Engel der Hölle

 

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Kapitel 6


Ein Kessel brodelt über dem Feuer. Die Flammen werfen unheimliche Schatten auf den Baumstämmen ringsum. Dunkle Gestalten stehen im Kreis um die Feuerstelle. Ein kreischendes Lachen durchschneidet die Stille der Nacht. "Na, was haben wir hier?" fragt die schrille, eisige Stimme. Eine knochige Hand hält etwas in die Höhe. Keiner rührt sich. "Gebt ihr eurem Meister keine Antwort?" Das klang sehr schneidend und bedrohlich.
Einer der Maskierten tritt zaghaft vor und betrachtet den Inhalt der Hand. "Haare, mein Lord?"
"Sehr schlau", höhnt sein Herr, "Haare. Schwarze Haare. Ein ganzes Bündel davon. Ich erinnere mich gern an den Moment, als ich sie diesem Querkopf ausgerissen habe!"
Die Umstehenden stimmen in sein schadenfrohes Gelächter mit ein.
"Welch eine Ironie des Schicksals", zischt das Wesen, und seine roten Augen funkeln böse, "sein eigenes Rezept und seine eigenen Haare. Sein eigener Untergang. Ich werde seine Tränke vermissen, ein Genie wie ihn kriegen wir nicht wieder. Aber ein Genie, das sich gegen uns wendet, ist zu gefährlich. Und Strafe muss sein, ich bedauere nur, dass ich nicht selbst in den Genuss komme, sie an ihm auszuführen. Doch es gibt Schlimmeres als das, was selbst ich ihm antun könnte." Die dürre Klaue öffnet sich über dem Kessel und lässt das Haarbüschel hineinfallen. Die Flüssigkeit wallt brodelnd auf und zischt.

Harry Potter wachte schweißgebadet auf und eilte mit seinen Freunden zu Dumbledore, um ihm seinen neuen Traum zu erzählen. "Mach weiter!" bat ihn der alte Zauberer. "Wir haben sonst nichts in der Hand. Gar nichts."
"Aber das hier bringt auch nichts", warf Harry bedrückt ein.
"Ich weiß", seufzte Dumbledore müde, "ich weiß."

"He, Moment mal!" meldete sich Hermine zu Wort, und sie wirkte dabei so aufgeregt, dass man beinahe erwartete, ihren Finger hochschnellen und schnipsen zu sehen, wie im Unterricht. Dumbledore, Harry und Ron wandten ihre Köpfe nach ihr um und schauten sie fragend an. "Haare!" sagte Hermine in einem Tonfall, als wollte sie sie drängen, endlich selbst darauf zu kommen. "Er hat Haare in einen Kessel geworfen! Snapes Haare! Wie viele Zaubertränke kennt ihr, für die man menschliche Haare braucht? Also ich kenne nur einen..."
Die drei schauten erst sie an, dann sich gegenseitig, und bekamen plötzlich große Augen. "Der Vielsafttrank!" riefen sie wie aus einem Mund.
"Bei Merlins Bart, ich muss das Ministerium kontaktieren!" sagte Dumbledore und wirkte aufgeregt wie ein kleiner Junge. Unverzüglich eilte er zum Kamin.

***



Severus Snape saß auf seiner Pritsche und zog seinen Umhang enger um sich. Lys saß ihm gegenüber auf dem nackten Steinboden, in ihrem dünnen, zerschlissenen Kleid. "Frieren Sie nicht?" wunderte sich Snape, "setzen Sie sich ruhig her, es ist genug Platz da. Möchten Sie den Umhang haben?"
Sie schüttelte nur leicht den Kopf und sagte in ihrem stets etwas verträumten Tonfall: "Nein, ich bin die Kälte gewöhnt, sie macht mir nichts mehr aus. Ich bin schon so lange hier."
"Wie lange sind Sie schon in Askaban?" fragte Snape, obwohl er ihr nicht glaubte, dass sie überhaupt eine Gefangene war.
"Oh, lange", sagte sie gedankenverloren, "viele lange Jahre..."
'Und das soll ich glauben', dachte Snape, 'sicher! Wenn du lange hier bist, Mädchen, müssen sie dich wohl schon als Baby eingelocht haben!'
Sie sah ihn mit ihren immer irgendwie staunenden Augen an und sagte: "Das weißt du doch, mon corbeau." 'Mon corbeau', das war ihr Name für ihn, 'mein Rabe'.
"Ich heiße Severus", hielt er es langsam für nötig, sich vorzustellen, "Severus Snape."
Sie sah ihn an, als würde er in einer fremden Sprache sprechen. "Mon corbeau", sagte sie dann wieder und warf einen zärtlichen Blick auf ihn, "mon beau corbeau, mein schöner Rabe. Mein schöner, schwarzer Rabe."

