Reinheit des Blutes

 

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Kapitel 9: Enttäuschungen und Hoffnung



Mutter kehrte zurück und schloss sich gleich in ihr Zimmer ein. Sie hatte meine Fragen ignoriert und ich spürte, dass irgendetwas gründlich schief gegangen war. Obwohl ich mich mit Oma lange über das für und wieder eines Besuches bei Severus Snape unterhalten hatte, hatte Selene letztlich ihren eigenen Kopf durchgesetzt. Wie immer.

Es war früher Abend, als Ron mich besuchen kam. Ich hatte mich schon sehr auf ihn gefreut. Und nachdem ich ihn über den Besuch seines Bruders genaustens informiert hatte, meinte er nur eines.

"Wieder mal typisch!"

"Du hättest mal Mom´s Gesicht sehen sollen! Sie hätte ihn fast erwürgt."

"Die Rettungsaktion für Hauselfen ging damals von Hermine aus. Als wir noch Schüler in Hogwarts waren. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, alle Elfen aus ihrer Sklaverei zu befreien..."

Er grinste und ich legte nur den Kopf schief.

"Empfinden sie es so?"

Verdutzt sah er mich an und schüttelte schließlich heftig den Kopf. "Bitte du nicht auch noch!"

"Schon gut, es war nur eine Frage."

Er zerwühlte mir lachend das Haar und erzählte mir begeistert von seinem letzten Treffen mit seiner Freundin.
"Hermine ist unglaublich klug... ihre kleine Nase steckt immer in Büchern. Manchmal kann ich es gar nicht glauben, dass sie wirklich mich liebt. Sie hätte jeden haben können. Sogar Victor Krumm! Ich hatte nie zu hoffen gewagt, dass sie meine Gefühle erwidern könnte."

Ron war überglücklich, man spürte es in jedem Wort, in jeder Geste. Er hatte seine Seelengefährtin gefunden. Ich beneidete ihn um seine Freiheit, um die Möglichkeit selbst wählen zu können. Und ich freute mich für die Beiden, auch wenn ich die geheimnisvolle junge Frau gerne endlich kennen lernen würde.

"Wie sieht sie aus? Beschreib doch mal!"

Wieder lächelte er selig und seine Stimme klang unendlich zärtlich. "Sie hat wunderschöne kastanienfarbene Locken und die wärmsten braunen Augen, die du dir vorstellen kannst! Auf ihrer Nase sind viele kleine Sommersprossen - total süß! Und sie ist weich und warm... und wenn sie lacht, dann ist es als würde die Sonne aufgehen. Sie riecht unglaublich gut und ist immer nett, aber sie kann auch sehr giftig werden. Aber nicht zu mir. Nicht mehr, Gott sei dank..."

Selbst wenn ich es gewollt hätte, diese Liebeserklärung an sie hätte ich nicht mehr stoppen können. Wie schön musste es sein, so sehr geliebt zu werden? Er strahlte vor Begeisterung und beschrieb sie völlig selbstvergessen. Ron war mir ein guter Freund geworden, dennoch bedauerte ich ein wenig, dass er niemals so von mir sprechen würde. Oder eigentlich bedauerte ich, dass niemand jemals so von mir bewegt sein würde... es machte mich nachdenklich - und traurig.

"... aber sie mag Quidditch nicht."

"Quidditch?"

Sein überraschter Blick traf mich und er wirkte entsetzt. "Du weißt nicht was Quidditch ist?"

"Nein, woher denn auch?"

Es folgten lange Erklärungen und gestenreiche Informationen über die aufsehenerregenden Spiele der letzten Jahre. Ron steigerte sich richtig in das Thema und ließ mir keinen Moment zum Luft holen. Er beschrieb mir den Schnatz und die genauen Spielabläufe, was wer wann wo tun musste. Und irgendwann konnte ich ihm nicht mehr folgen. Aber das machte nichts, es war einfach schön, dass er da war.

Ich ließ ihn nie gerne gehen, blieb ich doch dann in diesen Mauern zurück, alleine. Denn obgleich mich Oma sehr liebte, hatte sie nicht allzu oft wirklich Zeit für mich. Und Selene? Ich glaube wirklich, sie hasst mich. Ein deutliches Zeichen für ihre Schande - mehr bin ich wohl nie für sie gewesen.

