Muggel

 

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Kapitel 6

Ein wenig irritiert öffnete Severus die Augen. Er stand noch immer nahe dem Waldrand. Was hatte das zu bedeuten? Sein Arm war vor Schmerz beinahe taub geworden. Er konnte ihn nicht mehr richtig bewegen und der Schweiß lief ihm von der Stirn. Er musste schnellstens apparieren. Severus hatte es schon einmal gewagt nicht zu einem Treffen zu erscheinen. Abgesehen davon, dass Voldemort ihm sehr genau gezeigt hatte, was es bedeutete seinem Meister nicht zu gehorchen, war er beinahe durch den Schmerz verrückt geworden. Nur durch ein starkes Schmerzmittel, das er natürlich gerade nicht bei sich trug, und Dumbledores Hilfe hatte er es durchgestanden.

Vielleicht war die Apparationsgrenze zum Schutz des Schlosses ausgedehnt worden. Aber Dumbledore hätte ihn davon unterrichten müssen. Nun, wie auch immer. Er musste sich beeilen.

Severus rannte am Waldrand entlang, sich weiter vom Schloss entfernend. Immer wieder versuchte er sich auf die Apparation zu konzentrieren, aber je öfter er einen Versuch startete und je länger er den Schmerz auf seinem Arm ertragen musste, desto unwahrscheinlicher fühlte er sich dem Ruf Folge leisten zu können.

Nun war er schon kurz vor Hogsmeade. Hier konnte doch keine Apparationsgrenze mehr sein. Das war völlig unmöglich. Snape keuchte. Sein Arm brannte wie Feuer.
Hatte das Ministerium eine landesweite Apparationsgrenze gesetzt oder auf die Umgebung begrenzt? Das konnte sich Snape nicht wirklich vorstellen. Dafür bräuchte man einen unglaublich starken Zauber. Und weder das Ministerium, Dumbledore oder Voldemort wären dazu in der Lage.

Ob noch andere Deatheater nicht apparieren konnten? Das wäre eine zufriedenstellender Gedanke, auch angesichts des Schmerzes, den er erleiden musste. Ohne Deatheater würde Voldemorts Stärke um einiges sinken. Er war sogar angreifbar. Eine Chance, die das Ministerium nutzen sollte.

Vielleicht war es aber auch nur eine Sperre für ihn. Konnte man eigentlich so einfach die Apparation eines Magiers unterdrücken? Und wenn, wer hatte sie ausgesprochen? Voldemort, Fudges Lakaien oder gar Dumbledore selbst, der ihn vor einem grausamen Tod bewahren wollte? Aber es war dumm nicht bei dem dunklen Lord aufzutauchen. Es war riskant und sein Tod war dadurch schon vorprogrammiert. Er konnte sich jetzt schon auf eine Strafe freuen. Schließlich war er mindestens zehn Minuten zu spät.

Im Grunde fühlte sich Snape gar nicht so schlecht dabei. Er musste nicht vor Voldemort treten, keine Menschen quälen oder gar töten oder anderen dabei zusehen.

Er würde sich nicht schlecht fühlen, wäre besser ausgedrückt, denn der Schmerz in seinem Arm wurde stärker und stärker.

Er hatte nun seinen ganzen Oberkörper ergriffen und seine Beine wollten auch nicht mehr weiter gehorchen. Erschöpft sank er zu Boden. In diesem Zustand war eine Apparation völlig unmöglich.

Der Boden war eiskalt. Vielleicht schon ein wenig gefroren. Er fühlte die Kälte, aber er war nicht mehr in der Lage sie als unangenehm zu empfinden. Beinahe belächelnd dachte er an den Cruciatusfluch. In diesem Moment konnte er die Qualen des Unverzeihlichen und des Fluchs auf seinem Arm nicht gegeneinander abwägen. Doch während der Cruciatus unkontrolliertes Zittern hervorrief, fühlte er sich hier wie gelähmt und je mehr Zeit verstrich, desto weniger konnte er sich bewegen.