Severus blickte verwirrt zurück. Nie hatte ihn jemand so angesehen. Die meisten Menschen schauten weg, wenn er auftauchte, sei es aus Gleichgültigkeit oder aus Angst. Kaum jemand hielt seinen eigenen durchdringenden Augen stand. Und die wenigen Blicke, die er abbekam, changierten irgendwo zwischen Abscheu und Hass. Zwar kannte er auch wohlwollende Blicke. Es waren die, die Albus Dumbledore auf ihn warf, sein väterlicher Freund. Sein einziger Freund, um genau zu sein.
Doch was er jetzt in den Augen dieser jungen Frau sah, das hatte er wohl schon gesehen, aber niemals auf ihn gerichtet. Siebtklässler sahen so ihre Freundinnen an, Eltern, die vorher bei ihm gewesen waren, um sich zu beschweren, ihre Kinder. Aber ihn? Es erschien ihm absurd, es machte ihm geradezu Angst. Was wollte sie von ihm? Welches grausame Spiel sollte sie mit ihm treiben, um seinen Willen zu brechen? Nein, niemand hatte ihn je so angesehen. Niemand?

"Sevvi! Komm her, mein Schatz! Gib Mami einen Gutenachtkuss! Ich hab dich lieb, mein Sevvi. Über alles auf der Welt."

"Ich mache Ihnen einen Vorschlag", giftete Snape, "nennen Sie mich nicht mehr 'corbeau', und ich nenne Sie nicht mehr 'Mami'."
"Ich bin nicht böse, wenn du mich 'Mami' nennst", sagte sie seelenruhig, "ich hatte auch eine Maman. Sie war sehr gut. Sie hat für mich gesungen und mir Geschichten erzählt."
"Dann sollten Sie mir vielleicht etwas vorsingen und mir Geschichten erzählen", meinte Snape, "es verkürzt die Wartezeit auf den eigenen Tod. Beziehungsweise Schlimmeres."

Es war nur eine sarkastische Bemerkung gewesen, aber Lys nahm offenbar grundsätzlich alles für bare Münze. Sie war enervierend einfach strukturiert. Oder sie tat so. In letzterem Fall musste sie sehr raffiniert sein. Aber das war er auch.

Severus wünschte sich mehr denn je zurück an die Schule, wo man seine Sprüche nahm, wie sie gemeint waren: als Abwehrzauber gegen jegliche Annäherung. Hier hatte er nur die Auswahl, dafür erbarmungslos geschlagen zu werden, oder aber alles, was er von sich gab, sofort in die Wirklichkeit umgesetzt zu sehen, und er fragte sich, was schrecklicher war.

Jedenfalls fühlte Lys sich nun offenbar genötigt, ihm eine Gutenachtgeschichte zu erzählen. Er ergab sich in sein Schicksal, es war sowieso schon alles egal, und setzte sich mit gefalteten Händen in eine Zuhörerposition.

"Meine Mutter hat mir immer das Märchen von den Wassermännern erzählt", begann Lys, "ein uraltes Märchen. Kennst du es?" Er schüttelte stumm den Kopf. Lys sprach weiter, und so verhangen ihr Blick wirkte, wenn sie von der wirklichen Welt redete, so leuchtend wurde er merkwürdigerweise bei diesem Ausflug in die Märchenwelt. Vermutlich war das Reich der Fantasie ihre letzte Zuflucht in dieser trostlosen Umgebung. Nun, falls sie Unwahrscheinlicherweise wirklich eine Gefangene war.

