Tortur

 

 

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Kapitel 36: Schmerz



"Kennst du die Claisenreaktion?" erkundigte sich Catriona zwischen einem Bissen Kartoffelauflauf und einem Schluck Zitronenwassers.

Snape gab ihr durch ein minimalistische Nicken zu verstehen, daß er sehr wohl im Bilde war und spießte mit Todesverachtung ein Blumenkohlröschen auf die äußersten Gabelzinken.
MacGillivray hatte ihn zum gemeinsamen Mittagessen überredet, nachdem sie am Morgen zu spät erwacht waren, um noch in Ruhe zu frühstücken, denn daß der Meister der Zaubertränke zu spät zum Unterricht erschien, stand selbstredend nicht zur Debatte.

"Madam Sprout will die Bleiwasserübeltäter überführen?" erkundigte er sich beiläufig, drehte die Gabel nachdenklich, so daß der Blumenkohl Gefahr lief, abzustürzen und legte sie schließlich entnervt beiseite.

"Ich bin nicht hungrig", behauptete er lahm, als er ihren schmerzlichen Blick auf sich ruhen spürte.

"So ist es", bestätigte Catriona seine Eingangsfrage. "Alle Achtung."

"Danke", parierte er trocken, wiegte sich jedoch vergeblich in Sicherheit, sie würde seine Schwierigkeiten mit der Nahrungsaufnahme ignorieren.

"Versuch wenigstens ein paar Löffel Suppe", sagte Catriona sanft und tauschte mit einem Schwenk ihres Zauberstabes den Auflauf gegen einen tiefen Teller.
Snape unterdrückte ein Schaudern. "Ich kann nicht", sagte er nach innerem Kampf und verschränkte die Arme vor der Brust.
Nicht erst seit dem Ordenstreffen fühlte er sich angegriffener; in der heutigen Doppelstunde Zaubertränke mit dem Kurs des siebten Jahres hätte ihn rasender Schwindel um ein Haar zur vorzeitigen Beendigung gezwungen, und allein der Geruch der Suppe genügte, Wellen bitteren Ekels durch seinen Körper zu jagen.

"Gut." Catriona befreite ihn aus der Bedrängnis und beschaffte ein Fläschchen mit sämigem Inhalt, das sie ihm entkorkte.

"Aufbauelixier grün", identifizierte der Tränkemeister säuerlich und kämpfte gegen den irrigen Wunsch, in Tränen auszubrechen. Die Mühe, die sie sich mit ihm gab, die Sorge um ihn, die ihr ins Gesicht geschrieben stand und mit der er noch immer nicht umzugehen vermochte - Snape leerte die Flasche in einem raschen Zug und vergrub die zitternden Finger in den Falten der schweren Robe, wie er es stets zu tun pflegte, um sich zu schützen.

"Ich übernehme deine restlichen Stunden", entschied Catriona. "Hinlegen wirst du dich nicht, aber ich bitte dich, die Forschung ruhig angehen zu lassen."

Ein blasses Rot stieg in Snapes weißes Gesicht. Sie kannte ihn viel zu gut und versuchte dennoch nie, ihn zu etwas zu zwingen, ganz gleich, für wie falsch sie sein Verhalten ansehen mochte.

"Erzähl mir von Pomonas Racheplan", bat er unvermittelt. "Hat sie dich um Sonnentausud gebeten?"

"In der Tat", bestätigte MacGillivray, längst nicht mehr überrascht. Es lag in Snapes Natur, nicht ungefragt sein Wissen preiszugeben - für ihn Ausdruck höflicher Zurückhaltung, für so viele andere jedoch maßlose Arroganz.

"Meine Stunden kommen dafür nicht in Frage", sagte er gebieterisch und durchbohrte sie mit einem schwarzscharfen Blick.

"Natürlich nicht", bestätigte sie mit Grabesstimme, und aus ihren im Winterlicht saphirblauen Augen lachte der Schalk.

"Du hast gleich Unterricht", bemerkte Snape mißmutig. "Sechstes Jahr, erste Stufe des 'Curatio Hämorrhagiae'."

Catriona hob die Brauen. Der Trank gegen innere Blutungen war schwierig und komplex - ein sicherer Garant dafür, daß der Tränkemeister von seinen Schülern erwartete, ihn fehlerfrei herstellen zu können, auch ohne daß ihn der Lehrplan aufführte.

