Reinheit des Blutes

 

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Kapitel 18: Reaktionen



„Severus kannst du mir bitte erklären, warum du diese Entscheidung getroffen hast?“

Die hochgewachsene Frau trat an ihren Sohn heran und legte ihm liebevoll die Hand auf die Schulter. Er schenkte sich schweigend Rotwein nach und schlug die langen Beine übereinander. Langsam wurde sie ungeduldig.

Doch erst als sie sich ihm gegenüber setzte, sah er sie an. Müde und ausgelaugt wirkte er und sie spürte Sorge in sich aufwallen.

„Es bringt uns nur Vorteile.“

Selbst seine Stimme klang matter als sonst. Er bereute seinen Entschluss bereits, doch nun war es zu spät. Sein Wort würde er nicht brechen.

„Warum?“

„Du erhältst die Schwiegertochter, die du immer wolltest. Wir erhalten eine nicht unerhebliche Summe Gold...“

„Wir sind selbst reich genug!“

Er seufzte auf und warf ihr einen entnervten Blick zu. Doch letztlich war er es, der sein Haupt abwand.

„Mag sein. Doch unsere Familie wird weiterbestehen, und wenn die alte Lady Xanthreos stirbt, werden unsere zwei Familien eins werden.“

Seine Mutter japste überrascht auf. Noch nie gab es eine solche Verbindung! Sie würden zum stärksten Clan werden, und alleine die Macht in sich vereinen.

„Dennoch.. Es muss noch mehr geben?!“

Severus bewunderte ihren Scharfsinn, obwohl sie schon weit über siebzig Jahre alt war. Amüsiert lächelnd legte er seine Hände zusammen und warf ihr einen langen Blick zu.

„Jeder Besitz, jede Huldigung, jedes Privileg wird nach der Heirat und dem Ableben der Großmutter auf uns übergehen. Der Clan Snape erhält die komplette Vollmacht über die Xanthreos!“

„Aber dies wurde seit Generationen immer nur den weiblichen Nachkommen derer von Xanthreos zuteil. Niemals würden sie eine solche Verbindung, eine solche Abhängigkeit dulden?“

Jetzt lachte er auf. Doch es klang nicht wirklich glücklich, eine beängstigende Bitterkeit hatte sich eingeschlichen. „Sie haben verzichtet. Und so habe ich der Verbindung zugestimmt.“

„Aber warum heiratest du die Enkelin? Warum nicht die Tochter?“

„Sie ist vertrocknet - unfruchtbar. Ihre Tochter ist die einzige Möglichkeit, den Namen weiterzugeben.“

„Trotzdem. Irgendetwas verheimlichst du mir doch.“

„Die Lady wollte ihre Enkelin, ungeachtet der drohenden Gefahr, nur in Liebe verheiraten. Ich schlug Selene vor einiger Zeit den Handel vor, doch sie lehnte ab. Aber der Druck wird langsam immer größer. Nachdem ich eine Absprache mit Amalys getroffen habe, stimmte schließlich auch Selene zu. Und nun spielen wir Scharade, die Lady darf unter keinen Umständen davon erfahren.“

„Das ist absolut unehrenhaft!“

„Du irrst dich! Alles ist perfekt. Wir bekommen alles: Geld, Ansehen, Macht. Die Schwiegertochter, die du dir wünschtest, die Enkel für den Fortbestand. Es ist nichts unehrenhaftes daran.“

„Und du? Was hast du davon?“

„Ich? Ich erhalte die Mutter für mein Bett und die Tochter als Braut. Meine Rache ist endlich vollkommen - und ich muss nichts dafür tun. Lediglich einen Erben zeugen. Mehr nicht! Keine Verpflichtungen, keine Einschränkungen und keine Einmischungen. Es ist perfekt!“

Jetzt war sie sich sicher. Er schuf sich seine eigene Hölle. Wieder hatte Selene ihm den Kopf verdreht. Sie war damit nicht einverstanden.