"Es waren einmal ein Müller und eine Müllerin, die lebten an einem großen See. Sie liebten sich innig und waren sehr glücklich miteinander. Doch in dem See lauerte Gefahr: Hier hausten die Wassermänner. Sie neideten den beiden ihr junges Glück. Denn da sie selbst keine Seele besaßen und kein Glück kannten, so verzehrten sie sich in unersättlicher Gier nach beidem. Tag und Nacht trachteten sie nur danach, Menschen zu fangen. Wer sich zu nah ans Seeufer wagte, den ergriffen sie und zogen ihn hinab in die lichtlose Tiefe. Und wer nicht stark war, der versank rettungslos.

Der Müller und die Müllerin wussten um die Gefahr und hielten sich fern von dem Wasser. Doch eines Tages brach das Mühlenrad, und der junge Müller stieg hinab, um nach dem Rechten zu sehen. Als er so mit den Füßen im seichten Wasser stand, packte ihn eine kalte Hand und zog ihn mit sich fort in den eisigen, schwarzen Strudel.

Die Müllerin aber hatte am Fenster gestanden und alles gesehen. Sie stürzte hinunter zum Ufer und flehte die Wassermänner an, ihr ihren Gemahl zurückzugeben. Doch der See blieb stumm und glatt. Da warf sie sich selbst in die Fluten und sank hinab bis auf den Grund. Da aber die Kraft der Liebe sie leitete und sie nicht schwach war, so hatten die Wassermänner keine Macht über sie.
'Was kommst du herab zu uns und gibst uns nicht deine Seele?' heulten sie. Denn noch nie hatte ein Menschenkind in ihrem Reich leben können. Doch bald gefiel ihnen das anmutige Wesen in ihrer Mitte, und sie wollten es nicht mehr missen. Es diente ihnen und versorgte ihren Haushalt.
Eines Tages sprach einer der Wassermänner zu dem Mädchen: 'Du dienst uns treu, so sollst du auch unsere Schlüssel haben. Geh in die Kammer unter dem tiefsten Grund und putze unsere Gläser schön blank!'
Das Mädchen nahm den Schlüsselbund, daran waren drei Schlüssel. Der eine war von Kupfer, der zweite von Silber, der dritte von reinem Gold. Sie kam vor eine Tür im Grunde des Sees, und als sie den kupfernen Schlüssel hineinsteckte, so sprang sie auf, und sie gelangte in eine tiefe Kammer. Darin lagen viele Sachen der Menschen, Geld und Schnupftücher und was die Menschen in den Taschen zu tragen pflegen.
Sie ging weiter und kam an eine zweite Tür. Und als sie den silbernen Schlüssel hineinsteckte, da sprang auch die auf, und sie gelangte in eine noch tiefere Kammer unter dem See. Darin lagen aber lauter Knochen toter Menschen. Dem Mädchen grauste es, und sie eilte weiter und fand eine dritte Tür. Sie drehte den goldenen Schlüssel im Schloss und kam in die allertiefste Kammer. Da waren lange Bretter an den Wänden, und darauf standen in langen Reihen Gläser, die waren verschlossen wie die Einmachgläser daheim in ihrem Keller. Und in jedem Glase funkelte ein kleines, helles Licht.
Das waren aber die geraubten Seelen der Menschen. In einem Glase begann das Licht hell zu aufzuleuchten, als die Müllerin kam, und sie fühlte in ihrem Herzen, dass es ihr lieber Müller war. Da wurde ihr Herz, das in dem tiefen See sehr kalt geworden war, heiß vor Liebe und Kummer und Zorn, und ihr ganzer Leib begann zu glühen.
Als sie aber mit ihrem flammenden Finger das Glas berührte, so zersprang es, und die Seele ihres Liebsten fuhr heraus. Da rannte sie an den langen Reihen entlang und berührte alle Gläser, und es kam aus ihnen hervor wie weißer Nebel und bedeckte den ganzen Saal. Der Nebel strömte aber fort in die zweite Kammer und in die Gerippe der Toten, und siehe da, die Gebeine standen auf und wurden wieder ganze Leiber, und ein großes Volk von Menschen stand vor ihr. Die nahmen sie in ihre Mitte und stiegen mit ihr hinauf aus der Tiefe des Sees zum Licht.
Es waren ihrer aber so viele, dass die Wassermänner sie nicht halten konnten. Darüber verfielen die Wassermänner in solche Wut, dass sie zu Schaum vergingen, der auf der Oberfläche trieb. Nie wieder ist ein Mensch in diesem See versunken, und die Kinder spielten fortan an seinem Ufer. Der Müller und die Müllerin aber lebten glücklich in ihrer Mühle, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute."

