Muggel

 

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Kapitel 8

 


Severus ignorierte Albus und starrte weiter auf seine Hand.
Harry besah sich Snapes Zauberstab näher.

"Nun, er mag mich nicht, aber Sie scheint er noch weniger zu mögen", kommentierte er lässig. Wieder eine Veränderung. Hatte Snape das nicht bemerkt, oder war Harry Potter wirklich so sorglos lässig, als würde ihn die Macht Voldemorts gar nicht mehr schocken können? Wahrscheinlich war er deswegen so unvorsichtig. Er hatte sich daran gewöhnt, ständig mit einer Morddrohung zu leben. Eine andere Form abgebrüht gegen die dunklen Mächte zu werden.

Mehr als einen giftigen Blick hatte er für den Jungen nicht übrig.

"Versuche es mit einem ganz leichten Spruch!" redete Dumbledore behutsam auf ihn ein.

"Wingardium Leviosa." Snape deutete auf eine Kerze auf seinem Tisch. Nichts geschah.

"Lumos!" Kein Licht erschien an der Spitze des Zauberstabes.

"Incendio!" Der Kamin blieb dunkel. Kein Feuer entstand.

"Orchideus!" Nicht mal ein winzigkleiner Blumenstrauß brachte sein Zauberstab hervor.

"Sie können nicht mehr zaubern, Professor!" fasste Harry das Drama ziemlich locker zusammen. Wenn er schon kein Mitleid für ihn zeigte, könnte er doch zumindest belustigt sein. Er musste sich doch über den Zustand seines verhassten Lehrers freuen.

"Sie sind ein Muggel!" rief Ron aus.

Severus drehte sich blitzschnell zu dem Rotschopf um und zielte mit seinen Stab auf ihn.
"Crucio!" knirschte er wütend.

Ron zuckte entsetzt zusammen und wäre beinahe nach hinten über den Tisch gepurzelt. Natürlich passierte wieder nichts.
Pfff.... Muggel. Das war die allerletzte Bezeichnung, die auf einen Hauslehrer von Slytherin zutraf.

"Schade!" murmelte er enttäuscht. Das hätte er dem Rotschopf gegönnt, wenn er noch die Unverzeihlichen würde sprechen können.

"Severus!" Dumbledore warf ihm einen kurzen missbilligenden Blick zu, als sich sein Gesicht auch wieder in das Besorgte verwandelte, das er seit einigen Minuten für ihn übrig hatte.

Endlich setzte sich Snape hin. Er war verwirrt. Wieso sollte er plötzlich kein Zauberer sein? Wer spielte hier ein Spiel mit ihm? Vielleicht waren seinen Zauberkräfte gehemmt worden? Oder durch irgendetwas ausgeschaltet. Severus konnte gar keinen klaren Gedanken fassen. Was würde jetzt aus ihm werden? Aus seinem Beruf. Er würde die Kinder nicht mehr unterrichten können. Er konnte sie nicht mehr schützen. Seine Spionagetätigkeit bei Voldemort fiel auch flach. Was konnte er dann noch tun? Filchs Assistent? Hogwarts aufräumen und in die Geheimnisse des Kwikzauberns eingewiesen werden? Sein Leben war jetzt schon ein Desaster, wie sollte es in Zukunft werden? Severus mochte gar nicht wissen, wie es weitergehen sollte. Konnte er ohne Magie leben? Wollte er das überhaupt?

Er spürte wie sich verzweifelt sein Herzschlag und sein Atem beschleunigte. Seine gehetzten Augen blickten zu Albus Dumbledore, der sich einen Stuhl nahm und sich neben ihn setzte.

"Albus!" flüsterte er heiser.

"Keine Sorge, Junge! Das kriegen wir wieder hin."

"Aber...!"

"Shh. Ich bin mir sicher, es ist nur vorrübergehend."

Harry setzte sich ebenfalls. Er hatte wohl entschieden, dass es ihn weiter etwas anging. Snape war zu geschockt, ihn rauszuschmeißen.

"Können Sie zurückverfolgen, wann es angefangen hat?" fragte er neugierig. Snape dachte ernsthaft darüber nach.

Der Junge hatte recht, wenn er herausfand was geschehen war, konnten sie diesen erbärmlichen Zustand, in dem er sich befand, schnellstens beseitigen.

"Wann hat der letzte Zauber funktioniert? Woran erinnerst du dich?" begann nun auch Dumbledore ihn zu fragen.

"Ich habe versucht eine Explosion eines Kessels zu verhindern, aber ich war zu langsam", erinnerte sich Severus leise.

