Sonne, Mond und Blitz

 

 

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Kapitel 2: Ein viel zu großes Schulkind

 

Solaris hastete an der Seite von McGonagall durch die Korridore in den Krankenflügel. Wie würde sie sich je da auskennen. Beklemmung stieg in ihr auf und sie verlangsamte den Schritt. McGonagall zwang sich zu einem ermunternden Lächeln und nahm sie an der Hand. "Es ist alles gut", sagte sie in der Hoffnung, wenigstens im Tonfall würde ihre Botschaft ankommen. Sie zeigte auf sich. "Ich heiße McGonagall". 

Solaris spürte die Wärme der Hand. "Mä-go-na-gal...gut." Sie deutete mit den Händen einen langen Bart an. 

"Dumbledore." 

"Da-mel-dor ... gut". Dann zeichnete sie mit den Fingerspitzen eine Hakennase vor ihre und strich sich das Haar aus dem Gesicht. 

"Snape." 

"Ssnääp", sagte sie langsam und schüttelte sich am ganzem Körper. 

Die Lehrerin verzog keine Mine ,auch wenn sie hier gerne herzhaft gelacht hätte. Die Situation war absurd genug. Hier zog sie mit einer viel zu grossen Schülerin herum, in einem Kleid aus Stofffetzen und Gräsern, mit fast hüftlangem Haar, die Blätter, die wohl zum Schmuck gedacht waren, schon langsam welk. Was würde das wohl werden. Nichts als unnötige Aufregung, waren schon die normalen Schüler Aufregung genug. Wie sollte sie sie in den Unterricht integrieren, Sonderkurse, 1. Klasse - das wäre auch für die Schüler irgendwie belastend. Sie erreichten die Krankenstation und Madam Pomfrey kam ihnen entgegen. "Was schickt mir Albus denn da wieder, Minerva seien Sie so gut und besorgen Sie Kleidung für die Arme, so können wir sie wirklich nicht herumlaufen lassen." Sie wandte sich der Frau zu und untersuchte sie mit ruhigen Bewegungen auf irgendwelche Schäden. "Etwas Untergewicht aber sonst scheint sie in Ordnung", ließ sie verlauten, als die Lehrerin zurückgekehrt war. Die drückte ihr etwas Wäsche, eine einfache 
schwarze Robe und ein Paar unglaubliche Schuhe in die Hand. "Ich habe erst mal etwas von meinen alten Sachen herausgesucht, notfalls muss man später noch etwas nachkaufen". "Solaris", rief sie und führte sie zu einem kleinen Zimmer, das eher an einen Schrank erinnerte, aber ein Bett mit einer bunten Quiltdecke beherbergte, die den Raum recht wohnlich erscheinen liess. "Das ist Ihr Zimmer." 

"So-la-ris Zimmer." Ihre Aussprache war sehr mühsam, kam aber schon schneller als beim ersten Versuch. Sie machte ein Zeichen für Essen und folgte daraufhin McGonagall zurück in Dumbledores Raum.

Als sie hereinkamen, war ein Tisch über und über mit feinsten Leckereien gedeckt, das Licht brach sich tausendfach in Kristallgläsern und Silbertellern. Nahezu ungläubig betrachtete Solaris die Tafel und setzte sich schliesslich, als Dumbledore ihr mit einer offenen Geste einen Platz anbot. Sie blickte auf den leeren Stuhl ihr gegenüber. Der würde also auch kommen. Sie hatte gehofft, dass sie verschont bliebe. Diese Eiseskälte in seinem Blick wollte sie jetzt nicht ertragen. 

Doch da öffnete sich die Tür und Snape trat ein. Er blieb wie angewurzelt stehen, als er ihrer in der Schuluniform gewahr wurde, die leuchtenden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie sah unheimlich zerbrechlich aus in diesem schwarz. 

"Wollen Sie auch etwas essen Severus, dann kommen Sie endlich herein", rief Dumbledore. 

Als Solaris Snape jetzt anblickte, entdeckte sie eine Spur von Rot in seinem fahlen Gesicht. Sie schaute ganz schnell wieder fort, um nach wenigen Sekunden zurückzukehren. Ihr war flau im Magen. Er zog sie an wie ein Magnet. 

Er begann sich vom Tisch etwas Fleisch zu nehmen, dazu eine Hand voll Nudeln. Mehr würde er nicht vertragen können. Er spürte dass Solaris ihn intensiv anschaute und beobachtete sie aus den Augenwinkeln. Gleich würde sie sich erinnern. Gleich... 