Lys sah ihren Zuhörer mit leuchtenden Augen an, als erwarte sie nun ein Lob.
"Das war eine schöne Geschichte", gab er zu.
"Sie ist wahr", beteuerte Lys, "sie ist uralt, und die uralten Geschichten unserer Ahnen sind wahr."
Severus lachte ungläubig auf. "Du glaubst an Wassermänner?" fragte er, "nun gut, in unserem Schloss-See gibt es Grindelohs und Kappas. Aber du glaubst an Seelen in Marmeladengläsern?" Er grinste bei der Vorstellung, in seinen Einmachgläsern daheim im Zaubertränke-Kerker wären lauter Seelen eingeschlossen, statt der eingelegten Tiere und Pflanzen, vor denen den Schülern graute.
Lys sah ihn mit großen Augen vorwurfsvoll an und sagte ernst und mit einem gewissen Eifer: "Du darfst nicht darüber lachen, mon corbeau! Es ist wahr! Wir müssen auf der Hut sein, dass wir nicht versinken!"
"Sicher", meinte Severus spöttisch, "hier in Askaban ist die Gefahr zu ertrinken sehr groß. Vorausgesetzt, man spaziert unvorsichtigerweise aus seiner Zelle hinaus und landet draußen vor der Festung am Meeresufer." Doch als er ihr gekränktes Gesicht sah, tat es ihm leid. Es schien ihr so furchtbar ernst zu sein mit alledem.
Snape begann zu glauben, dass sie doch eine echte Gefangene war. Wahnsinnig geworden, wie es das übliche Schicksal derer war, die Askaban lange genug überlebten. Konnte man Unschuld, konnte man Wahnsinn so überzeugend spielen? Sie hatte etwas Rührendes an sich. Snape fühlte einen seltsamen Drang, sie zu beschützen. Nein, er würde ihr ihre Welt nicht nehmen, die die einzige Zuflucht ihres armen Geistes war. Und er würde nicht mehr über sie lachen. Sollte sie ihm weiter ihre Geschichten erzählen, er würde geduldig zuhören. Es war tatsächlich ein besserer Zeitvertreib, als die letzten Tage und Stunden des eigenen Lebens zu zählen. Des bewussten Lebens jedenfalls, das diesen Namen noch verdiente.

Lys saß im Schneidersitz auf dem Boden der Zelle und wiegte ihren Körper hin und her wie ein kleines Kind. Sie hatte die Augen geschlossen und summte eine leise Melodie, die sehr alt klang, wie ihr Märchen. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Plötzlich schreckte sie hoch, und nackte Angst lag in ihren aufgerissenen Augen. "Sie kommen!" wisperte sie, "die Wassermänner! Die Wassermänner!" Sie huschte in ihr Versteck in der dunklen Ecke und wimmerte leise: "Du musst auf der Hut sein! Nicht versinken! Du musst stark sein!" Dann war nichts mehr von ihr zu hören oder zu sehen.

Snape stand auf und trat an das kleine Fensterchen in der Zellentür. Er wollte nach draußen spähen, doch noch bevor er die Tür erreichte, sank er in die Knie. Alle Lebenskraft, die er mühsam wieder erlangt hatte, war mit einem Schlag aus ihm gewichen. Eine unvorstellbare Kälte durchdrang ihn. Er kannte das Gefühl, er wusste, wer vor der Tür stand: Dementoren! Er hörte noch das scheußliche Röcheln der Wesen, dann wurden die Stimmen in seinem Kopf zu laut.