"Du beherrschst ihn hoffentlich?" setzte Snape nach und wich einem Rippenstoß geschickt aus.

"Denkst du an den Wolfsbann für Remus?" MacGillivray erhob sich und strich ihm sanft über den Arm.

Snape schenkte ihr einen herablassenden Blick. "Meinst du den Ansatz, der seit drei Tagen bei mir im Labor steht?" gab er schneidend zurück und schluckte schwindelige Übelkeit.

Catriona preßte die Lippen aufeinander. Je schlechter er sich fühlte, desto gereizter reagierte er auf Fragen, die vermeintlich seine Umsicht in Frage stellten. Andererseits hatte er Lupin immer absolut zuverlässig mit dem Trank versorgt, so daß sie seine Kränkung in gewisser Weise sogar verstand.
Dennoch war es zu verlockend, ihn herauszufordern; ihre Zunge führte ein scharfspöttisches Eigenleben, wenn es darum ging, ihm den Trotz in barer Münze heimzuzahlen.

"Der Kupferkessel hinten rechts?" erkundigte sie sich interessiert und als er würdevoll nickte: "Den habe ich anderweitig benutzt."

Snapes Brauen kletterten in entsetzte Höhen, aber bevor er noch blasser werden konnte, erinnerte ihn die innere Stimme an Catrionas Vorliebe, für gewöhnlich noch Öl auf die Flamme seines Sarkasmus zu gießen. Die Brauen kehrten auf physiologische Höhen zurück, und er sagte erzwungen kühl: "Das meinst du nicht ernst."

Sie hielt seinem stechenden Blick mit unverschämter Lässigkeit stand, um ihn im Gehen schließlich anzulachen und zu spötteln: "Aber der Schreck sitzt dir noch in den Gliedern. Bis nachher."

Snape seufzte unwillig, bevor er sich zittrig erhob, um sein Labor aufzusuchen.

xoxoxox

"Severus." Die Stimme war klangvoll und weich; sie streichelte seine schlaftrunkene Seele, die sich jedoch nur tiefer in den Kokon wohliger Geborgenheit zurückzog.
"Severus", wiederholte die Stimme sanft, "wach auf."

Snapes Kopf schoß jäh nach oben. Desorientiert blinzelte er gegen zuckende Lichtblitze im Gesichtsfeld, bis ihn Catrionas beharrliches Streicheln vollends in die Realität zurückholte.
Er befand sich noch immer im Büro; längst hatte die Dunkelheit ihren kristallenen Mantel über das Schloß gebreitet.
Er mußte mehrere Stunden geschlafen haben. Beim Barte des Merlin - die Trankansätze, die er begonnen hatte…

"Es ist nichts verdorben", sagte MacGillivray ruhig, als habe sie seine Gedanken gelesen.

Er ließ den angehaltenen Atem in einem Stoß entweichen, rieb sich die Augen und witzelte in einem kläglichen Versuch, seine Verlegenheit zu überspielen: "Im Büro schläft es sich besonders gut."
Bisher war er zumeist als Sieger in dem nie endenwollenden Kampf des Geistes gegen die lächerlichen Bedürfnisse des Körpers hervorgegangen, aber heute - es entsetzte ihn, daß ihn die Müdigkeit rücksichtslos übermannte, ohne daß er überhaupt eine Wahl gehabt hatte. Die erst kürzlich zurückgewonnene Kontrolle drohte ihm nun wieder zu entgleiten.

"Iß", sagte MacGillivray sanft und stellte ein Schälchen Porridge auf den Schreibtisch des Tränkemeisters. Auf gar keinen Fall durfte er ihre Sorge bemerken, wollte sie nicht riskieren, daß er sich aus Trotz noch weiter verschloß und schämte. Während sie längst die Signale absoluter Erschöpfung bei ihm erkannte und insgeheim fürchtete, sein geschwächter Körper würde bald vollends den Dienst verweigern, ignorierte er mit bemerkenswerter Hartnäckigkeit die ausgesandten Hilferufe und verachtete sich gar für die vermeintliche Schwäche.
Wenn sie fortging, verließ ihn der einzige Mensch, der sich die Mühe gemacht hatte, hinter seine Fassade aus kalter Abwehr zu sehen und dem Snape genügend vertraute, um diese Geste mit mehr als einer weiteren Mauer noch undurchdringlicherer Zurückhaltung zu honorieren. Dennoch…

"Ich esse keine Süßspeisen", widersprach Snape unbeeindruckt und schob die Schüssel weit von sich. Bevor sie über ein derart irrationales Benehmen aus der Haut fahren konnte (immerhin war Porridge keine Süßspeise und von ihm zu früheren Gelegenheiten noch am ehesten toleriert worden), verwandelte er den Haferbrei in trockenen Toast, den er langsam und konzentriert Stück für Stück verspeiste.

