Die Schwarze Rose

 

 

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Kapitel 25 - Die Flucht

 

Erzählt von Lord Voldemort



Schon die ganze Nacht tobte dieses Mistwetter. Der Wind rüttelte an den Fenstern und das Feuer im Kamin flackerte unruhig. Meine Nerven waren bis zum Zerreissen gespannt. Ich war kein sehr geduldiger Mann, was meine Untergebenen wohl bezeugen konnten.

Pettigrew, diese feige Ratte hatte sich irgendwo verkrochen. Er fürchtete sich vor mir. Ein böses Grinsen huschte über mein Gesicht, als ich an den verkommenen Gryffindor dachte. Ich hasste den Kerl. Irgendwann, in nicht allzu ferner Zukunft, würde ich ihn mir vom Hals schaffen. Ganz bestimmt. Doch im Moment war er mir noch nützlich. Nur deswegen lebte er noch.

Wohl schon zum tausendsten Mal huschte mein Blick über die antike Standuhr. Zäh flossen die Minuten dahin.

‚Stell dich nicht so an!’, fluchte ich in Gedanken. ‚Wenn es jemand schaffen kann, heil in Askaban rein und wieder raus zu kommen, dann ist es Malfoy!’ Unruhig tigerte ich vor dem Kamin auf und ab. Ich war noch nicht bereit meinen Giftmischer zu verlieren. Nicht jetzt. Nicht bevor ich den Trank hatte, nach dem ich schon lange gierte.

Ich zog ein Buch aus dem Regal. Es war alt, zerfleddert und in dunkelbraunes abgegriffenes Leder eingebunden. Ich schlug es auf. Beinahe augenblicklich rümpfte ich die Nase. Wie konnte jemand bloss freiwillig in solch alten Büchern stöbern? Der Geruch war widerlich, doch ich blätterte weiter.

„Seite 23“, murmelte ich. Teilweise konnte man die verblasste Schrift kaum mehr lesen. „Hier..“ Liebkosend strich ich mit einem Finger über die Abbildung einer Pflanze. „Die Königin der Nacht...“ Rechts daneben stand ein Rezept. Eine Anleitung zu diesem aussergewöhnlichen Trank. Doch leider fehlte ein Teil der Seite, so dass die genauen Mengenangaben nicht zu lesen waren. Mein Giftmischer arbeitete seit Monaten an dem Trank und hätte Malfoy, dieser manchmal aussergewöhnlich dämliche Idiot, vor kurzem nicht die Flasche mit der Testflüssigkeit gestohlen, dann hätte ich den Trank vermutlich schon. Dann müsste ich jetzt nicht die ganze Nacht hier ungeduldig auf die Rückkehr des Rettungskommandos warten. Denn dann wäre mir das Schicksal des Giftmischers egal.

‚Ob Malfoy diesen Auftrag sauber erledigt?’, schoss es mir durch den Kopf. In letzter Zeit hatte der sich unglaublich dumm angestellt. ‚Hätte ich nicht besser jemand anderen schicken sollen?’

„Verdammt!“, zischte ich, als die Zeiger der Uhr bereits auf Mitternacht vorrückten. Ich schlug das Buch zu und knallte es auf den Tisch.

Als sich die Tür öffnete, wirbelte ich herum. Das Herz schlug mir bis zum Hals, doch als ich sah, dass es ‚nur’ Pettigrew war, der den Raum betrat, verschlechterte sich meine Laune rapide.

„Was willst du, Ratte?“, fragte ich genervt. Der Angesprochene zog den Kopf zwischen die Schultern und duckte sich, als ob ich ihn geschlagen hätte. Wie schnell dieser Kerl doch immer wieder eingeschüchtert war. Wie langweilig.

„Verzeihung, mein Lord“, quiekte er zitternd vor Angst. „Aber ich dachte..“

„Ahh, du denkst?!“, fiel ich ihm ins Wort. „Mal was ganz anderes.“ Langsam ging ich auf Pettigrew zu. „Etwas Neues!“ Mein kaltes Gelächter erfüllte den Raum und die verdammte Ratte wurde noch eingeschüchterter. Jetzt traute er sich nicht einmal mehr, mich anzusehen. Ganz nah ging ich um ihn herum. Deutlich nahm ich den Geruch von Angst und Schweiss wahr. Dicht hinter ihm blieb ich stehen, so dass mein Atem seinen Nacken streifte. „Erzähl“, flüsterte ich sanft. „Erzähl was denn so wichtig ist, dass du mitten in der Nacht hier hereinplatzt und dich traust, mich zu stören!“ Ich sah wie er schauderte und grinste kopfschüttelnd vor mich hin.