"Professor Snape! Sie sind verhaftet! Ihren Zauberstab!"
"Was ich dir vorwerfe, du Monster? Das wagst du noch zu fragen? Wie dreist seid ihr elenden Todesser eigentlich?"
"TODESSER!"
"Hier! Hier! Seht euch das an!"
"Sicher bin ich mir nur, dass er ein Spion ist, aber nicht wessen Spion. Doch darum geht es schon gar nicht mehr. Er wird ganz anderer Verbrechen angeklagt, als nur irgendein Todesser zu sein."
"TODESSER!"
"Oh nein, Professor Dumbledore, geben Sie sich keine Mühe! Diesmal retten Sie Ihren elenden Todesser-Freund nicht!"
"Dumbledore, Sie wollen den Grund für Snapes Verhaftung? Sie sollen ihn sehen! Und ich möchte behaupten, dass Sie Ihren zweifelhaften Freund dann bereitwillig selbst in die Hände des Dementors zurücklegen werden."
"Ich verurteile Severus Snape verdientermaßen zur schwersten nur denkbaren Strafe, aufgrund klarer Zeugenaussagen und Beweise!"
"Severus Snape, ich verurteile Sie zum Kuss der Dementoren!"
"Er war es! Professor Snape!"
"Dieser Mann, Professor Severus Snape, Lehrer in Hogwarts, hat einen der ihm anvertrauten Schüler kaltblütig ermordet und einen weiteren grausam gefoltert. Ist es so, Neville Longbottom?"
"Ja, Sir. So ist es."
"Ich frage dich noch einmal: War der Mann, der deinen Freund ermordet und dich gefoltert hat, der hier anwesende Severus Snape?"
"Ja, Sir."
"Ja, sieh nur hin! Sieh dir an, was du getan hast, Monster! Elender Kindermörder!"
"MONSTER!"
"TODESSER!"
"Er ist nicht nur ein Todesser, er hat nicht nur die Unverzeihlichen Flüche gebraucht, gemordet und gefoltert. Er ist das Widerlichste, was es gibt, ein Kindermörder. Ein Lehrer, der sein Amt in dieser Weise missbraucht! Wer, wenn nicht Leute wie er, sollten die Höchststrafe erhalten, damit Gerechtigkeit herrscht in unserer Welt?"
"Er erleidet am 15. Tag den Kuss der Dementoren."
"Abführen!"
"Seht alle her! Seht euch das an!"
"SCHULDIG!"
"Wünschen Sie eine Fortsetzung unserer Diskussion? Oder sind Sie inzwischen besser erzogen und halten Ihre Zunge im Zaum? Andernfalls... hm, nein, Ihren Sturkopf werde ich heute in Ruhe lassen. Nicht dass Sie uns noch wegsterben und Ihre eigene Hinrichtung verpassen. Die Dementoren wären sehr enttäuscht, wenn Sie keine Seele mehr hätten, bevor Sie zu ihnen kommen. Lassen Sie mich also überlegen, welchem Ihrer Körperteile ich heute eine Lektion erteilen könnte..."
"Versager!"
"Was bist du für ein 'treuer' Diener?"
"Rede, verfluchter Giftmischer!"
"Du braust mir meine Gifte, aber habe ich dich je eigenhändig jemanden töten sehen?"
"TÖTE! LOS, TÖTE! Versager! Verräter!"
"Ich warne dich, Elender: Sollte ich herausfinden, dass du mich hintergehst, dann wirst du ein schrecklicheres Ende nehmen, als du dir vorstellen kannst!"
"Wer mich verrät, muss ewig leiden!"
"Tückische Schlange!"
"Wenn du meinst, selbst denken zu müssen, statt meine Befehle zu befolgen, dann ist das ein ganz schlechter Weg! Wenn du glaubst, deinen eigenen Kopf haben zu müssen, dann muss ich ihn dir zurechtrücken!"
"Nun, ich höre?"
"Danke, mein Lord."
"Rückt ihm seinen Kopf zurecht!"
"Schlagt ihm seine Sprüche aus dem Kopf!"
"ABARTIG!"
"Wo ist überhaupt Snape?"
