Reinheit des Blutes

 

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Kapitel 10: Treffen mit Severus Snape



Heute würde ich ihn also kennen lernen: Severus Snape - ehemaliger Deatheater, Spion für die Guten und Lehrer für Zaubertränke an der ehrwürdigen Hogwarts Schule für Zauberei.

Obwohl Ron und meine Großmutter mir schon einiges über ihn erzählt hatten, war ich dennoch neugierig. Ich stellte ihn mir als einen kleinen, etwas rundlichen Mann vor, schüttern das Haar und grausamen Augen. Zugleich jedoch empfindsam und brillant. Romantisch! Schließlich hatte er Mutter einen herrlichen Heiratsantrag gemacht und sie wirklich sehr geliebt...

Selene saß mit leerem Blick vor dem Kamin und trank bereits das vierte Glas Brandy. Grandma fummelte an den Deckchen und Gardinen herum. Alles sollte perfekt sein.

Man hatte mir eingeimpft, freundlich und leise zu sein... nur zu sprechen, wenn er mich direkt fragte, ansonsten sollte ich lächeln und nicht herumzappeln. Das nervte mich schon, aber ich musste ja einen guten Eindruck machen. Schließlich saß er an der Quelle zu jungen möglichen Ehemännern von reinem Blut.

Ma und Oma hatten ihre Ansprüche schon soweit herunter geschraubt, dass er nun auch bis zu zehn Jahre älter, oder bis zu zwei Jahre jünger als ich sein durfte, zudem reichten vier Generationen reinen Blutes. Eigentlich eine Beleidigung, wenn man bedachte, dass es zuvor mindestens zwölf Generationen hatten sein müssen.

Aber aufregen nützte nichts. Egal was ich auch dazu hätte sagen können, es würde dennoch nichts ändern. Meine Stimme zählte hier nicht.

"Was, bei Merlins Barte, hast du da an?"

Auf einmal nahm Mutter wieder Notiz von mir. Sie war zwar schon ziemlich beschwipst, aber nicht weniger leicht reizbar.
Ich verzog leicht mein Gesicht und sah an mir herab. Ausgebleichte Jeans, der rote Pullover von Ron mit dem goldenen Löwen darauf und schwarze Socken. "Warum?"

"Schon schlimm genug, dass du das daheim anziehst, aber wenn ER kommt...!"

"Ok, ich gehe mich umziehen."

Lieber gleich nachgeben, als wieder eine Grundsatzdiskussion zu riskieren. Selene war noch reizbarer geworden, seit er uns besuchen kommen wollte.

Mein Kleiderschrank war voller Shirts und Pullis, Jeans und Shorts. Und natürlich die schrecklichen Abendkleider! Klasse, wirklich klasse! Was sollte ich anziehen? Ich riß die Tür meines Zimmers auf und beugte mich weit über das Geländer, brüllte ins Erdgeschoss.

"Was soll ich anziehen?"

Drei Augenpaare richteten sich auf mich. Zwei mal blau und einmal... schwarz? Konnten das wirklich schwarze Augen sein?

Während Ma mich sauer ansah und Oma etwas peinlich berührt, strahlte dieser Mann eisige Arroganz aus.

"Komm sofort runter Amalys und begrüße unseren Gast!"

Als hätte sie mich nicht gerade noch nach oben geschickt, um mich umzuziehen! Typisch Selene.

Sein leerer Blick verfolgte mich, als ich zu ihnen nach unten ging. Ich streckte ihm meine Hand hin und ratterte die Begrüßungsfloskel herunter. Er ignorierte mich und wand sich mit bösem Unterton an Mutter: "Amalys? Klangvoller Name, der deutlich höhere Erwartungen setzt, als er letztlich befriedigt."

Sie sah mich nur kurz an und zuckte gelangweilt die Schulter.

Wie kann diese wandelnde Leiche es wagen, mich so zu beleidigen? Wütend wollte ich schon etwas passendes erwidern, als er ich wieder mit diesem Blick bedachte.

"Wollten Sie etwas sagen, Miss Xanthreos?"

Klirrendes Eis und höhnisch erhobene Augenbrauen. Ich hasste ihn jetzt schon.

"Ich fragte mich nur gerade, wie Mutter einen solch liebenswerten Mann wie Sie ablehnen konnte!"

Die Worte waren heraus, bevor ich es verhindern konnte und die darauffolgenden Stille war ohrenbetäubend. Ich schluckte einmal, zweimal. Doch die Entschuldigung blieb mir im Hals stecken, als ich seinen brennenden Augen begegnete. Er schwieg, sah mich nur abschätzend an. Oma fasste sich als erstes und plapperte hastig von den aktuellen Entwicklungen im Ministerium. Mam blickte mich an, als wäre ich ein besonders widerliches Insekt.

