Die Schwarze Rose

 

 

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Kapitel 24: Der Ausbruch


Erzählt von Remus Lupin


Ein heftiges Klopfen an meiner Tür riss mich aus dem Schlaf. Ich brauchte erst einen Augenblick, um mir darüber klar zu werden, wo ich eigentlich war. Heute Nachmittag, als ich von der Krankenstation kam, hatte ich mich auf der Couch ausgestreckt und versucht, ein wenig zu lesen. So wie es schien, war ich dabei eingeschlafen.

„Ja, ich komme,“ rief ich, als das Klopfen immer heftiger wurde. Ich setzte mich auf und rieb mir ein paar Mal über das Gesicht. Noch immer etwas schlaftrunken hob ich das Buch auf, legte es auf den Salontisch und ging hinüber zur Tür.

Etwas umständlich liess ich den Riegel zurück gleiten und öffnete. „Muriel?“ fragte ich überrascht, als ich den späten Gast erkannte und strich mir durch die etwas zerzausten Haare. Ihr Gesicht war ernst und eine steile Falte hatte sich auf ihrer sonst glatten Stirn gebildet.

„Kann ich hereinkommen?“ fragte sie leise und als ich nicht sofort reagierte, fügte sie eindringlicher hinzu: „Bitte!“

Ein paar Mal blinzelte ich verwirrt. „Äh.. ja, natürlich.“ Ich trat von der Tür weg und liess sie eintreten. Sie öffnete ihren Mantel und hängte ihn über einen Stuhl. „Setz Dich doch.“ bot ich ihr an und wies auf die Couch. „Etwas Tee?“

„Hmm? Oh... ja gern,“ antwortete sie. Irgendwie schien sie gedanklich nicht ganz anwesend zu sein. Als sie sich setzte, erinnerte ich mich plötzlich daran, dass sie ja heute früh wegen Severus ins Ministerium gefahren war.

Vorsichtig goss ich heissen Tee in eine Tasse und reichte ihn der Aurorin. „Hast Du im Ministerium etwas erreichen können?“

Sie blickte in ihren Tee während sie umrührte und schüttelte müde den Kopf. „Nein, Remus. Jeder, der irgendwie Einfluss hätte geltend machen können, hatte entweder zuviel zu tun, um mich zu empfangen oder war einfach nicht da. Ich war sogar in Fudges Büro... Nichts. Er ist für die nächsten Tage in Paris auf einer Konferenz über internationale Zusammenarbeit. Es gibt keine Chance an ihn ranzukommen. Den frühesten Termin, den ich für eine Besprechung kriegen konnte, ist in zwei Wochen. Vorher ist nichts zu machen.“

„Und Severus?“ fragte ich nach. „Ist er...“ Meine Stimme versagte. Obschon ich die Antwort wusste, glaubte ich es noch nicht.

Muriel nickte. „Ja, Remus.. Er ist in Askaban.“ Ihre Hände hatten zu zittern begonnen, doch sie sprach weiter. „Ich war dort und hab ihn gesehen...“ Sie stellte ihre Tasse zurück auf den Tisch und wischte sich eine Träne von der Wange. „Oh Remus... Es war schrecklich... “

Tröstend nahm ich sie in meine Arme. „Schhh.. Sternchen... Du konntest doch nicht ahnen...“

„Oh doch, Remus!“ schnitt sie mir das Wort ab. „Wenn es jemand wissen konnte, was ihn erwarten wird, dann ich. Lange genug arbeite ich als Aurorin!“ Schluchzend hielt sie sich an mir fest. Still hielt ich sie in meinen Armen und strich ihr sanft über den Rücken.

Als sie sich ein wenig beruhigt hatte, fragte ich: „Haben.. haben sie ihn verhört?“

Sie löste sich ein wenig von mir, so dass sie mir ins Gesicht sehen konnte. Noch immer liefen Tränen über ihre Wangen. „Sie... sie haben ihn geschlagen, Remus...“ Ihre Stimme zitterte.

Etwas verwirrt blickte ich sie an. „Aber ich dachte, sie benützen im Ministerium Veritaserum? Wieso haben Sie ihn denn... geschlagen?“

„Das ist leider die Norm, wenn das Ministerium jemanden wie Severus erwischt.“ Immer noch schluchzend, wischte sich Muriel wieder die Tränen vom Gesicht.

Ich erhob mich, ging kurz ins Schlafzimmer und holte ein Taschentuch für sie. Dankbar nahm es die Aurorin entgegen.

