Schlangengift

 

 

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Kapitel 2

 



Den Sommer bevor sie nach Hogwarts kamen hatte er jedenfalls nach diesem Ereignis einträchtig mit ihr und ihren Schwestern verbracht. Sie hatten sich sogar gewünscht, Bruder und Schwester zu sein. Ihre Freundschaft endete vorerst als sie nach Ravenclaw kam, er nach Slytherin. Für ihn war daraus sofort eine Rivalität erwachsen und vielleicht war er damals eifersüchtig gewesen, dass sich bei ihr zu Hause jemand über ihre guten Noten freute, während seine Mutter wenig Interesse zeigte.
Seit dem Tod seines Vaters, den er kaum bewußt erlebt hatte, hatte er sehr unter der Tyrannei seines Großvaters zu leiden gehabt. Er hatte in Severus den lebenden Beweis für diese angebliche Familienschande gesehen. Seine Mutter konnte nicht anders, als ihrem Vater zu gehorchen.

Wann immer er und Pandora sich auf dem Schulgelände begegneten, blitzen Severus' Augen sie gefährlich an. Aus dem kleinen Häuflein Wut war dann ein knochiger, pickeliger junger Zauberer geworden, der immer noch kaum ein Wort mit ihr wechselte. Und sie fand es gut, denn diejenigen Jungs und Mädchen, zu denen sie gehören wollte, konnten ihn sowieso nicht ausstehen.
Bis sie eines Tages, am Tag nach ihren ZAGs, feststellen musste, dass sie sowieso nie zu ihnen gehören würde....
"Äußerst schade, Miss McMahon, dass sie mich nicht mögen!" riss sie seine süffisante Stimme hinter ihr aus ihren Gedanken.
"Snape! Ich weiß, dass du fies sein kannst, aber ich mag dich. Also hör auf mich zu erschrecken, ich bin nicht mehr elf!"
"Ich kann mich nicht erinnern..."
"Severus!!!"
"Aha, auf exakt diese Formulierung habe ich gewartet. Exzellent!"
"Se-ve-rus!"
Er duckte sich als sie vom Stuhl aufsprang und mit dem Zauberstab ein paar grüne Funken in seine Richtung schleuderte. Wenn sie doch nur wieder elf sein könnten...
"Du bist eine alberne Gans, McMahon und jetzt komm, wir sollten ausnüchtern!"
"Du ganz bestimmt. Ich bin ja nicht Professor in Hogwarts. Ach übrigens... wofür war noch gleich das Schlangengift?!"
Da war schon wieder der Blick von damals bei den Mülltonnen, der ihr sagte, was auch immer es war, das ging ihm jetzt gegen seine Ehre. Schnell griff sie nach der Flasche auf dem Tisch und leerte den Rest in einem Zug, bevor Snape sie nach draußen in ihren Garten schob. Er sah bleich aus im Mondlicht, seine Augen noch finsterer und er sah sie plötzlich wieder sehr ernst an. Er hatte sie bei den Schultern gefasst und sah ihr eindringlich in die Augen. "Pandora", sagte er leise, "es ist wirklich so, wie du glaubst. Aber vielleicht nicht ganz so schlimm, wie es in der Zeitung stand. Das Dunkle Mal verrät eigentlich schon alles. Ich weiß nicht, ob ich einen Fehler begehen werde..."
"Ich konnte es sehen, als ich vorhin deine Hand berührt habe! Ich hab dich durch die Augen von jemand anderem gesehen...", versuchte sie hilflos zu erklären.
Er fasste sie fester an den Schultern. "Und ich bin um deine Sicherheit besorgt. McMahon... die Schlangen müssen weg!"
"Nein!"
"Hab ich mich so unverständlich ausgedrückt?! Die Schlangen müssen weg, sonst kannst du IHM doch gleich die Nummer von deinem komischen Muggeltelefon geben. Warum warten bis die Viecher dich verraten."