Ich war hier gefangen, unfähig mehr zu tun, als jeden Tag an mir vorüber ziehen zu lassen.
Es war zu gefährlich nach draußen zu gehen. Jemand könnte entdecken, was mit mir nicht stimmte. Ich könnte mich verletzten, oder verloren gehen. Schließlich war ich ja nur ein Muggel! Ich begann dieses Wort zu hassen. Als würde man mir einen Stempel aufdrücken, der mit einem einzigen Druck meinen Wert bestimmt. Manchmal wünschte ich mich zurück in meine heile Welt. Ohne Magie, die ich nie verstehen oder beherrschen würde. Ohne die Verantwortung für den Erhalt der Familie, einfach wieder unwissend, aber glücklich sein.

Obwohl sie sich alle Mühe gaben, mich hier einzuleben, fühlte ich mich meist fremd. All die Dinge, die sie tun konnten, alles was sie erreichen konnten - ich würde es niemals so weit bringen. Lächerlich in meiner Fehlbarkeit.

***



Beim Abendessen saßen wir alle beisammen. Aßen ohne auf den Geschmack zu achten und schwiegen uns an. Ich erwartete insgeheim, dass Selene endlich von ihrem Treffen mit Professor Snape berichten würde, doch sie tat es nicht. Hin und wieder warf ich Grandma einen unsicheren Blick zu und entdeckte ihre eigene Neugier.

"Selene, Liebes, wie war dein Treffen mit Severus?"

Mein Kopf ruckte hoch und ich sah in das hochrote Gesicht meiner Mutter. Endlich! Ich hätte mich nie getraut zu fragen.

"Es war... man kennt ihn ja... nicht so einfach."

Sie stammelte! Noch nie hatte ich sie so verlegen erlebt. Was war geschehen?

"Hat er zugestimmt?"

Oma bohrte weiter, relativ unvorsichtig meiner Meinung nach. Mom würde sicher bald wieder wütend werden.
Sie schüttelte den Kopf und warf mir einen ihrer enttäuschten Blicke zu. Konnte es wirklich nach all den Jahren noch immer weh tun? Es fühlte sich an, als wäre ich wieder neun und hätte diesen verdammten Stock in der Hand. Und nichts, aber auch gar nichts war geschehen. Genauso sah sie mich nun an, und ich ertrug es fast nicht.

"Nein", sie flüsterte nur," er wird uns nicht helfen. Ich habe seinen Hass auf mich unterschätzt."

Was nun? War damit schon alles vorbei? Würde unserer Familie untergehen? "Was machen wir nun Ma?" Meine Stimme zitterte, ich fürchtete ihre Antwort. Und ich sollte recht behalten, sie wurde wieder wütend.

"Wir? Was kannst du schon tun? Du bist nutzlos! Völlig nutzlos!"

Grandma ging dazwischen, bevor sie wirklich gemein werden konnte. "Selene! Wir werden eine andere Möglichkeit finden!"

"Es gibt keine! Verstehe doch endlich, er war unsere letzte Chance!"

Wieder schrieen sich die beiden Frauen an und ich fragte mich, ob uns diese Temperamentsausbrüche in den Genen lagen und wenn ja, ob ich auch davon verschont blieb?

"Dann werde eben ich mit ihm reden!"

Überrascht sah ich Oma an. Hatte sie wirklich vor, auch um seine Aufmerksamkeit zu betteln? Wie tief werden wir noch sinken müssen?

"Ach, glaubst du mehr Erfolg als ich haben zu können? Ich habe ihm alles geboten!"

"Aber du hast sicher nicht einfach nur gefragt!"

"Als würde das so einfach sein..."

"Manchmal kann es so einfach sein."

Selene wand sich ab und verschwand in die Bibliothek. Sicher würde sie in einer Stunde betrunken sein und wieder sehr ungehalten. Früher hatte sie nie getrunken, war immer nüchtern gewesen. Wir hätten einfach in der Muggelwelt bleiben sollen! Hier würde keiner von uns sein Glück finden, das war mir bereits klar.

"Amalys?"

"Ja, Oma?"

"Ich werde ihm einen Brief schreiben. Holst du bitte eine der Eulen aus dem Turm?"

Sie klang unsicher, als würde sie selbst nicht an ihre Worte glauben. Aber wer war ich schon, dass ich ihr widersprach? Ich ging und holte die kleine Sweet. Meine Zwergeule, das einzige Zugeständnis, das man mir gemacht hatte. Ich hatte, bevor ich Ron kennen lernte, ihre Dienste nie in Anspruch genommen. Und nun flog sie fast jeden zweiten Tag für mich. Sie würde ihren Auftrag zu unserer Zufriedenheit erledigen, das war klar.

Es war fast Mitternacht als ich hörte, wie Oma sie auf die Reise schickte. Ich kuschelte mich tiefer in meine Decke und versuchte von meinem früheren Leben zu träumen.

Am nächsten Tag erfuhr ich, dass er zugesagt hatte, uns besuchen zu kommen.

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