„Ich... ich..“, stotterte er.

„Na komm schon, spuck es aus.“ Ich setzte mich wieder in Bewegung und blieb dicht vor ihm stehen. Langsam zog ich den Zauberstab und hielt ihn an seinen dicken, zu kurzen Hals. „Hast du deine Zunge verschluckt?“ Seine Schweinchenaugen quollen aus den Höhlen.

„Mein Lord, ich habe einen Arzt organisiert. Nur... nur für den Fall, dass einer benötigt wird“, stiess er hastig hervor.

Ich nickte. „Endlich mal ein Einfall, der was taugt.“ Ich liess den Zauberstab wieder in meinem Umhang verschwinden und trat ein paar Schritte von ihm zurück. „Auf was wartest du dann noch?“, fragte ich unwirsch. „Hol ihn rein!“ Ich wandte mich um und ging mit wehendem Umhang hinüber zu meinem grossen Ohrensessel vor dem Kamin und liess mich elegant hineinsinken.

Zur gleichen Zeit in Askaban...

Erzählt von Helena Thornton



Die Uhr in meinem Büro schlug gerade Mitternacht, als ich erschrocken hochfuhr. Das konnte doch nicht wahr sein. Ich war tatsächlich an meinem Schreibtisch eingeschlafen. Schlaftrunken fuhr ich mir ein paar mal mit den Händen über das Gesicht. Mit einer geübten Bewegung strich ich mir die Haare, die sich aus dem Knoten gelöst hatten, zurück. In meinen Schläfen pochte es wie verrückt. Die Migräne war stärker geworden trotz der Muggeltabletten, die ich genommen hatte. Ich goss mir ein Glas Wasser ein und öffnete die unterste Schublade meines Schreibtisches. Hier lagerten etliche dieser Tablettenröhrchen. Wenn ich schon mal in Muggellondon war, dann kaufte ich immer gleich ein paar von den Dingern. Bloss lag mein letzter Besuch schon ein Weilchen zurück und die Röhrchen waren bis auf eines allesamt leer.

Durch den gestörten Schlaf etwas unkoordiniert, versuchte ich das verbleibende Röhrchen zu öffnen. Der Verschlusszapfen klemmte etwas. Unverhofft gab das Ding plötzlich nach und sämtliche Tabletten fielen in das Glas Wasser vor mir.

Fluchend schmetterte ich das leere Tablettenröhrchen gegen die Wand und sah danach ungläubig zu, wie sich die Tabletten leise zischelnd in dem Wasser auflösten. Müde und resigniert liess ich den Kopf auf die Arme sinken. Meine Augen brannten. Wie sollte ich bloss die nächsten zwei Tage auf dieser verfluchten Insel aushalten, ohne ein Mittel gegen die verdammten Kopfschmerzen?

Nachdem ich mich wieder etwas gefangen hatte, hob ich vorsichtig den Kopf. Das Wasser in dem Glas hatte sich mittlerweile weiss verfärbt. Stirnrunzelnd hob ich das Glas an die Lippen. Wenn ich heute wenigstens keine Kopfschmerzen mehr haben würde, dann würde ich die nächsten zwei Tage sicher irgendwie überstehen können. So schloss ich die Augen und trank ein paar Schlucke der bitteren Flüssigkeit. Augenblicklich verzog ich das Gesicht und stellte das Glas zurück.

Eigentlich konnte dieser Abend wirklich nicht mehr schlimmer werden, doch es stellte sich heraus, dass ich mich irrte.

Gerade als ich mich dran machte, das Büro zu verlassen, ertönte der Alarm. Wie angewurzelt hielt ich mitten in der Bewegung inne, die Türklinke noch in der Hand. Während meiner ganzen Dienstzeit hier in Askaban war das noch nie vorgekommen. Mit klopfendem Herzen ging ich zurück in mein Büro, zog meinen Zauberstab murmelte einen Zauber. Holographisch erschien eine Karte von Askaban. Mitten im Herzen der Festung leuchtete ein roter Punkt auf. In goldenen Lettern erschien der Schriftzug: Zelle 518.