MacGillivray unterdrückte ein Seufzen. Böse konnte sie ihm nicht sein, egal wie sehr sie es versuchte.

In seinem Quartier überlistete sie ihn mit betörenden Latwergen, die er nicht hungrig, aber beinahe genußvoll verzehrte, um sich dann gemeinsam mit ihr zur Ruhe zu begeben.

xoxoxox

"Ich gehe zurück nach Brasilien", sagte MacGillivray leise, als sie später eng beieinander lagen und im Nachtaumel einer ekstatischen Vereinigung berückt den Duft des anderen tranken.

"Merlin sei Dank!" Snape preßte sie an sich, und diese Geste obsessiver Verlustangst strafte die scheinbar erleichterten Worte bitter Lügen.
Wie sehr hatte er gehofft, sie würde sich für die Rückkehr in relative Sicherheit entscheiden - wie qualvoll zerfraß ihn egoistische Furcht, sie lassen zu müssen. Die Gewißheit, in keiner der als Alternativen getarnten Auswahlmöglichkeiten sein Sehnen erfüllt zu bekommen, das Hin- und Herbangen, wofür sie sich entscheiden würde, zermürbten ihn.
Nun, da sie die einzig richtige Wahl getroffen hatte, ließ ihn verzweifelte Erleichterung schaudern und zittern, während eine hilflose Wut über die Unabänderlichkeit der Tatsachen ihm purpurne Röte ins Gesicht trieb.

MacGillivray zog ihn fester in die Arme. Müßig, ihrer beider Schmerz in Worte zu fassen, und dennoch die logische Wahl. Die von Dumbledore erwähnte Stelle am St. Mungos hatte kaum dazu gedient, ein laues Interesse in ihr zu wecken; sie liebte die Unwägbarkeiten der Forschung im Regenwald, die Schwierigkeiten und sogar die Mißerfolge (zumindest meistens, gestand sie sich ehrlich ein), weil sie Ansporn bedeuteten und ein darauffolgendes Resultat um so mehr psychologischen Wer besaß und das Team noch tagelang berauschte. Das konnte ihr die Analysestelle unmöglich auch nur ansatzweise ersetzen.

"Ich habe mit Dumbledore gesprochen", informierte sie ihn schließlich sanft, ohne sich von ihm zu lösen. "St. Mungos ist in dieser Form wirklich nichts für mich. Stattdessen werde ich als Ordenskontakt in Brasilien fungieren und euch regelmäßig Bericht erstatten. Solltet ihr irgendwelche Hilfe benötigen, stehe ich sofort zur Verfügung."

Snape nickte automatisch, ohne ihren Worten tatsächlich gefolgt zu sein. Es war, als habe ihre Eröffnung sein bewußtes Denken gelähmt und ließ nur noch den Fokus auf ein einziges Thema zu: Einsamkeit.

"Du könntest Erholung gebrauchen", begann Catriona verhalten nach einer Viertelstunde drückenden Schweigens. "Du hast nie Zeit gehabt, dich auszukurieren. - Bald sind Ferien."

Der Tränkemeister blieb unbewegt. Ferien bedeuteten lediglich willkommene Erlösung vom Unterrichtsgeschehen; für ihn gab es keine Erholung, erst recht nicht nach monatelanger Abwesenheit und mit einem machthungrigen, lauernden Gebieter, der noch immer Lücken in seiner Loyalität zu finden trachtete.

"Mir geht es gut", sagte er plötzlich so schroff und abweisend, daß es Catriona einen Stich versetzte, "und es ist völlig sinnlos, mich einzuladen, da ich außerordentlich beschäftigt bin."

Von einer Einladung war nicht mehr die Rede gewesen, seit er ihre mögliche Zusammenarbeit in Brasilien als Träumerei abgewertet hatte. Atemlos wartete Snape auf ihre Reaktion; unverzeihlich, wenn er ihre Bemerkung fehlinterpretierte und sich damit komplett zum Narren machte. Nichts fürchtete er mehr, als daß sie ihn verlachte.

