Terra In Cognita

 

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Kapitel 1



Das Mondlicht fiel in das Zimmer. Durch das geöffnete Fenster wehte eine milde Brise hinein und der Vorhang bewegte sich im Spiel des Windes. In den zwei Betten, die jeweils an einer Wand standen, lag putzmunter Elaine, und Eneira saß am Computer.

An schlafen dachten die beiden noch lange nicht. Es waren Ferien und bevor die Beiden wieder in die Schule mussten waren es noch mehr als 5 Wochen. „Warum also schon so früh schlafen gehen?“, fragten sich die Schwestern.

Elaine blätterte wieder eine Seite in ihrem Buch um. Eneira dagegen suchte wieder sämtliche Fandoms im Internet ab.

Plötzlich wurde die Türe aufgerissen und eine kleiner, schlanke Frau mit dunkelbraunen Locken kam herein.

„Mensch Mädchen, habt ihr eine Ahnung wie viel Uhr es ist? Geht sofort in eure Betten!“, sagte sie aufgebracht.

Der Name der Frau war Gianne Stanis. Auch wenn hin und wieder der Respekt ihr gegen über wünschenswert wäre, liebten Elaine und Eneira ihre Mutter über alles. Sie waren eben nicht die Personen, die sich alles gefallen ließen. Auch wenn dies immer wieder einen Streit provozierte. Oft genug wurde den Schwestern gesagt, dass es ihnen an Manieren fehlte. Doch kümmerte die Beiden das wenig. Wenn sie wollten, dann konnten sie sogar die Musterkinder spielen.

„Mum, ich lese. Ich kann jetzt nicht aufhören!“, protestierte Elaine und sah von ihrem Buch auf.

„Du hast dieses Buch schon mehr als 10mal gelesen. Kannst du es nicht schon auswendig? Leg es weg und geh schlafen. Du auch Eneira!“, entgegnete Gianne barsch.

„Du verstehst das nicht. Das ist nicht irgendein Buch. Das ist HARRY POTTER. Auch wenn ich die Bücher auswendig kann, es ist mir egal. Diese Welt ist wunderbar“, sagte Elaine und ihre Mutter schüttelte nur den Kopf.

„Eneira schalte den PC aus und los ins Bett. Oder ich werde euch Beine machen!“, sagte Gianne dann und ihre Stimme hatte einen Tonfall angenommen, der keinen Widerspruch duldete.

„Dann raus hier!“, rief Eneira und Elaine machte eine abweisende Handbewegung.

„Habe ich dir nicht gesagt, dass ich so was nicht hören will? Was wird euer Vater dazu sagen?!“, brüllte Gianne wütend.

Elaine richtete sich auf und Eneira tat es ihr gleich. „Wir haben keinen Vater!", sagten beide wie aus einem Mund.

„Und ob ihr den habt. Er sitzt im Wohnzimmer und liest die Zeitung!“, sagte Gianne und ging auf den PC zu. Mit einigen Klicks war er aus. Dann ging sie auf Elaine zu und riss ihr das Buch weg, das sie immer noch in der Hand hielt.

„Corin ist nicht unser Vater. Dass er dein Mann ist und der Vater von Alex, das macht ihn noch lange nicht zu unserem Vater“, erwiderte Eneira kalt und strich sich eine Strähne ihres schwarzen Haares hinter die Ohren.

Elaine, das völlige Ebenbild von Eneira stemmte die Hände in die Hüften und blitzte ihre Mutter wütend an.

„Dann sagt mir wer euer Vater ist!?", fragte Gianne siegessicher.

„Woher sollen wir das wissen wenn du es uns nie gesagt hast? Du willst ja, dass wir es nicht erfahren. Doch eins ist klar, Corin ist nicht unser Vater!“, rief Eneira.

„Die Person die ihr meint, 'euren Vater', den habe ich euch nicht unabsichtlich verschwiegen. Es ist besser so. Er ist nicht unbedingt eine Person, die vor Lebensfreude nur so sprüht. Corin ist ein guter Vater und ihr solltet ihn als solchen akzeptieren. Auch wenn ihr ihn nicht 'Dad' nennt. Und jetzt Schluss mit der Diskussion. Ab ins Bett! Sonst könnt ihr morgen den Besuch bei Cella vergessen!“

Maulend und vor sich her grummelnd machten Elaine und Eneira das was ihre Mutter verlangt hatte. Mit einem unmerklichen Kopfnicken verließ Gianne das Zimmer. Corin war ein großer Mann, der bestimmt die Ein Meter neunzig schon erreicht hatte. Gianne hatte ihn vor 11 Jahren kennen gelernt und schon nach einem Jahr geheiratet. Elaine und Eneira, die in wenigen Monaten 15 wurden, konnten ihn nicht besonders leiden. Schon alleine deshalb, dass er einen Sohn mit in die Ehe brachte.