„Snape!“, zischte ich. „Finite incantatem.“ Die Karte verpuffte in einer grünen Rauchwolke.

Hastig verliess ich mein Büro. Während ich durch die Gänge rannte, fragte ich mich, was den Alarm ausgelöst haben konnte. Hatte ich den Fluch auf die Ketten nicht sauber ausgeführt? Oder wollte jemand Snape befreien? Diesen Gedanken verwarf ich jedoch sofort wieder. Niemand konnte so einfach in Askaban eindringen. Hatte sich Snape vielleicht selbst von den Ketten befreit? Diese Möglichkeit konnte ich aber eigentlich auch ausschliessen. Er war einfach zu fertig. Er hätte, selbst wenn er es wollte, nicht die Kraft gehabt, sich alleine aufrecht zu halten.

Doch ich spürte Gefahr. Sie war so deutlich, dass ich sie fast greifen konnte.

Erzählt von Lucius Malfoy



Als Severus nicht antwortete, kniete ich mich neben ihm nieder. Angewidert nahm ich das Erbrochene wahr, das übelriechend gleich neben ihm lag. Widerwillig aber doch durch Besorgnis angetrieben, berührte ich seinen Hals. Die leichte Berührung liess Severus schmerzerfüllt aufstöhnen. Er sah furchtbar aus. Sein Gesicht hatte alle möglichen Farbschattierungen, von weiss über violett und schwarz. Nicht zu reden von dem eingetrockneten Blut, das überall zu kleben schien. Seine Kleidung war grösstenteils zerrissen. Doch auch die dadurch sichtbaren Bereiche seines Körpers, liessen keinerlei Zweifel daran, was hier vorgefallen war. Schwach spürte ich seinen Puls unter meinen Fingern und atmete erleichtert auf.

Wie hätte ich dem Lord klarmachen sollen, dass sein Giftmischer bereits tot war, als ich ankam? Der Lord würde mir dies niemals abkaufen. Zudem würde er mir zum Vorwurf machen, zu lange gewartet zu haben. So sehr ich es mir auch gewünscht hatte, dass sie sich hier ausgiebig um Severus kümmern sollten, hätte ich es mir doch nicht in dem Ausmass vorgestellt oder zumindest nicht erwartet. Merkwürdig, wie man sich doch anders fühlte, wenn die Fantasie zur Wirklichkeit wurde.

Eine Stimme in meinem Hinterkopf trieb mich zur Eile.

Augenblicklich machte ich mich an den Fesseln zu schaffen. Ich zog meinen Zauberstab und machte mich daran, den Bann, der die Metallbänder zusammenhielt zu brechen. Es schien zuerst einfacher, als es in Wirklichkeit war. Die Eisenbänder an Severus’ Handgelenken sassen eng, verdammt eng sogar. Und mit jedem Zauberspruch, der den Bann nicht besiegte, schienen sich die Dinger enger zusammen zu ziehen. Severus schrie auf. Seine Hände begannen eine merkwürdige Farbe anzunehmen. Den Bann würde ich hier auf die Schnelle nicht lösen können. Dies wurde mir schlagartig klar. Gewaltsam zerstörte ich die Ketten, die an den Metallbändern befestigt waren. Um die Metallbänder würde ich mich später kümmern. Jetzt mussten wir erst mal hier raus.

Erzählt von Helena Thornton



Den Zauberstab kampfbereit in der Hand, bog ich um die letzte Ecke und blieb schlagartig stehen. Die Zellentür stand weit offen.

Zwei, in dunkle, weite Umhänge gehüllte Gestalten, traten aus der Zelle. In ihrer Mitte schleiften sie den Gefangenen mit sich.

„Hey!“, rief ich. „Was geht hier vor?“

Die dunklen Gestalten hielten innen. Die eine wandte sich halb zu mir um. Ihr Gesicht blieb im Schatten der weiten Kapuze verborgen. „Auftrag vom Hauptquartier des Ministeriums. Gegenüberstellung!“

Die kalte gebieterische Stimme des Mannes kam mir irgendwie bekannt vor. Doch wer war das? Und wer zum Teufel hatte eine Verlegung von Snape angeordnet ohne dass ich davon unterrichtet wurde? „Davon ist mir nichts bekannt. Ist das nicht merkwürdig?“, antwortete ich etwas misstrauisch.