„Veritaserum... es ist zwar sehr sicher, doch birgt es etliche Risiken in sich,“ fuhr sie dann fort. „Nachdem es einige hässliche Vorkommnisse gegeben hat, wird es nur noch angewendet, wenn es nicht anders geht...“

„Oh Sternchen..“ antwortete ich und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Als ich in Askaban ankam, hatten sie ihm bereits Veritaserum verabreicht...“ Ein kalter Schauer lief ihr beim Gedanken daran über den Rücken. „Er hat mich kaum erkannt...“ Wieder schluchzte sie los.

„Aber wenn sie ihm Veritaserum verabreicht haben, dann kennen sie ja jetzt die Wahrheit. Sie wissen, dass er ein Spion für unsere Seite ist. Es wird nur noch eine Frage der Formalitäten sein, bis sie ihn gehen lassen,“ versuchte ich Muriel etwas aufzubauen.

Doch sie schüttelte nur müde den Kopf. „Was würdest Du denken, Remus, wenn Du an ihrer Stelle wärst... Würdest Du denken, dass Severus auf unserer Seite Voldemort ausspioniert, oder auf Voldemorts Seite steht und uns beobachtet?... Oder vielleicht würdest Du denken, dass er sogar beides tut? So einfach können sie ihn nicht gehen lassen.“

Ich dachte über ihre Worte nach und musste mir dann eingestehen, dass es was für sich hatte. Leider.

„Remus..“ wieder sah sie mich traurig an, „er ist krank... Sie .. sie haben ihn mit Wasser überschüttet... vermutlich mehrmals und es ist eiskalt dort drin.“

„Oh mein Gott...“ flüsterte ich, als ich sie wieder in die Arme schloss.



Erzählt von Lucius Malfoy

Hart presste ich mich gegen die westliche Aussenmauer von Askaban. Zu dritt waren wir hergekommen um diesen verdammten Mistkerl Snape aus dem Gefängnis zu holen. Laurence wartete unten beim Schiff, während Summers mich begleitete. Noch immer blies der Wind heftig und verschluckte jedes Geräusch.

Ungeduldig zog ich die goldene Taschenuhr aus meinem Umhang. Es war bereits kurz vor Mitternacht... Bald müsste die Wachablösung erfolgen. Da würden wir ein Zeitfenster von einer Viertelstunde haben. Ich hatte einen ‚treuen’ Ministeriumsmitarbeiter bestechen können und nun wartete ich auf sein Zeichen.

In der Zwischenzeit fragte ich mich, was ich eigentlich hier tat. Ich hasste Sturm und Regen, ich hasste Wind und am meisten hasste ich es, hier auf dieser verdammten Gefängnisinsel zu sein. Bloss weil der Lord die ‚Kleinigkeit’, Severus Snape aus Askaban rausholen, von mir verlangte... ‚Toller Job,’ dachte ich ärgerlich und verfluchte einmal mehr diesen Giftmischer. Nur weil er zu dämlich gewesen war und sich von den Auroren hatte erwischen lassen, durfte ich mich nun um seine Rettung bemühen.

Ein leiser Pfiff kündigte die Wachablösung ab und riss mich aus meinen Gedanken. Vorsichtig spähte ich um die Ecke. Da! Das ausgemachte Lichtzeichen!

Ich gab Summers ein Zeichen und rannte geduckt auf den Hintereingang zu.

„Endlich! Da seid Ihr ja,“ brummte der kleine, rundliche Gefängniswärter. „Wenn ich schon meinen Kopf für euch riskiere, dann seid wenigstens pünktlich.“

Gerade als er sich abwenden wollte, packte ich zu. Meine Hände legten sich eng um seinen fetten Hals und drückten langsam zu. Die Schweinchenaugen des Gefängniswärters quollen aus ihren Höhlen.

„Hör zu! Hör mir gut zu!“ zischte ich gefährlich in sein Ohr. „Wenn Dir Dein Leben lieb ist, dann bringst Du uns nun zu der fraglichen Zelle, andernfalls werden wir Dich..“ Böse grinsend, liess ich meinen Blick angewidert über seinen Körper gleiten, dann sah ich ihm wieder in die Augen, „unschädlich machen. Den Weg, werden wir nachher auch alleine finden. Drin sind wir ja jetzt. Habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt? Hmm?“

Der kleine Mann nickte kurz, die Augen vor Schreck weit aufgerissen.

„Gut,“ erwiderte ich, „und jetzt los! Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit!“



Erzählt von Helena Thornton

Seit Stunden sass ich nun an meinem Schreibtisch und tippte an dem Bericht fürs Ministerium. Das Verhör hatte etwas länger gedauert. Unglaublich wie lange sich dieser Gefangene dem Veritaserum widersetzt hatte.