"Oder es funktionierte nicht."

"Möglich! Beim Frühstück wurde mir der Kaffee kalt und ich hab ihn heiß gezaubert. Allerdings wurde ich dann wieder von Professor Flitwick abgelenkt und er wurde wieder kalt."

"Oder war nie heiß gewesen."

"Davor... ich weiß nicht... Ich habe am Wochenende nicht gezaubert. Und Montag hatte ich keine schwierigen Tränke im Unterricht durchgenommen. Es war nicht nötig..."

Plötzlich klopfte es an der Tür und Madam Pomfrey trat herein. Sie trug eine große Flasche in der Hand.

"Oh, entschuldigen Sie bitte wenn ich störe. Severus, irgendetwas stimmt nicht mit dem Heiltrank, den du mir Montag gegeben hast. Er hat überhaupt keine Wirkung. Vielleicht könntest du..."

Severus seufzte.

"Wird bei der Herstellung Magie verwendet?" fragte Dumbledore nach.

"Am Ende wird der Trank noch aktiviert. Das hat wohl nicht funktioniert." Severus stand auf und ging in den Nebenraum. Schließlich kam er mit einem Pergament zurück.

"Du kannst den Zauber selbst sprechen, Poppy. Der Trank ist an sich in Ordnung."

"Was ist geschehen?" fragte sie verwundert nach.

"Professor Snape ist ein Muggel", wiederholte Ron seinen unglückseligen Satz, der ihm fast wieder einen unverzeihlichen Fluch auf den Hals hetzte.

Madam Pomfrey schaute Snape ungläubig an. "Bitte was?"

"Durch irgendetwas wurde seine Zauberkraft blockiert. Wir versuchen gerade herauszufinden, was dies gewesen sein könnte."

"Das ist ja furchtbar." Sie sah ihn mitleidig an. Poppy kannte Severus ebenso lange und ebenso gut wie Dumbledore. Er war neben Potter und Anhang einer ihrer häufigsten Besucher zu seiner Schulzeit gewesen. Außerdem hatte sie seine Spionagetätigkeit für Dumbledore in vollem Umfang mitbekommen. Auch wenn sie in die Wiederaufnahme nicht eingeweiht war. Sie strich ihm langsam über den Kopf. Er war nicht mal mehr in der Lage ihr einen wütenden Blick dafür zuzuwerfen.

"Wenn ich helfen kann, dann gebt mir bitte Bescheid. Severus, deine jährliche Untersuchung wird ohnehin fällig! Vielleicht ist es ein medizinisches Problem?"

Dumbledore nickte ihr zu. "Wir kommen nachher zu dir!"

"In Ordnung." Damit verschwand die Krankenschwester wieder.

"Montag also", wiederholte Harry, in Erinnerung an die Heiltränke.

"Am Montag habe ich nichts Besonderes gemacht", überlegte sich Snape verzweifelt.
Dumbledore holte seinen eigenen Zauberstab heraus und ließ ihn über Snapes Körper wandern.

"Einen fremden Zauber kann ich nicht entdecken. Kann es ein Gift gewesen sein? Irgendwelche Kessel explodiert."

"Freitag war es Mr. Goyle, und heute Mr. Draff. Aber keine der Substanzen könnte so etwas ausgelöst haben. Oder es war..." Die Kopfschmerzen. Sollte es tatsächlich daher rühren?

"Sie sind Freitag bewusstlos geworden. Wir dachten, es käme von Goyles Kessel", mischte sich wieder Ron ein.

"Nein, das hatte nichts mit Mr. Goyles Trank zu tun. An dem Tag hatte ich starke Kopfschmerzen. Ich dachte, es wären Nachwirkungen des Cruciatus von Donnerstag Nacht", murmelte Severus nachdenklich.

"Das waren sie wohl wirklich. Dein Körper hat sich gewehrt. Vielleicht hat dies auch deine Zauberkraft blockiert. Ich würde sagen, dass wir dies als wahrscheinlichste Lösung des Problems ansehen dürfen."

Severus stimmte ihm zu. "Aber wenn wir es nicht rückgängig..."

"Keine Panik, Junge. Ich bin sicher, dass du bald wieder zaubern kannst. Es ist bestimmt nur kurzfristig."

"Und wenn nicht." Von wegen keine Panik. Severus war schon mitten drin. Er zitterte, jedoch wollte er von den beiden Schülern, die immer noch neugierig in seinen Privaträumen saßen, nicht die Nerven verlieren. Warum waren die eigentlich noch da?