"Vielleicht ist er krank? Vielleicht hat er gekündigt? Oder sie haben ihn rausgeschmissen! Immerhin kann ihn ja keiner ausstehen."
"Was ist eigentlich mit seinem Bein?"
"Weiß ich nicht, aber hoffentlich tut´s richtig weh."
"Er war es! Snape ist schuld! Er hat den Stein der Weisen gestohlen! Er will Voldemort wiederbeleben! Da, seht ihr es? Er verflucht Harrys Besen! Er will Harry umbringen!"
"MÖRDER!"
"ELENDER KINDERMÖRDER!"
"Hiermit verleihen wir Ihnen den Orden für den meistgehassten Lehrer von Hogwarts!"
"HAHAHAHAHA!"
"Guckt mal, da kommt Severus, der unbeliebteste Schüler von Hogwarts!"
"Dummkopf!"
"Hässlicher Schaumschläger!"
"Schleimbeutel! Wasch dir mal die Haare!"
"Hey, Pinocchio, hast du gelogen, oder warum ist deine Nase so lang?"
"Schickt ihn doch zu dem Werwolf! Dann sind wir ihn los!"
"Los, geh schon, Severus! GEH!"
"Oooooch, hattest du Angst?"
"Sorry, Professor Dumbledore, aber mal ehrlich: Wer hätte ihn vermisst? Der hat doch eh keine Freunde!"
"Professor Dumbledore hat mir geraten, ein Auge auf Sie zu halten. Ihr Büro zu durchsuchen. Er vertraut Ihnen nicht."
"Niemand vertraut dir, Severus!"
"TODESSER!"
"Es gibt Flecken, die gehen nie wieder raus."
"NIE WIEDER!"
"NIE WIEDER!"
"ES GIBT FLECKEN, DIE GEHEN NIE WIEDER RAUS!"
"Seht alle her!"
"SCHULDIG!"
"Weißt du, es könnte Mami und Daddy in Gefahr bringen, wenn du zuviel von den Sachen weißt, die Daddy im Keller tut. Du möchtest nicht schuld sein, dass uns etwas passiert, nicht wahr?"
"Mami und Daddy kommen nicht wieder, Severus."
"Mami! Komm zurück, bitte! Es tut mir leid! Daddy, bitte komm wieder, ich will auch artig sein!"
"Ich bin an allem schuld, stimmt´s?"
"Es tut mir leid... Kommt doch bitte zurück und habt mich wieder lieb! Stimmt es, dass ihr da nicht weg könnt und die Leute gemein zu euch sind, auf dieser Insel? Askaban? Es ist alles meine Schuld, weil ich böse war."
"ASKABAN."
"ICH BIN BÖSE."
"ES IST ALLES MEINE SCHULD!"
"ICH BIN AN ALLEM SCHULD!"
"An allem... allem... allem..."
"Du darfst nicht versinken! Sei stark! Kämpf dagegen an! Lass dich nicht runterziehen! Du musst schwimmen! Schwimmen! Komm zu mir! ZU MIR!"


Severus lag auf den Knien. Er konnte nichts sehen, weil ihm die Tränen aus den Augen liefen und seinen Blick verschleierten. Aber er hörte eine Stimme, die nicht von innen kam, sondern von außen. Er hatte sie schon länger gehört, im Hintergrund, immer und immer wieder, aber sie war nicht durch die anderen Stimmen hindurch gedrungen. Er hörte sie nur schwach, und er sah nichts, aber er streckte verzweifelt die Hand danach aus.
Und sie wurde ergriffen. Sobald er die Berührung an seiner Hand spürte, stürzte er nach vorn, als fiele er aus einem Käfig heraus, der plötzlich geöffnet wurde. Er lag auf der Erde und wimmerte: "Ich bin schuld! Ich bin an allem schuld!" Aber die Stimmen aus seinem Kopf waren weg. Endlich Stille! Da war nur noch eine einzige Stimme, eine freundliche, sanfte, die zu ihm sprach: "Du hast es geschafft, mon corbeau! Du bist aufgetaucht! Du bist stark! Ich bin stolz auf dich!"


Kapitel 5

Kapitel 7

 

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