Severus hatte Recht, aber bisher war es nie seine Art gewesen, sich Sorgen um andere zu machen. Jedenfalls nicht so. "Snape, ich handele mit den Schlangengiften. Ob Winkelgasse oder Nocturngasse - ohne Schlangen keine Magie. Und ohne Schlangen kann ich meinen Garten nicht finanzieren", erwiderte sie so ruhig wie möglich, während ihr Gesicht ihre Angst und Anspannung verriet. "Am liebsten würde ich sie gleich selbst umbringen, denn ich könnte die Augen gebrauchen, aber es könnte sein, dass auch das ihn alarmiert." Pandora stiegen Tränen in die Augen. So nah war ihnen das Böse schon!
"McMahon, es tut mir leid das jetzt zu sagen, aber TRAU NIEMALS EINEM HAUSTIER außer einer Eule, und der auch nur nach eingehender Prüfung!"
"Na, das ist ja jetzt 'ne tolle Erkenntnis!" schniefte sie.
"Und die ist selbst für mich noch relativ neu", flüsterte er, während er ihr Gesicht in seine Hände nahm.
Er versuchte beruhigend zu klingen, er lächelte sogar. Vorsichtig strich sie ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie fühlte, wie ihre Knie weich wurden. Warum bei Merlin tat er das? Und warum tat sie das? Er lächelte und zog sie an sich und sie wehrte sich nicht und ihr fiel mit einem Mal auch gar keine böse Bemerkung ein. Sie stand nur ganz still in seiner Umarmung, ihren Kopf an seiner Schulter. Es war schon gar nicht mehr wahr, so lange war es her, seit sie sich umarmt hatten. Sie wünschte sich so sehr, dass es ihm gut ging und dass er nicht leiden musste. Sie hatte nie einen Bruder gehabt und er war ihrem Herzen stets so nah gewesen, auch wenn sie sich scheinbar oft gehasst hatten. Aber nun auf einmal kam es ihr vor, als würde sie mehr als Zuneigung für ihn empfinden. Nicht, dass es das übliche Verlangen war, das sie als Teenager schon ausgelebt hatten. Vielleicht war sie wirklich in ihn verliebt und bemerkte es erst jetzt, wo sie Gefahr lief, ihn zu verlieren, indem Voldemort sie schlichtweg beide tötete. Das Schlimme war, all das wusste er wahrscheinlich in diesem Moment und sie hatte nicht die geringste Ahnung, was für Gefühle er hegte. Sie war schon lange ein offenes Buch für ihn und er konnte alles vor ihr verbergen. Er würde es wahrscheinlich auch, um keinen von ihnen angreifbar zu machen. Wie zur Antwort zog er sie noch fester an sich. Sie konnte seinen Atem auf ihrem Hals spüren.
"Warum?" war das einzige, was ihr noch einfiel.
"Weil ich sonst niemanden habe", gab er leise zur Antwort.
"Ist das auch wieder so eine Erkenntnis, Snape?!" Da verschloss er ihre Lippen mit einem Kuss.
Diesmal war es so gar nicht wie ihre früheren Kussversuche, bei denen sie meist zuerst mit den Nasen zusammengestoßen waren um dann angeekelt ihre Lippen aufeinander zu pressen. Es fühlte sich wunderbar an, seine Lippen waren weich, er hatte zur Abwechslung seinen Kopf in genau dem richtigen Winkel schräg gelegt und seine Hand in ihrem Nacken ließ ihr angenehme Schauer über den Rücken laufen. Unwillkürlich musste sie lachen, als ihr auffiel, dass sie überhaupt nicht an Spucke denken musste.
"Was ist?" flüsterte er leicht irritiert.
"Nichts weiter."
"Es fühlt sich doch gut an, oder?"
War er jetzt etwa verunsichert? Warum sollte sie ihn mit ihrer Verwirrung verschonen, dachte sie. Und fühlt es sich auch richtig an? hämmerte es in ihrem Kopf. "Ja", erwiderte sie nur bevor er sie wieder leidenschaftlich küsste.
