Runaway Dragon"

 

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Kapitel 5: Ballspiele und andere Dinge



Draco rollte sich auf seinem Bett zusammen und starrte die Wand an. Einmal war er aufgewacht, bevor Munin oder eines der anderen Haustiere ihn wecken konnte, und er konnte hören, daß Snape im Wohnzimmer herumhantierte. Aber ihm war nicht danach, aufzustehen und mit ihm zu reden. Er fühlte sich schuldig wegen dem, was am Vortag beinahe mit Billy passiert war. Professor Snape hatte ihn auf das Baby aufpassen lassen, und er hätte ihn nicht aus den Augen lassen sollen. Er hätte ihn überhaupt nicht aus dem Versammlungsraum bringen sollen. Sie waren sicher gewesen als sie von den Erwachsenen umgeben waren. Mark hätte nie gewagt Billy anzugreifen, wenn Erwachsene dabei gewesen wären um ihn zu beschützen.

Professor Snape hatte gestern nichts davon gesagt, aber vielleicht war er nur zu müde dafür gewesen? Was wenn er vorhatte ihn jetzt zu bestrafen? Was würde Sarah sagen? Draco hatte sie gestern nicht mehr gesehen. Er war sofort ins Bett gegangen nachdem Billy eingeschlafen war. Sarah war noch auf dem Treffen gewesen und hatte von dem ganzen Vorfall nichts mitbekommen. Würde sie sehr sauer sein? Wenn ja, was würden sie tun? Würden sie ihn sofort zu seinem Onkel schicken? Irgendwie schien das die schlimmste mögliche Strafe.

Aber er sollte sowieso zu seinem Onkel gehen. Er gehörte dort hin, und sein Onkel machte sich wahrscheinlich schon Gedanken darüber, was aus ihm geworden war. Lucius’ Verhaftung und Verhandlung waren auf der ersten Seite des Tagespropheten gewesen. Es gab keine Möglichkeit, daß Onkel Thomas es nicht wusste. Vielleicht würde er sich wirklich freuen zu sehen, daß Draco in Sicherheit war.

Aber Draco wollte nicht gehen. Er nahm an, daß es daran lag, daß er nicht wusste was er erwarten sollte. Er kannte seinen Onkel nicht, und er hatte auch nicht mehr als eine ungefähre Vorstellung davon wo er wohnte. Das war wahrscheinlich was ihn nervös machte. Er kannte die Snapes jetzt, er kannte ihre kleine Wohnung und ihre Haustiere und selbst den Marktplatz auf dem sie ihr Essen kauften. Hier fühlte er sich sicher. Alles war vertraut. Niemand wollte ihm etwas tun.

Nun, abgesehen von Mark the Shark. Aber er sollte den Banden sowieso aus dem Weg gehen. Sarah würde jetzt bestimmt sicherstellen, daß er die Wohnung nicht wieder verließ. Vielleicht würde sie ihn nicht einmal mehr zu den Waschmaschinen mit hinunter nehmen. Sie würde ihn einfach in der Wohnung einsperren. Aber das war Draco auch recht. Er konnte Mathematik üben und auf Billy aufpassen. Und wenn er je wirklich gelangweilt war, konnte er den Kindern im Park durch das Fenster beim Spielen zusehen. Er konnte Mark und seine Sharks so lange ansehen wie er wollte, und würde völlig in Sicherheit sein.

Endlich kroch er aus dem Bett und beschloß, etwas Mathematik zu machen statt hinauszugehen und den Snapes gegenüberzutreten. Solange sie dachten er würde noch schlafen, konnten sie ihn nicht bestrafen.

Munin flatterte herein, und sah daß Draco schon wach war und am Tisch saß und schrieb. Er landete auf dem Tisch und betrachtete das Pergament. War das ein Brief den er austragen durfte? Nein, es war kein Umschlag zu sehen, und diese seltsamen Symbole wurden kaum in Briefen benutzt, das wusste er. Man würde ganz sicher keinen Brief nur aus ihnen schreiben.

”Krächz? Essen?”, schlug er Draco vor.

"Nein danke, Munin", antwortete Draco, als er von seiner Gleichung aufsah. „Ich habe keinen Hunger. Und ich muß diese Übung fertigmachen.

"Krächz?" Munin legte den Kopf schräg und sah den Jungen an. Er sollte ihm die Federn streicheln oder endlich zum Essen hinaus kommen. Warum machte er nicht was er sollte? Und was sollte Munin selbst jetzt machen? Er konnte ihn nicht so lassen. Es war falsch. Er wusste nicht was falsch war, aber er wusste, daß es so war. Nun, wenigstens wusste er wer es wissen würde. Es gab jemanden der immer wusste was zu tun war wenn etwas nicht stimmte. Er musste es ihm nur sagen.

Munin flog zurück ins Wohnzimmer und landete auf Severus' Schulter.

„Krächz!“ verkündete er und hob wieder ab, um zweimal um Severus’ Kopf zu kreisen und dann zur Türe in Dracos Zimmer hinüber zu fliegen und wieder zu kreisen.

Snape sah sofort auf. Munin zeigte „Folgen“ an. Er wusste es besser, als die Befehle des Vogels trotz dieser seltsamen Bitte in Frage zu stellen. Munin war während einer der gefährlichsten Unternehmungen seines Lebens sein einziger Begleiter und Assistent gewesen. Er hatte seinen Raben immer mit seinem Leben vertraut. Sie waren gut ausgebildete intelligente Vögel und hatten ihn oft genug gerettet. Munin würde ihn nicht alarmieren, wenn es nichts ungewöhnliches gab.

Er stand auf und folgte dem Raben in Dracos Zimmer. Draco saß noch immer am Tisch, in dem alten T-Shirt das ihm Severus als Nachthemd gegeben hatte, und rechnete Gleichungen aus. Munin landete wieder auf dem Tisch.

“Krächz!” beschwerte er sich. “Essen!”

“Wirklich Draco, Munin hat recht. Das geht zu weit. Du kannst nicht anfangen, Mahlzeiten wegen diesem Mathematikbuch auszulassen. Es ist erst der 5. Juli. Du sollst im Augenblick deine Ferien genießen, nicht die ganze Zeit über lernen. Jetzt zieh dich an und iß dein Frühstück und dann versuch bitte, etwas Spaß zu haben!“

„Aber ich habe diese Gleichung fast gelöst“, protestierte Draco.

Snape ging ins Zimmer, nahm das Buch und Dracos Pergament und ließ sie mit einer schnellen Bewegung seines Zauberstabs verschwinden. Draco sah verwirrt zu ihm auf. "Hey!"