Kopfschüttelnd ging ich wieder und wieder das ganze Verhör durch... Bei der Frage, ob er ein Todesser sei, antwortete er jedes Mal klar und deutlich mit ja. Daran bestand von Anfang an auch kein Zweifel. Das dunkle Mal auf seinem Arm war Beweis genug. Jedoch wenn ich die Frage zu Prüfzwecken umformulierte, dann antwortete er jedes Mal, dass er auf der Seite des Lichts stand, auf unserer Seite.

Nachdem wir endlich seinen Namen erfahren hatten, hatte ich eine Expresseule ans Ministerium geschickt, damit die mir die Akte dieses Mannes, sofern vorhanden, übermitteln konnten. Nun lag sie vor mir und ich war noch immer kein bisschen schlauer, als zuvor.

Wieder blätterte ich seine Akte durch.

„Severus Snape,“ las ich zum hundertsten Mal laut. „Meister der Zaubertränke in Hogwarts und Hauslehrer von Slytherin.... Pha! Slytherin, verdammte Brut!“ entfuhr es mir. Es war weithin bekannt, dass die meisten dunklen Zauberer einmal Slytherins gewesen waren.

Mit einer geübten Bewegung griff ich nach der Schachtel Zigaretten auf meinem Schreibtisch. Ich zog eine Zigarette heraus und hielt ein brennendes Streichholz an den Tabak. Genüsslich inhalierte ich ein paar Züge und schloss dabei die Augen. Auch wenn es eine Sucht der Muggel war, so mochte ich die entspannende Wirkung.

Wieder hörte ich in Gedanken die Warnungen meiner Mutter. ‚Es wird Dich eines Tages umbringen, wenn Du damit nicht aufhörst!’ „Ja, ja..“ murmelte ich. „Wenn mich etwas umbringt, dann ist es eher dieses Klima hier.“ Ich griff nach meinem Zauberstab und entfachte das Feuer im Kamin. Bald schon spürte ich die angenehme Wärme, die sich im Raum breit machte. Genau das, was ich jetzt brauchte, nachdem ich den ganzen Tagen in dieser kalten Zelle zugebracht hatte.

Somit beugte ich mich wieder über das Schriftstück vor mir und las weiter. „Nach dem Sturz Voldemorts kurz in Verdacht geraten. Verurteilung: Nein. Grund: Albus Dumbledore, Schulleiter von Hogwarts, Träger des Ordens des Merlin erster Klasse hat sich für ihn verbürgt.“

Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und zog wieder an meiner Zigarette. „Na wunderbar... Der Chef holt seinen Untergebenen raus... Doch diesmal..“ Ein bitteres Lächeln umspielte meinen Mund. „Diesmal wird es nicht so einfach werden...“ Schwer erhob ich mich und ging hinüber zum Fenster.

Noch durch die geschlossenen Scheiben konnte man die Brandung hören. „Verdammtes Wetter hier draussen.“ Wieder spürte ich diese penetranten Kopfschmerzen. Noch ganze zwei Tage, dann würde ich für ein paar Wochen von hier wegkommen. Ich konnte es kaum mehr erwarten.

Meine Hand wanderte in meine Jackentasche und schloss sich um das Röhrchen mit Muggletabletten.


Erzählt von Severus Snape

Zitternd vor Kälte lag ich auf dem feuchten Steinboden. Ich fühlte mich zerschlagen. Der Geruch von Moder und Erbrochenem stieg mir in die Nase, doch alle Versuche, ein wenig davon wegzurutschen scheiterten kläglich. Noch immer kämpfte ich gegen die Übelkeit, die das Veritaserum verursachte. Ich hatte es noch nie vertragen. Mein Körper schmerzte wie nach einem Cruciatusfluch. Ich presste die glühende Stirn auf den kalten Stein unter mir und schloss die Augen. ‚Es ist nur ein Traum... nur ein böser Traum’. Gefangen, eingesperrt in Askaban... Ein Verbrecher gegen beide Seiten. Ich machte mir nichts vor. Unter dem Einfluss des Veritaserums hatte ich ausgesagt, getötet zu haben und dies auf beiden Seiten. Ob Auroren, Muggel, Schlammblüter oder Todesser. Alles war unter meinen Opfern vertreten gewesen. Ob der Mord an einem Todesser den Mord an einem Auroren aufheben würde? Wohl kaum.