Er behandelte Elaine und Eneira wie Luft. Und wenn er das nicht tat, dann hatte er wirklich an jedem etwas auszusetzen.

"Eneira, dein Aufsatz ist zu kurz. Schreib noch ein paar Seiten. - Elaine, wenn du noch mehr Zeit mit Büchern verbringst beginnst du bald schon zu glauben das alles wahr ist. - Elaine, Eneira, bringt eure Haare in Ordnung, eure Frisuren sehen ja aus wie beim Zirkus!"

So ging das dauernd. Das machte Corin, in der Sicht der Mädchen, nicht viel beliebter. Sein Sohn Alex, der zwei Jahre älter war als die Schwestern, war auch nicht viel besser. Sein Markenzeichen war der überaus nervtötende Galgenhumor, der nicht einmal ansatzweise witzig war. Was dazu kam war, dass Elaine und Eneira nicht mal ihren wahren Nachnamen kannten.

Sie mussten bei der Heirat von Corin und Gianne den Nachnamen von Corin annehmen. Eneira und Elaine Stanis. Und das klang schon blöd genug! Also konnte der richtige Nachname der Beiden wohl kaum noch schlimmer sein.

Widerwillig stiegen die beiden in ihre Betten und zogen die Bettdecken bis hoch zum Hals. Das Licht wurde gelöscht und nur das Mondlicht erhellte den Raum.

"Eneira?“, fragte Elaine und ein "Hmmm?“ kam als Antwort. "Weißt du was schön wäre, Anni?"

"Was? Mal ein paar Tage Stanis-Frei zu bekommen?“, fragte Eneira und zog die Bettdecke noch ein Stück höher.

"Das natürlich auch. Aber wenn wir genauso zaubern könnten wie die Leute in meinen Büchern!“, sagte Elaine verträumt und drehte sich auf die andere Seite.

"Du träumst. So was wie Zauberei gibt es nicht. Und das hat uns Mum mehr als einmal gesagt. Aber du hast schon Recht, es wäre bestimmt nicht schlecht“, entgegnete Eneira und schloss die Augen. Keiner sagte mehr etwas und beide fielen fast gleichzeitig in einen tiefen Schlaf.

Am Morgen platzte Alex herein. "Na ihr? Schon wach? Wenn nicht, dann seid ihr es jetzt. AUFSTEHEN!!!“, schrie er den Mädchen entgegen und zog beiden die Bettdecke weg.

"RAUS HIER!“, schrie Eneira im gleichen Ton und Alex grinste nur dämlich.

"Haben die Zwillinge etwa schlechte Laune?“, säuselte er und tanzte wie ein Pinguin im Zimmer herum.

Elaine schwang die Beine über die Bettkante und ging auf Alex zu. "Geh raus oder wir werden Gewalt anwenden!", sagte sie gefährlich kalt. Und wie immer hatte sie genau den richtigen Tonfall gefunden und Alex zuckte kurz zusammen. Eneira grinste über den Triumph ihrer Schwester und stieg ebenfalls aus dem Bett.

"Alex? Du willst uns doch nicht etwa verärgern?“, sagte sie kalt und der Sarkasmus triefte nur so.

„Ach, ich sage es immer wieder. Elaine die Träumerin und Eneira der Sakasmus in Person. Ihr seid so dämlich, richtig gestört! Euer Vater muss genauso sein, denn von Gianne könnt ihr das nicht haben. Die ist wenigstens normal“, sagte Alex verächtlich und verließ das Zimmer. Schimpfend und sämtliche Schimpfwörter zu gebrauchen machten sich die beiden daran sich anzuziehen.

Am Frühstückstisch saßen bereits Gianne und Corin. Alex war wohl schon früher fertig gewesen. Keiner der Anwesenden grüßte sie und Elaine und Eneira ließen sich in einen der Stühle sinken.

„Elaine, nimmst du nachher das Buch mit das Cella lesen wollte?“, fragte Eneira und nahm sich ein Brötchen, das sie mit Butter bestrich.

„Ja, aber ich habe ihr schon gestern gesagt, dass ich keine Ahnung habe wo sich das Buch befindet. Ich meine ich habe Physik noch nie gemocht. Und habe es, glaube ich, auf dem Speicher entsorgt“, sagte Elaine und trank genüsslich ihren Kakao.

„Dann musst du es eben suchen!“, meinte Eneira.

„Elaine, warum isst du immer nichts? Das Frühstück ist die wichtigste Malzeit des Tages!“, erklärte Corin überlegen und nahm sich die Zeitung.

„Weil ich schon IMMER morgens nichts esse. Das ist einfach so, und es ändert auch nichts daran wenn du mich jeden Morgen darauf aufmerksam machst!“, erklärte Elaine geistesabwesend.

Eneira verdrehte nur die Augen. Das war wieder eine typische Antwort von Elaine gewesen.

„Wenn ihr mich jetzt entschuldigt?!“, sagte Elaine dann und stand auf.

Kapitel 2

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