"Frühstück. Jetzt”, befahl Snape.

"Aber das Buch! Meine Gleichung!”

"Du bekommst sie zurück wenn ich wieder Heim komme. Wenn du versprichst ein guter Junge zu sein und nicht die ganze Zeit zu lernen.”

Draco murmelte etwas unverständliches, aber er gehorchte. Manchmal verstand er Snape einfach nicht. Sollten Lehrer ihre Schüler nicht ermutigen zu lernen? Und was sollte das mit den Ferien und Spaß? Kinder wurden geboren um zu lernen und gute Noten nach Hause zu bringen um ihre Eltern Stolz zu machen, oder? Kinder die nicht genug lernten vernachlässigten ihre Pflicht gegenüber ihren Eltern. Wusste das nicht jeder?

Nun, Snape hatte sogar vor, seinen Sohn auf eine minderwertige Schule zu schicken. Vielleicht wusste er es also nicht.

Würde Billy nur an Schultagen lernen wenn er älter wurde? Irgendwie beneidete Draco ihn um diese Chance, obwohl es für ihn völlig unnatürlich war. Jeder lernte in den Ferien, oder?

Draco war gerade mit dem Abspülen fertig, als es an der Tür klingelte. Er sah erwartungsvoll zu Sarah, und fragte sich wer draußen stehen und herein wollen könnte. Erwarteten sie jemand?

“Oh Draco, könntest du bitte die Türe aufmachen? Ich bin fast damit fertig, Billys Windeln zu wechseln, ich will wirklich nicht wieder von vorne anfangen müssen“, rief Sarah ihm zu.

Er? die Türe aufmachen? Seltsam, warum war ihm dieser Gedanke noch nicht gekommen? Neugierig ging er hinüber und machte auf. Draußen stand der Raker, der gestern Robin angesprungen hatte.

„Hi“, sagte Draco. Er kam sich blöd vor. Was sollte er jetzt machen? Was wollte der Junge? Sein Vater war ein Freund von Professor Snape, fiel ihm ein. Vielleicht hatte er ihn geschickt?

„Hi Draco!“, antwortete der Junge mit einem Lächeln. Ihm schien es gar nicht unangenehm zu sein.

„Woher kennst du meinen Namen?“, fragte Draco verwirrt. Er war sicher ,daß er sich den Rakers nicht vorgestellt hatte, woher wussten sie es also?

„Nun, Cathy hat ihn mir gesagt. Und mein Vater hat ihn auch erwähnt. Onkel Severus hat ihm von dir erzählt.

„Onkel?“ Jetzt war Draco wirklich verwirrt.

“Oh, er ist nicht wirklich mein Onkel. Ich nenne ihn nur so. Ich weiß nicht warum. Ich mache das schon seit ich denken kann.“

„Oh."

„Ich bin übrigens Mike. Der Schlaue Mike. So nennen mich die Leute weil mir die besten Pläne einfallen.“

In diesem Augenblick tauchte Sarah mit Billy auf dem Arm hinter Draco auf. "Guten Morgen, Mike. Was können wir für dich tun?”, fragte sie lächelnd.

"Morgen, Tante Sarah. Ich denke ich kann was für euch tun”, sagte Mike, wobei er dem Baby Billys quietschendes Spielzeug hin hielt. “Das habe ich im Keller gefunden, und ich denke ich habe dich gestern damit spielen sehen, richtig?“ Er drückte das Spielzeug und es quietschte.

"Da!" verkündete Billy glücklich, packte es, und dieses Mal wurde es nicht weggezogen. „Da! Dako!"

"Hey, Ich hätte es dir zurückgeholt wenn dein Daddy nicht gekommen wäre und uns davongeschleppt hätte”, verteidigte sich Draco.

"Dada!"

"Richtig, Dada. Seine Schuld.”

"Danke, Mike. Das ist sehr nett von dir. Vielleicht möchtest du herein kommen und etwas mit Draco spielen? Ich denke etwas Gesellschaft in seinem Alter würde ihm gut tun. Er hat keine Freunde, weißt du.“

Draco wurde rot. Musste Sarah Mike das sagen? Es wäre aber schön gewesen, jemanden zum Reden zu haben bis Snape mit seinem Buch zurückkam.

„Eigentlich wollte ich Draco fragen ob er mit rauskommen und mit uns Fußball spielen will.“

"Fußball?”, fragte Draco. „Was ist Fußball?” Das Wort klang seltsam.

„Ein Ballspiel. Wir zeigen es dir. Es macht wirklich Spaß.“

"Nun, Mike, wenn du Draco in den Park hinaus zerren willst mußt du auf ihn aufpassen. Er kommt von einem großen einsamen Haus auf dem Land und ist nicht an euch harte Stadtkinder gewöhnt. Er weiß nicht wie er sich gegen die Sharks verteidigen kann.”

„Richtig“, grinste Mike. “Er weiß nur wie man Mark the Shark in der Zeit zwei blaue Augen schlägt, die drei Sharks brauchen um ihn zu packen und weg zu zerren... Vielleicht sollte er den Namen ändern. Mark der Waschbär würde jetzt viel besser passen.”

"Er hat zwei blaue Augen?”, fragte Draco überrascht. Das hatte er noch nie gesehen.

"Ja, warte nur bis du ihn siehst. Er sieht so komisch aus.“

"Wirklich, Mike. Du mußt auf ihn aufpassen. Er weiß einfach nicht wie man hier nicht in Schwierigkeiten kommt. Ich lasse ihn nicht mit dir mitgehen wenn du es nicht versprichst“, bestand Sarah.

"Okay, okay, ich verspreche es.”

Sarah sah etwas zweifelnd aus, aber sie nickte trotzdem. Es war nicht richtig, einen gesunden Jugendlichen eine ganze Woche in einer kleinen Wohnung eingesperrt zu halten. Noch dazu in den Ferien, wenn die Sonne schien. Und solange er nur auf dem Fußballfeld war und bei den Rakers blieb konnte es nicht allzu gefährlich werden. Sie hoffte nur, daß er wirklich auf dem Feld bleiben würde.

Draco und Mike rannten den Gang zu den Treppen hinunter, wo Draco zu seiner Überraschung entdeckte, daß zwei Raker-Mädchen auf sie warteten. Cathy Cat begrüßte ihn mit einem weiteren wunderbar blitzenden Lächeln.