Wenn er hier liegen bleiben würde, würde er erfrieren. Aber wie helfen. Ein Aufstehen war kaum möglich. Severus nahm alle seine Kräfte zusammen. Er musste irgendwie ins Schloss zurück. Aber wie... Seine Augen schlossen sich.



Leise Stimmen drangen an sein Ohr.

Severus hob langsam den Kopf. War er tatsächlich auf dem kalten Boden eingeschlafen?
Nein, er hatte nicht wirklich geschlafen. Er hatte dem Wind gelauscht und sich neue Rezepte für Zaubertränke überlegt. Er hatte versucht sich abzulenken.
Aber nun musste er auf sich aufmerksam machen.

Doch auf wen würde er treffen? Deatheater? Das wäre nicht so gut. Auroren? Das wäre in Anbetracht seiner Robe auch nicht so gut.

Zivilpersonen, die ihn in Deatheateraufzug sahen. Das war...
Egal wer ihn fand, es war genauso falsch, wie hier am Boden liegen zu bleiben und zu sterben. Das Resultat seines Lebens, spottete er lautlos.

"Harry, was willst du so nahe am Wald. Wenn nun eines von den Monstern herauskommt."
Die leisen Stimmen begannen verständlich zu werden. Severus konzentrierte sich. Er kannte diese panisch nervöse Stimme.

"Ron, du meine Güte. So schlimm wird es schon nicht werden. Du warst doch schon öfters im Verbotenen Wald."

"Ja und jedes Mal stand ich anschließend kurz vorm Herzinfarkt. Denk doch nur an die... Spinnen!" Die Stimme spuckte das letzte Wort angeekelt raus.

Was sagte Severus vorhin? Egal, wer ihn fand, es war schlecht für ihn. Er hatte sich geirrt. Es konnte sogar noch viel schlimmer sein.

Ronald Weasley, offensichtlich in Begleitung seines allseits beliebten Heldenfreundes Harry Potter. Irgendwer hasste ihn. Ganz klar. Stöhnend biss er in den sauren Apfel und bewegte sich leicht. Er musste sie auf sich aufmerksam machen.

"Ron, wenn wir über den Hauptweg gehen, erwischen die uns doch. Es ist zwar noch nicht spät genug, dass sie uns ernsthaft Probleme machen, wenn wir noch draußen sind, aber Hogsmeade ist, wie du ja weißt, unter der Woche verboten. Stell dir vor, Snape wartet am Eingang auf uns."

Ha, ha, bemerkte die sarkastische Stimme in Severus' Kopf. Hoffentlich bemerkten die zwei ihn. Eine ungewohnte Situation, zugegeben.

"Der würde uns die Köpfe abreißen."

Snape sah sich fast gezwungen, für diese Aussage dem Rotschopf 10 Punkte zu verleihen. Ron Weasley war doch nicht so dumm, wie er sich immer zeigte.

"Musstest du auch sofort nach Hogsmeade? Wenn wir Samstag gegangen wären, hätte es keine Probleme gegeben." Ron meckerte immer noch in seiner nervigen Stimme.

"Woher sollte ich wissen, dass der Erdrutsch den Geheimgang verschüttet?"

Geheimgang. So so. Interessant. Vielleicht hatte das Herumliegen auf eisigem Boden doch noch einiges Gutes bewirkt. Und gerade Harry Potter rannte ungeschützt zwischen Hogsmeade und Hogwarts hin und her. Nachlässiges Kind. Eigentlich sollte er mittlerweile alt genug sein um seine eigene Lage zu begreifen, aber was sollte man schon von einem Gryffindor erwarten.
Severus seufzte genervt.

"Harry?"

"Was?"

"Hast du das gehört?"

"Da ist nichts, Ron. Warum bist du so ein Angsthase?"

Severus verdrehte die Augen. "...weil der Gryffindormut vergleichbar mit Dummheit ist und nichts mit Courage an sich gemein hat!" kommentierte er leise.

"Ich bin mir ganz sicher etwas gehört zu haben."

"Vielleicht war es ein Kaninchen oder ein Vogel oder sonst etwas."

"Ich will ja nur vorsichtig sein."

Severus streckte den Arm aus und zog sich an einem Baum entlang nach vorne.