"Miss Xanthreos, wenn Sie nichts vernünftiges zu sagen haben, schweigen Sie künftig besser!"
Und an meine Mutter gewand: "Spricht sie immer, bevor sie nachdenkt?"

"Eine Angewohnheit, die sie von ihrem Vater übernommen hat."

"Wohl kaum."

Er demütigte sie und ich stand daneben und konnte absolut nichts tun. Wir setzten uns an den Kaffeetisch und sofort begann die Befragung.

"Wie alt soll sie sein? 18? Sie wirkt so unterentwickelt, wie 15."

Er fragte nicht wirklich, tat lediglich seine Meinung kund.

"Sie ist 18 Jahre alt." Mutter sprach bereits etwas unsicher und ihr Blick war glasig.

"Welche Ausbildung hatte sie?"

"Bitte würden Sie Ihre Fragen an mich direkt richten?" Ich musste einfach dazwischen gehen.

Severus verschränkte seine Finger und maß mich erniedrigend. "Also gut. Welche Ausbildung hatten Sie?"

Erleichtert erzählte ich ihm von den Schulen, welche ich wirklich besucht hatte. Hier und da stellte er eine Zwischenfrage, setzte mich jedoch nicht mehr seinem Spott aus. Dann lehnte er sich zurück und tippte mit den Fingerspitzen immer wieder zusammen.

"Nützliche Bekannte oder Freunde?"

Bevor ich noch antworten konnte, sprach Selene für mich. "Die Weasleys mögen sie, Lucius Malfoy war durchaus interessiert und selbst mit Draco Malfoy verstand sie sich!"

"Lucius ist sicher nicht empfehlenswert und Draco seit Jahren vergeben."

Ohne mit der Wimper zu zucken zerpflückte er die stillen Hoffnungen der beiden. Und es entbrannte ein Streitgespräch. Während er noch mit meiner Mutter über die Vor- und Nachteile der Malfoys diskutierte, hatte ich endlich die Möglichkeit, ihn näher zu betrachten. Er war nicht so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Als könnte man ihn sich wirklich SO vorstellen!

Schwarze, fast schulterlange Haare, sehr blasse Haut, eine recht krumme Nase - aber wirklich faszinierende Augen. Seine Stimme schien, abgesehen von den Worten, sehr angenehm und die großen Hände mit den langen Fingern wirkten gepflegt. Seine Zähne jedoch hätte man, selbst mit sehr viel Wohlwollen, als in Ordnung bezeichnen können. Die schmalen Lippen lenkten in ihrer Boshaftigkeit sehr gut davon ab. Er war fast zwei Köpfe größer als ich, aber bei meinen 1,60 m war das nicht so überraschend. Und soweit ich das durch die unzähligen Lagen Stoff sagen konnte, war er sehr schlank.

Im Grossen und Ganzen ein gepflegter, aber dennoch kein schöner Mann. Kein Wunder, dass Selene ihn nicht heiraten wollte. Dad musste gegen ihn wie ein Model für Unterwäsche wirken. Schließlich war er sehr schön gewesen.

Bei dem Gedanken an Snape in Unterwäsche musste ich dann doch kichern. Das lenkte jedoch seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. Wirklich wunderschöne schwarze Augen. Für einen Moment traten seine offensichtlichen Mängel in den Hintergrund... aber er sprach, und zerstörte dieses Bild gleich wieder.

"Sind Sie fertig?"

Ich blinzelte ein paar Mal, um wieder in die Realität zu finden, dann fragte ich ihn. "Womit?"

"Mich anzustarren!"

Ein freches Grinsen stahl sich in mein Gesicht. "Danke, ja."

Er schien kurz irritiert, setzte aber resolut seine unterbrochene Befragung fort. "Körperliche Schäden oder Mängel?"

"Na ja, die Nase ist ziemlich auffällig und die Wangenknochen stechen auch recht hervor..."

"Ich rede von Ihnen!"

Jetzt hatte ich ihn wirklich aus der Fassung gebracht und ich genoss kurz meinen kleinen Triumph. "Ach so... nein, nichts."

Wieder dieser beleidigende Blick für mich. "Zurückgebliebene Entwicklung?"

"Nein." Knirschend gab ich ihm Antwort.

"Ist das Ihre normale Augenfarbe?" Gelangweilt stellte er mir diese Frage.

"Sieht so aus. Und Sie? Ist das Ihre Richtige?"

"Ja. Sind Sie noch Jungfrau?"

Ich glaubte mich verhört zu haben, zumindest hoffte ich das für ihn. "Wie bitte?"

"Ich denke, Sie haben mich verstanden."

Hilfesuchend wandte ich mich an Ma, aber sie starrte nur in ihre Tasse und Oma musterte nachdenklich ihre Gardinen. Ich war also auf mich alleine gestellt.