"Hey, Draco. Wow, du hast’s Mark wirklich gezeigt. Er schämt sich so mit seinem Gesicht daß er sich heute nicht mal raus traut.“

"Aber wir haben heute früh gesehen wie er den Müll rausgebracht hat, wie, Mike”, dröhnte das große Mädchen, das kräftiger war als Crabbe und Goyle. "Er versuchte sein Gesicht hinter der Mülltonne zu verstecken.”

"Yeah, er hätte aber in die Tonne hüpfen sollen. Da gehört er hin”, grinste Mike. “Oh, ich denke du kennst Cathy Cat schon, und die Riesin ist Bloody Mary."

"Ich bin keine Riesin”, knurrte Mary, und rümpfte bei diesem Gedanken ihre große schwarze Nase. “Ich bin halb Oger.”

Das allerdings erklärte ihre Größe sehr gut. Eigentlich war sie außerordentlich klein und zierlich für einen Oger. Vielleicht war sie noch nicht ausgewachsen, Draco fragte sich wie alt sie war, aber er beschloß nicht zu fragen. Die Frage könnte sie verärgern, und er wollte sich ganz sicher nicht mit ihr anlegen.

„Kommt mit“, rief Cathy Cat vom nächsten Stockwerk herauf. “Sie warten auf uns. Ich will heute ein paar Tore schießen.”

Sie jagten die Treppen hinunter und versuchten Cathy einzuholen, aber sie hatte einen zu großen Vorsprung, und Draco bemerkte bald, daß Mary drohte zurück zu fallen. Sie war sehr stark, aber es schien auch, daß sie langsam war. Nun, sie hatte viel Gewicht zu tragen.

Cathy wartete unten an der Treppe auf sie und hielt ungeduldig die Türe auf. Draco folgte Mary und Mike hinaus in den Park und sah sich genau um. Im Tageslicht sah es angenehm genug aus. Was konnte an dem Ort so gefährlich sein? Okay, es sah wirklich recht beängstigend aus wenn es Nacht war, aber das lag größtenteils daran, daß es schlecht beleuchtet war. Jetzt gerade sah es wirklich nach einem guten Platz zum Spielen aus.

Die Rakers fühlten ihn auf eine sehr kleine Holzhütte zu, die von ein paar Bäumen verborgen wurde und aussah, als könne sie jeden Augenblick einstürzen.

„Was ist das?”, fragte Draco während er sie zweifelnd anblickte.

“Eigentlich die Scheune des Gärtners, aber er kommt kaum noch her weil es reinregnet. Seine Werkzeuge würden rosten wenn er sie hier hätte. Wir benutzen sie aber als Hauptquartier”, erklärte Mike. “Es regnet vielleicht an ein paar Stellen rein, aber wir kennen die trockenen Stellen, und sie hält uns im Winter immer noch warm und trocken.“

"Und außer Sicht der Spione”, fügte Cathy grinsend hinzu. “Sie müssten recht nahe ranschleichen um herauszufinden was wir vorhaben.“

"Spione?”, fragte Draco verwirrt. „Oh, ihr meint die Sharks?”

“Die und andere. Meistens allerdings die kleinen Kinder. Sie sind neugierig und wissen, daß wir ihnen nicht wirklich was tun würden wenn wir sie erwischen.“

„Oh? Würden wir nicht?“, knurrte Mary drohend.

Draco war nicht sicher ob sie es Ernst meinte oder nicht. Bloody Mary machte ihm etwas Angst. Gut, daß die Rakers auf seiner Seite zu sein schienen.

„Die Kleinen verkaufen Informationen an die anderen Banden.“ Mike lächelte über Marys finsteres Gesicht. „Deswegen müssen wir sie verjagen, aber wir tun ihnen nicht wirklich was wenn sie nicht zu aufdringlich werden.“

Ein Junge von etwa 13 oder 14 Jahren saß auf einem niedrigen Ast ein paar Schritte von der Hütte entfernt. Er hob eine Hand zum Gruß als sie an ihm vorbei zum Eingang gingen. Er schien sich nicht für sie zu interessieren, aber irgendwie hatte Draco das Gefühl, daß er ihn aus dem Augenwinkel genau beobachtete.

„Das ist Matt, die Wache“, sagte Mike mit einer Kopfbewegung zurück in die Richtung des Jungen, während er ruhig weiter ging.

„Wache?“

“Gegen Eindringlinge”, sagte Cathy. „Die Spione, weißt du. Er verjagt die Kleinen und berichtet, wenn die Größeren kommen mit denen er alleine nicht fertig wird. Ohne eine Wache kann man sich nicht treffen.“

‘Oh richtig, das ist so ähnlich wie Gregory vor der Türe stehen lassen, wenn man in der Schule Dinge bespricht’, erkannte Draco. Nichts wirklich neues. Er hatte nur noch nie von Gregory als Wache gedacht.

Mike öffnete die Türe, und Draco trat in einen kleinen Lagerraum der größtenteils mit Spinnweben gefüllt und von dem Licht das durch das einzige kleine Fenster kam düster erleuchtet war. Drei Jungen und ein Mädchen sahen ihn abschätzend an.

Draco versuchte ihnen ohne zu blinzeln in die Augen zu sehen. Waren das alle Rakers? Oder sollten noch mehr kommen? Er wünschte sich er hätte die Köpfe gezählt als er sie vom Fenster beim Spielen gesehen hatte.

„Du bist also Draco, wie?“ fragte der größte Junge endlich. „Komischer Name ist das.“

Draco sah vorsichtig an ihm auf und ab und versuchte seine Stellung abzuschätzen. Er war offensichtlich der älteste. Draco schätzte ihn auf 17, vielleicht war er auch schon mit der Schule fertig.

„Es bedeutet Drache“, antwortete er mit einem leicht herausfordernden Unterton in der Stimme. Er ließ keinen über seinen Namen lachen.

”Cool!”, rief das kleine Kind, das auf einem umgedrehten, staubigen Blumentopf saß und Draco mit glänzenden Augen ansah.

Der ältere Junge warf ihm einen wütenden Blick zu.

„Hey, ich sage nur, daß Drache ein schöner Name ist”, verteidigte sich der Kleine.

Draco beschloß, ihn für den Augenblick zu ignorieren. Er sah aus wie maximal 12, und hatte in der Bande offensichtlich noch nicht viel zu sagen. Der große Junge war gerade ganz sicher wichtiger für ihn. Draco sah ihn weiter an.

"Dann eben Drache”, schloß er. “Wenn dir der Name gefällt.” Er sagte es als würde er einem kleinen Kind seinen Willen lassen.