"Sie haben den Cruciatus abbekommen?" fragte Ron Weasley entsetzt. Severus lächelte resignierend. Wann hatte ihn der Fluch das letzte Mal so erschreckt? Musste eine Ewigkeit her sein.

"Voldemort straft seine Anhänger wahrscheinlich mehr als seine Opfer", kommentierte er die großen Augen des Jungen. So etwas passte wohl nicht in seine heile Gryffindorwelt mit Mama, Papa, Großfamilie.

"Das kann gut möglich sein. Severus, die Auswirkungen des Fluchs wurden nicht auf längere Zeit untersucht. Die Opfer Voldemorts werden entweder nur eins-zwei Mal verflucht, oder so lange gequält, bis sie den Verstand verlieren oder sterben. Es gibt keine Fälle, die dokumentieren, was mit einem Körper passiert, der jahrelang ständig verflucht wurde. Du bist mittlerweile so dagegen abgehärtet, dass du ihn länger aushältst, ohne den Verstand zu verlieren, aber die Langzeitfolgen sind uns unbekannt."

Rons Augen wurden noch größer. Auch Harry war seine Lässigkeit aus dem Gesicht gefallen, allerdings machte er sich nicht die Mühe dumm nachzufragen. Vielleicht sollte er ihm dafür dankbar sein.

Plötzlich kam ihm eine sarkastisch schaurige Idee.

"Albus, das eröffnet uns ganz neue Möglichkeiten. Voldemort zerstört seine eigene Armee, in dem er sie zu Squibs macht", schmunzelte er nahezu verzweifelt. "Hurra, die Zaubererwelt ist gerettet."

Dumbledore fasste ihn beruhigend an der Schulter. Snape schüttelte ihn ab. Er konnte jetzt keine tröstenden Berührungen ertragen. Oder doch? Er wusste es nicht. Er wollte gar nichts mehr wissen. Es war alles so sinnlos.

"Was ist jetzt eigentlich mit Voldemort?" fragte Harry nach. "Er wird bestimmt nicht erfreut sein, dass Sie nicht mehr an seine Seite apparieren können."

"Wir werden erst sehen, ob der Magieverlust nur vorrübergehend ist. Dann können wir immer noch überlegen. Aber ich denke, es wäre das Beste mit offenen Karten zu spielen. Voldemort muss einsehen, dass Severus nicht mehr in der Lage ist für ihn so zu arbeiten wie er es gewohnt war. Das würde ihm am wenigsten Probleme einbringen. Allerdings braucht er sein Wissen zum Brauen von Zaubertränken. Ich bitte dich, das Gelände in der nächsten Zeit nicht zu verlassen. Ich will nicht, dass dich seine Anhänger entführen."

"Ja, Direktor."

Severus war wieder in seinem Sessel zusammengesunken und starrte düster vor sich hin.

"Ich bringe dich jetzt erst einmal zu Poppy. Es ist wohl eindeutig ein medizinisches Problem." Dumbledore fasste seinen Arm und zog ihn nach oben.

"Mr. Potter, Mr. Weasley, Sie kehren nun in Ihren Gemeinschaftsraum zurück. Ich möchte Sie zunächst bitten, niemandem von dem Vorfall erzählen. Haben Sie mich verstanden?"

Harry nickte und Ron sah fragend auf. "Nicht mal Hermione?"

Severus schüttelte entnervt den Kopf. "Oh, natürlich, Miss Granger, darf es erfahren. So wie alle Gryffindor. Die sind natürlich ausgenommen. Wir wollen doch ausschließen, dass morgen auch nur ein Schüler auf dem Schloss noch nicht Bescheid weiß. Wie unverantwortlich! Sie könnten gar keine Jubelparty schmeißen!"

"Entschuldigung." Ron senkte wieder den Kopf.

"Ich denke das heißt, auch nicht zu Hermione", fasste Harry mit seiner Besserwissermiene zusammen.

"Verschwinden Sie jetzt endlich aus meinen Räumen!" zischte Snape, endlich seine alte Miene wiedergewinnend.

Und tatsächlich wirkte es. Mit einer geringen Genugtuung, die ihm jetzt noch geblieben war, beobachtete er wie die beiden endlich seine Räume verließen. Ihm war noch immer nicht klar, warum er ihnen gestattet hatte, so weit in seine privaten Angelegenheiten zu dringen. Nun gut, sie hatten ihm das Leben gerettet. Aber er hatte es schon vermieden Harrys Vater dafür Dankbarkeit zu zeigen. Dann würde er den Fehler auch nicht bei seinem Sohn machen.


-to be continued-



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