Solaris hatte auf ihren Teller exakt das gleiche wie er genommen, ohne zu wissen, was all das auf dem Tisch wohl war, nur um nicht aufzufallen. Ungeschickt ahmte sie nach wie er das Besteck nahm und schnitt sich ein Stück Fleisch ab. Sie folgte seinem Beispiel und steckte fast synchron zu ihm das Stück in den Mund. 

Snape fühle sich verarscht und hatte schon eine fiese Bemerkung auf den Lippen, als er sah wie sie sich umdrehte und sich auf den Boden erbrach. Ekel stand in ihrem Gesicht geschrieben. Sie barg es nun in ihren Händen und brach in Tränen aus. Aus einem Impuls heraus berührte Snape ihre Schulter. Vielleicht war sie solches Essen wirklich nicht gewohnt, wer weiß, wie sie die ganzen Jahre ohne Familie durchgekommen war. Sie schaute ihn an und er glaubte in ihren grünen Augen zu versinken. Er hielt einen Moment inne, dann schalt er sich selbst. ‚Man, du machst dich selbst zum Affen' und verschloss sich wieder. "Sollen sich die Hauselfe mal beeilen und die Sauerei wegwischen", schrie er zornig um sich wieder zu fangen. 

Albus Dumbledore bedachte ihn mit einem fragenden Blick durch seine Brillengläser und fuhr, als sei nichts geschehen, mit dem Essen fort. 

Solaris schämte sich entsetzlich. Es war ihr peinlich, ihr Atem flatterte, nicht zuletzt auch in Erinnerung an Snapes Berührung. Nachdem alle aber friedlich weiter aßen und das Zimmer wie durch Zauberhand wieder gereinigt war, beruhigte sie sich wieder und sah sich um. 

Snape verschluckte sich fast, als er sah wie sie aufsprang und sich an den Zimmerpflanzen zu schaffen machte, Zitronenmelisse, Majoran und ein Getreidetrockengesteck, das noch von Erntedank herumstand. Sie begann die Körner herauszupopeln und kaute intensiv auf diesem Gemisch herum... 

Aus dem Nichts zog Dumbledore eine Schüssel mit Haferbrei und reichte ihn Solaris. Sie nahm dankbar an probierte ein wenig und begann dann den Brei mit den Fingerspitzen gierig in den Mund zu stopfen. McGonagall zog eine Braue hoch, Dumbledore lächelte. Snape fixierte anscheinend einen Fleck auf dem Tischtuch.



Später saßen die ganzen Lehrer im Lehrerzimmer beieinander. Dumbledore hatte ihnen kurz von der neuen Schülerin erzählt und die Problematik in den Raum gestellt: "Wir können sie so nirgend wohin fortschicken; das wird eine echte Herausforderung für unsere magischen Disziplinen - es wäre doch gelacht, wenn wir nicht hinter diesen Zauber kämen, der ihr Gedächtnis gefangen hält. Sie hält sich für eine Elfjährige, es wird ihr sicher bald aufgehen, dass das so nicht stimmen kann, doch halte ich es für angemessen, sie so gut wie möglich in den Schulalltag einzubinden. Vielleicht wecken wir so einige Erinnerungen an ihre Schulzeit, vielleicht entdecken wir ihre Begabungen. Über die Troiden wissen wir herzlich wenig, sie haben sich wohl scheu zurückgehalten, dennoch müssen sie wegen ihrer Magie auf irgendeine Art interessant für die schwarzen Mächte gewesen sein, sonst hätten sie es nicht darauf angelegt sie zu vernichten. Wir haben es mit einer Priesterin zu tun, wenn wir der Schlange Glauben schenken wollen, 
da müsste ein enormes Potential vorhanden sein. Das wäre ein echter Gewinn für Hogwarts. Ich bitte Sie also um Ihre Unterstützung." Er wandte sich in Richtung des letzten Platzes in einer Ecke. "Es mag auch Risiken geben. Severus, da Sie anscheinend Kontakt zu ihr aufnehmen können, haben Sie bitte auch ein Auge auf sie. Wenn es mit der Sprache anfangs nicht klappt, holen Sie Harry Potter zu Hilfe." 

Snape wünschte sich unsichtbar zu sein - er nickte mit finsterer Mine. 

Da beugte sich die Wahrsagelehrerin zu ihm und raunte ihm ins Ohr: "Na, was habe ich gesagt, Solaris - die Sonne..." 

Abrupt sprang Snape von seinem Stuhl auf, der dadurch zu Boden krachte. Er hätte sich am liebsten gleich übergeben, sein Magen zog sich zusammen, wie nach einem festen Schlag. Er musste raus, an die Luft, das war mehr als er im Moment ertragen konnte. Unter erstauntem Gemurmel der anderen verließ er fluchtartig das Lehrerzimmer.


Kapitel 1

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