Draco wünschte, er könnte ihn anspringen wie er es bei Mark the Shark getan hatte, aber das wäre gerade keine gute Idee. Es war besser, unbeteiligt auszusehen und zu tun als könne er ihn nicht verletzen.

„Mir egal.” Er zuckte die Schultern. “Ich würde jetzt gerade lieber wissen wer ihr alle seid.”

"Ich bin Jack the Ripper", behauptete der große Junge.

Draco brach in Gelächter aus. Die Gruppe starrte ihn an. Mike grinste.

”Was ist daran so komisch?”, wollte Jack sauer wissen.

"Du glaubst doch nicht wirklich, daß dir das jemand abkauft, oder? Jack the Ripper? Also echt, kannst du dir nichts originelleres ausdenken?”

“Denkst du Drache ist origineller?”, forderte Jack ihn heraus.

„So haben mich meine Eltern genannt.” Draco zuckte die Schultern. „Aber wenn du so drüber nachdenkst. Kennst du noch jemanden der so heißt?“

“Wen kümmert es überhaupt was du von meinem Namen hältst. Ich bin Jack the Ripper und ich bin der Boß hier“, schrie Jack.

"Okay, wie du meinst, Boß. Du bist Jack the Ripper." Draco zuckte wieder mit den Schultern.

Jack starrte ihn weiter an, aber er stellte den Rest der Bande vor. Draco hatte auf einmal das Gefühl, daß Jack nicht mit ihm kämpfen wollte. Er schien fast Angst zu haben.

Wie gefährlich genau war Mark the Shark, daß Jack Angst vor Draco hatte? Er hatte Mark nicht einmal geschlagen. Oder?

„Das ist Charlie die Tänzerin“, stellte Jack mit einem Nicken in die Richtung des Mädchens vor. „Der Kleine Larry, und Sammie.“

“Sammie das Wiesel”, berichtigte der kleine Junge. „Weil ich schnell bin. Mich fängt keiner.“

Draco sah an ihm auf und ab, aber er sagte nichts. Sammie war zu jung. Es würde nicht gut aussehen, wenn er sich mit ihm zu eng anfreundete. Er würde sich an Mike halten. Schließlich schien Sarah ihn zu mögen, und Professor Snape hatte auch nichts dagegen.

Draco wandte den Kopf um den kleinen Larry spöttisch anzusehen. Larry war fast so groß wie Goyle, aber nicht ganz so fett. Muskulöser und wahrscheinlich intelligenter, und er sah nach einem gefährlichen Gegner in einem Boxkampf aus. Er kam an Marys Größe nicht heran, aber er war wahrscheinlich schneller und beweglicher. Nein, Draco wollte ihn nicht verärgern, aber er würde auch keine Angst zeigen.

Charlie war ein recht unauffälliges Mädchen, obwohl sie gut geformt war. Ihre Haarfarbe war im düsteren Licht schwer zu erkennen und sah meistens fast grau aus. Ihre Augen waren grünbraun. Es sah aus als könne sie sich bei nichts für eine Farbe entscheiden, so daß alles an ihr eine Mischung aus zwei Farben hatte.

"Tänzerin?” fragte er, immer noch spöttisch.

"Ballett", erklärte sie. “Ich bin die beste Tänzerin in meiner Klasse. Vielleicht wird es mal mein Beruf.“ Sie sagte es mit einem leichten Schultezucken und tat als würde es sie nicht interessieren, aber ihre Augen verrieten ihre wahren Gefühle. Es war ihr großer Traum, vermutlich die einzige Art, auf die sie je etwas besonderes sein konnte. Wenn sie sich elegant genau bewegen konnte würde sie auf der Bühne wunderschön aussehen, auch wenn sie es im wahren Leben nie tun würde.

Draco zuckte die Schultern. „Ich interessiere mich nicht sehr für Ballett. Muß eine Mädchensache sein, schätze ich. Ich habe aber gehört, daß man dabei sehr berühmt werden kann. Willst du das, Charlie?“

Was für ein seltsamer Name für ein Mädchen. Charlie. Er fragte sich wie ihr echter Name war. Charlene? Charlotte? Oder vielleicht etwas ganz anderes? Es war unmöglich zu erraten, und Draco beschloß, nicht zu fragen. Es ging ihn nichts an.

„Ich will nur dasselbe wie jeder andere“, antwortete Charlie mit noch immer gespieltem Desinteresse.

”Und das wäre?”

"Geld natürlich. Berühmte Tänzer werden gut bezahlt und können die Welt sehen.“

”Mit apparieren kann man auch die ganze Welt sehen.” Draco zuckte die Schultern.

"Du schon”, sagte Charlie, und dieses mal war es ihr wirklich egal. “Ich bin ein Squib. Ich brauche Muggel-Transportmittel, und das kostet Muggelgeld, und das könnte ich mit Tanzen verdienen.“

Draco musste zugeben, daß das Sinn machte. Und es erinnerte ihn daran, daß auch er Muggelgeld brauchte wenn er auf die Muggelschule wollte. Nun, das konnte man in Gringotts kaufen, aber Charlie hatte wahrscheinlich auch kein Zauberergeld. Draco schon. Er hatte sich nie um Geld Sorgen machen müssen.

"So?" fragte er Mike. “Hast du nicht versprochen mir das Spiel beizubringen? Fußball hast du, glaube ich, gesagt.“

"Du weißt nicht mal was Fußball ist? Habt ihr keinen Sportunterricht auf eurer tollen Schule?“, versuchte Jack Draco mit einem spöttischen Grinsen einzuschüchtern.

Draco lachte fast. Jack brauchte viel Übung wenn er je so gut werden wollte wie Draco. Allerdings hatte Draco von den Besten gelernt. Lucius’ Gesichter konnten einem wirklich Angst machen, und selbst er kam nicht an Severus Snape heran.

"Natürlich haben wir das! Ich bin Sucher im Slytherin Quidditch Hausteam. Aber wir spielen nicht Fußball. Zu muggelhaft, schätze ich.“

"Mugglespiele sind die besten”, erklärte Charlie.

“Für dich schon”, spottete Draco. “Es ist schwer, Quidditch zu spielen wenn man nicht Besenfliegen kann.“

"Hey, das geht unter die Gürtellinie!”, protestierte Cathy. „Charlie ist ein prima Kerl, weißt du. Selbst wenn sie nicht zaubern kann.“

"Okay, sorry, wenn ich euch beleidigt habe. Ich wollte nur sagen, daß Charlie es nicht vergleichen kann da sie nie Quidditch gespielt hat." "Keiner von uns hat das soweit ich weiß”, sagte Mike. „Unsere Schule hat nur 5 Besen, weißt du. Genug um uns beizubringen wie man fliegt, aber nicht genug um Quidditch zu spielen.“

"Habt ihr keine eigenen Besen?”