"Weasley, Potter...", krächzte seine Stimme. Warum konnte er nicht lauter rufen?

"Jetzt hab ich auch was gehört", stimmte nun Harry ein.

"Helft mir", flüsterte Severus müde. Oh, wie war ihm das peinlich so etwas zu sagen!! Aber lange würde er die Kälte nicht mehr ertragen. Sein Arm schmerzte noch immer schrecklich. Aber er war im Vergleich zuvor wesentlich weniger geworden. Noch vor ein paar Minuten konnte er nicht einen klaren Gedanken fassen. Der dunkle Lord hatte seinen Ruf beendet, aber die Nachwirkungen seines Nichterscheinens waren fürchterlich. Abgesehen von dem, was Voldemort ihm beim nächsten Treffen antun würde.

"Harry, halt mich nicht wieder für einen Paranoiker. Das war eine Stimme. Und sie klang menschlich."

"Du wirst es nicht glauben. Ich bin der gleichen Ansicht. Dort vorne muss es sein, hinter dem Busch."

Ein Gutes hatte das ganze Jahr. Potter und Weasley wussten von seiner Spionagetätigkeit und würden sich angesichts seiner Aufmachung nicht die Mühe machen, das Ministerium zu benachrichtigen, sondern Dumbledore aufsuchen. So hoffte er zumindest.

"Hallo?" Harry strich den Busch zur Seite. Severus versuchte erneut den Kopf zu heben um ihn anzublicken.

"Harry, das ist ein Deatheater", flüsterte Ron ängstlich neben ihm.

"Wie recht Sie haben, Mr. Weasley." Es kostete Severus Mühe seine Stimme mehr als nur als ein Wispern erscheinen zu lassen.

"Woher kennen Sie...?"

"Professor!" Harry war mit einem Satz neben ihm, während Ron noch immer über den Mann rätselte.

"Helfen Sie mir nach Hogwarts. Dann sehe ich von Strafarbeiten ab", flüsterte er wieder schwach. Nun kam auch Leben in den jungen Weasley, der Harry half Snape auf die Beine zu stellen. Mit den Schülern als Stütze schaffte er es zu gehen.

"Was ist passiert, Professor?"

"Das bespreche ich mit dem Direktor."

"Kommen Sie gerade von... ihm!" Ron sah Snape ängstlich an.

"Ich rate Ihnen, sich da raus zu halten, Mr. Weasley. Es ist besser für Sie, wenn ich keine Fragen beantworte."

"Wir wissen ohnehin zuviel, Professor Snape. Auch wenn Ron sich raushalten würde, wäre er auf der Abschussliste. Er ist mein bester Freund."

Harry klang ziemlich gelassen. Überraschend gelassen, wie Snape zugeben musste.

"Schön, dass du mir das so sagst, Harry. Jetzt geht es mir gleich besser." Ron dagegen nicht.

"Und deswegen verlassen Sie den Schutz Hogwarts? Sie sind wahrlich dumm, Mr. Potter!"

"Ich lasse mir von Voldemort nicht das Leben vermiesen."

Darauf hatte der Slytherin keine Antwort. Leichtsinn konnte er nicht heilen. Leben vermiesen... pff... Gerade er sollte sehen, wie ernst seine Lage ist. Voldemort vermiest keine Leben. Er zerstört sie. Er hatte seine Eltern, die Potters, ausgelöscht und jagt jene, die sich für den Jungen einsetzten. Ständig starben Muggel und muggelgeborene Zauberer aus Spaß an seiner Freude. Auch Snapes Leben wurde durch Voldemort zerstört. Obwohl er noch am Leben war, hatte er doch kaum Hoffnung darauf jemals glücklich zu werden. Nun, einfach hatte er es sich nie gemacht, aber wer wusste schon was die Zukunft für ihn gebracht hätte, wenn er damals nicht auf dieses Treffen gegangen wäre. Vielleicht wäre er sogar verheiratet oder gar Vater. Er hasste sich selbst für seine Neugierde.
Und nun sagte Harry, dass er sich nicht das Leben vermiesen ließ.

Wie unglaublich naiv.

-to be continued-


 


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