"Das geht Sie gar nichts an!"

"So spröde? Ich werte das als ja."

Er weidete sich an meinem Unbehagen.

"Sie... verdammter...!"

"Amalys!"

Selene sah mich wütend an und ich schluckte widerwillig meine Worte herunter. Er grinste nur höhnisch und lehnte sich entspannt zurück.

"Wie groß sind Sie?"

Zähneknirschend gab ich ihm Antwort.

"Unterdurchschnittlich. Sie sind zu dünn, Ihre Oberweite kaum erwähnenswert, durchschnittliche Haarfarbe..."

Mein Kopf war rot, meine Wangen glühten und ich hasste ihn aus tiefstem Herzen.

"Ich weiß wie ich aussehe!"

"Wir suchen also einen Mann, der entweder kindliche Frauen bevorzugt, oder einen insgeheim Homosexuellen, der wirklich sehr verzweifelt ist!"

Endlich sprangen die Frauen auf und verteidigten mich. Sie gifteten ihn empört an. Ich fühlte mich verletzt. Er sah mir direkt in die Augen und wandte sich nicht einen Augenblick ab.

"Seltsame Farbe... flüssiges Silber."

So leise er auch gesprochen hatte, ich hatte ihn dennoch verstanden. Unerwarteter Weise versöhnten mich seine Worte ein wenig.

Mit einer kleinen Geste brachte er die Frauen zum Schweigen. "Wie hoch ist ihre Mitgift?"

Oma setzte sich wieder und strich mir liebevoll über die Wange. Ma blieb stehen und ihr Blick war angeekelt auf Snape gerichtet. "50.000 Goldstücke, diverse Antiquitäten, sowie das Sommerhaus in der Nähe von Hogsmeade."

Selene zischte die Aufzählung mehr, als sie sprach und er sah von mir zu ihr.

"Setz dich."

Und sie gehorchte. Was mich wirklich überraschte.
Er wandte sich fragend an Grandma und erkundigte sich höflich. "Die Ehrentitel und das Herrenhaus?"

"Gehen erst auf Selene und später natürlich auf Amalys über."

"Amalys wird ihre Stellung im Ministerium nicht einnehmen können."

"Nein, aber ihr Ehemann."

"Dafür müsste aber alles auf ihn übergehen."

Oma sah in entsetzt an. "Damit würde ich Amalys seiner Gnade völlig ausliefern! Sie wäre abhängig!"

"Das ist richtig."

Ich wäre jetzt gerne ganz woanders. Weit weg von diesen Menschen, die um mich feilschten, als wäre ich ein lebloser Gegenstand. Es tat mir weh.

"Selene, ich will mit dir sprechen!"

Irritiert sah ich zu, wie er aufstand und ihren Ellenbogen ergriff. Sie verließen das Zimmer und wir blieben verwirrt zurück.

"Worüber die wohl reden?"

"Ich weiß es nicht, Liebes."

"Ich mag ihn nicht."

"Amalys, er ist ein sehr kluger Mann. Ich kannte ihn schon als er noch ein kleiner Junge war, er ist nicht immer so... er war nur sehr viel allein."

"Wundert dich das? Er ist absolut biestig!"

"Aber er hat das gewisse Etwas!"

"Grandma!"

Sie lächelte mich nachsichtig an und tätschelte beruhigend meinen Arm. "Das siehst du noch nicht. Dafür bist du zu jung."

"Ich glaube mir wird schlecht."

"Er hat Feuer im Blut. Bedauerlich, dass Selene ihn damals abgewiesen hat."

"Na ja..."

"Es wird nun niemals eine Verbindung unserer Familien geben."

Sie war enttäuscht und ich stimmte ihr liebevoll zu. Aber ich war ganz froh, dass er nicht einer meiner Onkels oder Neffen, oder was auch immer war.

Als die Beiden wieder zu uns kamen, leuchtete auf seiner Wange ihr Handabdruck. Sie wirkte verlegen und er ignorierte sie.

"Ich verabschiede mich nun."

Severus küsste höflich die Hand meiner Oma und wand sich dann an mich. Ich starrte noch immer auf seine hochrote Wange.

Er legte mir die Hand unters Kinn und ich versank in seinen Augen.

"Wirklich seltsame Farbe. Außergewöhnlich..."

Sein Daumen strich über mein Kinn, dann ließ er mich los und ging. Ich hatte keine Ahnung was gerade passiert war, oder wie ich hätte reagieren sollen. Grandma lächelte mich begeistert an und Mutter mitleidig.

Oh man, das war heute wirklich nicht mein Tag gewesen.

Was für ein arroganter Mistkerl!

/ Und was für faszinierende Augen... /


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