"Die, die sie sich leisten können, können sich üblicherweise leisten in einem besseren Stadtteil zu wohnen und auf eine bessere Schule zu gehen.“

„Aber Professor Snape sagte West Hogsmede hätte eine sehr gute Schule?”

"Ja, aber es ist eine Schule für arme Leute. Reiche Leute wollen nicht, daß ihre Kinder mit solchen wie uns in Kontakt kommen.“

„Wir sind gefährlich, kleines reiches Kind“, knurrte Jack. „Wir hängen in gemeinen Banden herum und schlagen Leute zusammen.“

"Oh?" Draco grinste zu Jack auf. “Und meinst du in Hogwarts tun wir das nicht?”

Das brachte sie einen Augenblick lang zum Schweigen. Sie sahen sich erstaunt an. Draco konnte fast hören was sie dachten. Ja, sie hatten immer gedacht, daß reiche Kinder nicht kämpften, aber andererseits, wie hatte Draco dann Mark the Shark so zusammenschlagen können? Mark war einer der besten Kämpfer die sie kannten, und Draco war viel kleiner als er. Es hatte nicht alles Glück sein können.

Jack zuckte endlich die Schultern und hob den Ball auf der in der Ecke gelegen hatte. „Okay, dann spielen wir.“

Draco fand bald heraus, daß Fußball nicht so leicht war wie es aussah. Das erste Mal als er nach dem Ball trat flog er einfach davon und verschwand in den Büschen. Draco starrte ihm verwirrt nach. Er hatte vorgehabt ihn geradeaus zu schießen.

"Was? Wie steuert man das Ding?”, fragte er Mike, und die ganze Bande lachte.

"Zuerst mal, versuch mit der Seite deines Fußes zu schießen, nicht mit den Zehenspitzen“, riet ihm Mike kichernd.

„Mit der Seite?” Zuerst hielt Draco das für einen sehr seltsamen Vorschlag, aber nach einigen weiteren Versuchen und Demonstrationen schaffte er es, den Ball einigermaßen in die Richtung zu schicken in die er ihn haben wollte.

„Aber für ein richtiges Spiel bist du noch nicht gut genug”, bemerkte Cathy. “Vielleicht könntest du stattdessen der Schiedsrichter sein.”

"Kann er nicht”, protestierte Jack. “Er kennt die Regeln nicht mal.“

"Er könnte aber den Torhüter machen”, schlug Mary zur allgemeinen Überraschung vor.

Sie hatte die ganze Zeit über still zugesehen, und Draco hatte beschlossen, daß sie eine recht ruhige Person war, die nur bei einem Kampf aufgeregt wurde.

„Torhüter? Das haben wir ihm noch nicht mal erklärt”, fauchte Jack.

“Müssen wir nicht”, bestand Cathy. “Er sagt er spielt Quidditch. Sie haben in dem Spiel auch einen Hüter. Und er ist daran gewöhnt, Bälle mit den Händen zu fangen. Im Quidditch benutzen sie die Füße nicht.”

“Er spielt in seinem Spiel nicht als Hüter”, knurrte Jack noch wütender.

“Das heißt nicht, daß ich es nicht kann. Ich habe es nur noch nicht in einem Team gespielt.”

“Versuchen wir es, Jack. Wir können die Positionen immer noch wechseln wenn es nicht funktioniert“, schlug Mike vor.

Jack sah ihn finster an, aber er stimmte zu, es Draco versuchen zu lassen, Mike zeigte ihm die Steine, die die Position der Tore markierten und die Draco vom Fenster aus nicht hatte sehen können, und erklärte ihm schnell, daß er Hände und Füße benutzen durfte um den Ball aufzuhalten bevor er zwischen die Steine rollte.

Draco fand, daß Torhüter viel leichter für ihn war, und er stellte sich für das gegnerische Team als ziemliches Hindernis heraus. Sie waren daran gewöhnt, Mary oder Larry als Torhüter zu haben, die beide den größten Teil des Tors mit ihrer Größe abdecken konnten, aber recht langsam reagierten. Ein schneller, beweglicher Torhüter wie Draco war etwas völlig neues für sie, und Dracos Team gewann leicht. Jack verließ das Spiel mit gerunzelter Stirn, aber Cathy, die ebenfalls verloren hatte, kam mit einem großen Lächeln herüber und gratulierte Draco zu seinem Spiel.

"Du bist ein toller Torhüter, Drache. Das ist das erste Mal seit Jahren, daß ich in einem ganzen Spiel keinen einzigen Schuß reingebracht habe. Nächstes Mal will ich in dein Team.“

Draco bemerkte, daß ihr Lächeln ansteckend war. Er fing wirklich an, Fußball zu mögen. Vielleicht würde er es seinen Mitschülern beibringen. Andererseits war es zu muggelhaft als daß sie es mögen würden. Vielleicht würde er einfach seine Position im Quidditch Team ändern und Hüter werden. Dann würde er sich nicht mehr so viel mit Potter abgeben müssen.

"Du solltest aber versuchen etwas netter zu Jack zu sein”, riet Mike als sie die Treppen wieder hinauf stiegen. „Er ist der Boß, weißt du. Es ist nicht schlau, ihn herauszufordern.”

"Ich habe ihn nicht herausgefordert. Er hat mich herausgefordert, und ich habe nur nicht kampflos nachgegeben“, protestierte Draco.

“Er fühlt sich durch deinen Sieg über Mark herausgefordert“, sagte Cathy. "Du hast schon einen Bandenführer besiegt. Du könntest noch einen angreifen wollen.“

„Ich habe mit Mark gekämpft weil er Billy geärgert hat. Ich konnte nicht zulassen, daß er dem Baby was tut. Ich war für ihn verantwortlich. Und warum sollte ich überhaupt mit Jack kämpfen wollen?“

„Um die Bande zu übernehmen“, sagte Mike ruhig.

„Was? Warum sollte ich? Ich bin nur noch 2 oder 3 Tage lang hier.”

„Ich versuche Jack daran zu erinnern, aber du solltest trotzdem versuchen, dich eher unterzuordnen“, versprach Cathy.

„Unterordnen? Nie.“

“Und ich soll ihn aus Schwierigkeiten halten.” Mike seufzte und zuckte die Schultern. „Ich wünschte, ich hätte das nicht versprochen.“

Draco grinste ihn an und klingelte an der Tür der Snapes. BRRING! Er liebte es immer noch, das zu tun. Elektrische Sachen machten so viel Spaß. Er wünschte, er könnte das Physikbuch verstehen. Wo war nur Professor Snape mit dem Mathebuch? Draco wünschte er würde bald heimkommen.

