vergewissern, dass ihm die anderen folgten, begann er zielstrebig den Korridor hinunter zu gehen. Er kannte nur den einen Kamin in der Bibliothek des riesigen Hauses, von dem er wusste, dass er ans Flohnetzwerk angeschlossen war, auch wenn das keine Garantie dafür war, dass es wirklich der einzige Anschluss im ganzen Haus war. So häufig war er auch nicht hier. Er wusste, dass Malfoy dort gerne seine Gäste empfing. Und wenn sie nicht dort waren, konnten sie zumindest den Kamin sabotieren. Er würde den Mistkerl Malfoy nicht entkommen lassen.

Er war sich bewusst, dass die anderen seine Zügigkeit und Unvorsichtigkeit, mit der er die Gänge durchschritt, nicht guthießen und ihn auch ein oder zweimal aufforderten, langsamer um die Ecken zu gehen, doch er ignorierte sie und lief mit ausladenden Schritten durch das Gebäude. Die Hauselfen würden sie nicht bemerken und nach dem, was sie wussten, waren außer Malfoy und Voldemort keine anderen Menschen hier. Und wenn doch, dann würde der Auror und die beiden dämlichen Gryffindors bestimmt mit ihnen klar kommen. Und falls sie Malfoy und Voldemort über den Weg liefen, dann würden sie alle, und vor allem Potter sich um die beiden kümmern. Außerdem wären die Mitglieder des Ordens und die Auroren draußen, welche ihre Fortschritte ständig über das Gorgonenauge, eines der magischen Spielereien Dumbledores verfolgten, im Nu hier. Nur Malfoy, den würde er sich von niemandem wegnehmen lassen. Malfoy gehörte ihm. Und so hoffte er fast, dass der blonde Todesser ihnen in die Arme laufen würden.

Leider, oder eher zum Glück für die anderen, welche offensichtlich seine Zuversicht nicht teilten, was ihm, oder besser seinem Rücken, hauptsächlich von Black unter gezischten und gefluchten Worten mitgeteilt wurden, erreichten sie die Bibliothek unbehelligt.

Kein Voldemort, kein Malfoy und noch nicht einmal ein verfluchter Hauself waren zu sehen.

Ihr Glück nahm jedoch eine unerwartete Wendung, als sie in der großen, verlassenen Bibliothek standen und sich Lupin bereit machte, den enormen Kamin, in dem drei Personen zugleich aufrecht stehen konnten, mit einem Verzögerungszauber lahm zu legen.

"Remus wird hier bleiben und den Zauber ausführen, wenn die Zeit um ist," sagte Kingsley. "Der Fluch ist zu stark als dass er, wenn er hier im Haus ausgeführt wird, unbemerkt bleibt. Wir andere machen uns weiter auf die Suche nach Du-Weißt-Schon-Wer."

Weiter kam er nicht. Wie aus heiterem Himmel gab es plötzlich einen Wusch und grüne, große Flammen schossen vom kalten Kamin in die Höhe.

Noch bevor irgend jemand reagieren konnte, traten zwei vermummte Gestalten mit weißen Masken aus dem Kamin.

Für einen Sekundenbruchteil starrten sich beide Parteien komplett überrumpelt an, und dann brach die Hölle los.
Jemand schrie etwas, und jemand anderer fluchte laut, bevor die ersten Flüche flogen. Severus hatte sich gerade mehr schlecht als recht gegen einen "Incendio" verteidigt, als Black, Potter am Ärmel mit sich ziehend, auf ihn zu kam und sie beide hinter ein vortretendes Büchergestell schob. "Bleibt gefälligst hier in Deckung und behindert uns nicht. Das hier ist nicht euer Kampf und es besteht kein Grund euch schon jetzt unnötig in Gefahr zu begeben."

Sirius wirbelte herum, als Lupin aufschrie. Der Werwolf hielt den Zauberstab in seiner linken Hand, während sein rechter Arm nutzlos herunter hing. Die Hand mit dem Zauberstab hatte er gegen eine blutende Wunde an seiner rechten Schulter gepresst und ihm gegenüber kam einer der beiden Todesser gerade wieder auf die Füße und hob seinen eigenen Zauberstab zum Angriff. Der zweite Todesser, welcher sich mit Shacklebolt ein hitziges Duell lieferte, schien, genau wie der Auror, nichts um sie herum wahr zu nehmen.

Sirius stürmte los und traf den Todesser, der gerade einen weiteren Fluch auf Lupin hetzen wollte, mit einem gezielten ‚Stupor' in seine linke Seite. Potter machte auch Anstalten ihm zur Hilfe zu eilen, doch Severus hielt ihn reflexartig mit einem Arm um die Taille zurück. Auch wenn er es nie offen zugegeben hätte, Black hatte Recht. Dies war noch nicht ihr Kampf und die anderen würden auch ohne sie klar kommen.

Severus hatte gerade diesen Gedanken zuende gedacht und mit Abscheu beobachtet, wie Lupin Black einen erhobenen Daumen und ein Lächeln zeigte, als der Kamin erneut im grünen Feuer explodierte und weitere zwei Todesser aus dem Feuer traten, gefolgt von noch zwei, welche von ihrer Statur her nur Crabbe und Goyle sein konnten.

Snape fluchte unterdrückt auf. Scheinbar hatten Malfoy und Voldemort doch einige Todesser zu sich eingeladen. Wenn noch viele kamen, dann würden Black und die anderen bald übermannt sein. Wo blieben nur die anderen? Die müssten doch gesehen haben, was passiert war. Als seien seine Gedanken das Signal, explodierten plötzlich die Fenstergläser unter enormem Krach und einige Personen auf Besen flogen durch die hohen Fenster, ihre Zauberstäbe erhoben und schon die ersten Flüche auf den Lippen.

Erleichtert lehnte sich Snape gegen das Büchergestell zurück. Er hätte es gehasst, wenn er in den Kampf hätte eingreifen müssen, um den anderen zu helfen. Er wollte Malfoy, sonst nichts. Doch als er sein Gewicht an die Wand hinter sich lehnte, gab diese plötzlich nach und er stürzte, zusammen mit Potter, den er noch immer festhielt, durch eine sich öffnende Geheimtür und einige steile Stufen hinunter. Bevor die Welt um ihn im Dunkel verschwand, spürte er noch einen scharfen Schmerz an seinem Hinterkopf, als er damit hart auf den Steinfußboden knallte.

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