Tatsächlich erwog MacGillivray für Sekunden beißenden Spott, besann sich jedoch rasch eines Besseren. Sein Schmerz setzte sich stets in verschlossene Bitterkeit um; er vermochte noch weniger als sie selbst, offen zu zeigen, was ihn bewegte.

"In Ordnung", sagte sie mit entwaffnender Schlichtheit, und damit war das Thema für sie vorerst beendet.
Snape starrte mit offenen Augen blicklos in die Dunkelheit, unfähig, auch nur einen der verzweifelten Gedanken in Worte zu fassen, die ihn aufwühlten und peinigten.

Als Catriona unendlich zärtlich seine Halsbeuge nachzuzeichnen begann, löste sich ein vorwitziger Tropfen von seinen Wimpern.
Sie hauchte einen Kuß auf seine Wange, federleicht, und schmeckte die salzige Feuchte bitterer Tränen.
Daß er weinte, um sie weinte, entsetzte sie, weckte eine abergläubische Furcht, ihm würde etwas zustoßen, sobald sie Hogwarts verließ.

'Du könntest es nicht ändern', raunte ihr Gewissen unwillkommen pragmatisch, aber sie schüttelte die Stimme energisch ab, legte den Kopf auf seine Brust, die sich in flachen Atemzügen hob und senkte und lauschte seinem Herzschlag, dessen Rhythmus ihr so vertraut war, daß sie ihn als den eigenen empfinden konnte, wann immer sie seiner gedachte.

xoxoxox

"Wo ist Eileen?" Die Stimme des mageren Teenagers konnte trotz des Befehlstones eine abgrundtiefe Angst nicht verhehlen.
"Wo ist meine Mutter?" wiederholte er drängend und sah seinem Gegenüber fordernd in die stechenden Augen.
Er trug noch die Schuluniform, die, obgleich abgenutzt, in dem ärmlichen, ungepflegten Häuschen völlig deplaciert wirkte. Wie üblich hatte ihn niemand vom Bahnhof abgeholt, aber daß Tobias Snape, der um diese Zeit in der Fabrik sein sollte, und nicht Eileen die Tür öffnete, war mehr als ungewöhnlich und alarmierte den Jungen aufs Äußerste.

Sein Vater erschien, anders als sonst, bedrückt, vielleicht sogar schuldbewußt, aber da Snape diese Regung nie bei ihm gesehen hatte, vermochte er sie nicht mit Sicherheit als solche zu identifizieren. Erste graue Strähnen durchzogen silbrig sein makellos gegeltes, lackschwarzes Haar, und feine Falten um Mund und Augen verliehen ihm einen besorgten Ausdruck.

"Sie ist gestürzt, Severus", sagte Tobias Snape schwerfällig, und als sich pures, ungläubiges Entsetzen auf dem blassen Gesicht seines Sohnes auszubreiten begann, fügte er rauh hinzu: "Sie ist fehlgetreten. Aber es geht ihr schon besser."

Der junge Bursche schien für Sekundenbruchteile mit sich zu ringen, ob er den Zauberstab zücken und sich vergessen sollte; stattdessen sandte er dem Vater einen sengenden Blick unversöhnlichen Hasses, machte auf dem Absatz kehrt und betrat das Schlafzimmer der Eltern.

Eileen Prince lag mit geschlossenen Lidern im Bett; eine Gesichtshälfte war verschwollen und blauviolett verfärbt. Den rechten Arm trug sie in einer ungeschickt gebundenen Schlinge.
Snape trat zu ihr - ein ganzer Schritt, um das winzige Zimmerchen zu durchqueren.

"Severus." Das Geräusch hatte sie trotz geschlossener Augen wahrgenommen. Sie versuchte zu lächeln, aber das Lächeln geriet zur Grimasse, und ein unterdrücktes Stöhnen quälte sich über ihre geschwollenen Lippen.

"Dafür bringe ich ihn um", sagte der Teenager mit martialischer Bestimmtheit, aber seine Mutter umfaßte sein dünnes Handgelenk und flüsterte, so gut es die Verletzungen zuließen: "Rede keinen Unsinn, Junge. Ich bin unglücklich gestürzt, nicht mehr und nicht weniger."
Sie rappelte sich mühsam und unter sichtlichen Schmerzen auf und erkundigte sich, während sie ihm bedeutete, er möge sich zu ihr auf die Bettkante setzen: "Bist du in Ordnung, Severus?"

