Devastation

 

 

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Kapitel 3

Es gibt Zeiten in denen man lebt.
Und die andere Zeit?
In der versucht man nicht zu sterben.
Empfindest du so das Leben?
So hat es sich es mir immer gezeigt.

***



Langsam ging Sirius vor dem Zaubertränkemeister in die Knie. Doch keinen Moment ließ er den stechenden Blick des anderen aus den Augen. Er konnte es auch nicht, oder vielmehr wollte er es nicht. Es war als blicke er in den Spiegel. Und es tat weh. Es schmerzte verflucht noch mal. Den Schmerz, den selbst der stärkste Mann kaum aushalten konnte, in den Augen des anderen zu sehen, es war beinahe zuviel für ihn. Er hätte es niemals für möglich gehalten, doch er verstand Severus, und zum ersten Mal keimte in ihm die Vermutung, dass auch der Zaubertränkemeister ihn verstand. Es war der selbe hoffnungslose, tote Blick, der sich ihm wiederspiegelte auf einer glänzenden Oberfläche.

„Wie erträgst du es?“ flüsterte er heiser. Er scheute die Antwort, wusste sie instinktiv sogar. Er wollte sie nicht hören, er wollte nicht das Unausgesprochene bestätigt wissen. Und doch. Etwas in ihm drängte förmlich danach, es mit eigenen Ohren zu vernehmen. Die rohe Gewalt der Aussage endlich verbal zu erfahren. Würde es ihm helfen? Wobei? Leichter zu sterben? Friedlicher? Auch wenn er es bezweifelte, er klammerte sich daran. Es war lediglich ein schwacher ... was eigentlich? Hoffnungsschimmer? Dass er nicht einen weiteren fatalen Fehler an eine Reihe von unverzeihlichen Irrtümern heftete? Oder wollte er nur Absolution? Eine Bestätigung, dass sein Tun richtig war, auch wenn er selbst wusste, dass es das niemals sein konnte?

Severus senkte den Blick. Scheute offenbar die Konfrontation mit seinen eigenen Ängsten. Seinen eigenen Mahren. „Ich hatte gehofft, du würdest mich genau dies nicht fragen!“ antwortete der Zaubertränkemeister ebenso leise. „Ich kann es nicht! Ich dachte es wäre dir mittlerweile klar geworden, dass die Geister mich nicht ruhig schlafen lassen, dass ich jeglichen Sinn für Schönheit, für Glückseeligkeit verloren habe. Ich habe zu viele Schrecken gesehen, erlebt, einfach nur gehört, als dass ich noch einen Moment glücklich sein könnte. Du hast dir dein Schicksal gewählt, ich das meine. Du wählst den Kuss, ich den..“ Severus schluckte hart. Es war mehr als ersichtlich, dass ihm diese Worte schwer fielen. Doch auch für Sirius war jedes Wort wie ein glänzender Eispickel, der weiter in sein Herz getrieben wurde. Ja, er wusste es, er hatte immer den Dämon hinter der kalten Fassade vermutet. Doch er wollte es nicht wahr haben, hatte sich innerlich gegen diese Tatsache gewehrt. Es war wie ein letzter Strohhalm, der unter der Last der Erkenntnis brach. Wenn selbst Severus diese Qualen nicht ertragen konnte, wer sollte es denn dann? Severus, der niemanden und nichts brauchte, der ein Herz aus Stein zu haben schien. Und just in diesem Moment erkannte Sirius den Fehler in seinem Denken. Gerade diese Härte machte es Severus unerträglich. Sie war seine Achillesferse, und sie würde ihn zu Fall bringen.

„... Es wird nicht mehr lange dauern, und sie werden dich holen.“ Es war eine Feststellung, keine Frage, kein bittendes Flehen. Nüchtern und kalt schwang es zwischen ihnen hin und her. In gewisser Weise bestürzte es Sirius, dass Severus nicht mal ansatzweise versuchte ihm sein Vorhaben auszureden. Hatte er wirklich geglaubt, dass der dunkelhaarige Mann vor ihm ihn bitten würde, ihm zu folgen? Dass gerade Severus ihm ein anderes, ein besseres Leben versprechen würde? Ein Leben weit weg von Voldemort, weit weg von dem unerbittlichen Krieg, der nur Opfer und Verlierer kannte, aber keine Gewinner? Allein die Annahme war lächerlich, es lag nicht in Severus' Natur, er würde niemals ein derartiges Angebot unterbreiten. Und Sirius wusste dies nur allzu genau. Doch die Enttäuschung, die sich in ihm ausbreitete, zeigte, dass er dennoch die Hoffnung gehegt hatte. Wie hätte er geantwortet? Wäre er ihm gefolgt? Wahrscheinlich nicht. Auch wenn Sirius sich nichts mehr wünschte als zu vergessen, doch er wusste, vor sich selbst konnte er nicht davon laufen.