„Es ist falsch.“

„Wen kümmert das?“

„Was sagt die junge Braut dazu? Wie alt war sie noch gleich?“

„Achtzehn. Und sie hatte keine große Wahl. Sie liebt ihre Großmutter zu sehr, um sie zu enttäuschen. Zudem reden wir hier über ein zeitlich begrenztes Arrangement. Sobald sie mir zwei Kinder geboren hat, werde ich die Scheidung einreichen.“

„Mein Gott, Severus! Sie ist kaum älter als deine Schülerinnen und du redest über sie, als hätte sie keinen eigenen Willen!“

„Sie hat sich nur zu fügen. Und ich gedenke ja nicht, ihr in den nächsten Jahren beizuliegen. Ihre Mutter wird mich voll und ganz beschäftigen.“

„Warum tust du der Kleinen das an? Was hat sie dir getan?“

Er wirkte traurig, fast mitleidig. Doch seine Züge verhärteten sich sogleich wieder und seine Stimme klang gleichgültig. „Ich habe nichts gegen sie. Wie könnte ich auch? Sie ist nur ein Kind. Ein wirklich nichtssagendes, kleines Ding. Keine Macht, keine Anziehung.“

„Aber warum dann das alles?“

„Weil ich Selene will! Ich will sie am Boden sehen!“

„Und deshalb wurde die Kleine verkauft.“

„Mein Gott, Mutter. Was kümmert dich dieses Gör? Wenn ich sie nicht heiraten würde, wäre sie letztlich Malfoys Geliebte geworden. Sie hat es noch gut getroffen. Ich werde sie nach ein paar Jahren freigeben und sie kann sich ihr Leben frei gestalten. Sie hat noch Glück.“

„Lucius Malfoy?“

„Ja.“

Ihre Augen funkelten vor Abscheu und Zorn. Ihre Stimme bebte vor Entrüstung. „Dieser verdammte Kinderschänder! Man hätte diesen Verrückten nach dem Fall Voldemorts längst töten sollen!“

„Das hätte man. Aber er ist potent. Drei Kinder, davon zwei Söhne. Genetisch absolut perfekt und reinblütig!“

„Dennoch! Er ist eine Schande!“

„...“

„Wann wirst du sie heiraten?“

„In zwei Monaten.“

„Schon so bald?“

„Wenn herauskommt, dass sie nicht nur ein Schlammblut, sondern auch noch nichtmagisch ist, wird sie keinen Pfifferling mehr wert sein!“

„Nichtmagisch?“

„Nein! Nur deshalb drängt die Zeit so sehr.“

„Was wird nach der Hochzeit mit ihr geschehen?“

„Keine Ahnung. Vielleicht schicke ich sie zum Studieren nach London. Oder ich sperre sie hier irgendwo weg.“

„Severus!“

„Ein Scherz. Nur ein Scherz.“

Er stand auf und wand sich zu gehen. Sehr leise erklang noch einmal die Stimme seiner Mutter: „Ist sie kein bisschen schön? Kannst du sie nicht ein wenig gern haben?“

Er zögerte ein wenig zu antworten, und es fiel ihm mehr als schwer, ehrlich zu sein. „Ihre Augen sind bemerkenswert. Sie könnte einmal sehr schön werden. Vielleicht. Ich sehe in ihr die Tochter, die ich hätte haben sollen...“

„Wirst du sie anständig behandeln? Wirst du sie vielleicht irgendwann einmal lieben können?“

Er seufzte auf und seine Schultern zuckten unbehaglich. Ihre Fragen trafen einen empfindsamen Nerv in ihm.

„Sie ist ein Kind... ich werde ihr nichts tun. Und Liebe? Liebe wird überbewertet.“

„Sev?“

„Ja, Mutter?“

„Vertraue Selene nicht. Und mache Amalys nicht für ihre Fehler verantwortlich.“

„Ich vertraue niemanden.“

Damit war das Gespräch für ihn beendet und er zog sich in seine Privatgemächer zurück. Seine Mutter saß noch lange am Kamin und ihr fröstelte bei dem Gedanken daran, was die unterdrückten Emotionen in ihm anrichten würden.


Kapitel 17

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