Er wirkte zu blaß, zu verschlossen und viel zu mürrisch für seine Jugend, gleichzeitig erschreckend bemitleidenswert in der nur schlecht verborgenen Sorge um den Zustand der Mutter.
Snape zuckte hagere Schultern. Sie wandte dieselbe Taktik an wie er, wenn er von sich selbst ablenken wollte - Gegenfragen, die den Gesprächspartner wegen ihrer Unvorhersehbarkeit im Regelfall aus dem Konzept brachten.
"Sicher", sagte er gleichmütig und mied ihren Blick, zu groß die Furcht, seine Angst müsse überdeutlich sichtbar sein.
Er versteifte sich, als sie nach seinem Arm langte. Es gab zu wenig freundliche Berührungen, als daß er wirklich etwas mit Zärtlichkeit anzufangen gewußt hätte.

"Er hat keinen Heiler informiert", sagte der junge Bursche bitter. "Das werde ich jetzt tun."
Seine Mutter schüttelte gebieterisch den Kopf, Schmerzen und Schwindel für den Moment vergessen.
"Doktor Spinalis hat mich untersucht", quetschte sie durch den verschwollenen Mund und holte mühevoll Atem. "Über etwas Tee würde ich mich freuen, wenn du etwas für mich tun möchtest."

Ein Muggelarzt. Snape ließ unbewegt eine gefüllte Tasse auf ihren Nachttisch schweben, gab sie ihr in die unversehrte Hand und drohte: "Kein Wort über die Zauberei. Ich bin sicher, er hat dir nicht einmal etwas zu essen gebracht."

Eileen Prince schwieg eine Weile, bevor sie murmelte: "Tobias hat sogar für mich gekocht. Er bemüht sich, Severus, sieh das doch ein."

Der junge Mann preßte die Lippen fest aufeinander, ohne sich in sonst einer Form dazu zu äußern. Er glaubte keine einzige Silbe, war jedoch so gefangen in dem Kokon zurückgezogener Duldung, daß er nicht einmal darauf bestand, trotzdem einen magischen Heiler hinzuzuziehen.
Eileen schickte ihn schließlich hinaus; er durfte nicht sehen, daß ihr die Augen voller Tränen standen.

Mitten in der Nacht schreckte er auf, unsicher, was ihn geweckt hatte, desorientiert und am ganzen Körper bebend. Er stolperte schwankend hinaus, den Zauberstab krampfhaft umklammert, getrieben von dem Wissen, daß etwas geschehen sein mußte.

Tobias Snape stiefelte in dem engen Gang vor dem Schlafzimmer nervös auf und ab. Als er seinen Sohn übernächtigt und elend mit gezücktem Zauberstab herantaumeln sah, wich er unwillkürlich zurück, rieb sich verlegen die Hände und zuckte in einer seltsamen Geste unterwürfiger Hilflosigkeit die Achseln. "Ich habe schon dem Arzt telefoniert", sagte er rauh.

Der Teenager starrte dem Älteren in fassungslosem, stummem Entsetzen in die Augen, bevor er sich aus der Bewegungslosigkeit riß und rüde an ihm vorbeidrängte.
Eileen Prince litt sichtlich Schmerzen; sie lag mit verkniffenem Gesicht auf der Seite, und ihre weißen Fingerknöchel umklammerten das Laken wie eine Rettungsleine.

"Sedare dolorem", befahl ihr Sohn instinktiv; die Zauberstabhand zitterte, als hätte er Fieber.
Sie schien sich tatsächlich ein wenig zu entspannen, öffnete die Augen und kehrte sich zu ihm.
"Severus", flüsterte sie heiser. Er folgte ihrer matten Stimme, gelähmt vor Angst, aschfahl und außerstande, einen klaren Gedanken zu fassen, als sich ihre Augen in seine bohrten und der Raum zu verschwimmen begann.
"Nicht wehren", beschwor sie ihn eindringlich; offenbar funktionierten manche Automatismen durch jahrelanges Training besonders gut. "Du mußt ein paar Dinge wissen. - Legilimens."


 

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