„Bereust du es?“ Severus' Stimme ließ ihn aus seinen Gedanken aufschrecken. „Dass ich mich gestellt habe?“ fragte Sirius etwas verwirrt nach.

„Nein, das meinte ich nicht“, kam die leise Antworte. Severus' Gesicht war so starr wie eh und je, und dieses steinerne Profil ließ kaum den Schmerz erahnen, den der dunkelhaarige Mann wohl in sich trug. Doch so sehr er sich auch anstrengte, er verstand noch immer nicht, was Severus mit seiner Aussage bezweckte. Bereuen? Er bereute sehr vieles in seinem Leben. Viele Fehler die er begangen hatte, die viele ins Unglück stürzten. Waren es nicht gerade diese Fehler, die ihn schlussendlich zu dieser Tat getrieben hatte? Schuld und Sühne, bittersüß verwoben, das eine nichts ohne das andere. Er wünschte sich, dass er einige Fehler rückgängig machen könnte. Und er bedauerte andere, die er sinnlos verstreichen ließ. Er bereute Gelegenheiten, die er nicht ergriffen hatte, und andere die er nicht vollkommen ausgenützt hatte. An jedem verfluchten Tag seines vergeudeten Lebens fragte er sich, wie es verlaufen wäre, hätte er manche Dinge ausgesprochen, und andere niemals von sich gegeben. Es gab so vieles, dessen er sich schämte und so weniges, auf das er stolz war. Was sollte er denn bereuen? Sich? Sein Leben? Seine Taten? War nicht alles eins?

Severus hatte anscheinend sein verständnislosen Blick richtig gedeutet. Denn mit einem tiefen Seufzen und einem knappen „Ich sollte gehen!“ erhob er sich.

Sirius tat es ihm gleich, und zum ersten Mal seit diesem seltsamen Zusammentreffen sahen sie sich in gleicher Höhe in die Augen. Es war ein eigenartige, befremdliches und doch auf seltsame Weise ein vertrautes Gefühl. Die Luft begann erneut zu vibrieren, erst einmal hatte er diese verschwörerische Anziehungskraft zwischen ihnen gespürt, damals dachte er es läge an der Magie, die diesen Platz umhüllte, doch jetzt erkannte er, dass sie es waren. Es ängstigte ihn auf gewisse Weise, ließ ihn schaudern. Was verband sie? War es die Ausweglosigkeit? Der Stumpfsinn in den beide trieben?

Sirius brach den Bann, der sie anscheinend umhüllte und trat wieder in die Mitte des Raumes. Nahm seine ablehnende Haltung wieder ein. Es war vorbei. Es gab kein Zurück. Warum sich noch mehr quälen? „Warum bist du dann überhaupt gekommen?“ sprach er mehr zu sich selbst als dem Mann hinter sich.

„Um sicher zu gehen!“ Severus Stimme war kalt und unpersönlich. Es war die Stimme, die seine Schüler fürchteten, die sie vor Angst zusammenzucken ließ.

„Ob ich auch wirklich sterbe?“ Die Gehässigkeit war nicht aus Sirius Stimme zu leugnen.

„Ob du wirklich sterben willst!“ antwortete der Zaubertränkemeister mit eisiger Stimme.

„Spricht da etwas der Neid aus dir?“ konterte der Animagus bitter. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, Severus' letzte Worte hatten ihn getroffen. Es war die gesamte Rohheit, mit der Severus ihn mit den Tatsachen konfrontierte. Seine Taten waren nichts anderes als Selbstmord. Er hatte sich den Auroren gestellt, war sich der vollen Auswirkung bewusst. Es war feig und erbärmlich. Und doch passte es genau zu seinem Leben. Er war einfach geflohen, statt zu kämpfen. Doch für wen? Für sich? Er hatte sich schon vor langer Zeit aufgeben. Und wer blieb dann noch, wenn selbst das eigene Leben wertlos erschien?

Der heiße Atem in seinem Nacken ließ ihn erneut frösteln. Wie konnte dieser Mann sich nur so lautlos bewegen. Sich wie eine Katze von einem Ort zu einem anderen schleichen. Er hatte nicht das geringste Geräusch gehört, als sich der Zaubertränkemeister hinter ihn stellte. Müde schloss er die Augen. Wie lange sollte dieser Kampf noch dauern? Wie viele Wortgefechte sollten sie noch ausstehen? War nicht schon alles zwischen ihnen gesagt worden? Und doch genoss er die Anwesenheit des Mannes. Seine Nähe, seine Präsenz. So nahe.


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