„War es schön?“, lächelte Sarah als sie ihn herein ließ.

„Oh ja. Was gibt’s zu essen?”, fragte Draco hungrig.

„Ich bin noch nicht mit dem Kochen fertig, junger Mann. Du wirst mir helfen müssen wenn du Hunger hast.“

Das Mittagessen war aber 10 Minuten später fertig, und danach fing Draco wieder an, sich zu langweilen. Er wünschte sich sogar, daß er mehr Geschirr hatte um es abzuspülen. Professor Snape war natürlich noch immer bei der Verhandlung, und hatte das Mathebuch dabei.

Draco ging ins Labor und starrte eine Weile die Bücherregale an, aber es gab nichts das interessant aussah, abgesehen von den Physikbüchern, und die konnte er noch nicht verstehen. Er versuchte einige andere Mathematikbücher, aber sie waren zu fortgeschritten für ihn. Ohne zu wissen was er sonst tun sollte ging er wieder zum Fenster und sah sehnsüchtig hinunter in den Park. Er sah verlassen aus. Alle schienen zum Mittagessen nach Hause gegangen zu sein. Keine Rakers, keine Sharks, nicht einmal einer der Kleinen.

Plötzlich klopfte es hinter ihm, und Sarah kam mit Billy auf dem Arm herein. Draco drehte sich überrascht um. Gingen sie irgendwo hin? Vielleicht besuchten sie wieder die Waschmaschinen? Das würde die Langeweile wirklich vertreiben.

"Draco, ich bin ein paar Stunden lang weg und will Billy nicht mitnehmen. Macht es dir was aus, auf ihn aufzupassen bis ich zurück bin?”

“Das mache ich gerne!”, rief Draco. ‘Das ist es. Ich kann mit Billy spielen.’

„Oh danke. Das ist eine große Hilfe, weißt du. Er braucht jetzt seinen Mittagsschlaf, aber du mußt in der Nähe bleiben damit du siehst wenn er aufwacht. Du weißt wie du seine Windeln wechselst?“

“Natürlich. Sie haben es mir gezeigt.”

“Gut. Laß ihn hier drinnen nicht eine Sekunde aus den Augen. Mit all den Glasbehältern und Tränkezutaten die herumliegen ist das viel zu gefährlich. Er könnte etwas zerbrechen oder Gift essen oder sich weh tun.“

"Okay, ich lasse einfach die Tür zu, dann kann er gar nicht rein. Kein Problem.“

"Laß ihn nicht mit etwas Elektrischem spielen. Und geh nicht aus der Wohnung. Okay, ich lege ihn jetzt ins Bett und gehe los.”

“Ist schon in Ordnung. Ich kann ihn ins Bett bringen. Gehen Sie nur wo immer Sie hingehen und machen Sie sich um uns keine Sorgen. Wir kommen klar“, versprach Draco, wobei er ihr vorsichtig Billy aus den Armen nahm.

"Oh, danke, Draco! Das ist so lieb von dir. Ich weiß nicht was ich ohne dich täte. Bye!" Und Sarah rannte aus der Türe.

"Sie würden wahrscheinlich Cathy Cat bezahlen und sie damit sehr glücklich machen“, erklärte Draco der geschlossenen Tür lächelnd. Er fragte sich was so wichtig war, daß Sarah so davonrannte. Er hatte sie noch nie so hektisch gesehen.

„Ich hoffe nur, daß alles in Ordnung ist”, sagte er zu Billy.

"Dako?" Billy klang müde.

Richtig. Zeit für den Mittagsschlaf. Draco zog das Baby schnell aus und kämpfte etwas, um ihn in seinen Schlafanzug zu bringen. Billy schien an einem so heißen Tag lieber nackt zu schlafen, aber Draco war nicht sicher ob er ihn lassen sollte. Sarah zog Billy immer zum Schlafen den Schlafanzug an, also hielt er es für besser, dasselbe zu tun.

Endlich schaffte er es, und legte das jetzt sehr müde Baby vorsichtig in sein kleines Bett und deckte es zu.

"Teddy!", protestierte Billy verschlafen.

Draco sah sich um. Wo war nur Billys Teddy? Oh, da. Auf dem Boden. Billy musste ihn in der Nacht aus dem Bett geworfen haben. Draco ging um ihn aufzuheben. Er war etwas staubig und er wischte ihn schnell mit den Händen sauber.

"Teddy!", verlangte Billy wieder.

Draco lächelte und legte den Teddy vorsichtig in Billys kleine Arme. Billy packte ihn fest, drehte sich zur Seite und schlief in Sekundenschnelle ein.

Draco setzte sich auf das Bett und sah dem schlafenden Baby zu. Billy sah so allerliebst aus, aber nach einer Weile wurde es langweilig. Vielleicht konnte auch er schlafen? Wenn er hier schlief würde Billy ihn mit Sicherheit aufwecken wenn er selbst aufwachte. Er konnte aber nicht einfach auf dem Bett der Snapes schlafen, oder?

BRRING!

Draco erschrak. Was war das? Oh richtig. Die Türklingel. Aber wer sollte jetzt auf Besuch kommen?

Draco stand schnell auf und rannte zur Türe. Wenn derjenige der draußen war ungeduldig wurde und wieder klingelte, weckte das Geräusch vielleicht das Baby.

Es war wieder Mike. "Hi", lächelte er. „Ich dachte nur du willst vielleicht wieder mit mir raus kommen. Ich könnte dir die Gegend zeigen. Weißt du, dir zeigen wo wir hier normalerweise herumhängen. Willst du kommen?“

"Würde ich gerne, aber ich kann nicht. Mrs Snape musste ein paar Stunden weg, und ich muß für sie auf Billy aufpassen. Ich weiß nicht wann sie zurückkommt.” Draco seufzte.

Er hätte gerne mehr Zeit mit Mike verbracht. Die Bandenkinder aus der Gegend waren viel interessanter als seine Klassenkameraden in Slytherin. Sie waren nicht wirklich allzu anders, aber sie kannten all diese aufregenden Muggelsachen, und ausnahmsweise war er nicht Lucius Malfoys wertvoller Sohn und zukünftiger Todesser. Ausnahmsweise konnte er sich anfreunden mit wem er wollte, und niemand sah ihn als wichtige Kontaktperson für die Zukunft. Er war einfach ein Kind.