Sie war eindeutig endgültig davor, ihren Verstand zu verlieren. Sie liebte Severus Snape und möglicherweise liebte er sie auch, aber er hatte die Wahrheit gesagt, er hatte kaum jemanden. Sollte er jetzt den Schulleiter Dumbledore statt ihrer küssen? Na also, wen sollte er sonst küssen, wenn er Lust dazu hatte? Da blieb doch nur sie! Aber wieso konnte er auf einmal so gut küssen? Hatte er das geübt? Er hatte die Augen geschlossen! Andererseits war es auch schon mehrere Jahre her, seit er es bei ihr zum letzten Mal versucht hatte. Ein paar Mal hatten sie auch nur Sex ohne dieses ganze Drumherum gehabt, der jeweils nach wenigen Sekunden vorbei gewesen war. Das war lange her. Sie hatten sogar ihr erstes Mal miteinander erlebt und sie hatte es nicht als überragend in Erinnerung. Genauer gesagt hatte sie daran kaum eine Erinnerung, außer dass es ein heißer Tag in zerknitterten Schuluniformen hinter dem Gewächshaus gewesen war.
Sie waren fünfzehn als sie nach langer Zeit wieder begonnen hatten miteinander zu reden und das auch nur, weil sie dieselben Mitschüler hassten. Snape wurde sowieso öfter übel mitgespielt und Pandora hatte gemerkt, dass ihre Gutmütigkeit zu oft ausgenutzt wurde. Sie hatte nur Freunde gehabt, die bei ihr abschreiben wollten. Daraufhin hatte sie beschlossen, keine gute Schülerin mehr zu sein. Das war zwar gar nicht so einfach in Klassenarbeiten, aber im Unterricht stellte sie ihre Mitarbeit schlichtweg ein und gab höchstens patzige Antworten. Ihren Pferdeschwanz hatte sie abgeschnitten, als sie eines Tages in den Spiegel gestarrt und hinter sich die Maulende Myrthe vernommen hatte: "Vergiß es, du wirst sowieso nie hübsch sein. Warum sollte meine einzige Freundin auch besser aussehen als ich..."
Und sie war zugegeben auch wirklich unscheinbar gewesen. Nicht sonderlich groß und nicht sonderlich hübsch, braunes, welliges Haar und graugrüne Augen. Mit der Zeit hatte sie mehr aus sich gemacht, wie sie zu hoffen wagte. Blieb nur zu hoffen, dass Severus auch etwas davon bemerkt hatte.
"Lass uns reingehen", sagte sie sich ihm entziehend, "Mir ist kalt."
Im Wohnzimmer drückte er sie auf ihre Couch und ergriff ihre Hände. "McMahon, was glaubst du, warum ich das alles sage?"
"…Weil du es auf die Augen meiner Haustiere abgesehen hast...?"
"Nein, weil es wirklich wichtig ist, dass wir äußerst vorsichtig sind."
"Du kannst wohl kaum ständig auf mich aufpassen. Ich wohne hier und du da oder in Spinner's End und wir konnten es die letzten Jahre auch ohne einander aushalten."
Warum sagte sie solche Sachen bloß? Musste sie ihn noch immer ärgern? Aber sollte er doch ruhig zeigen, dass es ihm ernst war.
"Als ich vorhin herkam, dachte ich das auch. Nein, also ich dachte es seit Jahren. Aber dann hast du das mit der... äh wie war das... Zukunftsvision gesagt und ich dachte daran, wie es wäre, wenn wir einander verlieren würden. Du warst schließlich immer da..."
"Ich bleibe auch da, Severus. Wir haben doch auch viel zusammen durch, denk mal an Gregorj..."
"Du standest unter dem Imperius. Du hast dir nichts vorzuwerfen." Er wusste, sie hatte sich alles vorzuwerfen. Gemeinsam hatten sie geübt, sich dem Imperius zu widersetzen. Sie hätte Askaban verdient! Im Gegensatz zu ihm hatte sie keine Chance auf Wiedergutmachung.
"Oder denk mal an die Geschichte mit Lupin", fuhr sie fort, "das war nicht nett damals."
Snapes Miene verfinsterte sich. "Nicht...nett? Diese Schweinepriester hatten dich in den See geworfen, McMahon!"
"Sie hatten mein Tagebuch in den See geworfen, ich bin hinterhergefallen. Ich sehe das heute als Erfahrung", sagte sie schulterzuckend.
"Als Nahtoderfahrung vielleicht! Damals hast du das weniger humorvoll gesehen. "
An diese Geschichte und was sie nach sich zog hatte sie ziemlich genaue Erinnerungen.


 

 

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