Ratten huschten laut quiekend durch meine Zelle. Die Dunkelheit und die Enge dieses kleinen Raums war fast genauso schrecklich, wie die Kälte, die hier drin herrschte. Ich hasste dunkle, enge Räume. Langsam aber sicher glaubte ich doch, unter klaustrophobischen Anwandlungen zu leiden. Das Atmen fiel mir schwer. Ob es an der Enge meiner Zelle lag oder ob es den Verletzungen zuzuschreiben war, die mir beim Verhör zugefügt worden waren, vermochte ich nicht zu sagen.

Auch wurde es immer schwieriger, klar zu denken. Immer wirrer wirbelten die Gedanken durch meinen Kopf. Fantasie und Wirklichkeit begannen unweigerlich miteinander zu verschmelzen.

Lag ich wirklich in einer Gefängniszelle in Askaban, oder sonnte ich mich am Strand Südspaniens? Mein verwirrter Geist liess sich immer weiter treiben. Ich roch das salzige Wasser, hörte das milde Rauschen des Meeres. Die Sonnenstrahlen wärmten meinen Körper. Meine Hände gruben sich in den feinen Sand. Ein Eisverkäufer pries die verschiedensten Sorten Eis an. Irgendwo in der Ferne klang der Ruf eines Pelikans.

Doch plötzlich war die Idylle verschwunden und ich fand mich in einem düsteren Salon wieder. Die einzige Lichtquelle war das grosse Feuer, das im Kamin prasselte. Ein kalter Luftzug liess mich frösteln. Plötzlich fühlte ich ein merkwürdiges Prickeln in meinem Nacken, doch ich traute mich nicht, mich zu bewegen. Voldemorts Hände legten sich von hinten auf meine Schultern. „Severus?“ säuselte er mit trügerischer Weichheit. „Du hast mich enttäuscht... Hast Du mich verraten?“ Meine Kehle fühlte sich rau und trocken an. Nicht in der Lage zu sprechen, wartete ich das Kommende ab. Voldemort ging um mich herum und blieb lächelnd vor mir stehen. Seine Augen glühten wie der Lavastrom eines Vulkans und das Lächeln wurde zu einer verzerrten hässlichen Fratze.

„Ich kann das nicht dulden, Severus. Das musst Du verstehen.“ Ganz langsam zog Voldemort seinen Zauberstab und richtete ihn auf mich. Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich auf meine gerechte Strafe wartete. „Crucio!“ zischte der Lord.

Schreiend brach ich in die Knie. Der Lord hielt den Fluch länger aufrecht als je zuvor. Meine Lunge schien zu zerreissen, als ich die Gesichter von Muriel und Dumbledore zwischendurch aufblitzen sah. Anklagend sahen sie mich an. Nichts konnte mich retten, ich war ein Gefangener zwischen beiden Seiten.

Plötzlich verschwamm wieder alles vor mir und für einen Augenblick glaubte ich das verhasste Gesicht von Lucius Malfoy über mir zu erkennen, doch dann versank ich wieder in tiefe Dunkelheit.


Erzählt von Lucius Malfoy

Wir gingen durch die beinahe endlos scheinenden Gänge von Askaban. Das Gemäuer war kalt und ich zog den Umhang ein wenig enger um mich. Die Kälte schien direkt in den Steinen festzusitzen. Kein Wunder eigentlich. Askaban war die Heimat der Dementoren. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Ich hasste Dementoren. Auch wenn Voldemort grosse Stücke auf sie hielt. Es waren die verabscheuungswürdigsten Kreaturen, die je auf Erden gelebt hatten. Ich fragte mich, ob man das Dasein, das sie führen überhaupt Leben nennen konnte.

Immer tiefer führte uns der Gefängniswächter in das Innere von Askaban hinein. „Beeil Dich etwas!“ zischte ich ihm zu und bohrte meinen Zauberstab noch etwas heftiger sein Kreuz.

„Wir sind gleich da, My Lord!“ keuchte der Wächter mit krächzender Stimme.

Bald darauf erreichten wir eine Tür, welche der kleine Mann aufschloss. „Los! Nach Dir!“ sagte ich gefährlich leise und trat hinter dem Mann ein. Meine Augen brauchten einen kurzen Moment, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, doch dann erkannte ich die Gestalt, die zusammengekauert und angekettet in einer Ecke lag.

Ein fieses Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus. Das war ja noch besser, als ich es mir in meinen wildesten Träumen gewünscht hatte. Der grosse Severus Snape, Meister der Zaubertränke, wehrlos vor mir liegend. Mit einem berechnenden Gesichtsausdruck trat ich auf ihn zu. „Na? Severus? Auch schon bessere Zeiten erlebt, nicht wahr?“


 

Kapitel 23

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