"Dann nehmen wir Billy mit. Wir können ihn in den Buggy setzen und gehen. Etwas frische Luft tut ihm gut.“

„Nein, können wir nicht. Er braucht seinen Mittagsschlaf, und ich habe sowieso versprochen, daß wir die Wohnung nicht verlassen.“

„Oh. Nun gut, vielleicht kann ich dir mit Billy helfen?“

Draco lächelte. Das war eine Idee.

"Billy schläft gerade, also ist es recht langweilig… wir könnten aber mit dem Hund spielen.”

'Dieser Hund’ sprang als er das Wort Hund hörte auf und fing an zu bellen. ‚Ja, ja, spielt mit mir! Mir ist langweilig, langweilig, langweilig.’ Er rannte aufgeregt mit dem Schwanz wedelnd durch das Wohnzimmer

"Wirst du wohl still sein!”, knurrte Draco als er ihm nachsetzte. „Du weckst das Baby auf.”

Er versuchte ‘diesen Hund’ zu packen und zu beruhigen, aber der Hund war natürlich schneller, und Draco rannte durch das Zimmer und griff in die Luft.

Mike sah sich die Sache einen Augenblick lang von der Tür aus an, dann ging er hinein und schloß beiläufig alle Türen. ‚Dieser Hund’ musste jetzt im Wohnzimmer bleiben. Zufrieden damit setzte sich Mike auf den Boden und sah zu. ‚Dieser Hund’ machte die ersten paar Male, die er vorbei rannte, einen weiten Bogen um die Stelle auf der er saß, aber als Mike sich nicht rührte fing er an bei jeder Runde näher zu kommen.

Draco sprang wieder nach ‚diesem Hund’. ‘Dieser Hund’ sprang zur Seite, und direkt in Mikes Arme. “Hab dich!”, verkündete Mike fröhlich.

'Dieser Hund’ wurde sofort still und leckte Mikes Hände, um um Verzeihung zu bitten. Mike kraulte seine Ohren, aber er ließ ihn nicht los.

„Wie… wie hast du das gemacht?”, keuchte Draco.

"Das,” grinste Mike, “ist der Grund, aus dem sie mich den Schlauen Mike nennen, ich habe dir gesagt, daß ich immer die besten Ideen habe.”

„Ja, aber wie? Ich habe so lange versucht ihn zu fangen, und du schaffst es auf Anhieb.“

„Nun, du kannst nicht schneller rennen als ein Hund, weißt du. Du musst ihn überlisten. Ich bin ihm nicht nachgelaufen, deswegen hat er vergessen, daß ich da war. Er dachte ich würde nicht angreifen. Ich habe ihn einfach überrascht.“

„Ich hätte ihn nie erwischt, oder?“

„Ich weiß nicht. Ich schätze er wäre irgendwann müde geworden. Sollten wir nicht nach Billy sehen? Schauen, ob wir ihn aufgeweckt haben?“

„Er würde schon weinen wenn wir das getan hätten, aber sehen wir trotzdem nach. Er sieht allerliebst aus wenn er schläft.“

Billy schlief tatsächlich noch tief und kuschelte mit seinem Teddy. Draco zog vorsichtig die Decke hinauf, die angefangen hatte, hinunter zu rutschen, dann wartete er eine Weile um ihm nur zuzusehen.

„Du magst Babies wirklich gerne, oder?”, flüsterte Mike ihm nach einer Weile ins Ohr.

Draco bemerkte trotzdem das leise Kichern in seiner Stimme. "Ich schätze es liegt einfach daran, daß ich immer einen kleinen Bruder wollte. Meine Eltern waren aber nie dieser Meinung. Sie dachten einer würde reichen.”

“Nun, ein Kind aufzuziehen ist teuer”, überlegte Mike. „All das Geld für Essen und Kleidung. Und die Schule ist auch teuer. Das musst du verstehen.“

"So? Die Weasleys konnten sich leisten, 7 Kinder nach Hogwarts zu schicken. Meine Eltern hätten sich leicht zwei leisten können.“

"Die Weasleys sind ziemlich reich, weißt du”, bemerkte Mike.

"Nun, mein Vater sagte immer sie wären arm. Wir sind reicher als sie, also kann Geld nicht der Grund gewesen sein“, beschwerte sich Draco.

Mike sagte nichts. Er setzte sich nur auf das Bett, dahin wo Draco gesessen hatte bis er angekommen war, und nahm ‚diesen Hund’ auf den Schoß. Dem Hund schien es da zu gefallen. Er gähnte und legte sich bequem hin. Mike kraulte geistesabwesend seinen Kopf. Er versuchte wahrscheinlich zu begreifen, daß Draco ein reiches Kind war. Snape und Sarah hatten es ihm beide schon gesagt, aber Draco vermutete, daß Mike noch nie reiche Leute gekannt hatte. Es würde schwer werden sich daran zu gewöhnen.

Draco setzte sich mit einem Seufzen neben ihn. „Ich denke sie mochten mich einfach nicht. Deswegen wollten sie keine Kinder mehr. Vielleicht war ich zu unangenehm. Eine zu große Last.“

„Blödsinn. Reiche Leute lieben ihre Kinder immer. Sie geben ihnen alles. Wie Spielzeug, und sogar Besen. Ich wette du hast deinen eigenen Besen. Richtig?”

"Ja, aber im Moment hat den das Ministerium. Sie haben alles konfisziert. Aber sie haben nie wirklich Zeit mit mir verbracht wie die Snapes mit Billy. Sie haben mir nur Sachen gekauft damit ich ihnen nicht auf die Nerven gegangen bin... Mutter muß mich aber etwas geliebt haben. Sie ist schließlich für mich gestorben.“ Auf einmal fühlte Draco wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Hatte Mike gehört wie seine Stimme sich überschlagen hatte? Er hoffte es nicht. Er hielt schnell den Mund, damit seine Stimme die Tränen nicht verraten konnte mit denen er kämpfte. Dennoch entkam ihm eine Träne, und lief seine Wange hinunter. Draco wischte sie schnell weg und hoffte, daß Mike es nicht bemerkt hatte.

„Hey, wo schläfst du eigentlich?“, fragte Mike, und wechselte damit auf einmal das Thema.

"Im Labor. Willst du es sehen?”

„Sicher.“



***

Severus kam vor Sarah nach Hause, und fand Draco und Mike auf dem Wohnzimmerfußboden, wo sie mit Billy mit Quietschespielzeug spielten. Sie waren so beschäftigt, daß sie ihn nicht einmal bemerkten als er ankam.