Die seltsame Gruppe setzte sich plötzlich wieder in Bewegung.

„Halt und keine Bewegung!“, rief ich scharf.

Der Mann, der zuvor gesprochen hatte, wirbelte herum und schickte einen Fluch in meine Richtung.

Instinktiv liess ich mich zu Boden fallen. Der Fluch prallte gegen die Wand. Ein Steinsplitter, der von der Wucht des Fluchs aus der Wand gerissen wurde, schrammte mir heiss über die Wange. Ich rollte zur Seite, doch scheinbar hatte dies der Angreifer bereits geahnt. Zudem bot sich hier keinerlei Deckung. Sofort wurde ich mir meines folgenschweren Fehlers bewusst. Gegen den nächsten Fluch gab es keine Verteidigung. Erschrocken riss ich die Augen auf, als ich getroffen wurde.

Ein paar Tage später...

Erzählt von Albus Dumbledore



Seit zwei Tagen konnte ich nun das Bett in der Krankenstation für ein paar Stunden verlassen, worüber ich sehr froh war. Auch wenn ich dabei noch immer sehr schnell ermüdete, hatte ich das Gefühl, nicht die ganze Zeit über im Bett liegen zu können.

Auch heute hatte mich Remus wieder abgeholt und ging nun mit mir zum See hinunter. Die Sonne schien und der Himmel war tiefblau.

„Lass uns ein wenig ausruhen“, schlug ich vor, als wir die Steinbank unter der alten Eiche erreicht hatten. Als ich mich niedergelassen hatte, fragte ich: „Wo steckt eigentlich Severus?“

Für den Bruchteil einer Sekunde schien es mir, als würden sich Lupins Augen erschreckt weiten und sein Gesicht eine Spur blasser werden. Oder war es nur Einbildung gewesen?

„Sev?“, räusperte sich nun der Angesprochene. „Er hat ziemlich viel Arbeit. Er ist unten in seinem Labor und werkelt vor sich hin. Man sieht ihn höchst selten. Sev arbeitet an einem wichtigen Experiment.“

„Ah so“, antwortete ich. „Versteckt er sich vor mir? Macht er sich vielleicht Vorwürfe, wegen dem was geschehen ist?“

„Was? Ach, nein. Ich denke nicht. Er ist einfach sehr beschäftigt. Das ist alles, Direktor.“ Lupin fuhr sich nervös durch die Haare.

So aufgewühlt hatte ich ihn schon lange nicht mehr erlebt. Irgend etwas war an der Sache mächtig faul. Jeder schien meinen Fragen über den Zaubertränkemeister auszuweichen. Seltsam. Die Aussage, dass sich Severus keine Vorwürfe machen würde, passte ganz und gar nicht zu ihm. Dafür kannte ich ihn zu gut. Wenn er wusste, was geschehen war, würde er sich deswegen zermartern und trotz allem wäre er an mein Bett gekommen um nach mir zu sehen.

Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. Die frische Luft tat mir gut und prickelnd spürte ich die Sonne auf meinem alten, zerfurchten Gesicht. „Richtig friedlich hier, nicht wahr?“, fragte ich sanft, ohne meine Augen zu öffnen.

Auch wenn Lupin nichts sagte, so spürte ich doch seine Zustimmung.

„Severus kommt oft hier her. Er liebt diese Stille und die Ungestörtheit dieses Platzes. Die alte, reine Seele des Baumes hier und das leise Plätschern des Sees... Dies ist der Ort, an den er sich flüchtet, wenn sich das Schicksal wieder einmal gegen ihn wendet.“

Noch immer schwieg Lupin. Ich öffnete die Augen und sah ihn ernst an. „Was es auch ist, Remus“, versuchte ich es nun, „sag mir, wo Severus ist und warum alle hier, so ein Geheimnis darum machen. Du brauchst mich nicht zu schonen, denn so zerbrechlich bin ich nicht. Aber die Gewissheit, dass ihr alle mir etwas wichtiges zu verschweigen scheint, setzt mir zu. Also bitte, Remus. Raus mit der Sprache.“

Lupin hatte stumm auf den See hinausgeblickt, doch nun wandte er sich mir zu und sah mich an. Eine undefinierbare Traurigkeit lag in seinen Augen und tief in meinem Innersten spürte ich, dass die Vergangenheit Severus eingeholt hatte.



 

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