Severus lächelte. Zwei Teenager die mit Babyspielzeug spielten. Wie süß.

Munin aber wollte nicht nur zusehen. Er flatterte hinüber, landete auf dem Boden neben einem der Spielzeuge und betrachtete es mit einem sehr interessierten schiefen Vogelblick. „Krächz?”, fragte er, und stieß mit dem Fuß nach dem Spielzeug.

QUIETSCH!

Munin erschrak und hüpfte zurück. Dann hielt er an und streckte den Hals um das Spielzeug noch genauer anzusehen, und kroch langsam wieder näher. Was für ein seltsames Ding!

"Munin!", rief Draco überrascht. Wenn der Rabe wieder da war, was hieß das?

Die Jungen sagen auf und sahen, daß Snape auf sie herunter sah.

„Ich sehe, daß du dir meinen Rat zu Herzen genommen hast, aber wo ist Sarah?“ Severus sah sich um.

„Weiß nicht.” Mike zuckte die Schultern.

“Sie hat gesagt, sie müsste ein paar Stunden weg, aber sie hat nicht gesagt wohin sie geht“, erklärte Draco.

“Und sie hat nicht gesagt wann sie zurück kommt?“, fragte Severus überrascht. Normalerweise rannte Sarah nicht so davon. Sie hinterließ wenigstens einen Nachricht wo sie war.

”Nein. Sie ist nur etwa eine Stunde nach dem Mittagessen ins Labor gekommen und hat mir gesagt sie müsste gehen und daß ich auf Billy aufpassen sollte. Sie schien es ziemlich eilig zu haben. Denken sie, daß was passiert ist?“, fragte Draco auf einmal besorgt.

"Nun, Voldemort hat nicht angegriffen. So viel weiß ich sicher. Was wirklich los ist werden wir erst erfahren wenn Sarah zurück kommt.“

Beide Jungen schauderten als der dunkle Lord erwähnt wurde. Draco war über seine eigene Reaktion überrascht. Er war ein Reinblüter und der Sohn eines Todessers. Warum sollte er Angst haben? Aber andererseits ging Lucius ins Gefängnis, und er gab sich mit Squibs und Muggelfreunden ab, und die Snapes unterstützen höchstwahrscheinlich Dumbledore. Voldemort würde nicht besonders erfreut über sie sein.

Severus sah Dracos Reaktion, und für einen Augenblick erhellte ein fast stolzes Lächeln sein sonst ernstes Gesicht. Andererseits hatte Draco ihn seit er hier war kaum jemals ernst aussehend gesehen. Zu Hause schien Snape recht oft zu lächeln.

“Ich denke nicht, daß ihr daran gedacht habt, das Abendessen zu machen?”, fragte Snape, vermutlich um die Gedanken der Jungen von den Todessern und der drohenden Gefahr eines Krieges abzuwenden.

"Essen machen?“ fragte Draco verwirrt. „Wer? Ich? Sie wollen, daß ich koche? Ich habe Sarah nur die Zutaten gegeben. Ich kenne nicht mal den Unterschied zwischen einem Suppenrezept und einer Seite im Tränkebuch.“

"In dem Fall denke ich, daß ich dir noch ein paar Stunden im Tränkebrauen geben muß, während du hier bist“, drohte Snape.

"Extra Tränkestunden? Hey, nein, so habe ich es nicht gemeint. Ich muß Mathematik lernen!” Draco wurde fast panisch.

Und Snape lachte. Draco blinzelte, dann starrte er ihn an. Er lachte wirklich. Severus Snape konnte lachen? Draco konnte es nicht glauben.

“Du solltest dein Gesicht sehen, Drache“, kicherte Mike. „Du siehst aus wie…wie…ich weiß nicht mal wie du aussiehst.”

“Ich habe es nicht Ernst gemeint, Draco. Ich habe nicht erwartet, daß du weißt wie man kocht“, versicherte ihm Snape.

„Wissen Sie es?“

„Weiß ich was?“

„Wissen Sie wie man kocht?“

"Glücklicherweise schon. Andernfalls müssten wir Mike bitten unser Abendessen zu machen.“

Mike erschrak. „Das wollt ihr wirklich nicht, wisst ihr. Ich bin ein sehr schlechter Koch. Das einzige, das ich noch nicht habe anbrennen lassen ist Salat“, protestierte er.

„In dem Fall fangt ihr besser an zu üben. In deinem Alter sollte man sein eigenes Essen machen können“, riet Snape.

”Warum? Draco kann das auch nicht.”

„Draco kann sich einen Hauselfen leisten der es für ihn tut. Du nicht”, erklärte Snape mit einem Blick in den Kühlschrank.

“Mike ist ein Junge”, fiel Draco ein. „Er wird eine Frau haben die für ihn kocht.“

„Er heiratet also sobald er die Schule verlässt? Und seine Frau bleibt immer zu Hause? Ich denke kaum. Lektion 1, Jungs: Wie macht man wirklich schnell ein Notfallsessen.“

Mit Professor Snape zu kochen stellte sich als viel schwerer heraus als mit Sarah. Sarah war immer damit zufrieden gewesen, daß Draco ihr die Zutaten gab. Snape war das nicht. Zum Glück beschloß er, daß Mike lernen musste wie man den Ofen benutzte. Draco musste nur Gemüse putzen, Suppe umrühren und den Tisch decken. Es war trotzdem schwere Arbeit, und Snape bestand darauf, daß sie beide das Rezept auswendig lernten. Kochen erinnerte Draco mehr ans Tränkebrauen als je zuvor.

Als sie fast fertig waren schickte Snape Mike heim um seiner Familie zu sagen, daß er bei den Snapes aß, und gerade als er durch die Türe flitzte kam Sarah herein. Sie blieb in der Türe stehen und starrte dem Jungen überrascht nach.

„Was hat er hier gemacht?“

“Gekocht”, sagte Snape einfach. “Wir müssen mit dem Essen warten bis er zurückkommt. Draco, stell noch einen Teller für Sarah hin!“

Draco, der mit Billy gespielt hatte, setzte das Baby schnell wieder auf den Boden und holte noch einen Teller.

"Dako?" Billy sah mit großen bittenden Babyaugen zu ihm auf.

Sarah kam herüber und hob ihn hoch.

"Mummmy!"

5 Minuten später stand das Essen auf dem Tisch, und Draco bemerkte zu seiner Überraschung daß es ebenso gut schmeckte wie alles das Sarah gekocht hatte. Professor Snape konnte wirklich kochen.


Severus' Standpunkt


Kapitel 4

Kapitel 6

 

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